Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag. Donnerstag and Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlokn) vO «i, in dem Bezirk I außerhalb des Bezirks 1 20 Monats-

abonncment nach Verhältnis.

Samstag den 22. August.

Jmertionsgcbühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S -I, bei mehrmaliger je 8 -l. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1885 .

Amtliches.

Nagold.

Distrikts- und Stadt-Arztsstelle in Haiterbach bctr.

Nachdem Distrikts- und Stadtarzt Dr. Mauck in Haiterbach, welcher die Verpflichtung hatte, die kranken Armen in Haiterbach, Beihingen, Bösingen, Oberschwandorf, Oberthalheim, Schietingen, Unter­schwandorf und Unterthalheim, sowie die im Kranken­haus in Haiterbach untergebrachten Kranken, in den genannten Gemeinden beschäftigten und der Gemein­samen Ortskrankenkasse in Nagold ungehörigen ver- sichernngspflichtigen Arbeiter, ohne besondere Anrech­nung iil ärztlichen, wnndärztlichen und geburtshülfli- chen Fällen zu behandeln, von Haiterbach abgezogen ist, wurde Herr Oberamts - Arzt Jrion in Nagold bis auf weiteres als Stellvertreter aufgestellt.

Dies wird mit dem Ansügen bekannt gemacht, daß sich Herr Oberamts-Arzt Jrion, wenn immer möglich, je am Montag Mittwoch und Samstag nach Haiterbach begeben und sich an diesen Tagen von vormittags 911 Uhr zur Verfügung stellen wird, und zwar erstmals Samstag den 22 ds. Mts.

Den 20. August 1885.

K. Oberamt. Güntner.

Bekanntmachung der König!. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung von Unter­richtskursen über Hufbcschlag.

Um Schmieden die Vorbereitung zu der durch das Gesetz vom 28. April 1885, betreffend das Huf- beschlaggcwerbe (Reg.-Bl. S. 29) vorgeschriebenen rüfung im Hufbeschlag zu ermöglichen, werden auf rund der Verfügung des Kgl. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885 (Reg.-Bl. S. 215 u. f.) in Hall, Heilbronn, Reutlingen, Ravensburg und Ulm Lehrwerkstätten für Hufschmiede mit dreimonat­licher Lehrzeit eingerichtet. Je am Schluß eines Kur­ses findet sodann an jeder Lehrwerkstätte die Prüfung im Hufbeschlag unter Leitung eines Ministerialkom- missärs statt.

Der erste Lehrknrs beginnt an sämtlichen Lehr­werkstätten am 22. September d. I. Die Anmel­dungen zur Aufnahme in denselben sind bis späte­stens 1. September d. I. bei dem Oberamt, in des­sen Bezirk sich die betreffende Lehrwerckstätte befindet, vorschriftsmäßig anzubringen.

Dem Zulassungsgesuch sind beizufügen:

1) ein Geburtszeugniß,

2) der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehr­zeit im Schmiedhandwerk und einer zweijähri­gen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei der Bewerber schon im Hufbeschlag beschäftigt ge­wesen sein muß,

3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Ein­willigungserklärung des Vaters oder Vormunds,

4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikatszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Unterhalts während des Unterrichtskurses zu Gebote stehen werden,

5) eine von dem Bewerber, und wenn derselbe minderjährig ist, auch vom Vater oder Vor­mund Unterzeichnete Erklärung, durch welche die Verbindlichkeit übernommen wird, die der Staatskasse erwachsenen Kosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der Unterrichtskurs vor seiner Beendigung ohne Genehmigung der K. Zentral­stelle für die Landwirtschaft verlassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus dem­

selben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gesetzten Frist nicht erstanden wird (ß. 4, Abs. 2 der Verfügung des Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885).

Stuttgart, den 7. Aug. 1885.

Werne r.

Die am 18 . Aug. in Rottenburg erfolgte Wahl eines Domkapitulars an Stelle des verst. Domkapitulars v. Welte ist auf Regierungsrat Frcytag in Stuttgart gefallen.

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

/V Aus dem Bezirke, 20. Aug. (Feuer­weh rsa che.) Herr Schullehrer Heim in Leonbronn (früher in Fünfbronn) erfand und konstruierte in Verbindung mit den Mechanikern Heim und Sche­rer in Karlsruhe einen Apparat zur Lebensrettung bei Brandsällen, welcher am kommenden Sonntag bei den Hauptübungen der vereinigten Landesfeuerwehren in Heilbronn auf dem Marktplatze ausgestellt sein wird. Zur Bedienung des etwa 70 Ztr. schweren, von 2 Pferden zu transportierenden, solid gebauten Apparats sind 8 Mann erforderlich. Innerhalb 2*/r Minuten kann derselbe mit größter Sicherheit bis in das vierte Stockwerk eines Hauses gehoben und, auf seiner Blattform mit bis zu 20 Personen bela­stet, in 1 l/, Minuten völlig gefahrlos zur Erde nie­dergelassen werden. Der Apparat wird von den Er­findern für den Preis von 3000 vkL geliefert und haben sie das deutsche Reichspatent sowie das russi­sche, französische, belgische und englische Patent be­reits erworben. Das Kommando der freiwilligen Feuerwehr Karlsruhe empfiehlt dieses neu erfundene Rettungsgeräte allen Feuerwehren zur Anschaffung angelegentlich. Die den Feuerwehrtag in Heilbronn besuchenden diesseitigen Feuerwehrmänner werden auf diesen Scherer-Heim'schen Rettungsapparat besonders aufmerksam gemacht.

Calw, 18. Aug. Heute erhängte sich in dem benachbarten Ottenbronn ein lljährigcr Schulknabe, weil er befürchtete, wegen einer Kleinigkeit eine Züch­tigung zu erhalten.

