Egypten, uneigennützig unterstütze, plane man an den deutschen Grenzen eine Verstärkung der französischen Truppen. Deshalb sei daK deutsche Memento, welches übrigens maßvoll und ruhig laute, ganz am Platze. Andere weisen darauf hin,' daß nun die bevorstehenden Monarchen- und Ministerbegegnungen eine erhöhte Bedeutung erhalten, und daß ihr eminent friedlicher Charakter nur um so deutlicher hervortrete.
Pest, 6. August. Die gesamte ungarische Presse begrüßt die Gasteiner Entrevue auf das sympathischste, die bevorstehende Entrevue mit dem Zar äußerst reserviert und kühl. Tisza soll den Monarchen zu letzterer begleiten.
Italien.
Nizza, den 1. August. Gestern machte in einem kleinen bescheidenen Hotel der Rue d'Ang- leterre Prinz Michael Alexander Gagarin einen Selbstmordversuch. Der Prinz ist 67 Jahre alt und gehört einer der vornehmsten Familien Rußlands an. Er besaß ein Vermögen von mehr als drei Millionen, das er aber beinahe bis zum letzten Sou im Spiele verloren hat. In den letzten Tagen wendete er sich an die Administration der Spielbank in Monte Carlo um eine Unterstützung, damit er die Rückreise nach St. Petersburg antreten könne. Allein seinem Wunsche scheint nicht in jenem Maße entsprochen worden zu sein, wie er es erwartet hatte, und so beschloß der alte, bereits sehr gebrechliche Mann, sich zu erschießen. Er feuerte aus einem Revolver einen Schuß gegen seine rechte Schläfe ab, aber der Schuß ging fehl, und die Kugel glitt von der Schläfe längs der Hirnschale bis zum Hinterkopfe und brachte ihm eine schwere Verletzung bei. Doch ließ sich der Prinz dadurch von seinem Vorhaben nicht abbringen; er schleppte sich zum Fenster, das er öffnete, und wollte sich auf die Straße Herabstürzen. Durch starken Blutverlust geschwächt, verließen ihn seine Kräfte, und er brach am Fenster ohnmächtig zusammen. Vor dem Hause arbeiteten einige Leute, und als sie das blutüberströmte Gesicht am Fenster sahen, eilten sie hinauf in das Zimmer und benachrichtigten sofort die Polizei, welche die Transportierung des Prinzen in das Spital veranlaßte; seine Verwundung ist lebensgefährlich.
Frankreich.
Marseille, 6. Aug. Der Gesundheitszustand hat sich in Folge der heute herrschenden Gewitterhitze verschlimmert. Es sind 91 Choleratodesfälle bekannt geworden.
Belgien.
König Leopold von Belgien ist im strengsten Jncognito nach London gereist, um dort den Versuch zu machen, eine Anleihe für den neuen Kongo-Staat aufzunehmen. Ein Zufall wollte, daß zwei Anarchisten, welche soeben ans Belgien ausgewiesen waren, dasselbe Schiff benutzten.
England.
London, 5. August. Ein furchtbarer Wirbelsturm hauste am Montag über Philadelphia und dessen Umgebung, überall die entsetzlichsten Verwüstungen anrichtend, lieber 600 Häuser und Fabriken wurden entdacht; die großen Schornsteine stürzten mit Donnerkrachcn ein, überall Tod und Zerstörung bringend. Zwölf Personen wurden getötet, über 100 mehr oder weniger schwer verletzt. Das Bahnhofgebäude ist teilweise eingestürzt, mehrere Eisenbahnzüge wurden aus den Geleisen geworfen. Viele Schiffe sind gescheitert und gesunken. Eine riesige Menge Vieh ist umgekommen und wird der Schaden auf mehr als eine Million Dollars geschätzt.
London, 8. August. Die „Morning Post" erfährt, die neuesten Depeschen von Giers seien höchst versöhnlich und eröffnen die Aussicht auf eine möglicherweise unverzügliche Lösung der afghanischen Frage.
Lord Salisbury hat am Dienstag abend im englischen Oberhaus eine lange Erklärung über den Stand der Dinge in Afghanistan losgelassen. Viel Worte und doch sehr wenig Neues! Merutschak gehöre den Afghanen, Pendjeh den Nnssen und das Pischinthal den Engländern. Wahrhaftig, das haben wir Wort für Wort alles schon gewußt. Nun kommt es nur noch darauf an, welcher von den Dreien dem anderen das Seinige abnehmen will, und darüber gerade hat Lord Salisbury geschwiegen.
Amerika.
