dieser Garten als Bauplatz am ehesten verwendet werden können. Der eventuelle Ankauf des Schlosses Kupserzell durch den Staat dürste somit wohl zu einem andern Zweck als dem der Verlegung des Waisenhauses beabsichtigt sein.
In der Nacht vom 14—15 war es auf der Reutlinger Alb teilweise so kalt , daß Bohnen und feinere Gartengewächse und selbst Kartoffeln empfindlich Schaden litten.
Die kühlen Nächte, die wir seit einiger Zeit haben, brachten in manchen Gegenden sogar Frost. So wird von der Gegend zwischen Jagst und Kocher geschrieben, daß morgens öfters Reif und selbst Eis angetroffen worden sei und daß die Bohnen, Kartoffeln rc. schon einigen Schaden genommen haben.
Brandfälle: In Reinerzau (Freudenstadt) am 16. ds. der Hof des Unterdickenbauern, der in nächster Nähe befindliche Wald war in großer Gefahr; in Söhnstetten am 17. d. ein Doppelwohnhaus, das von 2 Brüdern bewohnt war.
Der erste bayerische Bierzug, aus 16 Wagen bestehend, ist am 11. August aus München abgegangen; die größten Sendungen gehen nach Paris und Havre.
Tegernsee, 16. August. Die 26jährige Frau des Oekonomen Wiedmann, welche vorgestern gebar, hatte ihre künstlichen Zähne in, Munde behalten; dieselben wurden während der Geburt los uud gerieten in den Hals, wo sie stecken blieben. Die arme Frau mußte trotz ärztlicher Hilfe ersticken. Das Kind, ein Knabe, lebt und erfreut sich der besten Gesundheit. Zwei Brüder der Verunglückten sind vor 3 Monaten mit 4 anderen Personen im See ertrunken.
Julius Lieske, der Mörder des Polizeirats Rumpf, befindet sich noch in der Strafanstalt zu Wehlbeiden Kassel. Die Bewachung des Verbrechers ist die denkbar strengste. Wie der „Hannov. Kur." aus Kassel erführt, ist Lieske durchaus nicht gedrückt; er ißt, trinkt und schläft gut und ungestört und trägt überhaupt ein Wesen zur Schau, als ob ihm nach kurzer Haft die Freiheit wieder lachen würde, nicht aber, als ob er ein zum Tode verurteilter Verbrecher sei, und es hat den Anschein, als ob es ihn wenig kümmere, ob er begnadigt oder hingerichtet werde.
Kiel, 18. August. (Von der „Augusta.") Der „Voss. Ztg." schreibt man: Mit banger Sorge sieht man den Nachrichten von der Kreuzer-Korvette „Augusta" entgegen; die Mehrzahl der Mannschaft besteht aus Schleswig-Holsteinern. Das, was man befürchtet, ist, um die Wahrheit zu sagen, daß das Schiff gekentert ist. Die Möglichkeit, daß die Korvette der Gefahr entronnen sein kann, wird aber auch von Pessimisten zugegeben. Die Optimisten sagen: „die „Augusta" ist ein Schiff, welches Glück hat." Sie erinnern an seine kühnen Fahrten im Jahre 1870—71 unter Kapitän Weikhmann, welcher den Auftrag hatte, die von England und Amerika stattfindende Zufuhr nach Frankreich zu hindern. Die „Augusta" schlich sich im Anfang Januar 1871 vor die Garonnemündung und brachte dort nicht weniger als drei Dampfer auf, welche für Rechnung der französischen Regierung Kriegsmaterial an Bord hatten. Die „Augusta" wurde darauf von vier französischen Panzern verfolgt, entkam aber glücklich in den Hafen von Vigo.
Eine ungewöhnliche und höchst sinnreiche Schmuggelmethode kam am Samstag in Hüll zu Tage. Beim Ausladen des Dampfers „Elizabeth" aus Hamburg stießen die Arbeiter auf mehrere Balken, von denen einer beim Aufheben durch heftige Berührung mit eiuem andern Gegenstand an einem Ende eingebogen wurde. Die Zollwächter fanden, daß der Balken hohl und mit Tabak und Cigarren angefüllt war. Die übrigen Balken, 8 oder 9 an der Zahl, waren ebenfalls vollgepfropft mit Tabak.
Berlin, 17. Aug. Der Maurerstrike wird nun bald ganz beendigt sein, da die Meister, wie in der gestrigen Versammlung der Sinkenden mitgeteilt wurde, sich bereit erklärt haben, mit den Gesellen zu verhandeln.
Berlin, 18. Aug. Ein Londoner Telegramm meldet der Boss. Ztg.: Der Standard erfährt, Deutschland habe die Mächte mittelst einer Zirkularnote von der der KaroTineninscln in Kenntnis
gesti).. Tie Londoner Preise erhebt im allgemeinen keinen Eiuwand gegen die Einverleibung der Inseln. Die Times bezweifelt, ob Spanien seine Rechte auf die Inseln geltend machen könne.
