Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.
.W 93.
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außerhalb des Bezirks 1 20 <1. Monats
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Dienstag den 11. August.
Jnscrtionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müffen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1885.
Amtliches.
Die Güterbuchsbeamterr.
welche hiemit noch im Rückstand sind, werden erinnert, den Abschluß des Aenderungsgeschästs zu beschleunigen und denselben binnen 14 Tagen hieher anzuzeigen. Weitere Verfügung wird sich Vorbehalten.
Nagold, den 7. Aug. 1885.
K. Amtsgericht. Daser, O.-A.-R.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsche«» Reich
Stuttgart. Im Maye r'schen zwischen dem Römer- und dem Lehenweg nahe der Zahnradbahn gelegenen Garten befinden sich an einer Laube zwei Weinstöcke mit zusammen ca. 2000 Trauben.
Die Stadt Reutlingen befindet sich jetzt im Besitze einer allen Ansprüchen genügenden Wasserleitung, für welche sie einen Aufwand von 428000 ^ gemacht hat.
Heilbronn, 6. Aug. Zum 8. württ. Fcue r- wehrtag haben sich bis heute 58 Feuerwehren mit 1029 Mann angemeldet. Bon dem größten Teil der eingeladenen Korps stehen die Anmeldungen noch aus, so daß anzunehmen ist, Heilbronn werde sich eines außergewöhnlich starken Besuchs zu erfreuen haben. Infolge dessen wendet sich das Festkomite an die Gastfreundschaft der Einwohnerschaft wegen Ueberlassung von Privatquartieren. — Die Wirte, welche die Bewirtung auf dem Festplatze übernommen haben, wollen am Montag den 24. einen ganzen Ochsen auf dem Hammelwasen braten.
Laupheim, 5. Aug. Heute mittag hatten wir hier ein schweres Gewitter mit Hagel, welcher aber keinen großen Schaden verursachte, da die Felder, die von ihm betroffen wurden, meist geleert sind. Hingegen kostete es einem Mann, welcher eben vom Mähen heimkehren wollte, das Leben. Er wurde vom Blitze erschlagen und fast zur Unkenntlichkeit verbrannt als Leiche aufgefunden und so feiner Familie, welche aus Frau und 3 Kindern besteht, nach Hause gebracht. Im Oberamtsbezirk Ehingen in nördlicher Richtung hatte dagegen das Hagelwetter empfindlichen Schaden verursacht.
In Schramberg wird gegenwärtig eine Turnhalle mit einem Aufwand von 11,000 Mark erbaut.
Ulm, 5. August. Infolge der anhaltenden Trockenheit hat die Donau gegenwärtig einen so niederen Stand erreicht, wie feit dem Jahre 1865 nicht mehr.
Gewissenhaft. Nach einer in öffentlichen Blättern erfolgten Bescheinigung haben zwei Personen, welche feiner Zeit zu wenig Kapital fatiert hatten, anonym an die württembergische Staatshauptkasse den Betrag von 100 bezw. 120 Mark eingc- fchickt, um auf diese Weise ihrer Steuerpslicht zu genügen. Der Fall dürfte nicht sehr häufig Vorkommen.
Brandfälle: In Sch necken Weiler, G.-B. Bellberg, (Hall) am 4. ds. 1 Wohnhaus; in Sulzbach (Backnang) am 5. ds. 1 Wohnhaus und 2 Scheuern.
Vereitelter Selbstmord. Ein Dienstknecht in Thalkirchen bei München, welcher mit der Tochter seines Bauern ein Liebesverhältnis hatte, hinter welches aber der Vater kam und den Knecht sofort aus dem Dienste jagte, machte am Dienstag unweit der Thalkirchner-Brauerei einen Selbstmordversuch. Mehrere Gäste bemerkten den Burschen, wie er sich an einer dortigen Scheune aufknüpfte. Dieselben ließen dieses geschehen, gingen sodann hin, schnitten den Strick ab und statt Wiederbelebungsver
suchen wurde der Selbstmordkandidat mit einer Portion Schläge bedacht, was den Burschen schneller wieder zu sich brachte, als man denken sollte.
