unmittelbar vor seinem Tode. Die lachenden Erben werden mit dieser weisen Vorsicht wohl zufrieden sein.

Stuttgart. Nach dem im Druck erschienenen Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschusses beträgt die Württemberg. Staatsschuld 421 941 596 90 .

Eßlingen, 23. Jan. Heute früh ist der Waldschütz Zimmerte von Lobenroth im Strüm- pfelbacher Walde erfroren aufgefunden worden.

Brandsälle: In Unlingen (Riedlingen) das einem Bäcker gehörige Pfründnerhaus.

München, 24. Jan. In der Plenarversamm­lung des Generalkomites des landwirtschaftl. Vereins wurde mit 19 gegen 10 Stimmen nach fünfstündiger animierter Debatte beschlossen, daß dem Gesetzentwurf, l>etr. das Branntweinmonopol, so wie er dem Bun­desrate vorliegt, zuzustimmen sei, und ein Snbkomite mit der Aufgabe betraut, Vorschläge für solche Ab­änderungen der Vorlage vorzubereiten, welche vom Interesse der bayerischen Landwirtschaft erheischt wer­den. Mit der Minderheit stimmte Prinz Ludwig.

Eine Schlittenfahrt des Königs Lud­wig. Aus dem bayerischen Hochlande wird der N. f. Presse" geschrieben: Der Winter ist in unse­rem Gebirge mit seiner ganzen Pracht eingezogen. Die Berge erscheinen höher und mächtiger in ihrem weißen und glänzenden Kleide, und die Sonne er­glänzt auf den mächtigen Silberfeldern in den wun­derbarsten Farben. Am schönsten ist es zu dieser Zeit in Linderhof, dem geheimnisvollen Trianon des Königs Ludwig. Auch bequemer ist in Linderhof und Umgebung der Verkehr als anderswo in den Bergen; denn Hunderte von Arbeitern sind täglich beschäftigt, insbesondere die herrliche Straße vom Schnee freizuhalten, welche zwischen den dunklen Bäumen des Ammerwaldes dahinzieht. Wie ein Zaubermärchen begegnet dem Wanderer hie und da die wunderbare Erscheinung des königlichen Schlittens, der meistens in stiller Nacht durch den Wald dahin­fliegt. Man denke sich einen goldenen Schlitten mit Krone und Wappen und mit einem vergoldeten Coups, der die Form eines Schwanes mit aufgeblähten Flügeln hat. Im Innern des Coupes sieht man aus blauem goldgesticktem Hintergrund die volle Ge­stalt und das blasse Gesicht des Königs, neben dem einer seiner Lieblinge zu. sitzen pflegt. Das Innere ist magisch erhellt von einem milden strahlenden Lichte, das aus dem Coups heraus in breitem Kreise den Schlitten und die dampfenden Pferde beleuchtet und sogar den Vorreiter mit seiner Laterne weit überstrahlt. Es soll elektrisches Licht sein, das durch Accumulato- ren im Innern des Schlittens erzeugt wird. Wie ein Blitz fliegt der golvene Schlitten vorüber, so daß man kaum Zeit hat, die Brillanten-Agrasfe an dem Künstlerhute des Königs oder die Uniform des jungen Chevauxlegers neben ihm ins Auge zu fassen. Bald ist die Chavalcade hinter einer Biegung der Straße verschwunden.

Wilhelmshaven, 25. Jan. Das Panzer­schiffFriedrich Karl" wird schleunigst ausgerüstet, um sich, dem Vernehmen nach, in den Piräus zu begeben.

Berlin, 25. Janr. Der Reichskanzler bean­tragt beim Bundesrat den Umlauf der Zwanzig- Markscheine ans 30 Millionen und den der Fünf- Markscheine auf 20 Millionen zu erhöhen.

