Gottes verkündigt werden, auf diese Weise völlig umgangen wird. Ganz besonders in diesem Jahr drängt sich der Gedanke auf, wie wenig zu dem auf so vielen Gemütern schwer lastenden Frostschaden diese Vergnügungen passen wollen. Und darum möchten wir eine werte Gemeinde herzlich bitten, nicht durch solche den ganzen Tag währende, mehr zerstreuende als er­bauende Ausflüge dem Himmelfahrtsfest seine Weihe und sich selbst den zugedachteu Segen zu verkürzen.

In dem Küchen- und Haushaltungsmagazin von I. Henuer-Scheerer in Ulm ist ein neues Gesund­heitsgeschirr eingetroffen, das eine große Zukunft haben dürfte: nicht rostendes gußeisernes Kochgeschirr, in welchem alles gekocht werden kann. Dieses Ge­schirr rostet nicht und springt nicht und bietet voll­ständig Ersatz für Emaille; es kann zum Kochen von Reis, Sauerkraut, Erbsen, Bohnen ic. benützt werden, ohne daß die Speisen schwarz werden, oder irgend einen Beigeschmack erhalten. Der Preis stellt sich 30 pCt. billiger als Emaillegeschirr.

Ein IWHriges Mädchen inBurgberg sollte ihr 1>z Jahre altes Gcschwisterchen hüten. Sie stellte es in den Dienstranzcn ihres Vaters (der Postbote ist) und entfernte sich einen Augenblick, den Ranzen mit dem Kind auf dem Tische lassend. Durch die Unruhe des Kleinen fiel der Ran­zen mit diesem ans den Boden herab, wobei dasselbe inner­lich so verletzt wurde, daß es am letzten Montag starb.

Forbach, 15. Mai. Daß einem Hciratskandidaten uwcilen höchst unangenehme Dinge zustoßcn können, hat man chon oft gelesen; allein ein ganz eigentümliches Erlebnis hatte ein schon bejahrter Junggeselle aus dem nahen Stieringen, der endlich ein Einsehen hatte, und in den Hafen der Ehe einlaufcn wollte. Als er sich nämlich auf dem Standesamtc zum Aufgebote meldete, erfuhr er zu seinem größten Erstau­nen, daß er in den Geburtsregistern als Mädchen aufgeführt sei, worüber ihm bis dahin noch kein Sterbenswörtchen be­kannt war. (Sollte denn dies bei Aufnahme in die Schule oder bei der Rekrutierung wirklich nicht wahr genommen worden sein?) Vorläufig ist also die Heirat aufgeschoben, bis das Landgericht in Saargcmünd eine Berichtigung der Geburtsurkunde vorgcuommcn hat, was ja mit noch mancher­lei Umständen und Unkosten verbunden ist.

Ein singender Pudel, das ist die neueste Sehens­würdigkeit während der Meßzeit in Leipzig. Derselbe läßt sich im Krystallpalast hören. Was Herr Tholen, ein Ofcn- rohr-Euphonium-Virtuos, seinem vierbeinigen musikalischen Schüler auf der Klarinette vorträgt, singt dieser mit Geschick nach; cs sind wehmutsvolle, sentimentale Triller einer Hunde- secle, langgczogcne musikalische Seufzer einer harmonisch aus- röucnden Hundcstimme.

Aus der Pfalz, 18. Mai. Am Sonntag vormittag während des Gottesdienstes wurde Hr. Pfarrer Kuhn in Dörrcnbach inmitten seiner Predigt von einem Schlaganfall betroffen und fiel sofort entseelt von der Kanzel.

Berlin, 20. Mai. Fürst Bismarck gedenkt schon am Montag zur 1. Lesung der Branntwein­steuer im Reichstage von Friedrichsruhe wieder hier zu sein.

Berlin, 20. Mai. Fürst Bismarck ist nach­mittags 5 Uhr nach Friedrichsruhc abgereist, Graf Rantzau begleitete denselben. Der Nationalzeitung zufolge ist dem Bundesrate ein Antrag Preußens zugegangen, wonach über Spremberg (Stadt mit 12000 Einwohner im Kreise Frankfurt a. O.) ans Grund des Sozialistengesetzes der kleine Belagerungs­zustand zu verhängen sei. Daselbst fanden beim Aus­hebungsgeschäft grobe Ausschreitungen gegen die Po­lizeigewalt und anderer Unfug statt.

