in einen fatalen Klemmer geraten. Ehrenschulden, Valerie — Du glaubst gar nicht, was das in unserem Stande sagen will. Ich rechnete auf Alexander der mir seine Hilfe, zugesagt hatte nnd lieg mich etwas leichtsinnig mit einem Juden ein-nun
aber hört man von Starkow nichts, und der Schurke drängt verteufelt. — Es ist nicht viel, Valerie, nur fünfhundert Thaler — und Dein Mann ist ja so reich und hoffentlich verliebt genug in seine junge Frau. —"
„Aber Alphons! unterbrach ihn die Schwester erschrocken, „Fünfhundert Thaler? Ich glaube kaum
— ach, ich kann es nicht hoffen, daß mein Gatte mir eine solche Summe bewilligen wird."
Alphons legte den Arm um ihre Taille, küßte, bat und schmeichelte. Sie versprach freilich, das Ihre zu thun, aber mit sehr geringer Hoffnung.
„Und überdies Alphons," fügte sie endlich hinzu, es ist jetzt Herr Hausmann, der Neffe Bergens hier, und ich fürchte, er wird seinen Einfluß nicht zu unfern Gunsten verwenden."
„Herr Hausmann?" fragte Alphons nachdenklich und sie schnell loslassend. „So, so, Herr Hausmann! Nun, laß doch sehen! - Versuche Du nur indessen, was Du vermagst, Schwesterchen. Es wird Dir doch auch lieb sein, wenn ich Papa nicht zur Last falle." —
Er hielt sich noch ein Paar Augenblicke auf und ging dann, sichtlich von einem neuen Gedanken gequält.
Bald darauf trat ihr Bruder Arthur bei ihrem. Er unterrichtet sich mit einem warmen prüfenden Blick über ihr Befinden, sagte ihr keine Schmeicheleien , sondern führte sie zu einem Sitz, drückte ihr innig beide Hände und begann mit einem eigentümlichen Leuchten in den treuen Augen:
„Ich komme mit einer Bitte, Schwester! Wirst Du sie mir erfüllen? — Du Pflegtest früher recht gern in kleine Gesellschaften zu gehen und liebtest Verkehr mit Deinen Schulfreundinen. Warum hast Du ihn so ganz aufgegcben? Jetzt, wo Du Dich freier und unabhängiger bewegen darfst, würdest Du noch mehr Vergnügen daran finden als früher. Du mußt mir versprechen, von jetzt ab nicht mehr so eingezogen zu leben."
Valerie war heiß errötet. Daß die übergroße Sparsamkeit, ja, der Geiz ihres reichen Gatten es ihr unmöglich machte, eine gesellschaftsfähige Toilette zu besitzen, mochte sie dem Bruder nicht sagen. Sie fühlte aber, daß Arthur es ahne.
„Und dann habe ich noch eine Bitte," fuhr er fort. „Du weißt, ich beschäftige mich in meinen Mußestunden — das heißt, wenn ich welche habe
— mit kleinen Schriftstellereien, um doch mein einstiges Steckenpferd nicht ganz außer Uebung zu lassen. Nun hat mir eine derselben etwas eingebracht, hundert Thaler!" — er legte schmeichelnd -en Arm um sie — „Du erinnerst Dich, ich wußte nie mit eigenem Gelbe etwas anzufangen, und darum, Herz, mußt Du mir die Liebe thun und mir die Summe abnehmen. Willst Du?"
„O Arthur!" rief sie froh erleichtert aus, „sieh, ich brauche das Geld nicht — nein, ganz gewiß nicht! Gieb es Alphons — bitte, lieber Bruder, gieb es Alphons!"
Alphons? wie weißt Du, daß er Geld braucht?"
„Ich sollte es sonst wohl nicht sagen, aber unter diesen Umständen. — Er war vorhin hier und hat mir sein Herz ausgeschüttet. Er ist augenblicklich sehr in die Enge getrieben, er braucht fünfhundert Thaler. um Ehrenschulden —"
„Was sagst Du? Nachdem vor kaum acht Tagen Papa ihm mehr als die Hälfte jener Summe zu dem gleichen Zweck geschenkt hat?
