len Blätter sei eine derartige, als ob sievon Louis geschrieben würden." Durch diese Bemerkung fühl­ten sich die verantwortlichen Redakteure und der Chef­redakteur des Berl. Tagblatts beleidigt. Dieselben haben deshalb drei Jnjurienklagen gegen das Mün- stersche Blatt angestrengt.

Die Freiherren v. Schorlemcr in Wcstphalcn sind von altem Adel und dienten meist im Heere und dann der Kirche. Der Reichstagsabgeordnete v. Schorlemcr, neben Windthorst Vorkämpfer im Kulturkampf, war früher Rittmei­ster und weiß heute noch das Streitroß zu tummeln. Sein soeben verstorbener ältester Bruder, der Senior des Geschlechts, hat 12 Kinder hintcrlassen, 3 Söhne gehören dem geistlichen Stand an (einer davon ist Jesuit) und waren früher Offiziere in der Garde, 4 Töchter sind im Kloster, 3 als barmherzige Schwestern.

In Weimar ist ein 14jähriger Schüler wegen Verbreckens gegen die Sittlichkeit zu 1 Jahr 3 Monat Gefängnis verurteilt worden.

Berlin, 30. Okt. DieKreuzzeitung" will wissen, daß über die Auslieferungen aus den Ost­provinzen vor der Ausführung derselben eine Ver­ständigung zwischen der preußischen und der russi­schen Regierung stattgefunden habe.

Berlin, 2. Nov. Nach den an maßgebender Stelle ausgestellten Berechnungen haben die Deutsch­freisinnigen an 15 Sitze verloren.

Berlin. Nach demDeutschen Tageblatt" soll dem General der Infanterie v. Pape, Kom­mandeur des Gardekorps, eine Domherrn-Stelle ver­liehen werden.

Es bestätigt sich nach derKöln. Ztg.", daß dem Reichstage wiederum eine Anzahl von Schrift­stücken über Kolonialfragen zugehen soll und daß auch ein besonderes Weißbuch über die Karolinen­srage vorbereitet wird, welches manche bisher noch nicht veröffentlichte Mitteilungen bringen soll.

Exzellente Steuerzahler. Der Reichs­kanzler Fürst Bismarck zahlt an Staats-Einkommen­steuer 6120, der Staatssekretär Graf Hatzfeld 5162, Minister vr. Lucius 2520, Minister Maybach 1440, Minister Friedberg 1440, Staatsminister v. Bötticher 1260, Staatssekretär v. Schelling 1440 Mark. Doch alle diese Exzellenzen werden durch die Koryphäen des Handels in den Schatten gestellt. Geh. Kommerzien­rat v. Bleichröder marschiert an der Spitze der Ber­liner Steuerzahler mit 66 000^, Geh. Kommerzien­rat v. Hansemann folgt ihm mit 67 000 ^ auf dem Fuße, Beiden eifert der Geh. Kommerzienrat Schwa­bach mit 34 970 nach.

Die Berliner städtische Schuldeputation hat für sämtliche Gemeindeschulen verordnet, daß körper­liche Züchtigungen in Mädchenschulen niemals, in Knabenschulen nur unter Zustimmung und in Anwe­senheit des Rektors vorgenommen werden dürfen. Nur in Fällen großer Roheit und offener Widersetz­lichkeit können die Lehrer den Schuldigen züchtigen, müssen aber nach dem Schluffe der Unterrichtsstunde dem Rektor Anzeige machen. Besonders wird ge­warnt, Ohrfeigen auszuteilen, weil die wirklichen oder mutmaßlichen Folgen eines solchen Schlages von den Lehrern vor ihrem Gewissen und dem Straf­richter nicht verantwortet werden können. Auch auf die Hände soll nicht geschlagen werden.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 31. Okt. In der ungarischen Dele­gation bezeichnte Graf Kalnoky die Beziehungen Oesterreich-Ungarns zu Deutschland und beider zu Rußland als unverändert. Das Verhältnis zu Deutsch­land beruhe auf Grundlagen, welche durch Inzidenz­fälle nicht erschütterbar seien. Zwischen Oesterreich- Ungarn und Rußland bestehen keine anderen als die gemeinen internationalen Verträge. Die faktische Vereinigung Bulgariens und Ostrumeliens bestehe nicht. Das k'ait aooomxli werde keinerseits aner­kannt, noch sei die Anerkennung beabsichtigt. Der ganze Zustand sei ungelöst und fehle daher jeder Vorwand zu Gebietskompensationen für andere Staa­ten. Der Minister lehnt die Beantwortung der auf die Konferenz bezüglichen Fragen ab. Die Einla­dung zur Konferenz fei im Sinne der Beschränkung auf die ostrumelische Frage erlassen und angenommen worden. Oesterreich-Ungarn verhieß den Interessen Serbiens nicht Schutz, falls dasselbe vor Schluß der Konferenz einen Schritt zur Okkupation thue. Der Minister wolle nicht behaupten, daß das ostrumeli­sche Statut nicht einer Verbesserung fähig sei, und betont schließlich die Notwendigkeit, eben jetzt den sehr befriedigenden und vertrauensvollen Beziehungen zu Rußland einen für alle Fälle gesicherten und fest begründeten Charakter zu geben.