Berlin, 25. Jan. Wie sehr notwendig eine schärfere Aufsicht der den Krankenkassen angehörigen Mitglieder ist, davon liefert die Zeitschrift Gewerk­verein in folgenden, zur öffentlichen Kenntnis ge­kommenen, nicht vereinzelt dastehenden Falle einen Beweis. Ein Arbeiter in Altona war Mitglied mehrerer Krankenkassen und hatte es verstanden, den ihn behandelnden Arzt zu täuschen. Infolge davon erhielt er während einer langen Zeit Unterstützung aus den verschiedenen Krankenkassen. Es ist festgc- stellt worden, daß dieser Mann im Verlauf dreier Jahre 11 Krankenkassen angehört und in dieser Zeit 4000 an Krankengeld erhalten hat. Außerdem aber gehörten auch seine Frau, der Sohn, die Toch­ter und ein Einmieter verschiedenen Krankenkassen an, und in der Wohnung des Mannes waren regelmäßig 2 Kranke. Man nimmt an, daß die Familie seit Jahren nur von Krankenunterstützung gelebt hat!

Berlin, 25. Jan. Im Abgeordnetenhaus ist am Mittwoch eine Polendebatte zu erwarten. Der Kanzler beabsichtigt, in derselben die Verteidigung der Ausweisungs- und der zu ergreifenden Präventiv- Maßreacln zu übernehmen.

Berlin, 26. Jan. Die Kommission für den

Nordostseekanal genehmigte den Paragraph 1 (Her­stellung des Kanals) einstimmig und unverändert. Die Kommission genehmigte ferner 8 2 (Aufbringung der Mittel des Kanalbaus durch eine Anleihe) und vertagte die weitere Beratung über die von Handels­schiffen zu entrichtende Abgabe bis zum Mittwoch.

Im Reichstag heißt die Losung noch immer Zölle und Verbrauchssteuer». Auch am Freitag wurde dieser Etat beraten d. h. von den Gegnern und Anhängern der Schutzzoll­politik ward die Schlacht, die nun schon 3 Tage währt, weiter- geschlagen. Der Abg. Bock-Gotha kämpfte für die Sozialdemo­kraten, er ist der Meinung, daß nur eine gründliche Reform, die die unteren Stände berechtigt, an der Konsumtion teilzu- nehmcu, den immer wiederkehrenden wirtschaftlichen Krisen Vorbeugen könne. Die Abgg. Gerlach von den Deutsch-Konser­vativen, Dr. Mchcr-Halle von den Deutsch-Freisinnigen, Dr. Bambergcr, ebendaher, und v. Kardorst von den Frei-Konser­vativen stritten sich über die Schuld oder Nicht-Schuld der Schutzzollpolitik an der Ueberproduktion und über den Wert oder Unwert der Doppelwährung. Dann mischten sich die Abgg, Herrmann, Wilbrandt, Leuschner, Dr. Frege und v. Köller noch in diesen Streit ohne Ende, der schließlich aber doch glücklich noch dadurch bcigclegt wurde, daß Titel I. des Etats der Zölle und Verbrauchssteuern, der speziell von den Zöllen" handelt, Annahme fand. Titel II.Tabaksteuer": 7 655 000 ward ohne Debatte , ebenso Titel III. Rüben- zuckersteucr: 37 286 480 ^i.u. Titel IV Salzsteuer:38306 000 angenommen. Die Branntweinsteuer, die nunmehr folgt, ist mit 37 224 450 veranschlagt. Dazu liegt der Antrag Aus- scld (Deutschfreisinnigl vor, der lautet:Die Einführung des Branntweinmonopols ist in politischer, wirtschaftlicher und fi­nanzieller Beziehung verwerflich." Der Abg. Richter vertei­digt diesen Antrag. Schatzsckrctair v. Burchard erwidert ihm, daß sein Zweck ja doch kein anderer sei, als recht viel Agi­tation zu treiben. Dr. Buhl erklärt im Namen der National- liberalen, daß dieselben gegen den dcurschsreisinnigen Antrag stimmen würden, ohne dadurch zu dem Inhalt desselben be­stimmte Stellung zu nehmen. Darauf wird der Antrag von den Deutschfreisinnigcu zurückgezogen, woraus Abgeordneter v. Frankenstein im Namen des Zentrums erklärt, daß dieses nun keinen Grund habe, sich schon jetzt über das Branntwein­monopol zu äußern. Abg. Richter erklärt nun nochmals, daß der Antrag zurückgezogen sei. Abg. Geiser von den Sozialde­mokraten spricht sich aber trotzdem gegen jedes Monopol aus. Darauf wird der TitelBranntweinsteuer" angenommen. Die Braustcuer, Titel VI. , ist mit 17 230570 etatisiert. Zu diesem Titel liegt der Antrag Zeitz-Ulrich bctr. das Ver­bot jedes Ersatzes für Malz vor. Die Sozialdemokraten ha­ben beantragt, dieses Verbot folgendermaßen zu fassen:daß bei der Bierbercilung nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verwendet werden darf." Abg. Zeitz begründet seinen Antrag in längerer Rede und erklärt, daß ihm zuüimmcnde Schreiben in großer Anzahl zugegangen seien. Auch der deutsche Brauerei-Ausschuß habe sich dahin entschieden, daß die Ver­wendung von Surrogaten gefährlich sei. Nachdem Abg. Zeitz geschlossen hat, vertagt sich das Haus bis Sonnabend.