Ni o dc Ianeiro, 20. Juli. (Getäuschte Einwanderers, Wie das „Deutsche Wochenbl." meldet, haben sich 150 der in den letzten Tagen angckomme-
nen Einwanderer wieder nach Europa eingeschifft. Sie hatten einen Teil -ihrer Familien zurückgelassen, welche Nachkommen sollten, sobald sie, die Boraus- gegangenen, in Brasilien Ansiedelung gefunden haben würden. Die Ausführung dieser Absicht schien leicht, weil die Zurückgebliebenen das schriftliche Regierungs-Versprechen für freie Seereise besaßen. Jetzt erklärt aber die Regierung, daß sie ihr Wort nicht halte. Das rief unter den Ankömmlingen Szenen wahrhaften Jammers hervor. Die Sociedade Central und die Redaktion der „Gazeta de Noticias" wurden von den klagenden Leuten um Hilfe angesleht, ohne Helsen zu können. Um sich die Wiedervereinigung mit den Familien zu ermöglichen, haben sie sich schließlich wieder nach Europa eingeschifft.
Zwei Dörfer inMexiko, Curanta und Gabriel, sind durch eine plötzliche Hochflut vollständig zerstört und fast alle Einwohner in den Wellen begraben worden. Am Morgen des 28 . Juni wurde die ahnungslose Bevölkerung durch wiederholtes Donnerkrachen aus dem Schlafe gescheucht. Ueber den umliegenden Bergen entwickelte sich ein grausig prächtiges Schauspiel, dicke schwarze Wolkenmassen hatten sich am Himmel gesammelt und entsendeten zahllose Blitze. Plötzlich stürzten mehrere ungeheure Wasserhose auf die Berge herab und vereinigten sich zu einem Strom, welcher mit furchtbarem Donner unwiderstehlich in das Thal brauste, alles mit sich fortriß und allenthalben Tod und Verderben bereitete. Die steinernen Brücken wurden alle zertrümmert, die Wohnhäuser fortgerissen. Fast drei Stunden dauerte die Hochflut. Bis jetzt sind 281 Leichen gefunden. Die Ueberlebenden haben all' ihr Hab und Gut verloren,
Türkei.
In der Türkei sind in den letzten Tagen die neuen Verträge mit den in türkischen Diensten stehenden deutschen Offizieren perfekt geworden. Die Besoldung dieser Offiziere ist durch die Verträge um 30 Prozent erhöht worden. Ueberdies hat der Sultan angeordnet, daß jedem der Offiziere ein Betrag in der Höhe seiner jährlichen Einkünfte als Entschädigung für den Verlust ihrer Pensionsansprüche in der deutschen Armee ausbezahlt werde. Kählcr Pascha erhielt infolge dessen eine Entschädigung von 1700 türkischen Pfund, die anderen deutschen Generale eine solche von 1300 türkischen Pfund.
Egypten.
Der Mahdi soll nicht weniger als 20 Millionen Piaster hinterlassen haben, um den Krieg gegen die Christen sortzuführen. Sein Nachfolger aber hat keine Lust dazu und deshalb einen Kriegsrat nach Khartum berufen, um die Meinung der Unterfeldherren anzuhören. Wie die Dinge liegen, wird's wohl trotz der 20 Millionen Piaster mit dem Krieg im Sudan vor der Hand zu Ende fein.
Griechenland.
Lustig geht's her in der griechischen Deputiertenkammer zu Athen. Äm 26. Juli war 33 Gr. Hitze in Griechenland und der Deputierte Eutaxias hatte in Folge dessen einen über den Durst getrunken. Am Abend um 10 Uhr sollte über die „Abänderung der Verzehrung von Wein" abgestimmt werden, Herr Eutaxias und seine Parteigenossen aber wollten nicht. Was war die Folge davon? Der Deputierte Korizis erhob sich, nannte Eutaxias einen Trunkenbold, empfahl ihm hinauszugehen und sich zu erleichtern, und als der so gütig Beratene das nicht thun wollte, setzte es regelrechte und hageldichte Prügel zwischen den beiden verschiedenen Parteien, so daß der Präsident erst um 12^4 Uhr die beiden Uhnruhestifter zur Ordnung zu rufen vermochte.
Uamenlos.
Romantische Erzählung von E. Hombcr.
(Fortsetzung.)
Der junge Held war mit seiner Erzählung gerade im besten Zuge; seine Wangen begannen zu glühen und seine Haltung drückte den ganzen Stolz eines heldenhaften Jünglings aus, der sich für Kaiser und Reich verdient gemacht hat. Da trat ein Ritter heran und bat, einige Worte für den Junker Vorbringen zu dürfen. Der Kaiser gewährte diese Bitte, und Georg schwieg, um jenen Ritter reden zu lassen. Dieser war schon ein alter graubärtiger Mann, von martialischem Aeußern, der augenscheinlich bereits Vieles erlebt und manche Fehde ausgefochten hatte.