Bei litt, 20. Mai. Der Reichstag nahm heute das Zuckcrsteucrgcsetz in zweiter Lesung durchweg in der Fassung der Regierungsvorlage an, wonach der Steuersatz .«L 1.70 pro Doppclztr. Rüben und Exportvergütung bis znm 90. Scpt. 1887 18 später 17.25 pro Doppelzenter Zucker be­trägt.

Berlin, 21. Mai. Die Strafkammer des Landgerichts verurteilte den Redakteur der Germania, Köhring, wegen Beleidigung des Reichskanzlers, begangen durch Artikelüber den Ursprung des Kulturkampfes", zu viermonatlichem Gefängnis.

Berlin, 21. Mai. (Reichstag). Die Zucker­steuervorlage wurde ebenfalls in dritter Lesung un­verändert definitiv genehmigt. Es folgt die Inter­pellation Hasenclever, betreffend das Verhalten der preußischen Behörden bei Arbeitseinstellungen. Ha­senclever begründet seine Interpellation und schließt feine Rede mit der Behauptung, daß solche Polizei­gewalt eine Schmach und Schande für Deutschland sei! (Der Präsident ruft den Redner zur Ordnung). Staatssekretär v. Bötticher erklärt, daß die betreffende Verfügung dem Bundesrat nicht zugegangen sei, daß derselbe auch keine Veranlassung gehabt habe, sich mit demselben zu beschäftigen. Als preußischer Bevoll­mächtigter müsse er aber sagen, daß in der Verfü­gung keine Verletzung eines Reichsgesetzes zu erken­nen sei, daß auch keine Bevorzugung der Arbeitgeber darin enthalten sei. Die Auslegungen und Bestre­bungen Hasenclever's und seiner Freunde seien nicht

politisch, nicht patriotisch, nicht deutsch. (Lebhafter Beifall).

Berlin, 21. Mai. Der Antrag Preußens, betreffend Verhängung des kleinen Belagerungszu­standes über Spremberg, ist heute vom Bundesrat angenommen worden.

Berlin, 21. Mai. General Goltz, der Ge­neralinspektor der Militärschulen in Koustantinopel, kehrt demnächst nach Berlin zurück, weil sein Vertrag mit dem Sultan nicht erneuert wurde.

Berlin, 22. Mai. Der Kaiser hat die An­strengungen der gestrigen Parade gut überstanden. Auf dem Paradefeld sind bei der gewaltigen Hitze über 100 Mann erkrankt und mußten die dort vor­gesehene ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der Streik der hies. Bauarbeiter ist nahezu beendigt; die Zahl der Streikenden verringert sich täglich. Dem Reichstag wird demnächst eine Nachtragsforde­rung zum Bau weiterer Kasernen in Elsaß-Lothrin- gell zugehen. Bei der Taufe des Königs Alfons von Spanien wird Papst Leo und die Kaiserin von Oesterreich Pate stehen.

Berlin, 22. Mai. Es ist Thatsache, daß Offiziere keinen Urlaub nach Frankreich bekommen, aus Gründen, die angesichts der Dehnbarkeit des französischen Spione,igesetzes nahe genug liegen.

Die drei Kamerun» eg er, welche iu den Dienst un­serer Marine getreten und kürzlich iu Kiel eingetroffen sind, bewege» sich jetzt unter Führung eines Matrosen und eines Sergeanten vom 2. Garderegiment in den Straßen von Ber­lin. Die Berlinerinnen und die Pferdebahn, das sind die beiden Gegenstände, welche sie mit hohem Interesse betrach­ten, alles übrige erregt ihre Aufmerksamkeit nicht in dem Maße. Ihre Haltung ist eine stramm militärische.

Graf Herbert Bismarck, der soeben zum Staatssekretär ernannte älteste Sohn des Reichskanz­lers, hat eine gute Carriere gemacht. Seine staats- münnische Begabung hat er als Gesandter im Haag und in besonderen Missionen in London und Paris bewiesen. Mit 24 Jahren trat er in den Staats­dienst, heute zählt er 37 Jahre und hat nur noch einen Vordermann, seinen Vater. Er bezieht von jetzt ab das zweitbeste Gehalt im Reichsdienst, 50 000 sein Vater hat 54 000 ein Staatsminister 36 000 In Folge seiner Beförderung hat er sich in Lauen­burg einer Neuwahl als Abgeordneter für den Reichs­tag zu unterziehen.

