Ulm. Geschäftsbericht 1882/85: Mitglieder 870, unterstützt 81 Witwen, 53 Halbwaisen, 3 Vollwaisen. Gaben an Witwen und Waisen 12250, an kranke Lehrer »kL 1198, letztere in Beträgen von 10—100 Beschlossen: die Witwen- und Waisenportionen in Zukunft je am Schlüsse eines Halbjahrs zu reichen. Einnahmen in der dreijährigen Etatsperiode: 18056 Mark, Ausgaben 14 679 Kapitalfonds 3976 ^6, Kapitalvermögen 2,6686 — 3) Der evang.
Volksschullehrer-Unterstützungsverein kam am 6. Aug. morgens 7 unter dem Vorsitze des Oberlehrers Schüttle aus Stuttgart zu einer Plenarversammlung im Kursaal in Cannstatt zusammen. Mitgliederzahl 1107, Einnahmen 2326 von Lehrern, 520 vom Königl. Haus, 1773 von Nichtlehrern, größtenteils aus Stuttgart; Gesamteinnahme im letzten Rechnungsjahr 6752.19 ^6, Ausgaben 4392.54 vkL die Herbstgabenverteilung wird 2359.65 vlL betragen. — 4) Der Leichenkassenverein der evang. Volksschullehrer unter seinem Vorstande Oberlehrer Laistner in Stuttgart tagte gleichfalls am 6. Aug. im Kursaale in Cannstatt. Mitglieder 260. Grundstockansammlung während seines 13jähri- gen Bestehens 5518.82 vkL, Barfond 443.25 Bermögensstand 5960 Fernerhin soll die Hälfte der Ueberschüsse zum Grundstock gelegt, die zweite Hälfte zur Erleichterung der Mitglieder zu Leichengaben verwendet werden.
Die Kurliste von Wildbad weist bis jetzt 5200 Badgüste uuf.
Solitude, 12. August. Heute früh besuchte Herr Kriegsminister v. Steinheil unsere Höhe und nahm Einsicht von den baulichen Veränderungen des für einen Kriegsfall hier bestimmten Militär-Reserve- lazarets; auch besichtigte er zugleich den kleinen an der Straße nach Weilimdorf gelegenen Militärbegräbnisplatz, welcher gegenwärtig vergrößert wird und eine neue Einfriedigung erhält.
Stuttgart,13. August. Der zweite Sohn des Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar, Prinz Bernhard, Premierlieutnant im Königshusaren- Regiment zu Bonn, ist am Sonntag in Jülich beim Ltooxlo otta.se gestürzt. Die Eltern des Prinzen sind sofort aus England nach Jülich gereist. Ein gestern Nachmittag hier eingetroffenes Telegramm des Prinzen Vater bestätigt die Verletzungen am Kopf und Rücken; der Zustand sei recht ernst, aber augenblicklich nicht lebensgefährlich.
Soeben trifft aus Berlin die Nachricht ein, daß General v. Stülpnagel, früher kommandirender General des 13. (württembergischen) ArmeecorpS. gestern in Norderney gestorben ist. Ferdinand Wolfgang Ludwig Anton v. Stülpnagel wurde im Jahre 1813 geboren. Während seiner Thätigkeit in Württemberg hat sich der Verstorbene die Sympathien aller erworben, welche ihm näher traten; Ipeziell hier in Stuttgart wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahrt werden.
lieber die bevorstehenden Hcrbstübungen, die mit dem „Kaisermanöver" schließen, erfährt der „Schw. Merkur": „Se. Majestät der Kaiser trifft voraussichtlich am Freitag 18. Sept., abends in Stuttgart ein. Am darauffolgenden Samstag wird große Kaiserparade stattfinden. Am Samstag den 20. d. M. werden, wie anzunehmen, dem Kaiser Festlichkeiten bereitet. Am Montag, Dienstag und Mittwoch 21. bis 23. einschließlich sind Manöver des Korps westlich von Stuttgart an beiden Ufern der Glems, mit 2 Biwaks des ganzen Armeekorps. Der Kaiser wird nach den bis jetzt getroffenen Anordnungen 5 volle Tage in der schwäbischen Hauptstadt verweilen. In seinem Gefolge werden sich zahlreiche fremdländische Offiziere befinden. Das Regimentsexerzieren beginnt zuerst bei der Ulmer Garnison, und zwar am 13. d. M.
Triumph deutscher Industrie. Nach der „Eßlinger Zeitung" ist der Keßler'schen Maschinenfabrik in Eßlingen von der Stadt Padua in Italien auf Vorschlag des Gemeinde-Ausschusses ein Terrain von 42 000 Oumtr. im Werte von etwa 100 000 Lire unter der Bedingung überlassen, daß die genannte Firma das Terrain mit einer Lokomvtiv- fabrik bebaut. ' Der Fabrik soll ans 10 Jahre eine Bestellung von 30 Lokomotiven per Jahr seitens der „Adriatischen Eisenbahngesellschaft" und von 5 Lokomotiven per Jahr seitens der „Societa Vineta" garantiert werden.
