chenlands weist Englands Einmischung als gegen den diplomatischen Brauch verstoßend zurück und erklärt, Bulgarien habe den Berliner Vertrag verletzt unter Englands Aegide. Griechenland halte jedes Mittel, selbst den Gebrauch der Waffen für gerechtfertigt, um die Konzessionen zu erhalten, welche der Berliner Vertrag ihm gewährte. Griechenland halte seine Ansprüche auf Thessalien und Epirus aufrecht und sei vorbereitet, bei der ersten Gelegenheit zu Felde zu ziehen und vertraue auf seinen Erfolg. Das erste Vorrücken türkischer Truppen werde das Signal einer Revolution in Albanien und Maeedouien sein und Europa werde nicht gelassen Zusehen.
Gnetzenunio.
Athen, 24. Jan. Wie verlautet, hat der englische Gesandte gestern dem Ministerpräsidenten Delyannis ein Telegramm des Marguis von Salisbury überreicht, in welchem erklärt wird, daß, falls Griechenland die Türkei ohne legitime Motive au- greifen sollte, England (im Einverständnis mit den änderen Mächten) das Vorgehen Griechenlands zur Sec verhindern werde.
Amerika.
(Große Arbcitssperre.) Fünfzehn Zigarreu- fabrikanten in Newyor k, die eine Arbeitssperre au- gekündigt hatten, falls nicht die in zwei Fabriken im Strike befindlichen Zigarrcnmacher die Arbeit wieder aufnehmen, schlossen ihre Fabriken, wodurch 9000 Personen beschäftigungslos wurden. Ein Fabrikant hat mit seinen 200 Arbeitern einen Vergleich getroffen. __
Handel L Verkehr.
Vom Bezirk Herrenbcrq, 25. Jan. Die Zuckerfabrik Böblingen bat den Preis sür vorschriflsmäsüg gebaute Rüben für das Jahr 1886 wieder auf 90 pro Zentner franko ihrer Stationen erhöht, was mit allgemeiner Befriedigung aufgcnommcn wird. Die Landwirte werden nun gerne wieder deni Rübenbau sich zuwendcn, der, wenn rationell und mit Fleih betrieben, immer noch den besten Ertrag liefert.
Stuttgart, 24. Jan. (Mchlbörse). An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1275 Sack als verkauft zur Auzeige gekommen zu folgenden Preisen: Mehl Nr. 0 29 bis ^ 30.50, Nr. 1 2728.50, Nr. 2 ^ 25- 26.30, Nr. 3 23—« 24.50, Nr. 4 ^ 20—^ 21.50. In aus- ländischen Mehlen kein Absatz.
Stuttgart, 25. Jan. (Landcsproduklcnbörse.s Unser Umsatz blieb auch heute sehr beschränkt, weil die Käufer erhöhte Preise nicht bewilligen wollen. Wir notieren pr. 100 Kilgr.: Weizen, niederbaper. ^ 19.20—19.30, fränkischer 18.70—18.75, Haber la 13.90, Land 12.40-13.20, beregnet ^tl 11.40.
(Konkurseröffnungen.) I. Gg. Schiefer, Bäcker und Wirt in Unterwcissach (Backnang). Wilh. Schweizer, Bierbrauer von Weil im Schönbuch (Böblingen.) Gustav Kranz, Korbmacher in Hall. Ir. Völs, Schuhmacher in Oehringcn. Alois Steiler, lediger Viehhändler in Lampartswciler (Saulgau). Wilhelm Kant, Händler in Waiblingen. Heinrich Benkel, Schuhmacher in Neubronn (Aalen). Johann Herrmann, Straßenwärtcr von Eckardshausen, Gde. Großallmerspann, OA. Hall. Johann Michael Fritz, Krämer zu Hochdorf (Horb). Häver Klecbaucr, Handelsmann in Pflaumloch (Ncresheim). Cresccnz Biggel, Wittwe des Anton Biggcl, Wirts in Göttlis- Hosen (Wangen).
Geldsendungen zwischen Deutschland und Amerika befördert am sichersten die Post und bei Beträgen unter 300-46 auch am billigsten ; denn das Postporto für je 20 -4L beträgt nur 20 der Minimalbetrag der Postanweisung 40 Daß man mit Kommissionären weniger gut fährt, beweist folgende wahre Geschichte, Ein junges Mädchen in New-Uork wollte ihren Eltern in Deutschland 28 -46 schicken. Sie übergab zu diesem Zweck einem dortigen Notar und Spediteur 7 Dollar 25 Cts., was in Mark — bei geringen Kursschwankungen — etwa 30 -4L macht. Der Agent, der ihr 28 -,16 quittiert, hat also bereis etwa 2 -16. für Porto und Provision berechnet. Aber der Vater erhält durch das Zweiggeschäft in Hamburg nur 20 -46. Die Tochter beschwert sich auf dem Comptoir in New-Aork und wird mit ihrer Forderung nach Hamburg verwiesen. Der Vater läßt durch seinen Pfarrer in Hamburg ansragen; das erste Schreiben bleibt unbeantwortet; aus das zweite heißts, man habe von New-Aork Anweisung erhalten, 20 -46 auszuzahlen und dies prompt ausgeführt. Es sei der erste Fall dieser Art, doch scheine die Beschwerde begründet; man wolle in New- Dork nachforschcn. Nach einigen Wochen kam das Geld von Hamburg. Aber wie viel Geld ist wohl schon auf diesem Wege von dankbaren Kindern zu armen Eltern verloren gegangen?!