DieKöln. Z." schreibt: Weibliche Bahn­wärter im preußischen Staatseisenbahndienst sind, wie wenigen bekannt sein dürfte, in der Nähe Ber­lins versuchsweise von der Direktion der Berlin- Görlitzer Eisenbahn angestellt. Dieselben tragen als Abzeichen im Dienst um den linken Arm eine schwarz­weiße Binde, bedienen aber nur die Niveau-Ueber- gänge, bei denen sie die Schranken zu schließen und nach der Durchfahrt des Zuges zu öffnen haben. Dieselben sollen, wie einem Berichterstatter derVoss. Ztg." von einem dieser weiblichen Beamten versichert worden ist, der vollen Zufriedenheit ihrer Vorgesetz­ten sich erfreuen und sämtlich Witwen verstorbener Eisenbahnbeamten sein.

Großes Aufsehen erregt in Ludwigsh afeu folgen­des Vorkommnis: Der auf dem Hemshofe (einer Vorstadt von Ludwigshafeu) ansässige Metzgermcister Philipp Eckert wurde am 17. ds. verhaftet unter der Beschuldigung, Fleisch- Waren verkauft zu haben, deren Genuß mehreren Personen den Tod brachte. Die Behörde ordnete die Ausgrabung der Leichen an, die von 6 Aerzten in Gegenwart des E. seziert wurden, lieber das Resultat der Untersuchung ist noch nichts Näheres bekannt, dagegen ist E. bereits nach Frankenthal in Untersuchungshaft abgeführt worden. Die Sache steht also für ihn nicht besonders gut.

Harburg, 20. Mai. In den Schwefelfabriken von Günther-Schröder und Comp, sind heute durch die Explosion eines Ballons fünf Arbeiter verbrannt.

Frankfurt, 22. Mai. Die Frkf. Ztg. meldet aus Pest: lieber ein gegen den Fürsten Alexander von Bulgarien gerichtetes Komplott wird gemeldet, daß 8 Verschwörer, worunter mehrere Ausländer, beschlossen haben, den Fürsten zwischen Altos und Burgos dingfest zu machen. Ferner sollen sie be­schlossen haben, Karawclow zu ermorden, den Tele­graphen abzuschneidcn, die Revolution zu proklamieren und den Einmarsch der Russen vorzubereiten. Der Bauer Nchalow verriet das Komplott. Sämtliche Komplicen wurden verhaftet.

Cob lenz 17. Mai. General v. Beyer, der allgemein verehrte frühere Gouverneur unserer Fe­stung, hat sich einer Amputation des Beines infolge einer unglücklichen Hühneraugen-Operation unter­ziehen müssen.

Koblenz, 19. Mai. General der Infanterie

v. Beyer, früher badischer Kriegsminister, ist ge­storben.

Bei einem Neubau in Gotha verunglückte ein Zimmermann. Der Arbeitgeber hatte denselben nicht zur Unfallversicherung angemeldct und wird das schwer zu büßen haben, indem er nicht nur die Strafe für die Unterlassung der Anmeldung, sondern auch an die Hinterbliebenen des Verunglückten eine jährliche Rente von 500 ^ wird zahlen müssen.

Fort mit Schaden! dachte die ehrenwerte Gefäug- uisgesellschaft in Elberfeld, als gerade ein vielbestrafter und sehr gefürchteter Verbrecher auf freiem Fuß war, legte Geld zusammen zu freier Fahrt und zu einem Trinkgeld drü­ben und schaffte ihn in aller Stille nach Amerika. Der amerikanische .Konsul in Elberfeld hatte aber die Augen offen gehabt und über den Gesellen hinüber berichtet. Der Sträf­ling wurde sofort wieder zu Schiff und mit Protest nach Elberfeld zurückgebracht.

Herr v. Giers, der russische Staatsmini­ster des Aeußeren, soll beabsichtigen, im Lauf des Sommers dem Fürsten Bismarck und dem Grafen Kalnoky Besuche abzustatten.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 21. Mai. Der oberste Gerichtshof gab dem Recurs der Verurteilten wegen der Königin­hofer Straßenexcesse statt und sprach sämtliche Cze- chen wie Deutsche, frei. Der Gerichtsspruch erregt ungewöhnliche Sensation.