Nach dem statistischen Bericht der „Deutschen Mission" gibt es in München 44 Mormonen; 1884 wurden 15 Personen getauft. In ganz Bayern giebt es 124 Mormonen. Besonders stark sei die Sekte im fränkischen Teil, Nürnberg und Erlangen, vertreten.
In Meuten in Schwaben hat ein 14jähriger Hütjunge das Anwesen seines Dienstherrn und Pa- then in Asche gelegt, weil er von diesem zur Firmung nicht eine Taschenuhr, sondern etwas anderes geschenkt bekommen hatte.
Systematisch ist ein bayrischer Gauner zu Werk gegangen. Einem Bauern in Wankirchen stahl er ei» Kummet, einem Bauern in Kaucrloh ein Pferd; auf diesem ritt er nach Otteifing und stahl einen Fuhrwagen, fuhr mit dem nach Sauerbach, lud eine Klafter Holz auf, fuhr diese zum Verkauf nach München und wurde dort dingfest gemacht. (Wirklich systematisch, wenn wahr!)
Wasserburg (Bayern), 7. Aug. Gestern ist hier ein großer Brand ausgebrochen; bis abends sind 35 Häuser abgebrannt.
Jene düstere Geschichte von 6 Gymnasiasten in Speyer, die die Absicht gehabt haben sollten, ihren Klassenlehrer zu ermorden, ist glücklicherweise nicht wahr. Die Pfälzer Blätter bezeichnen dieselbe jetzt als einen der größten Bären, der jemals der öffentlichen Meinung aufgebunden worden sei.
In Fulda siehts augenblicklich sehr schwarz aus, denn die preußischen Bischöfe sind dort versammelt. Der Fürstbischof von Breslau, Erzbischof Or. Krementz von Köln, die Bischöfe von Hildesheim, Trier, Osnabrück, Münster und Limburg, alles ist da und alles berät — über den Frieden. Daß der Friede ein so absonderliches Ding ist, daß immer und immer wieder über ihn beraten werden muß! Der arme Friede, er gleicht nachgerade einem wackeligen Hans, zu dem sie von allen Seiten herbeilaufen, um cs zu stützen. Läßt einer aber dann los, dann fällt es am Ende doch noch zusammen. Also wünschen wir den Herren allen recht starke dauerhafte Arme!
Fulda, 8. August. Die Bischofskonferenz ist bereits wieder geschlossen worden und die Teilnehmer find gestern abgereist.
Die schlesischen Lehrer haben einen Tag in Friede! abgehalten und sich besonders mit der Frage beschäftigt: „Was kann die Schule angesichts der sogenannten Verwilderung der Jugend thun?" Nach einem Referate des Professors Dr. Wendt (Troppau) wurdZn Thesen einstimmig angenommen, welche die , Zunahme der Verwilderung generaliter bestreiten. — Uebrigens betonte als Mittel der Abhilfe der Lehrertag die Notwendigkeit der baldigen Errichtung einer Rettungsanstalt aus Landesmitteln, Belebung des kindlichen Sinnes für edle Genüsse und Hebung der Gottesfurcht. — Auch zu Gunsten „maßvoller" Prügel sprach man sich aus.
