Amts- «rr- Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag den 18. Februar.

JnsertionSgcbühr fiir die ispaltige Keile aus ge-

wohnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgcgeben sein.

1886 .

Die erledigte Amtsnolarsstelle in Teinach wurde dem Kanzlciassistenten Schmid bei der Staalsanwallschast Stutt­gart übertragen.

Landesverrat und Spionage in Deutschland.

Der jüngste Hochverratsprozeß vor dem Reichs­gerichte zu Leipzig, in welchem der dänische Haupt­mann a. D, v. Sarauw wegen Landesverrat zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt, der Mitangeklagte Schriftsteller Nöttger aber freigcsprochcn wurde, hat mehr noch als die früheren ähnlichen Prozesse dar- gethan, das; Landesverrat und Spionage in Deutsch­land von ehrlosen Schurken systematisch betrieben werden. Durch mühselige Arbeiten der deutschen Heeresleitung errungene militärische Vorteile und Erfindungen sind wahrscheinlich schon seit zehn Jah­ren durch gewissenlose Menschen an das Ausland, zumal an Frankreich, verraten worden. Speziell steht von dem verurteilten Sarauw fest, daß er ein neues Sturmgerüt, ferner mehrere Punkte des deutschen Mobilmachungsplancs, dann die Fortschritte in den Schießversuchcu der deutschen Artillerie, die Zusam­mensetzung eines neuen Pulvers und die ganz neue Anwendung von Mörserbatterien in Festungen, außer­dem aber auch Fcstungspläne und Reitanlagen von Festungen an den französischen Generalstab, »welcher durch ein Nebenbureau mit Sarauw verkehrte, ver­raten hat. Des Weiteren zeigte sich dieser letzte Hochvcrratsprozeß nur als eine Ergänzung des Kraszewski'schen Prozesses, indem durch Zeugenaus­sage dargethan wurde, daß der Pole v. Kraszewski die Spionage für das östliche Deutschland, der Däne Janssen für das westliche und der Düne v. Sarauw für das übrige Deutschland besorgt haben. Die That- sache des Landesverrats durch diese Spionagedienste steht außer jedem Zweifel, indem eben durch (Sarauw und seine Helfershelfer wichtige Geheimnisse der deut­schen Heeresleitung an das Ausland verraten wur­den. Es ist allerdings in Betracht zu ziehen, daß Sarauw Ausländer ist, aber wenn man ihm deshalb das Verbrechen des Landesverrates persönlich nicht so hoch anrechncn kann, wie einem deutschen Landcs- kinde, dann muß eben der Fall eintreten, daß man Sarauw aus die Stufe eines ganz gemeinen Spions stellt, die ebenso hart wie Landesverräter bestraft werden müssen. Wiederum kommt aber auch in Be­tracht, daß Sarauw Deutschlands Gastfreundschaft genossen und das Verbrechen gegen Deutschlands Sicherheit auf deutschem Boden ausgeübt hat. Ent­schuldigungen gibt es also für seine Thaten in keiner Weise und ist die Strafe von 12 Jahren Zuchthaus für ein solches Verbrechen, was die Sicherheit eines ganzen Landes gefährden kann, fast zu mild.

> Einigen Trost gewährt es in diesen schmach­vollen Hochverratsprozessen, daß noch niemals ein aktiver deutscher Offizier sich zum Helfer an Spionage- Diensten herabgewürdigt hat, daß die Urheber dersel­ben vielmehr immer Ausländer waren und sich nur einzelne, der Unteroffiziersklnssc ungehörige Militär­personen, sowie einige Dunkelmänner zu Helfershel­fern hergaben. Es gewährtauch eine gewisse Genug- thuung, daß die deutsche Regierung diesen schmach­vollen Spionage-Dienst entlarven und gegen seine Folgen Gegenmaßregeln treffen konnte.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold, 17. Febr. Obgleich dem A schein nach der Winter noch länger anhalten wir dürfte doch nachstehende Thatsache auf einen baldig»

Eintritt des Frühlings schließen lassen. Gestern § wurde auf dem Eisberge eine größere Anzahl junger ! Maikäfer gefunden, welche sich schon ziemlich nahe ! an die Erdoberfläche emporgearbeitet hatten. (Ein I munteres Exemplar wurde der Redaktion übergeben.) s

Wildbad, soll, nachdem Prof. Dr. Oertel in München diesen Badeplatz als klimatischen Terrain­kurort zur Behandlung von Kranken mit Kreislauf­störungen, Herzfehlern, Fettherz und Fettsucht erklärt hat, für OertelSchwenninger Kuren eingerichtet werden.

