katholischen Kirche in diesem Lande zu sagen, wie großen Wert ich darauf lege, die guten Beziehungen zu pflegen und zu erhalten, die zur Zeit meines Vorgängers zwischen der Staatsgewalt und der katholischen Kirche bestanden haben. Wenn mir dieses gelingen sollte, würde es mich mit um so größerer Befriedigung erfüllen, als ich selbst der katholischen Kirche angehöre, und als ich weiß, daß der größere Teil der Bewohner dieses Landes, deren Wohl meine Sorge ist, treue Söhne der katholischen Kirche sind.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 7. Nov. In der heutigen Sitzung der österreichischen Delegation erklärte Kalnoky bei der Beratung des auswärtigen Budgets, Oesterreich- Ungarn stimme mit allen Vertragsmächten überein, daß der Status guo in Ostrumelien hergestellt werden müsse.
Italien.
Ein römischer Brief der „Neuen Freien Presse" erzählt aus dem Munde eines dortigen Diplomaten, der Kardinal-Staatssekretär Jacobini habe den Papst veranlassen wollen, den Antrag des Fürsten Bismarck, das Schiedsgericht in der Karolinenfrage zu übernehmen, zurückzuweisen, da die Annahme des Friedensamtes ihn zwingen würde, die Fiktion von der Gefangenschaft aufzugeben. Der Papst habe ihn zornig an seine Pflicht gemahnt und ihn in Ungnade entlassen. Jacobini stehe mit Frankreich auf bestem Fuße, dagegen Deutschland gegenüber auf dem Standpunkt des non possuinus. — Die Verantwortung für die Richtigkeit der obigen Meldung müsseil wir dein genannten Blatte überlassen.
Frankreich.
Heute (10.) treten in Frankreich die Kammern zusammen, und die Entwickelung des Dramas, welches sich seit Wochen in Vorbereitung befindet, kann beginnen, «schon seit langer Zeit hat man einer Kammersession nicht mit solcher Spannung entgegengesehcn, wie gegenwärtig. Die Freunde parlamentarischer Skandale, von Ministerkrisen und ähnlicher Vorgänge dürften sich indessen zunächst enttäuscht sehen, denn es ist die Parole ausgegeben worden: Keine wesentlichen Aenderungen im Ministerium — von der Ersetzung der beiden bei den Wahlen durchgefallenen Minister abgesehen — keine Angriffe weder auf die Regierung, noch auf die Opportunisten, überhaupt keine Uneinigkeit vor der im nächsten Monate vorzunehmenden Präsidentenwahl. Wie wird der Ausgang der Session aussehen? Das mögen die Götter wissen, allein nichts wäre gefährlicher, als sich durch diesen Schein der Einigkeit blenden zu lassen.
England.
London, 9. Nov. Die englische Regierung hat den Krieg an Birma erklärt.
Rußland.
Petersburg, 9. Nov. Der „Regierungsbote" bestätigt, daß der Fürst von Bulgarien die russischen Offiziere fahnenflüchtig genannt hat.
Charkow, 5. Nov. Die Beraubung von Passagieren auf russischen Eisenbahnzügen kommt jetzt immer häufiger vor. So wurde einem Passagier der Charkaw - Nikolajewschen Eisenbahn ein Päckchen mit 12000 Rubel, welches er auf der Brust trug, geraubt. Die Räuber müssen wohl Kenntnis von dem Gelds gehabt haben; während derselbe schlief, schnitten sie ihm den Rock, die Weste und sogar das Hemd auf, entnahmen den wohlverwahrten Schatz und verschwanden spurlos. Ueberhaupt, so fügt ein russisches Blatt dieser Meldung bei, ist den Passagieren erster und zweiter Klasse der Eisenbahnzüge größte Vorsicht auf der Reise anzuraten.
Die Streichung des Fürsten von Bulgarien aus den russischen Armeelisten ist heute der Gegenstand, mit dem sich die ganze europäische Presse beschäftigt. Allgemein sieht man darin das sichere Zeichen, daß Rußland auf der Absetzung des Fürsten bestehen werde, und es wird behauptet, daß nicht die russische Diplomatie, sondern der Zar selbst es sei, der dieses Verlangen stelle, und daß die Mächte, die sich etwa des Fürsten annehmen wollten, in diesem Punkte einem unbeugsamen Willen begegnen. Es heißt, der Zar habe schon nach dem Ausbruch des rumelischen Putsches, von dem Grundsatz ausgehend, daß ein Revolutionär nicht Chef eines russischen Regiments sein könne, diesen seinen Willen ausgesprochen und die Streichung des Fürsten aus
den Armeelisten sei nur auf Anraten des Herrn v. Giers nicht sofort erfolgt. Nachdem aber neuerdings der Fürst von Bulgarien in offenbare Opposition gegen Rußland sich gestellt und durch die That bewiesen habe, daß er den Berliner Vertrag nicht respektiere, fei die Maßregel erfolgt.
