306
derart zu verbrennen, daß sie den erhaltenen Wunden gestern noch erlegen ist. — Wie man hört, hat Frl. M. Schlayer einen früher schon gefaßten und wieder beiseite gelegten Plan in neuester Zeit wieder ausgenommen; sie beabsichtigt nemlich auf der der Zufahrtsstraße zum Bahnhof gegenüberliegenden Anhöhe, dem sogenannten Klosterbuckel, eine Villa zu bauen. Die Ausführung dieses Planes würde jedenfalls zur Verschönerung Liebenzells wesentlich beitragen. — Schon mehrfach wurde hier die Frage aufgeworfen, ob eine eigene Ortskrankenkasse nicht lebensfähig wäre und ist nun, nach öfteren Besprechungen eine solche gegenwärtig in der Constituirung begriffen.
* Die Sektion Neuenbürg des württembergischen Schwarzwaldvereins hat 1 km oberhalb Schwann am Waldtrauf hart an der Dobler Straße einen Aussichtsturm gebaut, welcher am 25. ds. unter großer Beteiligung der Vereinsmitglieder sowie von Seiten der Pforz- heimer eingeweiht wurde. Der Turm ist 9 m hoch aus Eichenrundholz auf steinernem Sockel erbaut, hat bequemen Aufstieg mit breiten Treppen und eine mit Zinkdach bedeckte geräumige Plattform, ist daher kein „Schwindelturm" und kann von Jedermann ohne Beschwer bestiegen werden. Die Ausführung geschah nach dem Plan und unter Leitung des Hcn. Forstbaumeisters Stein in Neuenbürg, welcher, nachdem der Zimmermann seinen Spruch gethan, sein Glas geleert und herabgeworfsn hatte, die Idee und die Gründe auseinandersetzte, die zur Art dieses Baues geführt hatten. Sodann übernahm der Vorstand der Sektion, Herr Forstmeister Graf Uxkull den Turm von dem Baumeister, dessen Werk den Meister lobe, dankte ihm für die umsichtige Leitung und gediegene Ausführung und weihte den Turm durch feierliche, patriotische Ansprache ein, indem er auf die Einigkeit, welche das Werk gegründet, und auf den Anblick der deutschen Vogesen hinwies. Die Aussicht vom Turm ist eine reizende, und bietet ein weites Panorama über den Schwarzwald und die Vogesen und ein reiches Gebiet des württembergischen und badischen Landes. Der Besuch desselben kann daher jevem Naturfreund um so mehr empfohlen werden, als auch der Istündige Spaziergang nach Schwann vom Bahnhof Neuenbürg aus, von wo ein Fußsteig durch Wald direkt auf die Höhe führt, ein sehr hübscher und angenehmer, und im Avler in Schwann, wo der Turm noch durch manche begeisterte Rede gefeiert wurde, eine sehr gute Restauration zu treffen ist.
Stuttgart, 26. Juni. Der Württ. Schwarzwaldverei.n (Bezirksverein Stuttgart) hielt gestern bei Zäch seine Generalversammlung ab, welcher am nächsten Sonntag eine Versammlung des Hauptvereins in Freudenstadt folgen wird. Baurat Reinhard, als Vorstand des Bezirksvereins, erstattete den Rechenschaftsbericht, nach dem der Bezirksverein 192 Mitglieder zählt. Seine Einnahmen betrugen 576 die Ausgaben 497 darunter für Fußwege und Wegzeiger in den Bezirken Freudenstcldt, Neuenbürg, Calw 280 an den Hauptverein wurden 192 abgeliefert. Von den demnächst zur Verfügung stehenden 530 sollen Beiträge für Fußwege in den Bezirken Altenstaig, Calw, Neuenbürg ä 50 vkL bewilligt werden. Schutzhütten sind von der Zuflucht nach dem Ruhstein (Freudekistadt- Achern) für 270 errichtet und Aussichtspunkte hergestellt worden. Ende des Sommers ist noch ein Ausflug ins Nagoldthal projektiert. Von den durch den Verein herzustellenden 5 Schwarzwaldkarten: 1. Baden, Bühl, Gernsbach, Rastatt. Herrenalb; 2. Neuenbürg, Calw, Wildbad, Nagold; 3. Freudenstadt, Offenau; 4. Horb, Oberndorf; 5. Schramberg, Haußach, Alprrsbach, sind bereits Nr. 3 ganz fertig, Nr. 1 der Vollendung nahe, und es wurde beschlossen, diese beiden sofort an die Mitglieder zu verabfolgen. Die Mitglieder können die Karten nur durch die Vorstände ihrer Vereine und zwar gratis erhalten, während der Verleger, Buchhändler Kohlhammer, sie, das Stück zu 1 40 in den Buchhandel bringen wird.