Eine der gefährlichsten Taschendiebinnen Berlins, welche ihr Gewerbe mit einer großen Kunstfertigkeit betrieb, ist die Schlossersfrau Anna Jahnke. Dieselbe wurde 4 Wochen lang unausge­setzt beobachtet, und so gelang es, sie einznfangen. Sie hat die verschiedensten Methoden in Anwendung gebracht und die Neuerung eingeführt, daß sie den Leuten die gefüllten Portemonnaies aus der Tasche zog und ihnen dieselben leer wieder zusteckte. Als dieses Verfahren durch die Zeitungen bekannt wurde, änderte sie ihre Kunst; sie erschien alsdann gewöhn­lich, einen Hund an der Leine führend, auf der Bild­fläche, drängte sich an die vor den Modehandlungen stehenden Damen heran und bei der Unterhaltung über die neuesten Moden plünderte sie die Taschen der Arglosen. Die verschmitzteste Art ihres Vor­gehens bestand aber darin, daß sie Frauen auf der Straße mit etwas Seifenschaum bespritzte und sich dann in Hilfsbereitschaft an sie herandrängte, um sie von dem Schmutze zu befreien. Wenn dann die Frauen dankerfüllt der freundlichen Dame ihr Ta­schentuch reichten, benützte dieselbe die günstige Ge­legenheit, um die Portemonnaies zu entwenden. Ihr Geschäft scheint sehr gewinnbringend gewesen zu sein, denn sie war ständiger Gast in den Theatern und Konzerten. Der Gerichtshof verurteilte die Jahnke zu 5 Jahren Zuchthaus.

Berlin macht eine neue Anleihe von 50 Millionen zu 4"/o für große Bauten.

Oesterreich-Ungarn.

Herr Gautsch von Frankenthurn, der jugendliche Unterrichtsminister Oesterreichs, entpuppt sich bereits im strahlendsten Lichte als ein eingefleisch­ter Feind des Deutschtums. Wie uns ein Telegr. aus Wien meldet, verfügt ein Erlaß dieses famosen Unterrichtsministers, daß das Werkdie großen Schlachttage aus dem Nationalkampfe Deutschlands gegen Frankreich im Jahre 1870" (Spamerschc Samm­lung) aus allen Schülerbibliothcken inunauffälliger Weise" auszuscheiden sei. Die interessanten Natio­nen und Natiönchen Oesterreichs werden diesem Er­laß natürlich zujubeln, den Deutschen aber innerhalb der Habsburgischen Monarchie wird man nicht mehr

widersprechen können, wenn sic Herrn Gautsch die Anklage ins Gesicht schleudern, daß er sich als ein rüstiges Werkzeug der systematischen Unterdrückung des Deutschtums in Oesterreich entpuppte.

Schweiz.

St. Gallen, 25. Jan. Der frühere schweizeri­sche Gesandte in Wien, der berühmte Verfasser des Tierlebens der Alpenwelt", v. Tschudi, ist hier gestorben.

In Pery (Berner Jura) wurde in einem Stalle ein 14jähriger Knabe entdeckt, der, wie es scheint, sein ganzes Leben darin war gefangen gehal­ten worden. Er war ganz verwahrlost »nd konnte nicht sprechen. Die Züricher Bankdiebe sol­len in Marseille erwischt worden sein.

