Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den OSermuts-Bezirk Nagold.

.4L 11.

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anßerhalb des Bezirks l 2» Monats- abonncment nach Verhältnis,

Donnerstag den 28. Januar.

JnserlivnSgeduyr für die 1>palrigc Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 «I, bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgcgeben sein.

1886 .

Bestellungen

auf den

für die Monate

Februar mW März

können bei allen Poststellen nnd den betr. Postboten gemacht werden.

Bortrag über den Wollzoll,

gehalten von Gewerbevereins.Vorstand Fabrikant Sannwald in der Wewerbeveieins-Versammlinig am 22. Januar,

Derselbe berichtete in ausführl. Weise über diese für die deutsche Wollindustrie hochwichtige Angelegen­heit und führt etwa folgendes ans:

Die von den deutschen Schafzüchtern hervorgc- rusene Agitation um Einführung eines Eingangs­zolles auf überseeische Wolle habe den Zweck, die in den letzten Jahren in Folge fortwährend gesunkener Wollpreise darnieder liegende Schafzucht wieder zu Hebens es werde behauptet, wenn dieser Zoll nicht in angemessener Höhe angesetzt werde, so gehe schließ­lich die ganze Landwirtschaft zu Grunde u. s. w.

Diesen Behauptungen gegenüber wird seitens der Industrie geltend gemacht:

Das ganze in Deutschland im Jahr 1883 er­zeugte Quantum Wolle betrage ca. 500000 Ztr., davon werde aber nur etwa die Hälfte im Lande selber verbraucht. Die andere Hälfte werde trotz des billigen Preises in's Ausland ausgeführt.

Diese Erscheinung rühre daher, daß die Ver­hältnisse der Fabrikation sich unter dem herrschenden Geschmack und Bedarf des Publikums dahin entwickelt haben, daß Wollwaren der mannigfachsten Art in einer Qualität verlangt werden, welche nicht aus inländischer Wolle hergestellt werden können, nur ganz wenige Artikel werden ganz ohne Beimischung ausländischer Wolle fabriziert; die ausländische Wolle fei seit Jahren in besserer Qualität und besser zube- reitet auf den Markt gekommen, der Wollkonsument wisse, was er kaufe, während bei der inländ. Wolle vielfach über geringere Qualität und besonders auch über unreelle Aufbereitung geklagt werde.

Wenn nun auch angenommen würde, in Folge Auflegung eines Eingangszollcs werde das ganze, in Deutschland erzeugte Quantum Wolle, ca. 500000 Ztr., von der deutschen Industrie ausgenommen, so sei dieses Erzeugnis doch verschwindend gegen den kolossalen Bedarf der Industrie; so seien im Jahr 1883 noch 2113000 Ztr. vom Ausland eingeführt worden. Lege man auf dieses Quantum einen Ein­gangszoll von der von den Schafzüchtern vorgeschla­genen Höhe von durchschnittlich 60 pr. Ztr. (306090 vlli pr. Ztr. seien verlangt) mit einem niedrigeren Ansatz sei nicht geholfen so werde die deutsche Wollindustrie mit einer Auflage von vkL 128000000 belastet. Diese enorme Summe könne die deutsche Industrie selbstverständlich nicht tragen und die natürliche Folge wäre sofortiges Aus- Horen jeden Exports, Verteurung der Wollfabrikate, Verminderung der Fabrikation zu Gunsten anderer Artikel, Baumwolle u. drgl.; weiter wären Tausende von Unternehmern ruiniert, die Existenz von Hundert­tausenden von Arbeitern vernichtet.

Die Ausfuhr der deutschen Wollindustrie ins Ausland habe im Jahr 1884 die stattliche Ziffer v. 351000 Ztr. Wollwaren aller Art betragen. Um diese von Jahr zu Jahr steigende Ausfuhr für die deutsche Industrie zu erhalten, werde nun vorgeschlagen, es

sollen Exportprämien gegeben werden, d. h. es solle der für die eingeführte Wolle bezahlte Zoll bei der Ausfuhr fertiger Ware wieder zurückerstattet werden. Hiebei sei zu bedenken, daß in den vielerlei Woll- artikcln, die ausgeführt werden, die verschiedensten Stoffe beigemischt, eingewebt und eingezwirnt seien; außer Mischungen mit den verschiedenen Wollsorten unter sich gebe es Mischungen mit Knnstwolle aller Art, Kämmlinge, Abgänge aus Kamm- nnd Streich­garnspinnereien, Mischungen mit Baumwolle, Seide, Jute, Chinagras, Kameelhaaren, Alpaca, Cachcmir, ja sogar mit Kuh- und Rchhaaren.