Stuttgart. Die Lose der Pferdemarktlotterie sind ausgcgeben zum Preise von 2kL, wobei indeß nicht zu übersehen ist, daß wieder wie in den letzten Jahren eine bedeutende Summe, 20000 <M, an die Stadt Stuttgart zu Hebung des Marktes zur Ver­wendung kommt.

In Cannstatt hat sich eine Aktiengesellschaft gebildet mit dem Zweck der Erbauung von Arbeiter­wohnungen mit zwei Zimmern zum Preis von 160 bis 200 Mark.

Eßlingen, 16. Febr. (Stichwahl). Schultheiß Mauz 2218, Fabrikant Merkel 786 Stimmen, somit ist erstercr als Landtagsabgeordneter gewühlt.

Das kknfallversicherungsgesetz erweist sich einer Witwe mit ihren Kindern in Neckargartach bei Heilbronn als große Wohlthat. Im Dezember verlor der Mann, Maurer, durch einen Nnglücksfall das Leben. Nach genauer Berechnung stand nnn der Durchschnittstaglohn desselben auf 2 70

Es wurden hieran 60 pCt. ausbezahlt, also erhält die Witwe für sich und ihre 3 Kinder täglich 1 vkL 62 Im Falle einer Wicderverhciratung wird die Witwe mit einer bestimmten, etwa die Jahresein- nahmen betragenden Summe abgefunden.

Auf dem U l m e r Bahnhof wurde ein Ankupp­ler von der Rangiermaschine erfaßt und überfahren. Er starb sofort in Folge der hiebei erlittenen Ver­letzungen. Vor einigen Tagen wurde der Leichnam eines seit dem 2. Febr. vermißten Dragoners in der Donau bei Oberelchingen angeschwemmt; die nähere Besichtigung der Leiche ergab, daß hier nicht Selbst­mord sondern ein Verbrechen vorliege, denn neben mehreren Verletzungen am Kopse wurden 3 Stich­wunden am Körper gefunden, die wohl den Tod zur Folge hatten.

Brandfälle: In Böhringen das Armen­haus; in Gunningen (Tuttlingen) am 10. d. M. zwei Wohn- und Oekonomiegebäude, Schaden 7500 in Vellberg (Hall) am 14. ds. die Scheuer des Bauern Strecker. >

Karlsruhe, 13. Febr. Anläßlich der Er­klärung des Ministers Turban bei der Beantwor­tung der wegen des Branntweinmonopols an ihn gerichteten Anfrage brachte die liberale Kammer­mehrheit den Antrag ein, die Kammer wolle folgende Resolution zu Protokoll geben: Es sei erwünscht, bei der Belastung des Reichs und der Einzelstaaten sowie im Interesse der Sittlichkeit und Gesundheit, aus dem Branntwein höhere Erträgnisse zu ziehen. Das Aufgebell des Reservatrechts werde einer ge­wissenhaften Prüfung unterzogen werden.

(Auch eine Bitte.) Aus Frankcnthal wird geschrieben: Bor dem hiesigen Schöffengericht hatte sich vor einigen Tagen ein Handwerksbursche wegen Bettels zu verantworten und erhielt dafür 10 Tage Haft. Auf Befragen, ob er etwas einzuwenden habe, gab er unter allgemeiner Heiterkeit folgende Antwort:Meine Herren, ich bitt' um Verlängerung."

