darnieder. Die Muscheln sind Gelehrten zur Unter­suchung eingereicht. Polizeilich wurde vorläufig der Verkauf aller Muschelarten (Allstem ausgenommen) verboten. Die Muscheln saßen an einem gedockten Süßwasserprahm.

Berlin, 21. Okt. Das Befinden des Reichs­kanzlers hat sich gebessert. Die Gesichtsschmerzen, von denen er in der vorigen Woche heimgesucht ge­wesen, sind wieder verschwunden. Es scheint jetzt festzustehen, daß Fürst Bismarck nicht vor dem Be­ginn der Reichstagssession nach Berlin zurückkehren wird.

Berlin, 22, Okt. Nach den neuesten Nach­richten scheint es, daß der Prinz Albrecht von Preu­ßen seinen Aufenthalt künftighin in Braunschweig nehmen und das Generalkommando des 10. Armee­korps in Hannover niederlegen werde. Eine Erhöhung der Zivilliste soll nicht in Aussicht genommen sein, wenigstens vorläufig nicht. Dieselbe beträgt 840 000 Mark, wovon 150000 «/L für das Hoftheater zu verwenden sind.

Berlin, 22. Okt. Der Kaiser hat das Abschiedsgesuch Madai's genehmigt und Madai zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikate Excellenz" ernannt. Die Abendblätter veröffentlichen ein an die Bürgerschaft Berlins gerichtetes Abschieds­schreiben Madai's.

Berlin, 22. Okt. Am Sonntag den 25. Okt. feierte der Generalfeldmarschall Graf v. Moltke seinen 85. Geburtstag.

Berlin, 22. Okt. Gestern starb hier der Pens. General der Infanterie v. Prittwitz und Gaffron im Alter von 90 Jahren. Derselbe machte die Freiheitskriege mit und kam später als Major und Festungsbaudirektor (1841) nach Ulm und Rastatt; unter seiner Leitung wurde auch der mili­tärische Teil der Burg Hohenzollern wiederher­gestellt. 1860 wurde er zweiter Generalinspekteur der preuß. Festungen und des Jngenieurkorps, nahm nach seinem 50jähr. Dienstjubiläum 1863 den Ab­schied, wurde bei dieser Gelegenheit zum General der Infanterie ernannt und 1870 bis 1871 während des deutsch-französischen Kriegs war er wiederum Gouverneur von Ulm. v. Prittwitz war Ehrenbürger der- Stadt Ulm und ein Fort daselbst trägt seinen Namen.

Berlin, 23. Okt. Der Stand der Karolinen­frage wird in politischen Kreisen dahin aufgefaßt, daß durch direkte Verhandlungen über Vermittlungs­vorschläge, mit welchen die päpstliche Vermittlung gleichlaufend geht, entweder die deutsche Oberhoheit anerkennt oder eine ausschließliche Garantie für die deutschen Interessen gesichert erscheint.

Berlin, 23. Okt. Der Kaiser ist im besten Wohlbefinden heute Morgen eingetroffen. Vom Kronprinzen empfangen, begab er sich vom Bahn­hofe in sein Palais.

Berlin, 24. Okt. Der Reichstag wird vor­aussichtlich Donnerstag den 19. November eröffnet werden.

Berlin, 24. Okt. Der Etat der Reichspost- und Telegraphenverwaltung weist eine Einnahme auf von 180300820 Mark, fortdauernde Ausgaben: 151728 214 Mark, mithin einen Ueberschuß von 28 572 606 Mark. Hiervon gehen ab die einmali­gen Ausgaben im Betrage von 4835 215 Mark, so daß ein Reinüberschuß von 23 737 391 Mark oder 1 293 769 Mark mehr, als im laufenden Etat vor­gesehen, verbleibt.

Der ganze Bezirk O in Berlin und dessen gesamte Frauenwelt ist in Aufregung. Ein noch junger und durchaus nicht unansehlicher wohlhaben­der Bäckermeister gedenkt demnächst die fünfte Frau heimzuführen. Die vier Vorgängerinnen im Reich hat ihm nach kurzem Glück stets der Tod entrissen. Man bewundert den Muth der Fünften umsomehr, als aus allen voraufgegangenen vier Ehen Kin­der vorhanden sind, sie also vierfache Stiefmutter werden wird.

Höchst erfreulich ist es, folgendes zu hören. Nach den dem Bundesrat zugegangenen Spezialetats für 1886/87 werden von den Erträgnissen aus Zöl­len, der Tabaksteuer und Aversen, die insgesamt auf 258 600 000 »kL veranschlagt werden, 1^.8 600 000 Mark, sowie aus den den Bundesstaaten allein zu­kommenden Stempelbeträgen 32 375 000 zur Ver­teilung an die Bundesstaaten 'gelangen, demnach im Ganzen 53 565 000 ^ mehr als im Vorjahr.

In Osnabrück wurde der Direktor der Hil­

desheimer Taubstummenanstalt, Kößler, wegen 18 unsittlicher Handlungen zu 2 Jahren Gefängnis ver­urteilt. Möhring, Direktor der Schleizer Taubstum­menanstalt, der als Entlastungszeuge aufgetreten war, wurde kurz vor seiner Abreise wegen Verdachts des Meineids verhaftet.