Kein Spezialtechniker, viel weniger ein Zoll­beamter wäre im Stande, zu berechnen, wie viel von diesem oder jenem Stoff reine Wolle übrig bleibt und wie die Rückvergütung des Zolles bemessen wer­den solle; es sei also die vorgeschlngene Rückvergü­tung einfach ein Ding der Unmöglichkeit.

Wenn min bei einer jührl. Produktion von 500 000 Ztr. noch weitere 2113 000 Ztr. für die Industrie nötig seien, so sei klar, daß bei einem solch kleinen Produktionsquantum gegenüber dem kolossalen Verbrauch den Schafzüchtern, die immerhin nur einen kleinen Teil der Landwirtschaft ausmachen, jedes Recht abgehe, zum Nachteil der deutschen Wollin­dustrie und zum Nachteil des wolltragenden Publi­kums für ein quantitativ so unbedeutendes Produkt einen so hohen Zollschntz zu verlangen.

Die Industriellen wissen gar wohl, daß das Wohlbefinden der Landwirtschaft gleichbedeutend ist mit dem Gedeihen der Industrie, man werde auch diesen Standpunkt seit einer Reihe von Jahren in den Berichten des Gewerbe-Vereins verzeichnet finden, allein so wie die Sachen liegen, könne auch nicht entfernt davon die Rede sein, daß durch Einführung eines Wollzolles, der direkt ja nur einer kleinen Minderheit zu gut käme, der deutschen Landwirtschaft aufgeholfen werden könne, man könne nnd dürfe trotzdem aber den Gewerbtreibenden nicht den Vor­wurf machen, daß sie Wohl für ihre eigenen Produkte einen Zollschutz verlangen', während sie ein Gleiches der Landwirtschaft nicht gönnen. Redner könne spe­ziell hier noch daran erinnern, daß der hiesige Ge­werbe-Verein in seinen Berichten schon vor Jahren die Einführung eines Zolles ans Getreide und der­artige landwirtschaftl. Produkte befürwortet habe, zu einer Zeit, wo man in landwirtschaftl. Kreisen noch nicht einmal gewagt habe, an einen derartigen Zoll­schutz zu denken.

Zum Schluß glaubte der Vortragende zur Be­ruhigung der beteiligten Wollkonsumenten noch anfü­gen zu können, es sei aus ziemlich sicherer Quelle bekannt: die Neichsrcgierung werde das bei Einfüh­rung der Zollgesetzgebung aufgestellte Prinzip der freien Einfuhr von Rohprodukten nicht aufgeben und die Auflegung eines Eingangszolles auf Wolle als mit den Interessen der Wollindustrie unvereinbar zurückweisen.

Tages-Nenigkeiterr.

Deutsches Reich.

Freudenstadt, 25. Jan. Heute morgen wurde die Leiche des seit 30. November v. I. ver­mißten Postboten Glauner von hier in dem Mühl­kanal in Aach gefunden.

Stuttgart, 23. Jan. In der gestrigen Sitzung der Abgeordneten-Kammer gab der Art. S des Fcldbereinigungs- enlwurfs, welcher analog mit den einschlägigen Gesetzen an­derer Länder die Bestimmung enthält, daß die bei der Ab­stimmungtagfahrt nicht erscheinenden Beteiligten als dem pro­jektierten neuen Feldeinteilungs-Unternehmen izustimmcnd ge­