Münster, 12. Febr. DerWests. Merk." i meldet: Gestern abend gegen 7*/, Uhr war bas hiesige ! Akademiegebäude der Schauplatz eines entsetzlichen Un- ! glücks. Der Installateur Kleine, dessen Sohn und sein Gehilfe waren im Kellerraum der Akademie mit Reparaturen an der Gasleitung beschäftigt, als plötz­lich eine Gasexplosion eintrat. Kleine und der Ge­hilfe wurden sofort getötet, und der Sohn des ersten so schwer verletzt, daß er noch in vergangener Nacht im Krankeuhause verschied. Die Leuchen sollen in gräßlicher Weise verstümmelt sein.

Greifswald, 12. Febr. Folgender Vorfall dürfte nicht nur in medizinischen, sondern auch in Laicnkrcisen Interesse und Beachtung erregen: Ein Gutsbesitzer im Kreise Stargard, (Pommern) hatte für seine 3 Kinder im Alter von 913 Jahren un­gefähr vor Jahresfrist einen Hauslehrer engagiert, der während der Unterrichtsstunden beständig starke Zigarren rauchte. Nach längerer Zeit erkrankten die drei Kinder und zwar waren bei allen die gleichen Symptome bemerkbar. Der herbeigerufene Arzt kon­statierte eine Nicotinvergiftung, der denn auch das eine (jüngste) Kind bereits zum Opfer gefallen ist. Das Leben der beiden klebrigen zu retten, ist Hoff­nung vorhanden.

Berlin, 12. Febr. Der Reichstag hat heute die Beratung des Etats erledigt. Der Etat wurde fast durchweg entsprechend den Vorschlägen der zwei­ten Lesung angenommen. Für die in der zweiten Lesung abgelehnten 800000 Mark zum Bau eines Aviso's wurde ein entsprechender Betrag in einer anderen Position gestrichen, der Bau eines neuen Aviso's aber gutgeheißen.

Berlin, 12. Febr. Die zweitägige Währungs­debatte im Reichstag hat nach Ansicht derKrzztg." mit einem entschiedenen Erfolge der Anhänger der Doppelwährung ihren Abschluß gefunden. Die Schärfe, welche in den beibcrseitigcn Reden zum Ausdruck kam, bewies deutlich genug, daß die Freunde wie die Geg­ner der Doppelwährung sich wohl bewußt waren, daß die Frage, ob der zur Beratung stehende Antrag eine Majorität im Reichstage finden würde oder nicht, von einer so entscheidenden Bedeutung war, daß dagegen der materielle Inhalt des Antrages selbst völlig in den Hintergrund trat. Das Resultat war bekanntlich eine starke Mehrheit für den bimctal- listischen Antrag, wobei die gesamte Linke geschlossen dagegen, das Zentrum und die beiden konservativen Fraktionen mit wenigen Ausnahmen dafür stimmten. Die Währungsfrage hat sich allmählich, wie das in der Natur der Sache liegt, zu einer Jnteressenfrage von; reinsten Wasser zugespitzt: auf der einen Seite stehen die Börse, der Großhandel und ein Teil der mit der elfteren eng liierten Industrie; auf der ande­ren das Handwerk, die Landwirtschaft und der Rest der Industrie. Bekehrung oder Vermittelung ist hier ausgeschlossen; es ist ein Kampf der Interessen, wel­cher ausgefochten werden muß, und in diesem Sinne war die gestrige Abstimmung eine Heerschau, mit de­ren Resultat wir wohl zufrieden sein können."

Berlin, 13. Jan. Die Entrüstung über die arglistigen Versuche des französischen Generalstabes, die deutschen Heeres-Einrichtungen auszukundschaften, um von solcher Kenntnis im Falle eines Krieges Vorteil zu ziehen, wird in allen Kreisen Deutschlands gleich stark sein. In Frankreich würden ähnliche Enthüllungen über eine ähnliche deutsche Auskund­schaftung französischer militärischer Geheimnisse ein Wutgcschrei der gesamten Presse entfesseln, wir schöpfen aus sochen Vorkommnissen höchstens die Beruhigung,