Rettung Schiffbrüchiger im Sturm und bei hoher See. Auf der letzten Fahrt des Pvstdampfers „Geliert", Capt. W. Kühlewein, von Hamburg am 16. Dez. v. I. nach Newyork abge
gangen, wurde die Besatzung eines sinkenden amerikanischen Schiffes gerettet. Ein Passagier des Dampfers berichtet uns hierüber aus Newyork unterm 31. Dez. Folgendes: Am 27. Dez., vormittags 11 Uhr, erhielten wir ein Schiff mit Notsignalen in Sicht. Capt. Kühlewein ließ in die Nähe des Schiffes steuern und wurde von der Mannschaft angerufeu, sie doch an Bord zu nehmen, da ihr Schiff im sinkenden Zustande sei. Es wehte zur Zeit stürmisch aus WSW., und die See ging sehr hoch. Unter der größten Anstrengung wurde eines der großen Böte zu Wasser gelassen, und mit dem ersten Offizier, Hru. Bauer, und 4 Matrosen bemannt, fließ dasselbe vom Dampfer ab, um nach dem Wrack zu gelangen. Mit erwartungsvollen Blicken schauten die Passagiere nach dem Boot, und mancher bange Zweifel wurde laut, ob die Rettung gelingen und das Boot wohl zurückkehren würde, da dasselbe manchsmal den Blicken zwischen der hochgchenden See ganz entschwunden war. Mit großer Mühe erreichte das Boot das Wrack, und hier wurden 17 ganz erschöpfte Männer unter der größten Anstrengung ins Boot genommen. Durch umsichtige und geschickte Manöver des Dampfers wurde dem Boot so viel als möglich die Rückfahrt erleichtert. Trotzdem nahm cs geraume Zeit in Anspruch, bis das Boot lüngsseit kam, und hier machte sich nun nochmals die größte Aufregung unter den Passagieren geltend, denn es war ein gefährlicher Anblick, als das Boot längsseit des sich von einer nach der anderen Seite schwer hinneigenden Dampfers lag, um die Mannschaft an Bord zu setzen. Doch auch dieses gelang, und manches Herz wurde erleichtert und den braven Seeleuten manch' dankendes Wort gespendet. Das Wrack war das des amerikanischen Schooners „Jvnnhoe" aus Glocester. Die Mannschaft erzählte, daß sie seit dem 25. Dezember- schwere Stürme zu bestehen gehabt hätte. Am 26. sei ihr Schiff durch eine furchtbar hohe See total wrack geworden. Sämtliche an Bord befindlichen Böte waren weggeschlagen, der Großmast zerbrochen und der Bug eingedrückt, so daß das Schiff schwer- leck wurde. Die Mannschaft arbeitete unausgesetzt Tag und Nacht, doch hatte sic bereits die Hoffnung auf Rettung aufgegeben. In der Nacht hatten sie das Licht eines vorbeifahrenden englischen Dampfers gesehen, aber in dem Sturm und der hohen See wurden ihre Notsignale nicht beachtet. Am Morgen darauf erhielten sie den „Gellert" in Sicht und hißten Notsignale, welche auch sofort bemerkt wurden, da der Dampfer seinen Kurs änderte und sich ihrem sinkenden Schiffe näherte. Wie die Leute sagten, hätten sie kaum geglaubt, daß der Dampfer ein Boot aussetzen würde, weil die See so hoch ging; doch nach längerem Harren Hütten sic gesehen, daß au Bord Anstalt gemacht wurde, ein Boot auszusetzen, und sie hätten dann neue Hoffnung geschöpft, welche auch gekrönt wurde. Dampfer „Gellert" traf am 28. Dez. 8 Uhr abends wohlbehalten in Newyork ein und landete daselbst die Schiffbrüchigen. Die wackere That verdient hohe Anerkennung.
_„ Hamburger Frcnidenbla tt" 13. J anuar 1886.
Frieden im Kriege. Nachdruck
Weihnachlscrzählung vo» R. Hofmanu. verboten.
(Fortsetzung.)
Hortense, die sonst im Salon so anmutige und gewandte Dame war in Gegenwart Thalheims etwas schüchtern und einsilbig, aber dieser benutzte bald die nächste Gelegenheit um den Bann der Schweigsamkeit von seiner schönen Wirtin zu lösen.
„Mademoiselle," sagte er im herzlichsten Tone von der Welt, „ich muß mich noch recht sehr bei Ihnen entschuldigen, daß ich Sie gestern so erschreckt habe. Hoffentlich fürchten Sie sich nun vor mir und meinen Kameraden gar nicht mehr. Damen genießen auch im Feindeslande unseren besondern Schutz. So weit es unsere im Kriege sehr strengen Pflichten erlauben, stehen wir auch hier im Dienst der Damen. Wer wollte auch den französischen Damen, den liebenswürdigsten der Welt, die Ritterdienste versagen? Ich bitte außerdem mit gütiger Erlaubnis ihres Herrn Vaters um ein wenig Freundschaft für mich, hier sind wir ja Menschen und die Feindschaft unserer Länder ist keine persönliche.
