Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägcrlohn) 80 4, in dem Bezirk 1 -ch

außerhalb des Bezirks 1 20 Monats-

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Dienstag den 25. Mai.

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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 «I, bei mehrmaliger je 6 ^!. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1886 .

Amtliches.

Die Notariate und Bormundfchafts- behörden

werden auf die Verfügung des K. Justizministeriums vom 6. Dez. l884 in Betreff der Form der Ver­pflichtung der Pfleger (Amtsblatt 1884 S. 100) zur genauen Nachachlnng hingemiesen.

Nagold, den 21. Mai 1886.

K. Amtsgericht. Daser, O.-A.-N.

Die Vorstellungen der Militärpflichtigen zur Aushe­bung im Jahr 1886 finden in Horb am 13. Juli, in F r e u- denstadt am 15. Juli, in Nagold am 20. Juli und in Calw am 22. Juli statt.

Infolge der an den Seminaren zu Eßliugcn, Nagold und Nürtingen vorgcnommencn ersten Dienstprüfung sind u. a. nachstehende Schnlamtszöglingc zur Versetzung von un­ständigen Lehrstellen an den Volksschulen für befähigt erklärt worden: Gottlicb Böttingcr von Hirsan, Göttlich Eiscn- mann von Calw, Jakob Eisenhardt von Dachtel, Johann Fischer von Gechingen, Jakob Fischer von Gechingcn, Gottlieb Günther von Stagold, Paul Hagmeicr von Wildbad, Johann Hill er von Schopfloch, Wilhelm Lai st­irer von Frcudenstadt, Fürchtcgott Mitschelen von Hai- tcrbach, Albert Müller von Baiersbronn, Friedrich Saur von Haiterbach, Heinrich Schmolz von Gechingen, August Schnorr von Dobel, Hermann Staig er von Calw, Fried­rich Wagner von Neuenbürg.

Infolge der an den Seminaren zu Nürtingen und Nagold vorgcnommencn Aufnabmeprüfung sind nachstehende Präparandeu zum Eintritt in das Staatsseminar Nagold ermächtigt worden: Christian Ammer von Dornstcttcn, Al­bert Bachtelcr von Äräfenhansen, Josef Bcchtlc von Mäh- ringen, Christian Bertschinger von Waldstetten, Gustav Böhringer von Buhlbach, Christian Conzelmanu von Onstmettingen, Wilhelm Fischer von Löchgau, Wilhelm Frey von Conweiler, Gottlicb Gcrst von Böblingen, Theodor Griesinger von Frendenstadt, Gustav Häußler von Na­gold, Friedrich Holl von Conweiler, Johann Jauch von Schwenningen, Karl Kanpp von Mühlen, Albert Klett von Dußlingen, Oskar Knüll von Stuttgart, Hermann Mast von Freudenstadt, Friedrich Müller von Freudeu- stadt, Theodor Oclschlägcr von Birkenfeld, August Retter von Gechingen, Ludwig Rohm von Dagcrshcim, Gottlicb Roll von Vaihingen a. F., Gustav Schäfer von Sindcl- fiugen, Christian Schweizer von Trossingen, Christian Scc- ger von Rohrdorf, Georg Stcmpfle von Ebhauscn, Wil­helm Uberig von Dornhan, Christian Uhlmaun von Dorn- stettcn, Martin Vollmer von Dußlingen, Konrad Weiß von Gärtringen. Dazu als Hospitanten: Georg Beck von Biberach, Gottlicb Pippau von Bentcsbach, Albert Lutz von Nagold, Wilhelm Theurer von Gechingen, Heinrich Uelin von Stammhcim.

Die foziale Gefahr in Deutschland.

Im Hinblick auf die Verordnung des preußi­schen Staatsministeriums, welche für Berlin und Um­gegend auf Grund des Sozialistengesetzes die Maß­regeln gegen sozialrevoluttonäre Bestrebungen ver­stärkt und die Versammlungsfreiheit vorübergehend gewissen Beschränkungen unterwirft, liegt es nahe, die Lage in Deutschland bezüglich der sozialen Ge­fahr einmal zu untersuchen. Es darf in dieser Rich­tung zunächst hervorgehoben werden, daß im deutschen Reiche die soziale Gefahr allerdings nicht den bedenk­lichen Charakter zeigt, wie es in Belgien, Frankreich und Nord-Amerika der Fall ist. In diesen Ländern kamen Ruhestörungen und soziale Revolutionen in einem Umfange vor, wie wir solche in Deutschland für die Gegenwart und nächste Zukunft nicht zu be­fürchten haben. Gegen eine derartige Erhebung ver­führter Massen zu Zerstörungszwecken besitzen wir manchen besseren Schutzdamm als jene Länder, auch liegen bei uns die Verhältnisse günstiger. Die staat­liche und gesellschaftliche Ordnung ist bei uns befestig­ter, Polizei- und Militärmacht zahlreicher vorhanden, aber auch, was die Hauptsache ist, der Sinn für Ruhe und Ordnung auch in den unteren Kreisen unserer Bevölkerung noch in einer Weise vertreten,