Wien, 1. Nov. In gestriger Sitzung des ungarischen Delegations-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten antwortete Graf Kalnoky auf die Frage des Delegierten Galt in Betreff der deutschen Zollerhöhung, ob kein besseres Zollverhältniß mit Deutschland zu erhoffen sei, folgendes: Es seien diesbezügliche offizielle Schritte bei der deutschen Re­gierung deshalb nicht gethan worden, weil ein Er­folg jetzt nicht zu erwarten stand. Die deutsche Zoll­erhöhung wurde im Reichstage nach vieljährigen ver­geblichen Anstrengungen erst in diesem Jahre durch­gesetzt, cs konnte daher nicht vorausgesetzt werden, daß die deutsche Regierung ein so mühevoll und mit so vielen Schwierigkeiten erreichtes sobald wieder fallen lassen werde, welches dem Staatsschatz auch eine beträchtliche Einnahme sichere. Dennoch habe in dieser Angelegenheit ein vertraulicher Meinungs­austausch stattgefunden, wobei sich herausstellte, daß vorläufig noch so große Schwierigkeiten zu überwin­den seien, daß von einem Eintreten in Verhandlungen kein Erfolg zu erwarten sei. Somit erübrige nichts, als die praktischen Resultate der deutschen Zollerhö­hungen abzuwarten. Unzweifelhaft werde ein Zeit­punkt kommen, wo man diese Frage unter günstigeren Verhältnissen wieder aufnehmen könne, denn es sei beiderseits konstatiert worden, daß der Wunsch nach wirtschaftlicher Einigung auf beiden Seiten imPrin- zipe noch immer fortbestehe.

Wien, 1. Nov. Der bisherige Verlauf des Königinhofer Prozesses bestätigt in vollem Maße die in der letzten Reichsratssession erhobene Klage, daß die Deutschen in Böhmen in den überwiegend czechischen Landesteilen vogelfrei seien. Die politi­schen wie die Gemeindebehörden seien parteiisch und der Rechtsschutz sei unsicher geworden. Der ganze Königinhofer Vorfall ist überhaupt ein Wetterzeichen für die böhmischen Verhältnisse. Die Czechen in Böhmen sollen unter allen Umständen in ihren An­sprüchen unterstützt werden. Wie ungebärdig sie auch sind: mit ihnen wird verhandelt, die Deutschen je­doch sollen kleingemacht, gedemütigt und, wenn cs zu gerichtlichen Verhandlungen kommt, wenigstens mitverurtcilt werden.

Wien, I. Nov. In Folge außergewöhnlich starker Schneeverwehungen und eines furchtbaren, seit gestern andauernden Sturmwindes ist die tele­graphische Verbindung fast nach allen Richtungen unterbrochen. Der orkanartige Sturm richtete be­deutende Verheerungen an; er entwurzelte 100jährige Baumstämme, riß Telegraphendrähte entzwei und riß massive Telegraphensäulen um. Auf der Lem- berg-Czernowitzer Eiscnhahn mußte der Verkehr ein­gestellt werden, auf den übrigen galizischen Eisen­bahnen sind ebenfalls Verkehrsstörungen eingetreten. Von der Provinz sind wir momentan fast vollstän­dig abgeschlossen, und es läßt sich noch gar nicht be­stimmen, wann die Beseitigung der Verkehrsstörung erfolgen wird.

Frankreich.

Paris, 31. Okt Der Mann, welcher das Attentat auf den Minister Freycinet verübte, ist ein Corse Namens Mariotti; derselbe gibt als Grund des Attentats an: er sei im Jahre 1880 bei den Arbeiten für den Panama-Kanal beschäftigt gewesen; dort sei seine Tochter durch einen Agenten der Kom­pagnie entehrt worden und infolge erlittener Gewalt- thätigkeiten gestorben. Er sei deshalb verzweifelt nach Frankreich zurückgekehrt, habe hier aber verge­bens gerichtliche Hilfe verlangt. In Folge dessen habe er durch einen Gewaltstreich die Aufmerksamkeit aus sich lenken, aber den Minister Freycinet nicht töten wollen; er habe deshalb den Revolver nur ge­gen den Boden und nicht gegen den Minister gerich­tet abgcfeuert. Die Richtigkeit der von Mariotti in Bezug auf seine Tochter gemachten Angaben ist von der Panama-Kanal-Gesellschaft bestätigt worden. Wie verlautet, beabsichtigte Freycinet die Freilassung Mariotti's in Rücksicht auf das Schicksal seiner Toch­ter zu beantragen.