Die Geschwister tauschten einen vielsagenden
Blick.
„Es ist unerhört!" brach Arthur endlich aus, „Jedes Vergnügen muß er mir verderben. Ich hatte mich so auf diesen Morgen gefreut; — doch davon ganz abgesehen: Was denkt Alphons über unsere Verhältnisse? In diesem Jahre, seit er Offizier ist, hat Papa ihm, trotz meines Abratens, Tausende nach und nach gegeben. Wie tief er außerdem Starkow verpflichtet ist, darüber wird dieser natürlich kein Wort verlieren. Und gebe Gott, daß er nicht noch zu schlimmeren Mitteln greift. Von wem hat er denn jetzt Geld geliehen, weißt Du es?"
Valerie teilte möglichst schonend Alphons Andeutungen mit.
„Natürlich von einem Wucherer!" rief Arthur bekümmert. „Wenn das so fortgeht, wird das Ende ein allgemeines Elend sein. Seit Papa die Geschäfte zum Teil auf mich übertragen hat, scheint ihm leider völlig der klare Ueberblick verloren gegangen zu sein, der bei der leitenden Person doch wünschenswert wäre. Seine Gesundheit ist auch nicht die beste. — Doch ich will Dich nicht aufregen, Liebe. — Zu etwas anderem! — Siehst Du Leonie öfter?"
„Sehr selten. Sie besucht mich fast nie, und ich muß immer fürchten, sie nicht zu Hause zu treffen," wenn ich es unternehme, sie zu besuchen.
„Sonst wollte ich Dich bitten, ihr ernstlich ins Gewissen zu reden. Man spricht wirklich nicht gut über sie. Selbst Mama war neulich mit Leonie unzufriedeu und das will viel heißen. Besonders jetzt sollte Sie ihre Pflichten als Gattin mehr im Auge behalten. — Es ist auch nicht recht von ihrem Gatten, von Alexander, sie, jung und unerfahren, so sich selbst zu überlassen. Hoffentlich rufen ihn die Umstände seiner Zeit hierher, und dann müssen wir ihn zum Bleiben zu bewegen suchen."
8. Kapitel.
Alexander von Starkow war seit gestern wieder in der Residenz. Leonie hatte ihn zwar bei seiner Ankunft mit Entzücken begrüßt, heute aber meinte sie schon, wenig Ursache zu haben, sich seines Daheimseins zu freuen. Denn eine seiner ersten „Malicen," wie sie sich ausdrückte, war gewesen, sie ernstlich zu bitten, daß Sie einen Ausflug zu Pferde, den sie mit der Gräfin Czernikau und ein paar Herren zu unternehmen gedachte, ihrer Gesundheit willen unterließe.
Diese Herren waren Baron von Salwitz, Leonies erklärter Ritter, und ein Freund von ihm, der ihr heute vorgestellt werden sollte, und auf den sie schrecklich neugierig war. Kein Wunder also, wenn Leonie versucht hatte, mit einer Thränenflut das Herz des Galten zu erweichen, und daß sie, da er diese Thränenflut merkwürdig gefaßt hatte über sich ergehen lassen, jetzt in wirklichen, echten Zähren tiefen Verdrusses auf dem Sopha lag.
„In diesem Augenblick wurden die Herren, welche Valerie zum Ausfluge abholen wollten, gemeldet und folgten in liebenswürdiger Vertraulichkeit dem Diener auch gleich auf dem Fuß. Alexander, der am Fenster stand, wandte sich etwas erstaunt um, blieb aber ruhig an seinem Platz.
Die Angekommenen eilten, ohne Starkow zu bemerken, auf Leonie zu. „Hier, gnädige Frau," begann scherzend Baron v. Salwitz, „mein Freund, der vor Begierde brennt, die Zahl Ihrer Anbeter zu vermehren. — Aber was sehe ich, gnädige Frau — mein Gott, Sie scheinen alteriert?"