Berlin, 6. Aug. Die Streikbewegung der Maurer ist mit dem in ihrer gestrigen Abendversammlung gefaßten Beschluß in ein neues Stadium getreten. Maurer Behrend, der Leiter der Lohncommifsion, beantragte und die Versammlung hieß den Antrag gut, daß der Kommission die Vollmacht gewährt wird, über alle die Bauten, auf denen im Accord, gleichviel zu welchem Preise, gearbeitet oder ein geringerer Stundenlohn als SO Pf. gezahlt wird, die Sperre zu verhängen und dieselbe nicht früher aufzuheben, als bis SO Pf. für die Stunde gewährt werden. Die Kommission will, nach der „Post", noch im Laufe des heutigen Tages Fragebogen an sämtliche nicht feiernde Bauten versenden, um sich genau über die Lohnvcr- hältnisse aus jedem einzelnen Bau zu unterrichten. Sobald die Kommission die Fragebogen ausgefüllt zurückerhält, will
sie unverzüglich mit Sperrmaßrcgeln Vorgehen. Um dieselben wirksam durchzuführen, soll den von einem Sperrbau abtretenden Maurern eine Entschädigung von 3,50 -4 ^5 für den Tag gewährt und es sollen dieselben verpflichtet werden, sich den Tag über in der unmittelbaren Nähe ihres früheren Baues auszuhalten und zu versuchen, diejenigen Maurer, welche etwa auf einem Sperrbau arbeiten wollen, durch Darlegung der Verhältnisse von ihrem Entschluß zurückzubringen. Auf die Initiative der Lohnkommission bewilligte die Versammlung jedem einzelnen Mitglieds derselben von jetzt an 27 für die Woche. Maurer Behrend erklärte in seinem und seiner Kollegen Namen, nicht mehr unentgeltlich in der Kommission sitzen zu können.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 6. August. Aus Gastein wird gemeldet: Gastein prangt im Festschmuck. Vor der Villa Meran ist eine riesige Triumphpforte errichtet, an welcher der Gemeindevorstand das Kaiserpaar begrüßen wird. Die erste Begegnung der Kaiser findet vor dem Hotel Straubinger statt. Dortselbst wird Kaiser Wilhelm in österreichischer Uniform das Kaiserpaar erwarten. Auch hiesige illustre Kurgäste werden dortselbst Aufstellung nehmen, darunter Graf Beust, welcher seit zwei Tagen hier weilt. Derselbe erhielt eine Einladung zu der morgigen Hoftafel. Statthalter Graf von Thun ist gestern Abend hier angelangt. Das Kaiserpaar hat sich übrigens jeden offiziellen Empfang verbeten. Das Wetter ist herrlich. Kaiser Wilhelm, welcher sich eines ausgezeichneten Wohlbefindens erfreut, wird am 10. August seine Kur in Gastein beenden.
Gastrin, 7. August. Gestern Abend 6 Uhr traf das österreichische Kaiserpaar hier ein. In einem offenen, vierspännigen Postwagen abgeholt, fuhren die hohen Gäste nach dem Straubinger'schen Hotel. Der Kaiser Franz Joseph trug preußische Generalsuniform und den schwarzen Adlerorden. Die Feuerwehr, Bergleute und eine dichte Menschenmenge bildeten Spalier und begrüßten die Ankommenden mit stürmischen Hochrufen. Kardinal Fürst von Fürstenberg begrüßte zunächst das Kaiserpaar am Eingänge des Hotels. Darauf begaben sich die Herrschaften ins Badeschloß, wo ihnen Kaiser Wilhelm entgegen kam; er küßte der Kaiserin Elisabeth die Hand und umarmte den Kaiser Franz, worauf sie in das Schloß hinaufschritten. Nach einer Viertelstunde begab sich das Kaiferpaar von Oesterreich unter erneuten Hochrufen der Menge wieder in das Hotel.
Ga st ein, 8. Aug. Gestern Abend 5Vs Uhr erfolgte die Abreise des österreichischen Kaiserpaares, Graf Perponcher begleitete das Kaiserpaar bis zum Hotel. Gleich darauf erschien Kaiser Wilhelm, von endlosen Hochrufen begrüßt, auf dem Platz. Das österreichische Kaiserpaar bestieg die offene Sonderpost; vor der Abfahrt küßte Kaiser Wilhelm der Kaiserin Elisabeth die Hand und umarmte den Kaiser Franz Joseph dreimal auf das herzlichste. Die Kaiserin Elisabeth reichte dem Kaiser Wilhelm aus dem Wagen nochmals die Hand. Darauf erfolgte die Abfahrt unter lebhaften Hochrufen bei trübem Wetter und beginnendem Regen.
Der Artikel der „N. A. Z." gegen die Ausführungen des „T emps" ist auch in Wien mit Beifall ausgenommen worden. Wie dem „B. T." telegraphiert wird, halte man es dort offiziös für ganz ersprießlich, jenseits der Vogesen von Zeit zu Zeit erkennen zu lassen, daß Deutschland unentwegt auf der Wacht stehe. Gerade dadurch werde nur dem europäischen Frieden ein Dienst geleistet. Während Deutschland die größte Loyalität beobachte und Frankreichs auswärtige Politik, speziell auch jene in