Ellwangen, 24. Juni. Einen guten Tausch vollzog dieser Tage hier ein Handwerksbursche; er wechselte seine defekten Stiefel mit den neuen eines Beamten, welche das Dienstmädchen eben blank gewichst vor die Thüre gestellt hatte.
Heilbronn, 23. Juni. Mit den Vorbereitungen zum Liederfest geht es rasch vorwärts. Die Festhalle ist nahezu vollendet, auf dem Podium haben nahezu 3000 Sänger Platz. Die Ehrenpforte auf der Neckarbrücke ist bereits aufgerichtet, mit der Dekoration derselben wird alsbald begonnen werden. Die von der S ch e l l'schen Druckerei herausgegebene Fest- zeitung verspricht sehr umfangreich zu werden. Dieselbe wird nicht nur alles Wissenswerte über die hiesige Stadt, sondern auch das erschöpfendste Material über das Fest und dessen Einzelheiten enthalten. Sie wird so zugleich den Zweck eines Festbuchs erfüllen und jedem Teilnehmer an dem Fest ein zuverlässiger und ausführlicher Führer werden.
Friedrichshafen, 25. Juni. Das „Seeblatt" enthält folgende Bekanntmachung: Seine Königliche Majestät, durch den Höchstsemselben bei Ihrer Ankunft bereiteten festlichen Empfang hoch erfreut, haben der hiesigen Einwohnerschaft für die HöchstJhnen hiedurch aufs neue bethätigte Anhänglichkeit und Ergebenheit den gnädigsten und freundlichsten Dank aussprechen zu lasten geruht, was ich Allerhöchstem Auftrag zufolge zur Kenntnis aller Beteiligten bringe. Stadtschultheiß Schmid."
Die Wanderversammlung des landwirthschaftlichen Bmrlrsvereins in Gberhaugstelt.
(Fortsetzung u. Schluß.)
Sei ein Plan nun einmal angenommen, so müsse er auch durchgeführt werden, außer wenn ^ der Betheiligten, welche ^ des Steizerkapitals vertreten, darüber einig werden, die Sache wieder liegen zu lasten. Für die Ausführung aber schaffe das Gesetz weitgehende Garantien. In erster Linie werde eine Centralstelle geschaffen mit tüchtigen Verwaltungsbeamten, Juristen und Technikern, der die Prüfung der Pläne und die Oberleitung zustehe und dann werde unter Beachtung aller möglichen Rücksichten eine Commission gebildet, welcher die Ausführung übertragen werde. Diese Commission habe zuerst das Verzeichniß der betheiligten Grundbesitzer und dann den Grundbesitz selbst festzustellen, der sodann in Elasten eingeschätzt werde je nach den Bodenverhältnissen, dem Culturzustande rc. Von der Einschätzung bekomme jeder Betheiligte einen Auszug, um etwaige Einwendungen erheben zu können. Nach Erledigung der Einschätzung sei es dann die Aufgabe der Commission, das Wegnetz mit allem Zubehör, Gräben, Dohlen, Brücken rc. zu entwerfen, unter Berücksichtigung der Wünsche der Betheiligten. Dieser Plan gehe zur Prüfung wieder an die Centralstelle. Bei einer Zusammenlegung solle jever Besitzer seinen Besitz wo möglich an der alten Stelle erhalten und sei es eine besondere Aufgabe des Geometers, bei der Eintheilung der Gewänder die Wünsche der Betheiligten zu berücksichtigen. Schließlich setze dann der Gemeinderath einen Termin fest, an welchem der neue Besitz angetreten werde. Ein abgekürztes Verfahren trete ein, wenn es sich blos um die Anlage von Feldwegen ohne Zusammenlegung handle und stehe hie Entscheidung hierüber der Centralstelle zu. Für die Rechte Dritter, der Pfandgläubiger, Verpächter rc. sorge das Gesetz ebenfalls in ausreichender Weise. Besonders wichtig sei endlich noch die Kostenfrage, die vielfach ein Gegenstand der Bedenklichkeit sein werde. Die Sache sei aber nicht so schlimm, als Viele vielleicht meinen: die Kosten werden unter den Betheiligten einfach umgelegt nach Verhältniß des Werthes, den ein Jeder eingeworfen habe und werden in der Regel 1—l'/z O/g dieses Werthes betragen. Wenn z. B. ein Acker um 600 eingeschätzt worden sei, so werde der Kostenantheil des Besitzers'6—9 -//L betragen. Wer keinen Vortheil von dem Unternehmen habe, sei auch von den Kosten freizulassen, wogegen andererseits diejenigen etwas stärker beigezogen werden, welche bisher durch Trepp- oder Ueber- fahrtsrechte ganz besonders belastet waren und nunmehr auch eine entsprechend bedeutendere Erleichterung erfahren. Die Kosten der Vorarbeiten sollten nach einem in der Kammer der Abgeordneten gestellten Anträge auf die Staatskasse übernommen werden, derselbe sei aber nicht durch-
„Was sagst Du nun?" vollendete er.