(Fortsetzung folgt).
Allerlei.
— Was jetzt alles von Seiten der Gastwirte geboten wird, geht aus nachfolgenden Anzeigen, welche zwei Wirte in Baden-Bckden in dortigen Blättern veröffentlicht haben, hervor: Gasthaus „Bock." Heute frisch geschlachtet. Von morgens 10 Uhr ab Leber- und Grieben-Würste, sowie Kesselfleisch mit Sauerkraut und neuen Dürkheimer. Jede Person bekommt per Stunde soviel, als sie vertragen kann, zu 1 ^ 50 L. Unterschrift des Gastwirts. — „Einhorn," Weinlokal. Neuen */4 Liter 12 ^ per Stunde 1 ^ 20 L, 2 Stunden 1 60 und
3 Stunden 2 10 — In Lörrach soll ein
Wirt ebenfalls die Neuerung getroffen haben, daß man bei ihm auf Stundenzahl die Zeche bemißt. Man darf eine Stunde lang für eine Mark und die zweite dann zu 75 trinken, soviel man will, bekommt sogar in der zweiten Stunde noch Essen gratis serviert.
— Daß Menschen zum Tod erschrecken können, ist bekannt, daß aber auch auf Tiere ein plötzliches Erschrecken eine tätliche Wirkung ausüben kann, dürfte doch gewiß noch nicht oft beobachtet worden sein. Aus London wird berichtet: „Der bekannte Sportsmann Mr. Lowe kaufte vor einigen Tagen um den Preis von 735 Pfd. Sterling ein kostbares Vollblutpferd. Auf dem Weg nach Aldershot begegnete dem Pferd und seinem Führer ein großer Elephant einer wandernden Menagerie; das Pferd begann bei diesem Anblick am ganzen Leib zu zittern, stolperte einige Schritte vorwärts und fiel, mit Schweiß bedeckt, tot zu Boden."
— Küssen der Kinder. Ein Düsseldorfer Arzt schreibt: „Es ist eine schauderhafte Unsitte, Kinder auf den Mund zu küssen. Ich gebrauche absichtlich den Ausdruck „schauderhaft", weil ich mich zart ausdrücken will und die „mörderisch" mir schon aus der Zunge schwebte. Ja wohl, gnädige Frau, „mörderisch". Besinnen Sie sich vielleicht noch daraus, als Sie vor etwa vierzehn Tagen mit einem großen Shawl um den Hals einen Besuch bei Frau S. machten? Und als der kleine Hans ins Zimmer gesprungen kam, griffen Sie nicht den Kleinen mit anscheinend überströmender Zärtlichkeit auf, nannten ihn „mein reizendes Kerlchen" nnd küßten ihn nach Herzenslust? Dann fingen Sie an zu erzählen, was für einen schrecklich entzündeten Hals Sie hätten, daß Sie sogar am Tage vorher eine Umladung zum Konzert hätten ablehnen müssen, weil Sie zu ver- schwollen seien? Sie hatten keine Absichten auf das Leben des Kindes, und doch töteten Sic dieses so sicher, als wenn Sie ihm statt ihres zärtlichen Kusses Strychnin oder Arsenik gegeben hätten. Ihre Zärtlichkeit wurde verhängnisvoll. Zwei oder drei Tage darauf fing „mein reizendes Kerlchen" an, über einen entzündeten Hals zu klagen, und als der Arzt kam, genügte das eine Wort „Diphtheritis", um Alles klar zu machen. Heute ist ein kleiner, frisch geschmückter Hügel auf dem Friedhofe die einzige Erinnerung an Ihren Besuch. Die Mutter hat natürlich nicht den geringsten Verdacht ans Sie; sie hängt ihren herben Verlust der geduldigen Vorsehung an. Der Arzt that nichts, um diesen Glauben zu zerstören, denn das dürfte eben so unklug als grausam sein; aber hier will ich es sagen, daß allein Ihre schauderhafte Dummheit, gnädige Frau, an dem Tode des kleinen Hans schuld ist. Es läßt sich schwer beurteilen , ein wie großer Teil der grassierenden Diphtheritis - Fälle ans solche Gedankenlosigkeit zu schieben ist; das steht jedoch fest, daß Erwachsene die Diphtheritis oft in so geringem Grade haben, daß sie dieselbe für eine einfache Erkältung nehmen, und da die Erkältung nicht ansteckend ist, so finden sie auch nichts Böses darin, Andere ihrem Athem aus- znsetzen. Da aber die Diphtherie in den meisten Fällen durch direkte Uebertragung der bösartigen Keime, welche die Krankheit verursachen, vor sich geht, da cs ferner kein geeigneteres Mittel zur Neber- tragung gibt, als das Küssen, und da endlich das Küssen bei allen Gelegenheiten Sitte geworden ist, so ist es gewiß nicht auffallend, daß diese Krankheit so leicht epidemisch wird, wenn auch hiermit nicht gesagt sein soll, daß alle Diphtheritisfälle vom Küssen herrühren. Das Eine aber ist zu beherzigen: man gehe in dieser Beziehung weniger zärtlich mit den Kindern um!"