Türkei.
Konftantinopel, 9. Nov. Die erste Konferenzsitzung verlief bedeutungslos. Said Pascha betonte das Vertrauen der Türkei auf die Bemühungen der Mächte zur Erhaltung des Friedens. Eine Verständigung über die wesentlichste Punkte ist vorher nicht erfolgt. Zwischen den beiden Nordmächten herrscht Einverständnis, dagegen besteht eine Meinungsdifferenz mit England; ein Erfolg der Konferenz ist daher zweifelhaft.
Balkan-Halbinsel.
Philipp opel, 10. Nov. Alexander ist entschlossen, jedem Versuch zur Herstellung des status guo Widerstand entgegenzusetzen. Englische Agenten bestärken ihn in dieser Absicht.
Sofia, 9. Nov. Die Agence Havas meldet: Fünfzig serbische Soldaten überschritten gestern die bulgarische Grenze bei Rakita im Bezirk Trun und griffen den bulgarischen Posten an; der Posten erwiderte das Feuer und tötete einen serbischen Soldaten. Ein weiteres feindliches Auftreten der Serben wird aus dem Distrikt Küstendje gemeldet. Es steht fest, daß seit zwei Tagen auf verschiedenen Punkten die serbischen Posten auf bulgarischem Gebiete stehen.
Belgrad, 7. Nov. Der strategische Aufmarsch der Armee ist vollendet nnt 100 000 Mann. Anfangs nächster Woche erfolgt die Ueberschreitung der Grenze, da Bulgarien die Acceptierung des status guo verweigert. Amerika.
Ein Kind von einem Adler entführt und getötet! Aus Toronto, kanadische Dominion, berichtet die „N. D. Assoc. Presse" unterm 17. v. M: „Als heute Abend die Frau des in des Dorfes St. Vincent de Paul ansässigen Farmers Jean Bap- tiste Romily, von ihrem 2jährigen Kinde begleitet, ihr Geflügel fütterte, schoß Plötzlich ein großer Adler herab, der das Kind faßte und davontrug. Das Kind schrie und streckte die Hand nach der Mutter aus, die aber völlig machtlos war. Sie schlug jedoch Lärm, worauf einige Nachbarn, mit Flinten bewaffnet, Jagd auf den Adler machten. Sie feuerten mehrere Schüsse ab, die jedoch lediglich zur Folge hatten, daß der Vogel seinen Flug beschleunigte. Schließlich ließ sich der Vogel auf einem Scheunen- dache nieder, wo man ihn mehrmals mit dem Schnabel nach dem Kopfe des Kindes hacken sah. Seinen Verfolgern, die inzwischen nahe gekommen waren, gelang es, den Vogel zu verscheuchen, aber das Kind fand man nur als Leiche. Der Adler hatte ein Loch in den Schädel des Kindes gehackt und einen Teil des Gehirns verzehrt.
Handel K Uerkehr.
Stuttgart, 9. Nov. (Landesproduktenbörse.) Der allgemeinen Lage entsprechend ging unser Handel in Weizen und Kernen flau, dagegen wurde viel Haber zu vollen Preisen verkauft. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen russischer Sax. alt 20, azima 18.50, Haber 13—14, beregnet 12.40.
Stuttgart. 9, Nov. (Mehlbörse). An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 945 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Mehl Nr. 0 29 50 ^-31 Nr. 1 27 ^i! 50 ^>-29 Nr. 2 25 ^ 50 bis 27 Nr. 3 23 50 -l—25 ^l, Nr. 4 20 ^ä-21 ^
50 In ausländischen Mehlen kein Handel.
Nürnberg, 3. Nov. (Hopfenmarkt). Die Tendenz ist flau. Es notieren: Markthopsen 20—40 .tö, Gebirgshop- fen 30—50 Aischgründer 25—45 Hallertauer 30—70 do. Siegelhopfen bis 85 Württembcrger 30—70 ^l, Elsässer 25—55 «A.
Konkurseröffnungen. Kaufmann A. Arlhöfersche Eheleute in Crailsheim. Wilhelm Friedrich Dounz, Kürschner, Freudenstadt. Paulinc geb. Rupp, gewes. Ehefrau des Michael Stark, Rößleswirt in Holzmaden, gestorben.
Die Liebüngskinder- Nachdruck
Novelle von M. Gerbrand t. verboten.
(Fortsetzung.)
Nach der Mahlzeit wurde Bergen abgerufen; Valerie und Hausmann blieben allein. Sie zählte so gelassen die Maschen an ihrer Handarbeit, als befinde sich außer ihr Niemand im Zimmer. Wenn sie nicht imponierend aufzutreten verstand, wußte sie wenigstens, vornehm gleichgültig zu ignorieren.
Hausmann war aufgestanden und schritt nochmals nachdenklich durch das Zimmer. In der Nähe ihres Sitzes, im Schatten des Lichtschimmers blieb er dann stehen.