Paris, 1. Nov. Wie ziemlich allgemein vor­ausgesehen wurde, hat sich jetzt herausgestellt, daß das Attentat gegen Hrn. v. Freycinet insofern nicht ernstlich gemeint war, als der Attentäter nicht dem Minister des Acußern nach dem Leben trachtete, auch nicht auf ihn geschossen hat, sondern nur beabsichtigte, durch diesesAttentat" die Aufmerksamkeit aufsein Unglück" zu lenken. Der unglückliche Mensch, Na­mens Pierre Mariotti ist augenscheinlich nicht voll­ständig zurechnungsfähig, aber man muß seiner An­

gabe, daß er nicht auf Hrn. v. Freycinet, sondern nach der Erde geschossen habe, Glauben schenken, da dem Zeugnisse der Anwesenden zufolge Mariotti aus unmittelbarer Nähe geschossen hat, also die Kugel mindestens den Wagen des Ministers hätte treffen müssen.

Belgien.

Brüssel, 31. Okt. (Zur Karolinenfrage.) Nach einer Depesche derJndep. belge" aus Rom empfiehlt der Papst in seinem Vermittelungsspruch die Anerkennung der spanischen Souverainetät über die Karolinen und Palan-Jnseln, und zwar auf Grund der historischen Präcedenz wie der Priorität der effektiven Besitznahme; demgemäß solle Deutschland die Vorschläge der spanischen Note vom 10. Sept. (Handels- und Schifffahrtsfreiheit sowie Erlaubnis zur Gründung von Marine- und Kohlen-Stationen) annehmen. Deutschland, heißt es in der Depesche weiter, werde sich bitten lassen, aber schließlich doch nachgeben; die Verhandlungen dauern fort.

England.

London, 2. Nov.Standard" meldet aus Athen: Griechenland beantwortete die Mitteilung der Mächte ähnlich wie Serbien, mit dem Hinzufügen, es könne die Dinge nicht als geordnet und gesichert betrachten, so lange nicht wenigstens Griechenland die durch den Berliner Vertrag zugesicherte Grenzli­nie im Epirus besitze.

Dänemark.

In Dänemark geht die Regierung mit gro­ßer Entschiedenheit vor, um den aufsässigen Geist zu bannen. Der Mordversuch auf den Minister Estrup hat auch vielen Leuten der Linken die Augen geöffnet und soll eine ernste Spaltung der Folkethingmehrheit bevorstehen.

Rußland.

Petersburg, 1. Nov. DasJournal de St. Petersbourg" sagt: Angesichts der seltsamen Po­lemik zwischen Sofia und Belgrad sei es von Dring­lichkeit, daß die autorisierte Stimme Europas sich vor dem Ausbruche eines blutigen Konfliktes ver­nehmen lasse, der ein Schimpf für die Menschheit sein würde und dessen Urheber sich gegenseitig die Verantwortlichkeit zuschieben würden, ohne in der Lage zu sein, die Folgen allein zu tragen. Das Journal tritt der Meinung desPester Lloyd" bei, welcher die Konferenz beschwört, sich ohne Verzug an die Arbeit zu machen; die Wiederherstellung des 8tatn8 guc» sei um so notwendiger, als Fürst Ale­xander sein Versprechen nicht gehalten habe und durch seine Handlungen bezwecke, die Union definitiv zu machen, indem er der Bevölkerung den wahren Zu­stand der Dinge verberge und das Land terrorisiere.

Türkei.

Konstantinopel, 30. Okt. Die Konferenz soll morgen zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten. Athener Berichte lauten alarmierend: Der König und die Regierung scheinen die Zügel vollständig verloren zu haben. Die Rüstungen werden fieberhaft betrieben. Die Verwaltung stockt, da eine große Zahl von Beamten in das Heer eingereiht ist, die Universität in Athen wurde wegen Mangels an Zu­hörern geschlossen. Die Gefahr einer Explosion in irgend einer Richtung ist im Wachsen.

Amerika.

New York, 29. Okt. Eine Depesche aus Ost- Saginaw, Michigan, meldet, daß, während gestern eine Menschenmenge auf einer dortigen Brücke stand und ein unten auf dem Flusse brennendes Boot be­obachtete, die Brücke zusammenbrach und 60 Perso­nen ins Wasser stürzten. Biele Leute wurden übel zugerichtet, und 13 Personen werden vermißt, welch letztere umgekommen sein dürften.

Eine frohe Botschaft für alles Weibliche kommt aus Dakota imfernen Westen". Eine dortige Heiratsagentur veröffentlicht nämlich in Blät­tern in Massachusetts eine Anzeige, in der es heißt, daß im Territorium großer Frauenmangel herrsche und sich wenigstens 10000 heiratslustigen Jungfrauen die Gelegenheit biete, sofort unter die Haube zu kommen.

Handel L Verkehr.

Nürnberg, 31. Okt. (Hopfen.) Heutige Preise: Marktware prima 4045 dto. mittel 26-3» dto. ge­ring 1822 Wiirttcmberger prima 6265 dto. mittel 3538 ^:, dto. gering 2830 Badischer mittel S835

Elsäßcr mittel 3035 dto. gering 1520 1884er 15

bis 20

(Konkurseröffnungen.) Andreas Senile, Oel» u. Gypsmüllcr in Geislingen. Gottlicb Rommel, Rentamtmann