daß die Revolutionäre sich in einer großen Minder­heit befinden. Ferner liegen in Deutschland trotz großen wirtschaftlichen Druckes auf vielen Arbeiter­klassen die Verhältnisse in Bezug auf die Versorgung der Arbeiter doch noch viel günstiger als in Belgien, Frankreich und Amerika. Die Gemeinde-Verwaltun­gen, freien Korporationen und die Kranken- und Unfallversicherungen bekämpfen bei uns mehr als in jenen Ländern die Notlage Hilfsbedürftiger und Elen­der. Auch ist nicht zu verkennen, daß die Arbeiter­kolonien doch manchen Arbeitsscheuen und Arbeitslo­sen zu einem würdigem Fortkommen verhelfen, so daß thatsächlich eine hübsche Anzahl Sicherheitsventile für den unterirdisch gährenden sozialrevolutionären Vulkan vorhanden sind.

Es darf aber deshalb eine große Vorsicht doch nicht außer Acht gelassen werden, weil die Soziali­sten und Anarchisten sich als eine internationale Ver­brüderung betrachten und behandeln, weil mit einer krankhaften Geistesrichtung in gewissen bethörten Volksschichten zu rechnen ist, und weil die Ruhestö­rungen unter diesen Umständen leicht epidemisch auftreten können. Der Geist der Widersetzlichkeit gibt übri­gens dann und wann auch in Deutschland ein gräu­liches Lebenszeugnis von sich, wie neulich ein Exceß, der von Fabrikarbeitern in Sprembcrg verübt wurde, bewiesen hat. Es ist deshalb jedenfalls als ein Akt weiser Vorsicht anzuerkennen, wenn die Regierungen gegenwärtig die Maßregeln des Sozialistengesetzes etwas strenger handhaben, zumal in mehreren größe­ren Städten Arbeitseinstellungen im großen Maß­stabe für den Sommer vorbereitet werden. Daß aber die Strikes leicht in Revolutionen ausarten können, das hat man in Belgien, Frankreich und Amerika gesehen. Wenn die Sinkenden im rechtli­chen Unterhandlungswege ihr Ziel nicht erreichen können, dann wollen sie nur zu gern zu allerhand Vergewaltigungen greifen, und diesen muß ein Damm entgegengesetzt werden.

Tages-Neuigkeiterr.

Deutsches Reich.

Tübingen, 15. Mai. Die Herbstaussichten sind in der hiesigen Gegend nicht viel versprechend. Obst wird cs nur ganz wenig geben. D>e Birnbäume haben beinahe keine Blüten angesctzt und die Aepfel- und Kcrnobstbäume haben durch den Frost so sehr gelitten, daß von einer nennenswer­ten Erholung nicht die Rede sein kann. In dem benachbar­ten Nehren ist die Kirschcnblüte total erfroren. Auch die Weinberge haben durch den Frost derart gelitten, daß ein be­friedigender Herbst nicht zu erwarten steht; was durch den Frost zu Grunde ging, wird auf »j« geschätzt. Der Hopfrn- bau, welcher namentlich auf der Tübinger Markung eine so große Ausdehnung angenommen hat, ist infolge der massen­haften Produktion nicht nur in vielen Ländern Europas, sondern auch in Amerika nicht mehr lohnend. Sollte die Hopfenernte bei uns auch gut, im Ausland weniger gut aus- fallen, so ist doch noch ein so großer Vorrat alter Hopfen vorhanden, daß hohe Preise nicht wohl werden erzielt werden. Eine gute Heuernte steht in Folge des ergiebigen Regens während der letzten Tage in Aussicht.

Stuttgart, 19. Mai. Man spricht von der Eventualität einer kurzen Sommersession des Land­tags für den Fall, daß der Reichstag die ihm vorge­legten Branntweinsteuergesetze annehmen würde, weil sie in Württemberg als zu den Neservatrechten ge­hörend nur mit Zustimmung der Stände eingeführt werden könnten.