„Gnädige Frau," hob er an, halb bitter, halb spottend, „seiner Zeit habe ich Ihnen gegenüber mit allerdings etwas naiver Offenheit einen schönen Anfang gemacht. Ich hätte fast Lust, meiner Gewohnheit zuwider, heute mit ihrer Erlaubnis in dieser Offenheit fortzufahren. Ich nehme an, Ihre Stellung im Hause ist derart, daß Sie nichts riskieren, wenn Sie, obgleich mein Einfluß auf den Onkel Ihnen bekannt ist, mich mit kühler Verachtung strafen?"
Sie hatte sich stolz erhoben. „Wohl möglich," sagte sie mit leichtem Spott. „Möchte meine Stelle aber auch sein, wie sie wollte, so seien Sie versichert, mein Herr, daß ich um den Preis der Gemeinschaft mit Ihnen mich nie daran zu verbessern suchen würde."
„Ich hatte vorläufig keine andere Antwort erwartet," sprach er gelassen. — Im klebrigen trauen Sie mir, durch Ihren Herrn Bruder über mich unterrichtet, doch wohl Schlechtigkeit genug zu, um meine niedrigste Rache vorauszusehen, falls Sie beliebten, wegen des Vergangenen in offener Feindschaft gegen mich aufzutreten?"
„Wenn ich sonst geneigt wäre, darüber etwas an die Oeffentlichkeit zu bringen, wie sehr ich mich einst in Ihrer Gewissenhaftigkeit täuschte" — entgegnen sie kühl, „so sollten Ihre Drohungen mich nicht schrecken!"
Er lächelte. Ob befriedigt, ob spöttisch, gab sie sich nicht die Mühe zu untersuchen.
„Das wäre also eine offene Darlegung des Standpunktes, den wir gegen einander einnehmen werden," fuhr er dann fort. Solche Klarheit ist ein nützliches Ding. — Doch ich glaube, dort kommt der Onkel!"
Man hörte in der That Bergens Schritte im Vorzimmer. Valerie setzte sich schweigend, und auch Hausmann nahm seinen Platz wieder ein.-
Am andern Tage erhielt die junge Frau einen seltenen Besuch. Ihr Bruder Alphons, der jetzt ein stattlicher Offizier war, kam zu etwas später Visitenstunde, sehr müde, sehr angegriffen und, wie es schien, sehr erfreut, Bergen nicht anwesend zu finden.
Er blieb gleich nach dem Eintritt vor Valerie stehen, betrachtete sie kopfschüttelnd nach der ersten Begrüßung und sagte:
„Weiß Gott, Schwesterchen, Du wirst immer hübscher! Dies schwere dunkle Haar zu dem blassen Teint giebt Dir etwas Vornehmes, Distinguirtes. Dazu der schwermütige Aufschlag der Augen — Du fängst an eine interessante Erscheinung zu werden, Kind!"
Valerie mußte lächeln. Ihr war noch aus den Kinderjahren bekanut, daß Alphons stets da mit Schmeicheleien begann, wo er mit Bitten und Anliegen aufzuhören gedachte.
„Du warst gestern in Gesellschaft bei Herrn v. T.?" fragte sie, ihm einen Stuhl bietend.
„Ja, — famoser Abend, habe mich sonst göttlich amüsiert, aber heute — brrr! Die Nerven, die Nerven! — Leonie war auch da. Wir fuhren übrigens, glaube ich, hier vorüber."
„Ich sah Euch," sagte Valerie.
Leonie wurde wieder umschwärmt wie nur je. Die versteht's besser als Du, Miezchen! Sie bringt es fertig, Einem schnellend den Rücken zu wenden, mit dem andern Blicke im Spiegel zu wechseln, den Dritten mit Aufheben des Taschentuches zu beschäftigen, während sie den Vierten in ein scherzhaftes Wortgefecht verwickelt. Dabei hält sich natürlich Jeder für den eigentlich Auserwählten." —
„Pfui!" unterbrach Valerie den Bruder unwillig, „das kann ich von Leonie nicht glauben!"
„Na, meinetwegen auch nicht. Soviel bleibt nichts desto weniger wahr, daß sie die Königin der Saison ist. Hat freilich auch bei der Gräfin Czer- nikau eine gute Schule. — Gestern noch immer flott getanzt, trotz des-" er hüstelte mit vielsagen
dem Lächeln. — „Na, wenigstens bringt die Geschichte uns hoffentlich Alexander wieder in Sicht — ist wahrhaftig verteufelt nötig, nicht bloß um Leonies Liebenswürdigkeiten etwas zu beschränken, sondern auch. —"
Er stand auf, ging, die Hände auf dem Rücken, ein paar Male im Zimmer auf und ab, setzte sich dann dicht neben der Schwester und begann in einschmeichelndem Tone.
„Valerie, ich kenne Dein gutes Herz; Dir kann ich mich anvertrauen, das weiß ich. Sieh, ich bin