Aus Brünn wird berichtet: In der Gemeinde Rost ein (Bezirk Plumenau) sind 82 Häuser abge­brannt, 5 Menschen fanden ihren Tod in den Flam­men. Das Elend ist groß; die Leute sind meist arm und nur Wenige waren versichert.

Schweiz.

Bern, 20. Mai. Nach dem vom Bundesrate dnrchberatenen Landsturmgesetze sind alle nicht im Militärdienst eingestellten und nicht infolge ihres Am­tes dienstfrei erklärten Schweizer Bürger vom 17. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr landsturm-dienst­pflichtig. Man berechnet die Stärke des Landsturms ans 200000 Mann, wovon ein Dritteil mit Schuß­waffen zu versehen wäre; die übrigen sollen bei Schanzarbeiten u. s. w. verwendet werden.

Frankreich.

Paris, 19. Mai. Der junge Herzog von Moruy, der Sohn des Kammerpräsidenten unter dem Kaiserreiche, heiratet die Tochter des Präsidenten der Republik Venezuela, Frl. Guzman Blanco, selbstverständlich eine mehrfache Millio­närin.

Paris, 20. Mai. Die Regierung annullierte den Beschluß des Gemeinderats, den Strikenden von Decazevillc eine Unterstützung von 5000 Frks. zu bewilligen.

England.

London, 20. Mai. In Regierungskreisen ist jede Hoffnung, die zweite Lesung der Homc-Rule-Bill durchzusetzen, aufgcgeben. Es verlautet jetzt bestimmt, daß die Auflösung des Parlamentes in der zweiten Woche des Monats Juni erfolgen werde.

Die Engländer ziehen sich vom roten Meer zurück. Sie haben jetzt die Stadt Suakin geräumt und den Aegyptern völlig überlassen. Die nördlichen Stämme sollen freundlich gesinnt sein, doch wird ein Kampf zwischen Amaras und den Rebellen erwartet. In Folge der ungenügenden Blockade der Küste sind Sklavenhandel und Schmuggel neuerdings stark ge­wachsen.

Spanien.

Ammenwahl iu Madrid. In der Hauptstadt Spa­niens ist augenblicklich die Wahl der Amme für das am Mon­tag geborene Königskind Gegenstand der eingehendsten Er­örterungen. Der Leibarzt des königlichen Hauses, vr. San- chez Ocaua, hat unter den in ungeheurer Anzahleingclaufe- ncn" Ammen, welche zumeist aus der fruchtbaren Provinz Santander stammen, 22 stämmige Frauen zur engeren Wahl hcrausgesucht. Die Untersuchung dieser Damen fand nun vor einigen Tagen statt, aber die kleine ärztliche Kommission, welche das entscheidende Wort zu sprechen hat, konnte nach der er­sten Sitzung nicht schlüssig werden. Unter den Kandidatinnen befinden sich auch einige Bürgersfrauen, welche auf die lukra­tive Stellung Anspruch erheben. Eine derselben erschien vor der Kommission in einem prachtvollen, mit echten Spitzen und Goldstickereien reich garnierten Sammetkostüm. An den Ohren trug dieselbe große, sehr kostbare Diamantohrringe und an den Armen und Fingern wertvolle Armbänder und Ringe. Dieser pompösen Salon-Amme, einer Frau Namens Raimonda, soll man schon mehrere Kinder aus fürstlichen Häusern ans Herz gelegt haben. Vor ungefähr einem Jahr war Frau Raimonda noch in einer fürstlichen Familie beschäftigt. Nach Abschluß ihrer Thätigkeit zog sie sich in ihre hübsche Villa zu Revilla zurück und ist jetzt abermals in der Lage, um eine Stellung als Amme zu konkurrieren. Die Aerzte rüh­men das gesunde Aussehen, sowie den lieblichen Teint der Frau Raimonda, auf welchen das dichterische Gleichnis von Milch und Blut" iu hohem Grad passen soll.

Am 9. Mai fand zu Nimes ein Stiergefecht statt, bei welchem neben 5 männlichen Toreros auch drei Sticrkämpferinuen iu Thätigkeit traten. Unter Leitung des Matadors FrntorS vollzog die mit prächtiger spanischer Ge-