Sache keinen Anlaß zu einem Bedenken bezüglich der Absicht des Angeklagten geben. Demgemäß beantragte die Staatsanwaltschaft einerseits im Hinblick aus die Schwere der Beleidigung, andererseits daraus, daß der Angeklagte durch den Zeugen Jhmle gleichfalls gereizt worden sein möchte, eine zweimonatliche Gefängnisstrafe. Das Urteil lautet dem Anträge entsprechend. Auch wurde gemäß 200 des St.G.B. dem Kläger die Befugnis zugesprochen, die Verurteilung auf Konen des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen.
Ludwigsbnrg, 17. Mai. Nachdem die Frau Prinzessin Wilhelm letzten Donnerstag die Festjungfrauen, die ihr beim Einzug am 4. Mai Blumen und Bonquette überreicht, zu sich auf Villa Marienwahl eingeladen und gastlich bewirtet hatte, begab sich die hohe Frau in Begleitung der Gräfin Uxkull heute in die Räume der Fraucnarbeitsschule und ließ sich daselbst die Damen vorstcllen, welche ihr kie prächtigen Salonvorhänge angesertigt haben.
Tübingen, 15. Mai. Die^Herbstaussichten sind in der hiesigen Gegend nicht viel versprechend. Obst wird es nur ganz wenig geben. Die Birnbäume haben beinahe keine Blüten angesetzt und die Aepfel- und Kern- odslbäume haben durch den Frost so sehr gelitten, daß von einer nennenswerten Erholung nicht die Rede sein kann. In dem benachbarten Nehren ist die Klischenblüte total erfroren. Auch die Weinberge haben durch den Frost derart gelitten, daß ein befriedigender Herbst nicht zu erwarten steht; was durch den Frost zu Grunde aing, wird auf s /4 geschätzt. Der Hopfenbau, welcher namentlich auf der Tübinger Maikung eine so große Ausdehnung angenommen hat, ist infolge der massenhaften Produktion nicht nur in vielen Ländern Europas, sondern auch in Amerika nicht mehr lohnend. Sollte die Hopfenernte bei uns auch gut, im Ausland weniger gut ausfallen, so ist doch noch ein so großer Vorrat alter Hopfen vorhanden, daß hohe Preise nicht wohl werden erzielt werden. Eine gute Heuernte steht in Folge des ergiebigen Regens während der letzten Tage in Aussicht.
Tübingen, 17. Mai. Für die Frauen Tübingens, welche sich bei dem H 0 ch z e i t s g e s ch en k für I. K. H. die Prinzessin Charlotte beteiligt haben, ist folgenoes Danksagungs schreiben eingelaufen: Eine Anzahl von Tübinger Frauen haben mir mittelst Schreibens vom 24. v M. neben Ihren Glück- und Segenswünschen zu meiner Eink-Hr in das Land ein ebenso geschmackvolles als kostbares Geschenk dargebracht. Ich bin durch diesen Beweis freundlichen Entgegenkommens und herzlicher Teilnahme hoch erfreut und sage den Damen, die sich an der Widmung beteiligt haben, für das jcköne. Geschenk, welches einen um so größeren Wert für mich hat, als es mir eine reizende Gegend meiner neuen Heimat vor Augen führt, in der mein geliebter Gemahl längere Zeit geweilt hat, meinen herzlichsten und aufrichtigsten Tank. Charlotte, Prinzessin von Württemberg. (Tüb. Kr.)
Von der Jagst, 17. Mai. Heute Montag früh 4 Uhr ist in Kirchberg die erst kürzlich neu eingerichtete Sägwühle des Sladimüllers Dorsch mit Vorräten ein Raub der Flammen geworden. Bei den Löscharbeiten wurde dem Feuerwehrmann Schrade von dort ein Bein von einem fallenden Balken abgeschlagen.
Künzelsau. Die letzten feucht-warmen Tage sind der ganzen Vegetation, namentlich auch unseren Weinbergen zu gute gekommen. Mit dem empfohlenen Abkneipen der erfrorenen Augen sind unsere Weingärtner nicht einverstanden. Die erfrorenen Augen fallen von selbst ab; durch das Abkneipen derselben ttmn man höchstens die Nebenaugen schädigen. Bei den Gartengewächsen ist der Schaden durch den Frost am 3., 4. und 5. Mai von keinem Belang. Auch die Obstbäume stehen auf den Höhen wunderschön, während sie im Thale notgelitten haben.
— Auf dem Ried bei Sattenbeuren OA. Saulgau wurde letzten Freitag ein Handweiksbuische — nach seinen Papieren Bierbrauer Anton Koch von Baitholomä OA. Gmünd — halb erfroren aufgefunden. Derselbe ist dieser Tage an den Folgen der Erkältung gestorben. (Oberl.)