„Gott sei Dank, erfreue ich mich noch eines leidlich guten Gedächtnisses," begann der Ritter in
seinem rauhen Baß. „Das gold.ene Kettlein mit dem Wahrzeichen des St. Georg, welches unser junge Held hier um seinem Halse trägt, erweckt mir yne Erinnerung, durch welche das undurchdringlich scheinende Dunkel, in das Junker Georgs Herkunft bisher gehüllt gewesen, gewiß aufgehellt werden wird."
Der Kaiser und sein Gefolge, sämtliche umstehende Ritter und ganz besonders Georg gerieten sichtlich in Staunen und Aufregung über das, was sie da Plötzlich aus jenes Ritters Munde hören sollten. Der Ritter aber fuhr fort:
„Es wird mir nun in diesem Augenblicke zur Gewißheit, daß ich den Junker bereits kennen lernte, als er noch ein kaum einige Wochen altes Knäblein war. Ich stattete nämlich seinen Eltern eines Tages einen Besuch ab, und bei dieser Gelegenheit zeigte mir der Freiherr von Baben und seine Gemahlin ihren einzigen, wie gesagt, kaum einige Wochen alten Sprößling, dem kurz nach seiner Geburt die Eltern dieses goldene Kettlein um den Hals schlangen. Und hier, ich bezeuge es beim Allmächtigen im Himmel, es ist dasselbe Kettlein, und alle übrigen Umstände passen zu des Junkers Schicksal. Denn seine braven Eltern sind in jenen harten Kämpfen in Böhmen und Schlesien umgekommen. Junker Georg aber wurde vom Grafen Eberhard von Herrenried, den wir hier in unserer Mitte sehen, glücklicherweise aufgefunden und wohl erzogen. So mußte der junge Freiherr von Baben als verschollen oder tot gelten und das freiherrliche Geschlecht derer von Baben als ausgestorben betrachtet werden. Aber es ist kein Zweifel mehr: Junker Georg, der junge Held hier, ist der durch eine gnädige Fügung Gottes am Leben erhaltene einzige Sohn des umgekommenen Freiherrn Erik von Baben und er ist ein echter Ritter und des Namens derer von Baben würdig!"
Der Ritter schwieg und unter den Versammelten herrschte eine lautlose feierliche Stille. Der Kaiser aber rief eine Anzahl der ältesten und tapfersten Ritter zu einer kurzen Unterredung zusammen. Kurz nach dieser Beratung verkündete der Kaiser, daß er Willens sei, den Junker Georg zum Ritter zu schlagen, und ihn zu einem Freiherrn von Baben zu ernennen. Auch solle der Junker die inzwischen kaiserliches Lehen gewordenen Güter und Besitzungen der Freiherren von Baben vom Kaiser zurückerhalten.
Alle Ritter stimmten dem kaiserlichen Entschluß bei und am folgenden Tage wurde Georg mit allen hierbei üblichen Feierlichkeiten vom Kaiser zum Ritter geschlagen, und zum Freiherr» von Baben ernannt.
Georg fand vor Freude kaum Worte des Dankes. Endlich hatte er das erreicht, wonach er von früher Jugend an gestrebt und gerungen. Jetzt fehlte ihm nichts mehr zu seinem Glücke. Mit Lorbeeren geschmückt, konnte er an der Seite seines Wohlthäters, des Grafen von Herrenried, nach dem schönen Franken zurückkehren und seine geliebte Gertrud als seine Gattin heimführen, nichts hinderte ihn mehr, an ihrer Seite das höchste Glück dieses Lebens zu genießen.
Schlußkapitel.
Noch einige Tage weilten Graf Herrenried und Junker Georg im Lager der deutschen Ritter, dann aber drängte es sie, heimzukehren nach dem sonnigen Franken, und sich auf Burg Herrenried von den Strapazen der soeben beendigten heißen Campagne gegen die Türken auszuruhcn und daß es hierbei den Junker vor allem trieb, seine heißgeliebte Gertrud wiederzusehen, bedarf wohl nicht erst einer besonderen Erwähnung. Sie brachen dann Beide nach herzlichem Abschied von ihren bisherigen Kampfgenossen, hoch zu Roß und gefolgt von ihren Knappen, an einem heiteren Augustmorgen auf und zogen im Donauthale aufwärts der Heimat zu.
Es war am zwölften Tage ihrer durch keinerlei Zwischenfälle unterbrochenen Reise, als sich der Gras und Junker Georg dem Ziele näherten. Nur ein Eichenwald trennte sie noch von demselben und wenn sie aus ihm heraustraten, konnten sie drüben auf dem Berge Burg Herrenried liegen sehen. Fröhlich und guter Dinge sprengten die Reiter und ihre Begleiter durch den Wald, sich auf den'Augenblick freuend, wo sie vom Saume des Waldes aus die stolzen Zinnen der Burg grüßen konnten, noch