Berlin, 19. Aug. Der deutsche Antrag betr. die Einführung telegraphischer Einheitstaxen wurde in der Tarifkommission der Telegraphenkonferenz mit
2 Stimmen Mehrheit abgelehnt.
Berlin, 19. Aug. lieber das Resultat der Varziner Unterredung zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Grafen Kalnoky verlautet über Wien so viel, daß eine Einigung über einen gemeinsamen Zollverband nicht erzielt worden sei.
Berlin, 19. Aug. Contreadmiral Knorr ist mit der Kreuzerfregatte „Bismarck" am heutigen Tage vor Zanzibar eingetroffen. (Auf diesem Schiffe dient auch ein Sohn des hier (Nagolds wohnenden Pens. Roßarztes Schleehauf als Matrose.)
Berlin, 19. Aug. Man nimmt an, daß der Reichskanzler mit dem Ergebnis der mit dem Grafen Kolnocky gepflogenen Verhandlungen zufrieden ist. Der Kanzler wird Varzin vorläufig nicht verlassen, was als Beweis dafür gilt, daß die allgemeine politische Situation in der Bahn bisheriger normaler Entwickelung verharren dürfte.
Berlin, 20. August. Es wird hier folgendes vom Kaiser glaubwürdig erzählt, Gewährsmann dafür ist Prinz Wilhelm: Vorgestern, am Tage der Enthüllung des Denkmals Friedrich Wilhelms I., war unfreundliches Wetter. Der Leibarzt wiederriet dem Kaiser den Gang ins Freie zu der militärischen Feier; als der Kaiser dennoch darauf bestand, bat der Leibarzt den Kaiser schriftlich, sich zu schonen; der Kaiser schrieb nun an den Rand des Briefes: Dann sterbe ich wenigstens im Dienste.
Berlin, 20. Aug. Einer Neuterschen Depesche aus Sansibar vom 18. August zufolge ist dort gemeldet worden, daß Dr. Reichardt, bisher der einzige Ueberlebende der deutsch-internationalen Forschungsexpedition, im Kampfe mit Eingeborenen in Ugoge getötet worden sei.
Der Berliner Staatsanwaltschaft hat, laut „Frkf. Ztg.", gegen die „Freie Zeitung" wegen Beleidigung, verübt durch Artikel über den Stöckerprozeß. Anklage erhoben.
Von der großartigen Thätigkeit, welche gegenwärtig auf der bedeutendsten deutschen Schiffswerft, dem „Vulkan" in Stettin herrscht, gibt die Thatsachs den schlagendsten Beweis, daß im Augenblick dort nicht weniger als 20 Schiffe (darunter 6 für den „Nordd. Lloid" bestimmte, wovon
3 die bis jetzt größten in Deutschland ausgesührten teils angefangen, teils nahezu fertig gestellt sind, welche zusammen einen Gehalt von 40 700 Tonnen haben.
525 Staatsanwälte giebt's im deutschen Reich. Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle bewahrt die kindlich reine Seele!
Freundlicher und herzlicher sind kaum jemals Gäste in Berlin Willkomm geheißen worden als die 200 Wiener Sänger. Sie haben ganz Berlin mit ihrem Singen erobert. Ein strenger Kritiker sagt: „Wir haben die besten Männerchöre Deutschlands gehört, die aus Straßburg, Dresden und Köln, und müssen nun den Wiener Sängern den Preis zuerkennen, wie uns überhaupt die besten Stimmen aus Oesterreich kommen. Gegen 200 Sänger waren es, die unter dem Taktstocke des Vereins-Chormeisters Kremser sich zum ersten Male hören ließen. Es ist ein ganz wundervolles Material, was in diesem Chore steckt. Das ist nicht der dilettantische Lieder- tafelgefang mit ein paar Ouetschtenören und Strohbässen, vielmehr sind alle Stimmen klangvoll, und wie in der Stärke, so auch im Charakter sorgsam gegen einander abgewogen. Ganz ungemein leicht und mit edlem Klange spricht der Tenor an, der so wenig vor der Höhe zurückschrickt, wie der noble Baß vor Tiefe. Die Stimmen bewegten sich in einem Umfange von drei Oktaven. Dem Tone ist das Wort aufs sorglichste verbunden. Es sind im wahren Wortsinne Kunstleistungen, die uns der Wiener Männergesang-Verein bot. In dem einen Liede kam mehr das Zierliche, im audern das Kräftige, hier das schwierige harmonische Gewebe, dort die leichtflüssige Melodie inehr zur Geltung: alles aber war meisterlich. Mehreres mußte wiederholt werden, Anderes Hütte Mancher gern zum zweiten Male gehört, wie R. Schumanns herrliches Nitornell „Die Rose stand im Than", das entzückend auSge- führt wurde. — Auch Scheffels „Heftn von Lteier" in der Compositivn von E. S. Engclsbcrg wurde cku oapo begehrt.