Camenz, 23. Okt. Die braunschweigische Landtagsdeputation ist hier abends eingetroffen und wurde mit dem Wagen des Prinzen Albrecht auf dem Bahnhofe abgeholt. Die Abreise des Prinzen von hier ist auf 1. November festgesetzt.

Von den Karolinen sind jetzt Nachrichten eingetroffen. Wenn dieselben sich bestätigen, so dürfte ein besonderes Gewicht für die jetzt schwebenden Fragen auf den Umstand fallen, daß die Spanier einen Akt der Besitzergreifung in den letzten Tagen des August erst vornehmen wollten, womit anerkannt wäre, daß auch spanischerseits die Inseln bis dahin als noch nicht in Besitz genommen galten; anderer­seits ist daraus aber auch ersichtlich, daß auf spani­scher Seite die entschiedene Absicht bestand, auf Jap eine Niederlassung zu etablieren, und daß Spanier und spanische Güter bereits gelandet waren.

Braunschweig, 21. Okt. Die Stadt hat bereits einen reichen Flaggenschmuck angelegt. Es gibt sich augenscheinlich eine allgemeine Befriedi­gung über die endlich erfolgte Wahl kund.

Frankreich.

Paris, 23. Okt. Eine mit Vorsicht aufzu­nehmende Depesche desJournals des Dobats" aus Wien meldet, die Verständigung zwischen Oesterreich und Rußland sei auf folgender Grundlage zustande gekommen: die Personalunion in Bulgarien werde zugestanden, doch mit Beseitigung des Fürsten Ale­xander. Der Distrikt Widden werde an Serbien ab­getreten, womit die Pforte einverstanden sei.

Paris, 23. Okt. DasJournal des Debats" sagt, England besitze keinen triftigen Grund, Birma zu annektieren; Frankreich würde solches Vorgehen übelnehm eu.

Ein Reporter desFigaro" hat Henri Roche- sort über dessen Haltung in der Kammer interviewt. Rochefort verlangt 1) Trennung von Staat und Kirche.Wenn Sie eine Somnambule befragen, so bezahlen Sie dieselbe, und nicht ich. Wenn Sie einen Priester brauchen, so zahlen Sie ihn, und lassen andere, die ihn nicht brauchen, unbehelligt. 2) Ver­lange ich die Anklage gegen Ferry. 3) Verlange ich die Amnestie für alle politisch Verurteilten. Ge­währt man diese nicht, so nehme ich meine Entlas­sung."

England.

London, 23. Okt.Times" sagt, da Frank­reich und Italien gegen die Herstellung des Ltatus guo in Rumelien keinen Einspruch erheben würden, werde auch England nichts einwenden, doch würde es ungerecht und unzweckmäßig sein, die bulgarischen Provinzen nach ihrer freiwilligen Vereinigung wieder zwangsweise zu trennen.

London, 24. Okt.Times" meldet, daß England zugestimmt hat, an der Konferenz teilzu­nehmen.

Dänemark.

Kopenhagen, 21. Okt. Als der Attentäter Julius Rasmussen nach dem Grunde seiner That ge­fragt wurde, antwortete er: Zum Besten der Freiheit. Schweden und Norwegen.

Stockholm, 19. Okt. Der bekanntlich gegen­wärtig in Schweden weilende deutsche Sozialisten­führer und Reichstagsabgeordnete v. Vollmar hielt gestern im hiesigen Arbeiterverein vor überfülltem Hause einen Vortrag über dendeutschen Sozialis­mus". Vollmar schilderte letzteren in folgender Weise:

Der Sozialismus ist keine Importware, sondern ein Bestreben, welches in dem Lande, wo die Verhältnisse cs er­fordern, aus sich selbst emporwächst. Gewöhnlich wird der Sozialismus mit Atopien verwechselt, wie die Verteilung des Eigentums, Aufhebung der Ehe u. s. w., aber nichts wird von dem nüchternen Sozialismus der Gegenwart weniger beab­sichtigt, als derartiges. Dieser erstrebt lediglich die Uebertra- gung der Arbeitserträge auf die Gesellschaft in ihrer Gesamt­heit, anstatt daß sie, wie jetzt, in den Händen einer Minorität der Bevölkerung sich befinden, welche Minorität bei jeder Kri­sis, die Hunderttausende ins Elend stürzt, um einige Dutzend vennehrt wird. Der Sozialismus in Deutschland will ferner die Einführung eines Normal-Arbeitstages, um dem Arbeiter Muße zu geben, für seine eigene Entwickelung wirken zu kön­nen; er will die verschleierte Kinderarbeit, die Nachtarbeit und die Sonntagsarbeit beseitigen, für die Ueberwachung der Ge­sundheit der Arbeiter durch Arbeitskammcrn und Inspektoren, für Unfall- und Altersversicherung, sowie für eine internationale Arbeitsgesetzgebung gleich derjenigen wirken, welche die Schweiz den Mächten vergeblich zur Annahme empfohlen hat. Der

Sozialismus in Deutschland hat jetzt ^ Millionen Anhänger und disponiert im Reichstage über 24 (?) Plätze. Dieser außerordentliche AnwachS aus geringen Anfängen hat die Auf­merksamkeit der deutschen Regierung aus denselben gelenkt und schließlich die gemäßigt-liberale (?) Majorität des Reichstages veranlaßt, den lediglich gegen die Sozialisten gerichteten Be­lagerungszustand anzunehmen.