„Daß Du recht hattest mit Deinem Gleichnis von dem Bären. Ich sah auch nur den rettenden Zaun und dachte nicht daran, daß ich erst hinüberkommen müßte, um wirklich gerettet zu sein."
„Dennoch liegt es nur an Dir, die letzte Spur eines Beweises gegen Dich zu vernichten, und den einzigen Zeugen Deines intimen Verkehrs mit Eduard mundtot zu machen."
„Eduard selbst! Ich soll ihn töten?"
„Unsinn! Nur Hinreisen sollst Du zu ihm mit dem nächsten Kurierzuge und ihm dermaßen Angst machen, daß er die Flucht ergreift. Du bleibst noch in seiner Wohnung zurück, oder kehrst dorthin zurück, nachdem Du ihn zur Bahn begleitet und stöberst Alles durch, um jede Spur zu vernichten, welche auf uns deuten könnte."
„Thu' Du das selbst."
„Ich kann es leider nicht. Ich muß morgen früh vor der Zeit im Bureau sein. Dich vermißt man nicht, und noch kennt Dich Niemand hier. Auch stehe ich mit Eduard zu gespannt, um ihn selbst warnen zu können."
„So warne ihn anonym."
„Und wenn er die Warnung nicht begreift, Alles für eine Mystifikation hält, so ist das ein erster Hinweis auf seine Unschuld; dann wird zunächst ermittelt, daß der geheime Warner in der Residenz lebt."
„Selbstverständlich! Und Eduard's Angst gibt ihm ein Zusagen, was mir verderblich werden kann. Du hast Recht. Es gibt nur diesen einen Ausweg — selbst nach M. und den Herren zuvorkommen! Wann kann ich reisen?"
„Um halb eins."
„Was ist das für ein Zug?"
„Kurier. Ich benutzte ihn schon öfter für meine Reisen nach M. Gegen Abend bist Tu dort. Die beste Zeit zür Flucht für Eduard. Vor morgen Nachmittag sind die Herren nicht da. Bis dahin aber kommt er über die französische Grenze."
„Im Ernst?" fragte Dryden mit eigentümlicher Betonung. „Ich meinte. Du sagtest vorhin —" er stockte.
„Gewiß", versicherte Duprat, „und ich will Dir auch gleich die Route sagen, die er zu nehmen hat, um Das zu bewerkstelligen. Ich habe eine Spezialkarte mit Stundenangabe."
„Welch ein Glück!" lachte der Baron. „Entwirf Du den Reiseplan. Ich mache mich fettig und bediene mich in Ermangelung der eigenen Effekten der Dei- nigen, soweit ich sie zu meiner Ausrüstung benötige."
„Was Du willst! Hast Du Reisegeld?"
„Da ich mein Pottefeuille verloren — nein."
„Ich gebe Dir welches. Nur einen Augenblick Geduld."
Er ging nach dem Nebenzimmer.
„Du höre!" rief ihn Dryden von der Thür zurück.
„Was denn?"
„Es könnte sein, daß Eduard auch kein Geld hat und nach dem Geschäft nicht mehr gehen kann. Gieb mir gleich auch für ihn das Reisegeld. Braucht er es nicht, so bin ich Dir wohl gut für die Rückerstattung."
„Gewiß, gewiß", sagte Duprat. „Nur kein Geld gespart — nur Eile! Weg mit Dir. Das Uebrige wird sich dann schon finden."
Er eilte hinaus.
„Dummkopf!" murmelte der zurückbleibende Baron. „Was Eduard kann, kann ich auch. Er will ihn doch nur beseitigen, um zu seinem Ziel zu gelangen; und wenn Eduards Schwester jetzt stirbt, geht mit meiner Werbung auch meine Teilhaberschaft am Gewinn in die Brüche." ^
Nach kurzem Verweilen kam Duprat wieder herein. „Hier Geld! sagte er, Dryden ein Packet Banknoten darreichend. „Und hier der Plan. Ich werde ihn studieren. Geh indeß in mein Schlafzimmer und nimm Dir, was Du brauchst an Wäsche oder Bekleidungsgegenständen. Einen Handkoffer findest Du auch dort."
(Fortsetzung folgt.)