Stuttgart, 20. Mai. Gestern wurde die Dien st boten Heimat und das Samariterhaus in Stamm heim bei Zuffenhausen unter sehr star­ker Beteiligung der Gemeinde und der umliegenden Orte, besonders auch von Stuttgart eingeweiht. Das Haus bietet Raum für etwa 100 Pfleglinge und ist

auch in seiner innern Einrichtung für seine Zwecke sehr geeignet. Gegenwärtig befinden sich 10 Pfleg­linge der Dienstbotenheimat und 4 des Samariter- Vereins in der Anstalt. Die Pfleglinge beider Ver­eine sind unter der freundlichen Obhut von 2 Schwe­stern des Stuttgarter Diakonissenhauses. Die junge Anstalt ist der Unterstützung treuer Menschenfreunde sehr bedürftig, was auch in der Nachfeier, die abends noch im Hause stattfand, in verschiedenen Ansprachen zum Ausdruck kam.

Stuttgart, 20. Mai. In der heutigen Sitzung der evangelischen Landessynode nahm der Präsident des evange­lischen Konsistoriums Anlaß, einige Mitteilungen über den Stand der Kirchenvcrfassungsfrage, deren Lösung in den brei­ten Schichten unserer evangelischen Bevölkerung herbeigesehnt wird, zu machen. Der neue Entwurf ist bereits im Kultus­ministerium ausgcarbeiet und liegt gegenwärtig dem Staats­rat zur Begutachtung vor. Daß der Entwurf so zeitig fer­tig gestellt werden soll, um noch in diesem Jahre vor die Kammer zu gelangen, wurde mit lebhafter Befriedigung aus­genommen. Im klebrigen sprach sich die Synode im Verlauf ihrer Verhandlungen bereits wiederholt zu Gunsten einer bes­seren Sonntagsheiligung aus, als dies bisher der Fall ist. Einige der am meisten positiv veranlagten Synodalen wandten sich sogar gegen jeden gewerblichen Unterricht während des Sonntags Vormittags. Ob die Forderung einiger Syno­dalen, die Reichsjustizgesetze möchten dahin reformiert werden, daß die Eideshelehrung durch die Geistlichen wieder zulässig werde, erscheint zweifelhaft, so sehr man wünschen muß, man möchte Mittel und Wege finden, die Ueberhandnahme der Meineide zu steuern.

Stuttgart, 21. Mai. Welches schöne Ver­hältnis zwischen unseren Soldaten und ihrem schei­denden kommandierenden General bestanden, davon zeugte gestern abend eine kleine Ovation, welche dem­selben unerwartet dargebracht wurde. Zur Erklärung der auf dem Schießplatz Heukopf neu angelegten Te­lephonleitung war eine Anzahl Unteroffiziere und Mannschaften der beiden hiesigen Jnfanterieregimenter kommandiert und diese kehrten auf dem Heimwege zahlreich in der Wirtschaft zur Doggenburg ein, wo Hr. v. Schacht meyer in schlichtem Civilanzuge im Gespräch mit einigen Herren vom Spaziergang ra­stete. Von seinen Kindern, wie der General seine Soldaten mit Vorliebe nannte, ehrfurchtsvoll ge­grüßt, mischte er sich alsbald unter dieselben, ging von Tisch zu Tisch und hatte für jeden ein freund­liches Wort, einen warmen Händedruck. Es thut mir wehe, von Euch zu gehen, Kinder, sagte er unter anderem, ich habe Euch immer so gern gehabt und stets Freude an Euch erlebt: Lebt wohl, Jungens, wir sehen uns heut wohl zum letztenmale, doch meine besten Wünsche bleiben bei euch, da sah man man­ches Auge feucht. Adje, Exzellenz, tönte es aus aller Munde immer und immer wieder, während der General sichtlich gerührt und als letzten Gruß noch seinen Hut schwingend sich entfernte, um seinen Lieb­lingsspaziergang fortzusetzen.

Oßweil, 20. Mai. Der Bienenwirt Sigle aus Fener- bach, welcher die Wanderbienenzucht in rationeller Weise betreibt, hat, nachdem er mit seinen Bienen in den letzten Wochen die Kirschenblüten im Rcmsthal abgeweidet, dieser Tage nun 170 Bienenvölker, die sich in fahrbaren Ständen be­finden, im Kronengarten aufgestellt, um die hiesigen ausgedehn­ten Rcpsfelder auszubeuten.

Letzten Sonntag nach der Bormittagspredigt ist in Reutlingen von den Kanzeln folgende Ansprache des Pfarrgemeinderats verlesen worden:Es ist in unserer Gemeinde immer mehr ausgekommen, das ganze Himmelsahrtsfest zu Ausflügen, zum Teil Seitens ganzer Vereine, zu benützen. So wenig nun der Genuß der schönen Natur, zumal im Frühling, Je­manden verwehrt sein soll, so wenig entspricht es doch dem Geist christlicher Festseier, wenn das Wort und Haus des Herrn, worin die großen Thaten