. Frankreich.

Paris. Ein schrecklicher Brand, der eine große Anzahl von Opfern forderte, hat am 21. d. M. das große Fabrik-Etablissement von Barbie u. Le Prinze zerstört. In dem leicht gebauten Gebäude brach Feuer in einer Abteilung aus, in welcher Celluloid- Kämme fabriziert werden, und nahm große Dimen­sionen an. Eine schreckliche Panik bemächtigte sich der Arbeiter, deren viele sich in den oberen Etagen befanden, von denen die Treppen bald weggebrannt waren. Mehrere Personen stürzten sich, als sie die Glut immer näher kommen sahen, aus den Fenstern und verletzten sich schwer. Man zählt 15 Verwun­dete und 3 Tote, deren verkohlte Leichname unter Trümmern gefunden wurden. Herzzerreißende Sze­nen fanden bei der Rekognoszierung dieser Personen statt.

DieSäuberung" des französischen Offizierkorps durch den neuen Kriegsminister, Gene­ral Bonlanger, hat in den höheren Stellen des Ministeriums bereits ihren Anfang genommen, indem, der Gencralstabschef und seine beiden Sonschefs durch neue Personen ersetzt worden sind. Diese drei Generäle haben, wie dasAvenir" hervorhebt, stets Beweise ihrer Tüchtigkeit gegeben, und ihr Weggang veranlaßt darum zum Nachdenken. Das wechseln in einem Ministerium, das mit der Heeresorganisation, Instruktion und Mobilisierung betraut ist, sollte ohne sehr triftige Gründe im Interesse der Stetigkeit der Leitung nicht vorgenommen werden. Wir in Deutsch­land haben uns mit 2 Kriegsministern und einem Generalstabschef in 20 Jahren nicht schlecht befunden.

Spanien.

lieber eine gräßliche Ovation wird aus Valencia berichtet:Die junge Tänzerin D o r i d cr sollte im diesjährigen Fasching ihre Vermählung mit dem einzigen Sohne eines Bankiers feiern. Am 15. d. M. debütierte Signora Dorida imExcelsior"^ dies sollte auch ihre Abschiedsvorstellung sein. Die schöne Tänzerin erhielt von allen Seiten Blumen und Geschenke und aus dem Orchester reichte man ihr einen Korb, dessen Deckel aus roten Kamelien und Maiglöckchen gebildet war. An dem Griffe hing ein Zettel mit den Worten:Ocffne mich, du schönes Kind". Das junge Mädchen hob den Deckel in die Höhe und im selben Momente sprangen zwei rie­sige Ratten auf ihre Brust. . . . Wie eine Verzwei­felte schlug sie mit den Händen nach den ekelhaften Tieren und sank alsbald, von Bißwunden und in Krämpfen sich windend, zu Boden. Signora Dorida ist an einem Gehirnfieber erkrankt und die Aerzte er­klären , daß, wenn auch das Leben gerettet werden kann, für ihren Verstand gefürchtet werden müsse. Als die Urheberin der gräßlichen Ovation will man die künftige Schwiegermutter der Tänzerin entdeckt haben, die in solcher Weise die Verbindung, welche ihre Pläne durchkreuzte, unmöglich gemacht hat. Es herrscht über die Affaire große Erbitterung, weil die Gerichte bis jetzt keinerlei Miene gemacht haben, sich mit der Sache zu beschäftigen."

England.

London, 25. Jan. Nach einer Mitteilung derTimes" aus Madrid konstatieren die Blätter, daß Zorilla sich nach London begeben habe, nachdem seine Versuche, eine Revolte hervorzurufen, mißge­glückt sei. Die französische Regierung habe sich ge­weigert, ihm den Aufenthalt in Frankreich zu ge­statten.

London, 26. Jan. DieTimes" hofft, die Warnung an Griechenland werde hinreichen, den Frie­den aufrecht zu erhalten, andernfalls werde die grie­chische Regierung bald erfahren, daß die Großmächte nicht mit sich scherzen ließen.

London, 25. Jan. Die Antwortsnote Gnc-