In Sontheim Heilbronn) haben sich um die erledigte On-vorsteherstelle 29 Schreibcreibeflisscne beworben.
Am 11. August abends wurde auch die Alb- gegend bei Geislingen von einem schreckenerregenden Gewitter mit Sturm und Hagel heimgesucht. Dasselbe scheint überhaupt eine größere Ausdehnung gehabt zu haben, denn aus dem Bezirk Tuttlingen ' und der dortigen badischen Nachbarschaft lesen wir ähnliche Hiobsposten.
Brandfälle: In Althengstett am 11. d. M. 2 Wohnhäuser und 3 Scheunen; ein weiteres Wohngebäude brannte vollständig aus; das Pfarrhaus, neben welchem ein dicht angebautes Gebäude ganz niedergebrannt ist, wurde ebenfalls stark mitgenommen; in Ittenhausen (Riedlingen) am 10. ds. eine mit Felderzeuqnissen anqefüllt gewesene Scheuer des Oekonomen Karl Hölz.
Eine feine Magd. Wenn heutzutage die Herrschaften oft genug Gelegenheit haben, über ihre weiblichen Dienstboten sich sehr getäuscht zu fühlen, so passierte dieser Tage in München einer Herrschaft, daß ihre Magd sie in eine wenn auch nicht unangenehme Ueberraschung versetzte. Herr und Frau waren abends ausgegangen und kamen erst gegen 10 Uhr nach Hause. Schon auf der Straße hörten sie aus ihrer Wohnung Klavierspiel und Singen. Sie begaben sich leise in dieselbe und überraschten ihre Magd wirklich am Klavier spielend und mit keiner schlechten Stinime aus einer Arie singend. Auf ein angestelltes Examen seitens des Hausherrn ergab sich, daß die einfache Magd sehr gut musikalisch ist, geläufig französisch ffiricht und in der deutschen Literatur sehr gut bewandert ist. Nach ihrem Geständnisse sei sie aus einer sehr feinen Familie und durch besondere Verhältnisse, die wohl ihr Geheimnis sein mögen, momentan in der Lage, einen Posten als „Magd" zu versehen. Ihre Herrschaft behandelt natürlich seit dieser Entdeckung das vielleicht sehr unglückliche Mädchen nicht mehr so als gewöhnlichen Dienstboten.
Hamburg, 13. August. Ein soeben hier eingetroffenes Privattelegramm aus Zanzibar meldet, daß der Konflikt gelöst sei und der Sultan die deutschen Hoheitsrechte in den durch Verträge erworbenen Gebieten anerkenne.
Berlin, 11. August. Herr v. Bleichröder ist gestern nach Barzin zum Reichskanzler abgereist.
Berlin, 12. August. Ein heutiges Telegramm der „Times" wird hier als Symptom betrachtet, daß die öffentliche Meinung in England die Berechtigung der deutschen Politik in Zanzibar anerkennt. Das Londoner Kabinet dürfte sein Verhalten in der Zanzibar-Frage dementsprechend einrichten. Die Aufgabe des deutschen Geschwaders ist, vollendete Thatsachen zu schaffen, auf Grund deren die diplomatische Austragung der Frage erfolgen kann.
Potsdam, 13. August. Der Kaiser ist im besten Wohlbefinden hier eingetroffen.
Die bevorstehenden Landtagswahlen in Preußen beginnen allmählich auf das Parteileben ihre Wirkung zu äußern. Am ersten find die Nationalliberalen auf dem Plane; dieselben haben dem Parteitage in Hagen bereits einen zweiten in Thale (Provinz Sachsen) folgen lassen; von Versammlungen anderer Parteien hört man dagegen noch nichts.
In den Kreisen des Marineministeriums ist man nicht ohne Besorgnis wegen des Schicksals der Kreuzer-Korvette „Augusta". Dieselbe, mit den Ablösnngskommandos für die australische Nation an Bord, hat in der Nacht vom 1. zum 2. Juni die Insel Perim im Roten Meere verlassen, um nach Albany in Westaustralien zu gehen, Seitdem sind von dem Schiffe keine Nachrichten in Berlin eingelaufen und da zu der genannten Zeit in jenen Gewässern eine Cyelvne wütete, so befürchtet man, daß die „Augusta" mit dem Wirbelsturm in Berührung gekommen ist.
Die politische „tote Jahreszeit" trägt gegenwärtig ihren Namen sehr mit Unrecht, denn Monar- chenbegegnungen und Ministerreisen sind jetzt an der Tagesordnung und haben den politischen Wellenschlag plötzlich wieder zu einem lebhaften gestaltet. Wenig Wochen nach dem traulichen Beisammensein, welches Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joses in Gastein gepflogen, wird letzterer den russischen Herrscher auf österreichischem Boden begrüßen und zwar, wie schon von Wien aus bekannt gegeben worden ist, in dem mährischen Städtchen Kremsier, das somit durch die in seinen Mauern demnächst stattsindende Zusammenkunst gekrönter Häupter ebenfalls bestimmt ist, einen historischen Namen zu erhalten. Tie Kaiserinnen von
Oesterreich und Rußland werden in Kremsier mit anwesend sein, ebenso wahrscheinlich der österreichische Thronerbe, Kronprinz Rudolf; außerdem werden aber der Zusammenkunft in Kremsier auch die beiderseitigen Minister des Auswärtigen und wohl auch die Ministerpräsidenten von Oesterreich und Ungarn beiwohnen, definitiv fest scheint letzteres allerdings noch nicht zu stehen. Die Anwesenheit des Grafen Kalnoky und des Herrn von Giers in Kremsier verleiht der Zusammenkuft des Oesterreichischen mit dem russischen Monarchen ihren eigentlichen politischen Charakter und derselbe äußert sich dadurch, daß in Kremsier die Annäherung zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland, welche sich zuerst in Skierniewikze aller Welt zeigte, nunmehr perfekt werden wird. Der Ausgleich in den zwischen den beiden Staaten bis lang bestandenen Gegensätzen ist aber eine neue Bürgschaft für die Weiterdauer der gegenwärtigen Friedensepoche und so darf man denn auch die Begegnung zwischen Kaiser Franz Josef und Kaiser Alexander III. in dem angedeuteteu Sinne begrüßen , zUmal sich dieselbe der vollkommensten Billigung und Unterstützung von deutscher Seite erfreut. Letzteres geht aber aus dem Umstande hervor, daß Graf Kalnoky, der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Oesterreich-Ungarns, sich noch vor der Entrevue von Kremsier nach Varzin zum Fürsten Bismarck begeben hat, wo seine Ankunft bereits für Mittwoch Abend erwartet wurde. Dies, sowie der weitere Umstand, daß Graf Kalnoky, ehe er sich nach Wien zurückbegibt, dem Kaiser Wilhelm auf Schloß Babelsberg noch feine Aufwartung zu machen gedenkt, sind ein sicherer Beweis dafür, daß sich die Monarchcn-Entrevue von Kremsier unter der vollsten Zustimmung Deutschland's vollzieht und daß sie somit als ein neues Zeichen des deutschösterreichischrussischen Einvernehmens aufzufafsen ist, obwohl der deutsche Kaiser der Zusammenkunft des österreichischen Souverains mit dem Czaren aus leicht erklärlichen Gründen nicht beiwohnen wird.
Bon der ersten Begegnung des Fürsten Bismarck mit Dr. Schweninger weiß der Karlsbader Korrespondent des „Pester Lloid" zu erzählen: Wie der Fürst auf den Gedanken kam, in Karlsbad den Dr. Schweninger zu konsultieren, weiß ich nicht, genug , er ließ denselben rufen. Dr. Schweninger ließ sich vom Reichskanzler dessen Leidensgeschichte erzählen. Als der Fürst fertig war, begann Schweninger zu fragen, Bismarck antwortete anfänglich bereitwillig, aber als das Fragen gar kein Ende nahm, stieg der Unmut des Gefragten von Sekunde zu Sekunde und machte sich endlich in der barschen Bemerkung Lust: „Fragen Sie nicht so viel!" Schweninger aber antwortete in nichts weniger als devotem Tone: „Wie es Ihnen beliebt, Durchlaucht, aber wenn Sie kuriert sein wollen, ohne gefragt zu werden, dann sollten Sie einen Vieharzt kommen lassen; der kuriert, ohne zu fragen." Der Fürst war sprachlos über diese Frechheit und schleuderte dem Münchener Doktor einen vernichtenden Blick zu. Nach einer Pause aber sagte der Fürst in ruhigem Tone: „Wenn es denn sein muß, so fragen Sie in Gottes Namen weiter, aber ich erwarte dann auch von Ihnen, daß Sie als Arzt ebenso Großartiges leisten werden wie als Grobian." — Natürlich ist die Geschichte wahr, sonst wäre sie nicht gedruckt.
Oesterreich-Ungarn.
Bei den letzten Waffenübungen bei Wien gab ein Major dem Tambour der Truppenabteilung das Pferd zu halten, welches ein ziemlich wertvolles Tier war. Während der Abwesenheit des Majors fand der Tambour, daß es sehr heiß sei und ganz hübsch wäre, die müden Beine auf dem Pferde auszuschlenkern. Er kletterte auf das Pferd hinauf und saß eben so recht behaglich als das Kommando zum Trommeln ertönte. Der Tambour auf dein Pferde trommelte lustig drauf los, worüber aber das Pferd dermaßen scheu ward, daß es über Stock und Ltein davonjagte. Pferd und Tambour wurden später in einem Graben entdeckt, aus welchem das kostspielige Pferd in das Tierspital, der Tambonr aber sofort in den Arrest gebracht wurde.
Pest, 10. Aug. Bon einem Fall abscheulicher Tortur wird berichtet. Bor einigen Tagen wurde dem Pfarrer von Naba-Szt.-Mihaly die Umfriedung des Gartens angezündet. Als das Holz stundenlang brannte, fiel es einem der Pfarre nahestehenden Herrn ein, den Thätcr zu suchen. Er ließ auf'S Geradewohl einen vor dem Garten stehenden Hirrenknaben