Hortense gewann durch diese ermutigenden Worte bald ihre Befangenheit vor der fremdartigen Erscheinung des feindlichen Offiziers wieder und beteiligte sich bald mit echter französischer Lebhaftigkeit und Anmut an der interessanten Konversation.
Als das Mahl beinahe zu Ende war und Thalheim beim Dessert und Cbampagner ans das Wohl von Demoiselle und Monsieur Maiin mit diesen ein Glas leerte, hatte man fast vergessen, daß Knegsnot für diese eigentümliche Begegnung den Anlaß gegeben.
Thalheim durste indessen nickt länger im Kreise seiner freundlichen Wirre bleiben. Ihn rief der Dienst, die Inspektion seiner Kompagnie, die täglich vorznneymende Rccognoscierung der Umgegend und die Abstattung von Rapporten an den im benachbarten Dorfe liegenden BatailloiiSkommau- denr. Thalheim verabschiedete sich deshalb mit verbiudlichslem Danke von Mademoiselle und Monsieur Marin.
„Nun, yabe ich recht, Hortense, ist mit diesem Feinde nicht angenehm zu verkehrenfragte Marin seine Tochter, als er später mit ihr allein war.
„Es ist wahr, mein Valer, er ist ein charmanter Herr, man kann ihm nicht böse sein, obwohl er und seines Gleichen unserem Volke so viel Schlimmes znsügten. Furcht und Groll schwanden aus meinem Herzen, als er so unbefangen zu mir sprach. Und wie er fast so gut wie ein gebildeter Franzose unsere Sprache beherrscht."
„Er ist zweifellos von nobeler Familie und auS gutem Hause," erwiderte Marin, „und Bildung des Geistes und Charakters versöhnt stets alle nationalen Gegensätze. Ich gedöre überhaupt nicht zu den fanatischen Deutschfressern , wie ich Dir schon oft sagte. Ich habe früher in meinen Geschälten mit Deutschland manchen Eyrenmann dort kennen gelernt und kann den fanatischen Deutschenhaß , dem viele unserer Landsleute sich hingeben, nicht billigen. Freilich diese Deutschen haben unS besiegt, schmachvoll besiegt, sind die H.rrcii in unserem Lande geworden, und das ist bitter, bitter, sehr bitter, aber blinde Wut kann daran nichts ändern. Ich bin weder der blinden Wut. noch Furcht gefolgt und siehe, wir stehen uns nicht schlecht dabei wir verkehren fast auf freundschaftlichem Fuße mit unseren Feinden.
„Aber ich habe immer noch eine heimliche Angst um unfern Schützling," entgegnete Hortense im Flüstertöne. „Der krank und verwundet im Dachstübchen liegende Mobilgardist kann jeden Tag entdeckt werden und mit dem Franctireur Josef, der den Stallknecht spielt, sind wir auch nicht ganz sicher."
„Ah, bah!" sagte Monsieur Marin lächelnd, „ich stehe bei den Feinden nicht in dem Gerüche, Franctireurs in meinem Hause zu verbergen, unser Gast traut eS uns unbedingt nicht zu. Wird der Verwundete entdeckt, so ist er, wie ich schon gestern sagte, ein bei mir im Dienst stehender, von einem Baum gefallener Gärtner. Die Uniform habe ich ja auch letzte Nacht eigenhändig im Kamin verbrannt und wer will beweisen, daß der Kranke Soldat ist?
Er schadet auch den Feinden nichts mehr, denn ehe er wieder vollständig hergestellt ist, wird dieser unselige Krieg wohl zu Ende sein. Und um den Franctireur Josef habe ich keine Sorge, er ist ein Bauernsohn und spielt seine Rolle als Stallknecht ganz gut. Er wird sich auch hüten, uns irgendwie Verlegenheiten zu bereiten , dazu ist ihm Freiheit und Leben zu lieb. Er weiß auch ganz genau, was ihm bevorsteht, wenn er meinen Ratschlägen nicht folgt."
Hortense war durch diese Worte des Vaters beruhigt und ging hinaus, um sich nach dem Befinden des Verwundeten zu erkundigen, während ihr Vater danach sah, ob oen in seinem Hause liegenden deutschen Soldaten die Verpflegung gemährt worden war, wie er angeordnet hatte.
_(Fortsetzung folgt)._
Stuttgart, 27. Jan. (Privattele- gramm.) London. (Unterhaus). Durch Annahme des Amendements, das Bedauern gegen die Regierung aussprechend, daß den Bauern bezüglich Erlangung kleiner Pachtgüter keine Erleichterung gewährt werde, und solches ein Mißtrauensvotum involviert, dessen Verantwortung Gladstone übernimmt, ist die Regierung somit geschlagen.
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der <K. W. Z» i s e r'schen Buchhandlung iu Nagold.