Rußland.

Moskau, 21. Okt. Bei einem gestern nacht hier stattgehabten Schadenfeuer sind 7 Personen umgekommen, 4 schwer verletzt worden.

Balkan-Halbinsel.

Sofia, 25. Okt. Wie gemeldet wird, über­schritten serbische Truppen gestern abend die Grenze bei Klisoura in der Richtung nach Trin. Nähere amtliche Berichte liegen nicht vor.

Türkei.

Konstantinopel, 23. Okt. Die Mehrzahl der Mächte hat der Konferenz zugestimmt, deren Arbeiten wahrscheinlich am 26. d. M. beginnen.

Konstantinopel, 24. Okt. Deutschland, Oesterreich und Rußland haben sofort die Einladung zur Konferenz angenommen; Frankreich und Italien machen keine Einwendung, aber England macht dem Anschein nach noch einige Schwierigkeiten. Der vor­herrschende Zug in der jetzigen Lage ist das voll­ständige Einvernehmen der drei Kaisermächte, von dem ein kräftiger Druck zugunsten der friedlichen Lö­sung im Sinne der Herstellung des früheren Zustan­des zu erwarten ist.

Griechenland.

Athen, 23. Okt. (Die bei Eröffnung der Kammer) verlesene Botschaft des Königs konstatiert die Notwendigkeit militärischer Maßregeln infolge der rumelischen Revolution, hofft jedoch, daß die Friedensliebe der Mächte den Frieden im Orient sichern werde.

Athen, 23. Okt. Dem Vernehmen nach beab­sichtigt die Regierung eine patriotische Anleihe in Aktien von kleinem Betrage zu emittieren.

Amerika.

Newyork, 9. Okt. Die europäische Ein­wanderung beginnt sich, wenn auch vorläufig noch in kleinem Maßstabe, nach dem Süden zu lenken, ein Beweis dafür, daß man in Europa ansängt, auf­merksam auf den rapiden Aufschwung zu werden, welchen Industrie und Ackerbau dort in letzter Zeit genommen. Vornehmlich richtet sich die Einwande­rung bis jetzt nach dem Staate Texas, welcher von allen Südstaaten die größte Zukunft in Bezug aus volkswirtschaftliche Entwickelung zu haben scheint. ' Die Einwanderer, welche sich gegenwärtig nach Texas wenden, sind eine für unser Land im Allgemeinen sehr wünschenswerte Aequisition, denn dieselben be­stehen zum größten Teile aus Landwirten, welche ein kleines Kapital und ein großes Theil Energie mit­bringen. Augenblicklich ist wiederum in Galveston ein Schiff aus Bremen fällig, welches 500 deutsche Ackerbauer nebst deren Familien an Bord hat, die sich in Texas anzusiedeln beabsichtigten.

New-Aork, 21. Okt. In einer Kohlenzeche zu Plymouth, Pennsylvanien, entstand durch die Un­vorsichtigkeit eines Bergmannes eine Explosion schla­gender Wetter. Vierzehn Bergleute wurden getütet und viele andere trugen zum Teil recht erhebliche Verletzungen davon.

Handel ö Verkehr.

Nürnberg, 22. Okt. (Hopfenmarkt). Der Umsatz beträgt ca. 800 Ballen. Die Stimmung ist matt. Es notie­ren: Markthopfen 2540 ^ , Gebirgshopfen 4060 !

Württembcrger 4075 Elsäßer 30-65

Konkurseröffnungen. Georg Meßer, Bäcker in Beltersrot, Gemeinde Westernach (Ochringen.) Jakob Apfel, Vorkäufler in Stuttgart.

Die Liebüngskinder. Nachdruck

Novelle von M. Gerbrand t. verboten.

(Fortsetzung.)

Starkow hatte unwillig die Lippen zusammen­gepreßt. Ehe er aber noch ein Wort sprechen konnte, hatte sich Valerie schon in ihrer stillen, resignierten Art, ohne Murren, ohne Klagen, zum Rückweg ge­wandt. Er folgte ihr dicht auf dem Fuße, die schlanke, anmutige Gestalt betrachtend, wie sie lang­sam, aber sicher den abschüssigen Pfad hinabschritt.

Da rollte ein Stein, auf den sie den Fuß gesetzt, sie strauchelte im nächsten Moment hatte er den ^

Arm um sie geschlungen, sie aufgehoben, und nun '

trug er sie, die glühende Wange an ihre Stirn ge­lehnt, den Hügel hinab, um sie genau in dem Au- . genblick niederzusetzen, als Alphons unten das Ge- !