Aber er hat mir noch mehr gethan — weit mehr, als ich zu sagen vermag. Nicht aussprcchen darf ich cs; ich wüßte es denn hinausschreicn in die Welt und — nicht Wein, sondern Gift nehmen, um den wahnsinnigen Schmerz zu betäuben, der bei dem bloßen Erinnern meine Brust durchwühlt. Ach! Ich bm elend, elend, so entsetzlich elend; ein gebrochener Mensch, eine zerstörte Existenz, ein vernichtetes Ich. Aber nicht genug damit. In meiner Brust haust auch ein Dämon, und der heißt Erinnerung. Nun wissen Sie, warum ich keinen höheren Genuß mehr kenne, als den, mich zu betrinken und zu betäuben; warum mein ganzer Lebenslauf nur Rache ist. Freilich wird sie mir wohl niemals werden, so wenig, wie mir vollständiges Vergessen werden kann. Und so schleppe ich die Last meines Daseins mit mir dahin von Jahr zu Jahr, von Tug zu Tag, von Stunde zu Stunde. Wundern Sie sich da noch, wenn ich meinem einzigen Bruder fluche, ihn vernichten, an ihm zum Mörder werden möchte, wenn ihn sein Verhängnis mir in den Weg führen sollte.
Tuprat und der Baron waren diesen Ausführungen mit Aufmerksamkeit und einem stummen Grauen gefolgt.
,,Jch wundere mich nur über Eins," sagte der elftere jetzt, „daß Sie noch den Mut haben, zu letnn, so zu leben, wo Sie sich doch selber sagen, naß es Ihnen me gelingen wird, Ihren Bruder zu entdecken und zur gerechten Vergeltung zu bringen. Ihr Lebenszweck ist mithin verfehlt, und Vergessen bringt Ihnen, wie Sie selber ondeuten, nur der Tod. Wozu leben Sie dann noch?"
Duprat sandte hiermit seinem Freunde einen verständnisvollen Blick zu, welcher so viel sagte wie: „Dian thäte diesem Unglücklichen ja einen Gefallen, wenn man seine entsetzlichen Leiden mit einem raschen Ende abkürzte."
Und der Baron nickte.dazu.
„Warum ich noch lebe?" sagte Riston dagegen. Ich habe mich selbst schon oft gefragt. Und dann immer war es mir, als wenn eine innere Stimme mir sagte: „Lebe nur, und Du wirst gewißlich finden, was Du juchst." Ich glaube dieser Stimme nie; ich erkläre sie auch heute für eine Lüge. Und dennoch gehorche ich ihr, dennoch lebe ich, wie ich kann, weil
Langenau, 17. Mai. Die Geschichte der hiesigen Schützen- gesellfchaft geht auf mehr als drei Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück und mit der gestern gefeierten Fahnenweihe ist ein neues denkwürdiges Blatt in dieselbe eingefügt worden. Das Fest dieser Fahnenweihe hat einen günstigen Verlauf genommen, wenn auch der Witterung ein etwas milderer Karakter zu wünschen gewesen wäre. Nachmittags 1 Uhr sammelten sich die Festteilnehmer vor dem Rathause. Die weiß gekleideten, mit grünen Schärpen geschmückten Festjungfrauen brachten die auf seidenen Bändern getragene, verhüllte Standarte von der Wohnung des Schützenmeisters herbei und stellten sich auf der vor dem Rathause errichteten Fssttribüne auf. Der Turnverein sang einen Begrüßungschor und dann betrat Stadtschultheiß Haug die Rathausaltane, um sämtliche Festteilnehmer Namens der Stadt herzlich willkommen zu heißen und dem festgebenden Vereine zu seiner Fahne Glück zu wünschen. Ec schloß mit einem Hoch auf das Vaterland. Die Festjungfrauen nahmen der Standarte ihre Hülle ab und eine derselben händigte sie mit einigen poetischen Worten dem Schützenmeister ein. Dieses Amt bekleidet schon seit einer Reihe von Jahren Seifensieder Jäger und dieser hielt nun die mit Beifall aufgenommene Festrede. Sein Hoch galt der neuen Fahne. Nach einem weiteren vom Sängerbünde vorgetragenen Festliede bewegte sich der Festzug dem Schießhause zu. Nach der Ankunft dort begannen die Schützen sofort den Wettkampf und lustig knallten die Büchsen drauf los bis abends 6 Uhr. Dann ging es im Zuge durch einige Straßen der Stadt zurück auf den Marktplatz. Der gestrige Haupttag schloß mit einem Festball im Gasthof zur Sonne. Heute wurde wieder geschossen. Auf der ersten Hauptscheibe gewann den von der hiesigen Stadt gestifteten Preis mit 50 Lieutenant Maier von Ulm, auf der zweiten Hauptscheibe wurde mit dem letzten Schuß noch Kunstmüller Schwenk von hier der Sieger. Der Preis besteht in 25 welche von der hiesigen Schützengesellschaft gegeben werden.