— Bittere Replik. Er: Ihr Weiber! Ihr seid doch rein vom Teufel besessen. — Sie: Nicht alle, lieber Mann, nur die Verheirat eten. _
„Fürs Haus". Nr. t6t dieses praktischen Wochenblattes siir alle Hausfrauen (vierteljährlich nur 1 -6) enthält: Lasset die Linke nicht wissen, was die Rechte thut. Professor Jäger. Schlafen der Kinder. Das Stovfen der Gänse. Pup- penverfertigerinncn. Ausfallen der Augenwimpern. Blutrei- nigungsthce. Wunde Mundwinkel. Bettnässen. Chronischer Rachen-Katarrh. Keine Vögel auf den Hüten. Wintermäntel. Muß man die Mode mitmachen? Fächer als Wandverzierung. Sparen beim Heizen. Adam'sche Patentfeuerungs- Anlagc. Pennshlvanischcr Zimmerschmuck. Aufbewahrung von Weißkohl. Eis aufzubcwahrcn. Aufgesprungene Hände geschmeidig zu machen. Möbel spiegelblank zu machen. Rätsel. Anflösu ng des Rätsels rc. _
Ansbach-Gunzenhauserrer 7 Fl.-Loose. Die
nächste Ziehung findet am IS. Nov. statt. Gegen den Kurs- vcrlust von ca. 13 Mk. bei der Auslassung übernimmt das Bankhaus Carl Neub«rger,Berlir»,Fkanzöstsche Straße 13, die Versicherung für eine Prämie von 45 Pf. Pro Stück .
(2u gefälliger Lenutituug.) Nskr als in irgendeiner 2sit ist heutzutage ein handliches Nachschlagebncli, das aut allen zVissensgsbietsn kurrgskassts, genügende und ruvsrlässigs Auskunft Albt, für jedermann unentbehrlich, nnä kein sVsrk entspricht «len ^.nforderungen, welche inan au sin derartiges Nachschlagebucb stellen kann, in sc» vollem Nasse wie „Lrockhaus' Llsinss Oonver- sations-Lexik on". Nachdem bereits drei starke Lulla- gsu die immer wachsende Brauchbarkeit des IVerks dar- getbau haben, erscheint gegenwärtig dis vierte Nnflage abermals verbessert nnd bedeutend vermehrt, in 2 wsi Länden mit Zahlreichen Abbildungen nnd Lartsn. Oer erste Land derselben gelangte soeben rum Abschluss; er enthält 60 Logen Lext, auf gänrdicb holzfreiem Laxier gedruckt, 14 geographische, geologische nnd ethnographische Xarten, und 34 wohlausgskübrts, rum Neil mehrfarbige Lildertafeln. Llsgaut und dauerhaft in Lalbkranr gebunden, wird er ganr besonders eins sehr empfehlenswerte 6abs für den diesjährigen IVsibnacbtstiseh sein._
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold.