Der Gesellschafter.

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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

Lnchcint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag and Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Lrägerlodn) 30 ^i, in dem Bezirk I ^ ^l, austcrdalb des Bezirks 1 ^ 20 ^!. Monats­abonnement nach Verhältnis.

Samstag den 15. August.

Jniertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S «I, bei mehrmaliger je 6 -k. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1885.

Amtliches.

Nagold.

A« die Gemeindebehörden.

Das Kltcmkistcrciwesen betreffend.

Nach Z. 2 der Ministerial-Berfügung vom 25. August 1879 in obigem Betreff, Regsbl. S. 229, sind die Eigentümer von dem Umstehen oder der be­absichtigten Beseitigung abgängiger Pferde, Esel, Rind­viehstücke, Ziegen, Schafe und Schweine bei Vermei­dung einer Geldstrafe bis zu 150 oder mit Haft verpflichtet, der Ortspolizei alsbald Anzeige zu machen, wenn sie die Tierleichen verscharren oder ganz oder teilweise verscharren wollen.

Insoweit jedoch der Eigentümer seine gefalle­nen oder getöteten Tiere selbst zu verwenden oder vorschriftsmäßig zu befestigen nicht im Falle ist, tritt die polizeiliche Fürsorge der Gemeinde ein. Zu die­sem Zweck hat sie dafür zu sorgen, daß für den'all­gemeinen Gebrauch der Gemeinde ein Wasenplatz mit den erforderlichen Einrichtungen Abdeckerei zur Verfügung steht. Auch hat sie, wenn die Ent­fernung von der Abdeckerei die Bcreithaltung eines in größerer Nähe gelegenen Platzes für die Ver­scharrung von Tieren nnd Ticrteilen Wasenplatzes notwendig macht, einen hiezu geeigneten Platz zu erstellen.

Zu Erfüllung dieser beiden Obliegenheiten kann sich die Gemeinde mit Privaten oder mit andern Geincinden vorbehältlich oberamtlicher Genehmigung verständigen (H. 21 gedachter Ministerial-Berfügung).

Hinsichtlich der Lage und Bodenbeschaffenheit der Abdeckereien und Wasenplätze, der Errichtung und Veränderung derselben, der Besorgung der Wasen­plätze und Abdeckereien wird auf die ZZ. 22, 23 u. 24 gedachter Ministerial-Verfügung hingewiesen.

Die Gemeindebehörden werden nun zunächst angewiesen, binnen 14 Tagen hieher anzuzeigcn, ob die vorgeschriebenen Wasenplätze mit den erforderli­chen Einrichtungen Abdeckerei vorhanden sind, beziehungsweise ob bereits eine Verständigung mit Privaten oder andern Gemeinden hinsichtlich ge­meinsamer Benützung dieser öffentlichen Anstalten vorliegt.

Berneinendenfalls haben sodann die Gemeinde­behörden dafür Sorge zu tragen daß die vorgeschrie- bencn Wasenplätze nebst den erforderlichen Einrich­tungen Abdeckerei für den allgemeinen Ge­brauch errichtet werden, beziehungsweise seine Ver­ständigung mit Privaten oder mit andern Gemeinden, vorbehältlich oberamtlicher Genehmigung herbeigeführt Wird und sind die betreffenden Beschlüsse beziehungs­weise Vereinbarungen längstens bis 15. Oktober ds. Js. hieher vorzulegen.

Schließlich wird noch darauf aufmerksam ge­macht, daß nach tz. 23 gedachter Ministerial-Verfü­gung über die Errichtung und Veränderung von Wasenplätzen das Oberamt nach vorgängiger Verneh­mung des k. Oberamtsphisikats und des Oberamts­tierarztes zu erkennen hat und hinsichtlich der Er-' Achtung von Abdeckereien die Bestimmungen des H. 16 ff. der deutschen Gewerbe-Ordnung vom 1. Juli 1883 maßgebend sind.

Den 12. August 1885.

K. Oberamt. Güntner.

Bom Frühschoppen.

Durch die parlamentarischen Matineen beim Fürsten Bismarck, namentlich durch den berühmten Empfang an seinem diesjährigen Geburtstage, an welchem grauköpfige Excellenzen und solide Parla­

mentariers, würdevolle wirkliche Geheimräthe, Ge­neräle, Professoren u. s. w. es nicht verschmähten, an dem von den Studenten dem erlauchten Geburts­tagskinde zu Ehren geriebenen Salamander den leb­haftesten Anteil zu nehmen, ist der Frühschoppen auch in Kreisen sozusagen courfähig geworden, in denen er bisher nur ein seltener und stillschweigend geduldeter Gast war. In den Reihen der Verehrer und Anhänger des Frühschoppens weist man natür­lich triumphirend ans diese Thatsache hin und be­sonders unsere Musensöhne sind mehr als je bestrebt, demselben eifrigst zu huldigen, indem sie sich eben darauf stützen, daß der Reichskanzler selbst in seinem Hause dem Frühschoppen den Eingang gestattet ha­be. Trotzdem werden hiermit die Anfechtungen, wel­che diese weitverbreitete Institution von jeher zu er­dulden gehabt und über welch' letztere es bekannt­lich sogar im preußischen Abgeordnetenhause schon wiederholt zu lebhaften Erörterungen gekommen ist, nicht aus der Welt geschafft werden, es giebt eben Leute, welche den Nutzen, die Vorzüge des Früh­schoppens absolut nicht einzusehen vermögen und immer wieder gegen denselben zu Felde ziehen und wie uns bedenken will, gerade nicht mit Unrecht. Der Frühschoppen hat sich allerdings zumeist in akademischen Kreisen das Bürgerrecht erworben, ihm wird aber auch unter denPhilistern" offen und heimlich in einer mehr als bedenklichen Weise gehul­digt, und derphiliströse" Frühtrunk verdient des­halb nicht minder ernste Beachtung, als derjenige, den sich unsere Musensöhne tagtäglich zuleisten" pflegen. Um nun zuerst von dem akademischen Früh­schoppen zu beginnen, so muß man in Universitäts­städten gelebt haben, um die Herrschaft recht kennen zu lernen, welche derselbe über die Schaar der flot­ten Mnsensöhne, vomkrassen" Fuchs bis zum zehn und noch mehr Semester zählendenbemoosten Haupte" ansübt. Gehe in die vorzugsweise von Stu­denten frequentirten Bierlocale, lieber Leser, und Du wirst jene da des mittags fröhlich poculirend finden, vielleicht auch meist dieselben Gesichter schauen. Bei dem Einen liegt das Bedürfniß vor, dem Ka­ter von gestern durch einen kräftigen Morgentrunk ein Paroli zu biegen, der Zweite hört von zwölf bis ein Uhr das Colleg des Professors und muß sich auf dasselbe natürlich durch einen Schoppen stärken, der Dritte hat es dem Vierten versprochen, beim Frühschoppen zu erscheinen u. s. w. u. s. w. Einmal in der Woche vom Sonntag ganz abge­sehen vormittags ein Glas Biergenehmigt" nun, wer wollte dies dem Bruder Studio verden­ken? Das gehört mit zum studentischen Leben und ist mitunter sogar eine, wenn auch nur gesellschaft­liche, Pflicht, der man sich nicht entziehen kann. Aber schief Tag für Tag von elf Uhr oder zwölf Uhr mittags an in der Kneipe zu sitzen und Scho­ppen auf Schoppen in den Magen zu stürzen, wie es bei Vielen Brauch ist, das ist denn doch entschie­den vom Uebel. Dieses Hinuntergießen von Bier­strömen zu einer Tageszeit, welche sich zu diesem Experiment nichts weniger als eignet, kann dem ju­gendlichen Magen unmöglich zuträglich sein, zumal hierdurch dessen Funktionen zur Verdauung der Hauptmahlzeit wesentlich beeinträchtigt werden. Der reichliche Biergenuß des vormittags äußert denn auch gewöhnlich seine Wirkung in den Nachmittags­stunden, der Kopf wird schwer, der Glieder bemäch­tigt sich eine gewisse Mattigkeit, so daß der Herr Studio keine besondere Neigung spüren, die Nach­mittagscollegia bei Professor Soundso, die man ei­

gentlich belegt hat, zu besuchen, manschwänzt" sie daher einfach und zieht es statt dessen vor, einen Bummel auf einBierdorf" zu machen und hier­durch die etwas unangenehmen Folgen der Kneiperei vom Morgen wieder zu paralysiren. An dem Ziele des kurzen Ausfluges wird selbstverständlich dem Gambrinus wieder geopfert und abends nach der Heimkehr in die Stadt werden dann noch auf der Stammkneipe so und so viel Seidel vertilgt. Am andern Morgen wacht dann unser Musensohn ge­wöhnlich mit einem mehr oder minder bedenklichen Brummschädel" auf, der gerade nicht zum Besuche der Vormittags-Kollegien animiert, so daß man lieber auf die Frühkneipe geht, und es entwickelt sich dann, wenn vielleicht auch mit einigen Variationen, das­selbe Bild wie gestern.

Es mag in dieser Darstellung wohl manches übertrieben sein, im allgemeinen entspricht sie aber den an den deutschen Universitäten herrschendenBier­verhältnissen und beweist, wie sehr der allzu eifrige Kultus des Frühschoppens einer gleichmäßigen Ent­wickelung des Studienganges hindernd in den Weg tritt und außerdem auch von entschieden nachteiliger Wirkung aus das körperliche Wohlbefinden ist. Für das erste Semester mag es noch angehen, wenn der junge Studio mehr auf dem Fechtsaale und beim Frühschoppen zu finden ist, als in den Hörsälen; junger Most will eben austoben und der dem ver­hältnismäßig engbegrenzten Dasein auf dem Gym­nasium oder der Realschule kaum entwachsene Jüng­ling findet bei dem Uebergang in das freie, unge­bundene Studentenleben nicht gleich den richtigen Mittelweg. Aber in den späteren Semestern darf der Frühschoppen nicht mehr seine Allgewalt aus­üben, der Student muß nunmehr wissen, daß er nicht ein Sohn der ulma, mator geworden ist, um fort­während in Bierströmen zu schwelgen, Scat zu spielen und seinen Kommilitonen die Gesichter mit Quarten und Terzen zu verzieren, sondern daß er bestimmt ist, seinen Platz im Staate und der Gesellschaft wür­dig auszufüllen. Letzterer Erkenntnis steht aber der Frühschoppen mehr oder weniger im Wege und wenn wir denselben auch nicht allein dafür verantwortlich machen wollen, wenn alljährlich so und so viele Musensöhne durch das Examen fallen oder es gar nicht erst dazu kommen lassen, sich dem Fegfeuer der Staatsprüfung zu unterziehen, so trägt er doch jeden­falls das Seine dazu bei, den akademischen Bürger dem eigentlichen Zwecke seines Daseins zu entfremden.

(Schluß folgt.)

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

/X Vom Lande, 12. August. (Lehrerver­sammlungen.) 1) Der israelitische Lehrer- Unterstützungs-Berein hielt am 5. ds. im Hotel Eisig in Stuttgart seine jährliche Plenarversammlung unter dem Vorsitz des 80jährigen Oberlehrer Lieb­mann in Eßlingen ab. Einnahme pro 1884/85 vkL 5215.05, Ausgaben 5205.37, Gesamtvereins­vermögen vkL 27 989.81. Vortrag von Liebmann überdas jüd. Unterrichts- und Erziehungswesen in der Zeit von 10001500 n. Ehr." und überdie Verhältnisse der isr. Schulen und Lehrer in Würt- < temberg vor 6070 Jahren. Die erste jüd. Schule wurde 1822 in Nordstetten (Lehrer Frankfurter), die zweite 1823 in Eßlingen (Liebmann) errichtet. j 2) Der neue Ulm er Unterstützungs-Verein tagte am ! 5. August im Saale der vier Jahreszeiten in Cann- ' statt unter dem Vorsitze des Oberlehrer Ranz von