WerrniscHLes.
— Im Haisisch - Magen. In Watons Bai (Australien) wurde kürzlich ein 14 Fuß langer Haifisch gefangen. Im Magen desselben fand man mehrere Knochen, den unteren Teil eines menschlichen Rückgrates, sowie mehrere Ueberreste von Menschenfleisch. Den weiteren Inhalt des Magens bildete die Hälfte einer Drillichhose, eine ein Pennystück enthaltende Tasche und eine Hosenträgerschnalle. Der dritte Steuermann des „Austral" war später im stände, die Hose als dem zweiten Steward des „Austral" gehörig zu identifizieren. Letzterer war einer der drei Seeleute, welche nahe Dobroyd Head in einem Walfischfahrerboote verunglückcen, indem das Fahrzeug umschlug. Man hatte nichts wieder von den Insassen des Bootes gesehen, bis der Mageninhalt des gefangenen Haifisches es nahelegte, daß sie alle drei von den in jenen Gewässern zahlreich vorhandenen Haifischen verschlungen wurden.
— Lustige Preisrichter leiteten die letzte landwirtschaftliche Ausstellung in Bordeaux. Bei der Preisbewerbung hatte die Stadt und der Gouverneur von Algier einen Fonds zur Prägung von Medaillen für die Aussteller der besten Weine aus den Kolonien gestiftet. Die Medaillen wurden in der That großmütig zuerkannt, aber man teilte nur Diplome aus: die Medaillen selbst hatte das Komite, wie auf die Mahnungen der Preissieger geantwortet wurde, „vertrunken". Hoffentlich in den preisgekrönten Weinen l
Aenreinnühiges.
Zur Bienenzucht. — Man hat seiner Zeit in Frankreich eine durchaus nicht unwichtige Entdeckung gemacht. Es wurde nämlich bemerkt, daß die Bienen außergewöhnlich stark flogen und zwar nur nach emer Richtung hin. Da die Stöcke auffallend an Honig zunahmen und die Brut sich stark vermehrte, so verfolgte man den Flug der Bienen, eine Räuberei ver-
ich muß. Aber sprechen wir nicht mehr davon; das ist nichts für eine so frohe Stunde. Ich habe ja heitere Erinnerungen, und die werden uns besser über den Abend hinhelfen, als solche düsteren Reminiscenzen, die doch nur Andeutungen sind und Ihnen unverständlich. Von Amerika wollten Sie Manches wissen. Nun, füllen Sie die Gläser, und Sie sollen genug hören, um keine Müdigkeit zu empfinden, so lange ich rede."
Duprat kam dieser Aufforderung bereitwilligst nach. Ristons Geschichte hatte ihn doch gewaltig angeregt, und seine Neugierde ließ ihn hoffen, daß, wenn Jener erst im Zuge sei, er seine Vorsicht vergessen und ihm noch etwas mehr von deiy verraten werde, was er gern wissen wollte.
Der Baron sekundierte ihm bereitwilligst darin, denn er hoffte, durch Duprats Mitwirkung sich endlich eines Verbündeten entledigen zu können, der ihm beim Einlenken in ruhigere sicherere Bahnen verhängnisvoll werden konnte.
Ahnungslos von den tückischen Gedanken beider Männer, erzählte Riston jetzt von seinen Reisen und Wanderungen, welche ihn über einen großen Teil der alten und neuen Welt geführt halten. Er hatte sich einen schlechten Erzähler genannt, aber seinem Vortrage mangelte doch nicht Lebendigkeit und jene Wahrheit, welche das wahrhaft Fesselnde bei allen Berichten und Er- zählungen ist.
Währenddessen näherten sich von der inneren Stadt zwei Männer dem „Fuchsbau", welche ebenfalls in einer sehr bewegten Unterhaltung begriffen waren — Soltmann und sein zu ihm gestoßener Freund Neubert. Sie befanden sich noch in dem belebtesten Stadtteil unweit des Cafes, in welchem sie zusammengetroffen waren. . »
Aber nun sagen Sie mir endlich", drängte der Assessor, „was soll ich in dem Teufelsnest da, wo Sie doch wissen, daß der Schwerpunkt meiner kriminalistischen Thätigkeit gerade nach der entgegengesetzten Seite gravitirt. Führen Sie mich in eine Gesellschaft von Cavalieren, und ich will Ihnen alsbald diejenigen bezeichnen, welche eine nähere Bekanntschaft mit mir zu scheuen haben; aber in diesen „Fuchsbau", unter gemeine Räuber und Mörder — ich danke! Und dann werde ich gleich so auffallen, daß sie sich sagen werden, „Der gehört nicht zu uns". (Forts, folgt.)