Stuttgart, 19. August. Eine Schneider- Versammlung beschäftigte sich gestern Abend mit dem Arbeiterschutzgesetz. Referent war Schreiner Cloß. Die 60 anwesenden Schneider nahmen schließlich eine Resolution an, welche Normalarbeits­tag und Aufhebung der Zuchthausarbeit verlangt.

Stuttgart, 19. Aug. Die Kaisermanöver im Armeekorps, welche heute schon das Interesse des Publikums in so hohem Maße in Anspruch nehmen, werden voraussichtlich gewaltige Menschenmassen als Zuschauer herbeiführen. Damit nicht, wie es z. B. 1874 bei Heilbronn aus Anlaß der Anwesenheit Sr. Kais. Hoh. des deutschen Kronprinzen der Fall ge­wesen, der Gang der Kriegsübung geradezu gestört wird, sollen dem zuschauenden Publikum Plätze an­gewiesen werden, von denen aus der Gang des Kam­pfes ohne Gefahr für die Person und ohne Störung der Bewegung der Truppen mit Ruhe beobachtet werden kann. Der erste Kampftag, Montag 21. September, wird in das Terrain zwischen der Glems und dem Strudelbach fallen. An den beiden folgen­den Tagen werden die Manöver etwas, aber nur wenig mehr nach Osten vorrücken. Zu den aus­gezeichneten Männern im Gefolge Sr. Majestät des Kaisers wird auch der Generalquartiermeister der deutschen Armee, Graf Wald er see, zu rechnen sein.

Stuttgart, 20. August. Es gewinnt die Annahme an Wahrscheinlichkeit, daß die Legionska­

serne definitiv zum Rathausneubau ausersehen sei. Es soll dieser Plan sich des besonderen Beifalls unseres Königs erfreuen, wie auch die bürgerlichen Kollegien ihm von jeher sympathisch gegenüberstanden. Grundriß- und Seitenansichten liegen bereits an ent­scheidender Stelle vor und sollen sich allgemeinen Beifalls zeigen.

Stuttgart, 20. Aug. Die Manöverbestim­mungen der 26. Division sind nunmehr im Druck erschienen. Wir entnehmen denselben betreffs der Zeiteinteilung folgendes: 3. bis 8. Sept. Gefechts­und Gefechtsschießübungen der 51. Infanterie-Brigade bei Baihingen a. E. 5. bis 8. Sept. Gefechts- und Gesechtsschießübungen der 52. Infanterie-Brigade bei Groß-Gartach. 7. und 8. Sept. Märsche der Kaval­lerie und Artillerie in das Manöverterrain. Mitt­woch den 9. Sept. Ruhetag. Donnerstag den 10., Freitag den 11. und Samstag den 12. Sept. De­tachementsübungen der 51. Brigade zwischen Maul­bronn, Vaihingen und Brackenheim, der 52. Brigade bei Kirchhausen. Sonntag den 13. Sept. Ruhetag. Montag den 14. und Dienstag den 15. Sept. Feld­manöver der Division (am 15. Biwak der Division). Mittwoch den 16. Sept. Divisions-Manöver gegen einen markierten Feind. Donnerstag den 17. Sept. Märsche zur Versammlung des Armeekorps. Freitag den 18. Sept. Ruhetag. Samstag den 19. Sept. Parade des Armeekorps bei Ludwigsburg. Sonntag den 20. Sept. Ruhetag. Montag den 21. und Diens­tag den 22. Sept. Feldmanöver der beiden Divisio­nen gegen einander. Mittwoch den 23. Sept. Ma­növer des Armeekorps gegen einen markierten Feind. Am 21. und 22. Sept. ist Biwak der Devision, am 23. Sept. Wiedereintreffen sämtlicher Truppenteile in den Garnisonen, ausschließlich des Füsilier Batail­lons-Regiments 125, welches am 26. Sept in Tü­bingen eintrifft. (N. Tagbl.)

Der Badischen Anilin- und Sodasabrik Stutt­gart-Ludwigshafen ist von der Jury der In­ternational Jnventions Exhibition in London für die dort ausgestellten Produkte die höchste Auszeich­nung, die goldene Medaille, zuerkannt worden. Zu gleicher Zeit wurde diesem Etablissement von der So­ciety of Akts für seine hervorragenden Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiete der Farbenindustrie die goldene Medaille verliehen.

Heilbronn, 19. Aug. Gestern Abend wurde auf der Straße von hier nach Bückingen ein scheuß­licher Lustmord verübt. Als Opfer desselben fiel die 40 Jahre alte Rosine Keller von Bückingen. Sie wurde, wie den Blutspuren zu entnehmen ist, die auf der Straße weithin sichtbar waren, auf der Straße tätlich getroffen, dann quer über die Straße und auf eine Wiese neben der Straße geschleift und dort geschändet. Der Thäter muß, da der Leichnam gegen 30 zum Teil gräßliche Wunden zeigt, nach der That über und über mit Blut befleckt gewesen sein.

Die Waisenhausfrage. Auf den kürzlich der Heilbr. N.-Ztg. zugegangenen, auch von uns re­produzierten Artikel, betreffend die Stuttgarter Wai­senhausfrage, geht dem genannten Blatt eine andere Zuschrift zu, worin ausgeführt wird, daß bei der et­waigen Verlegung des Waisenhauses wohl nur ein Platz, der noch auf Stuttgarter Markung sich befin­det, in Betracht kommen könne, da eine bedeutende Stiftung ausdrücklich für das Stuttgarter Waisen­haus gemacht ist. Es ist dies ein Garten im unteren Stöckach, der zum Erholungs- und Tummelplatz für die Kinder bestimmt war. Bei einer Verlegung des Waisenhauses aus der Stadt hinaus würde gerade