In den Verhandlungen zwischen Deutschland
und Spanien, welche durch die deutscherseits erfolgte Besetzung einer oder mehrerer Inseln der Carolinengruppe hervorgerufen worden sind, ist noch kein Resultat zu verzeichnen. Spanischerseits widerspricht man der Behauptung, daß Spanien seine Besitzansprüche auf die Carolinen niemals geltend gemacht habe, auf das Entschiedenste; im Uebrigen sind die spanischen Blätter der Meinung, daß Deutschland die Besetzung wieder rückgängig machen werde.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 13. Aug. Das „Fremdenblatt" schreibt: „Die Wiener Sänger kehren mit Ehren reich beladen heim und die Hauptstadt Oesterreichs wird den ihren Söhnen in Berlin zu teil gewordenen Empfang als Unterpfand der freundlichen Gefühle beider Residenzen gegen einander stets in angenehmer Erinnerung behalten." !
Prag, 17. Aug. Der fanatische Deutschen- j haß der Czechen treibt fortgesetzt die widerlichsten > Blüten. So gründeten dieselben einen national- ! czechischen Hopfenmarkt zu Rakonitz, weil es eine , „Schmach für das czechische Volk" wäre, den Hopfenmarkt in der deutschen Stadt Saaz zu beschicken, oder dort deutschen Hopfen einzukaufen. Der cze- > chische Statthalter von Böhmen, Baron Kraus, be- grüßte offiziell in einem Telegramm das neue national-wirtschaftliche Unternehmen der Czechen zu , Rakonitz. ;
In Oesterreich richten sich die Blicke mehr ! und mehr auf die bevorstehende Begegnung zwischen dem österreichischen und dem russischen Herrscher in ! Kremsier, durch welche das mährische Landstädtchen, ! gleich Gastein, einen historischen Namen erhalten i
wird. Nachdem die Angaben über die Zeit der Zusammenkunft lange geschwankt, scheint nun doch festzustehen, daß dieselbe am 24. August erfolgt, so daß die ursprünglichen Meldungen der Wiener Blätter hierüber ihre Bestätigung finden würden. In Kremsier selbst sind bereits alle Vorbereitungen zu einem würdigen Empfange der beiden Kaiserpaare getroffen, ebenso haben alle Beamten auf den österreichischen Eisenbahnstationen, welche die russischen Majestäten passieren werden, die striktesten Verhaltungsmaßregeln erhalten. Kaiser Franz Josef und die Kaiserin Elisabeth werden einige Stunden vor den russischen Gästen in Kremsier erwartet.
Schweiz.
Dem „Rorschacher Boten" (Schweiz) teilt ein Kornhändler mit, daß die Kornpreise seit Menschengedenken nicht so niedrig gestanden feien, wie gegenwärtig, nicht einmal im Jahre 1865. Man beziehe jetzt franko Norschach den besten ungarischen Weizen den Doppelzentner zu 21 Frcs. „Und doch", fügt i das genannte Blatt hinzu, „stehen Brot- und Mehlpreise viel höher als 1865." Wer ist denn nun in der freien Schweiz bei Len niedrigen Kornpreisen an den hohen Brot- und Mchlprcisen schuldig?
Frankreich.
Paris, 18. August. Der „Temps" erfährt, daß der frühere, nun aus dem Elsaß auZgewiesene Diplomat Rothan sich an den Fürsten Bismarck gewandt, der ihm antworten ließ, er sei ohne Einwirkung auf die Verwaltung der Reichslande. —
Der „National" fordert die Regierung auf, Deutschlands Beispiel nachzuahmen und die deutschen Zei- ! tungskorrespondenten, die Frankreich verleumdeten, auszuweisen.
Paris, 18. August. In Bramo-le-Chateau (Belgien) brannte die große Baumwollfabrik von Vauham nieder; 300 Arbeiter sind brotlos. — In Rouen entfloh Kassierer Domer von der Societe generale mit 200000 Fr.
Paris, 18. August. Rochefort behauptet bekanntlich hartnäckig, daß Olivier Pain auf Veranlassung der Engländer im Sudan getötet worden sei. Nun veröffentlicht Rochefort im „Jntransigeant" einen sehr heftigen und beleidigenden Arktikel gegen England, Englands Königin und den Prinzen von Wales, in welchem er erklärt, daß, wenn Frankreich Regierung keine glänzende Genugthung fordere, er, für dieses vollführte Verbrechen Lord Lyons fordern werde, der von heute ab seine Geisel sei, und dessen alte Haut eine Bürgschaft für die schuldige Ge- s nnglhuuug sei. Dieser Ausfall macht Ansuchen, und viele Engländer schreiben sich mnf der englischen Botschaft ein, die von einer Anzahl Polizeibeamten bewacht wird. Lord Lyons hat diesen Artikel nach ' London telegraphiert, und überläßt der englischen