zählt werden, dem Abg. Mohl, der darin in dem Frhr. Edm. v. Ow einen Verbündeten fand, wieder Veranlassung, in so schroffer Weise das Gesetz anzugreifcn, daß er sich eine Mah­nung des Präsidenten zuzog, Mohl, der als principieller Gegner des ganzen Entwurfs hier den Hebel ansetzte, um, nach­dem es ihm nicht gelungen, das Gesetz im ganzen zu Fall zu bringen, wenigstens den Versuch zu machen, cs in seinen Wir­kungen abzuschwächen, fand übrigens den Minister v. Holder, sowie eine Reihe Abgeordneter bereit, für jene Bestimmung im Art. 9 mit gehörigem Nachdruck einzutretcn, die denn auch mit großer Majorität angenommen wurde. Die Debatte, an welcher sich außer dem Minister noch die Abg. v. Weber, Uhl, Egger, Rath, Spieß, Maurer, Haas und Leemann beteiligten, nahm einen ziemlich lebhaften Verlauf und zog sich sehr in die Länge. Bei Art. l3 wurde von dem Abg. Sachs die Frage der veralteten Institution der Realgemeindcrechte und das Ver­halten der Realgemeindercchtsbesitzer bei der Abstimmung über Feldeinteilungsprojckte in die Beratung geworfen durch die Einbringung eines Antrages, welcher den Zweck hatte, die Abstiinmungsrcchte jener Rcalgcmeindcrechtsbesitzer zu präzisie­ren. Mau verwies diesen Antrag, dessen Tragweite sich nicht übersehen ließ, an die Kommission, aber Minister v. Höldcr nahm die Gelegenheit wahr, seine Geneigtheit zur Einleitung von Schritten auszusprechen, welche die Ablösung jener Rechte bezwecken sollen. Frhr. v. Varubüler glaubte bei Art. 14 den bei Fideikommißgütern interessierten Adel dadurch mit einem besonderen Schutz umgeben zu sollen, daß er den Antrag ein­brachte, den Agnaten und Anwärtern sei zur Wahrnehmung ihrer Rechte zu der Abstimmung über neue Feldcinteilungcn vor dem Amtsgericht des Bezirks ein Vertreter zu bestellen. Der Redner brachte bei Begründung dieses Antrags Klagen über die Verzögerung von Geschäften der Exeinten durch die Landgerichte vor, welch letztere übrigens v. Justizminister v. Faber kräftig in Schutz genommen wurden. Der Varnbüler'- schc Antrag, für den sich die Kommission allerdings ausgespro­chen, für welchen aber gestern kein Abgeordneter und von der Rittcrbank nur Frhr. v. Gemmingen eintrat, wurde vom Ju­stizminister, der in dem Abg. Mohl in dieser Frage einen Ver­bündeten besaß, energisch bekämpft und hatte, wie mau übri­gens von vornherein erwarten konnte, das Schicksal, abgclchnt zu werden. Sehr sympathisch dagegen kam sowohl das hohe Haus als der Justizminister einem Antrag des Abg. Göz ent­gegen, welcher die Rechte des überlebende» Ehegatten und der Vormünder bei Abstimmungen in Sache» von Fcldbereinigun- gen regelt.

Stuttgart, 25. Jan. Nur langsam geht die Bera­tung des Fcldbereinigungsgesctzcs in unserer Abgeordnetenkam­mer von statten, da fast jeder Artikel zu längeren Eröterungcn führt, die einen lebhaften Charakter tragen. Mohl hat seine Bekämpfung des Gesetzes, so unfruchtbar dieselbe ist, immer noch nicht aufgehoben. Um wenigstens den Vollzug des Ge­setzes möglichst lahm zu legen, wollte er in der Samstags- sitzung wieder die auf 2 Wochen festgesetzte Beschwerdcfrist gegen beschlossene Feldbereinigungcn auf zwei Monate ausdch- nen, ohne übrigens mit seiner Absicht einen Erfolg zu haben. Bei Art. 17 rief die Frage der Rückgängigmachung genehmig­ter Feldbereinigungcn eine längere Erötcrung hervor. Die Erklärung des Ministers v. Hölder, man brauche zur Aus­führung des Fcldbereinigungsgcsctzes keine neue Zentralstelle zu schaffen, sondern die bestehende Zentralstelle für Landes- kultursachen werde die Geschäfte übernehmen, befriedigte all­gemein. Ueber die von verschiedenen Seiten angestrcbte Ver­einigung der beiden Zentralstellen für Landwirtschaft und für Landcskultursachcn äußerte sich der Minister ziemlich zurück­haltend. Die Frage der Zusammensetzung der Vollzugskom- missionen für die Feldcinteilungen kam auch noch zur Bera­tung und zeigte , wie verschieden die Ansichten in diesem Punkte sind. Zum Austrag kam diese Frage, in welche als untergeordnetere Momente noch die Wahlen der Beisitzer der Kommissionen, sowie der Vertrauensmänner hincinspielen, am Samstag noch nicht. Die Beratung hierüber wird am Diens­tag fortgesetzt.

Bor kurzer Zeit starb in Stuttgart ein rei­cher Privatier, welcher sich vom Hausknecht bis zum halben Millionär hinaufgearbeitet hatte. In seinen alten Tagen wurde der Mann von einem Geiz be­seelt, der ihn all' seine körperlichen und geistigen Bedürfnisse auf ein Minimum beschränken ließ. Als nun der Tod vor der Thüre stand und Herr Z. fühlte, daß sein letztes Stündlein gekommen sei, fiel ihm ein, daß er seine Wohnung kündigen müsse, wollte er nicht noch ein weiteres Quartal Miete be­zahlen. Und so kündigte er dem Hausbesitzer noch