mehr aber freute sich der Junker darauf, Gertrud, welche von der Rückkehr der Ritter noch keine Ahnung haben konnte, zu überraschen und in seine Arme zu schließen. Schon lichtete (sich der Wald, noch ein Paar Minuten und der Saum des Waldes war erreicht, und — doch was war das? Mit einem unartikulierten Laute fuhr Graf Herrenried in seinem Sattel zurück und auch Junker Georg erbleichte, während die Knappen betroffen hinüberstarrten nach der Stelle, wo Burg Herrenried stehen sollte. Da war von dem stolzen Bau wenig mehr zu erblicken, als ein großer Trümmerhausen, aus welchem nur der alte Wartturm, rauchgeschwärzt trotzig emporschaute und noch rauchte es hie und da in den Trümmern, was bewies, daß die Zerstörung der Burg erst vor Tagen erfolgt sein konnte.
Alle sahen bestürzt auf den Grafen und Junker Georg, aber nicht ein Wort sagte ersterer, nur sein totenblasses Gesicht, der fest zusammengepreßte Mund und die glühenden Augen kündeten, wie es in seinem Innern gährte und tobte. Mit einem Male gab der Graf seinem Rosse die Sporen, daß es sich hoch aufbäumte und dann in tollem Laufe hinstürmle, indeß die klebrigen nicht minder eilig folgten. Bald hatten die Reiter den Burghof erreicht; hier sah es freilich wüst und traurig aus und der unheimliche Anblick, den die Trümmer darboten , wurde noch dadurch vermehrt, daß hie und da die Leichen erschlagener Knechte lagen. Kein Zweifel, hier hatte ein feindlicher Ueberfall stattgesunden, über dessen Motive sich der Graf allerdings noch nicht ganz klar war; wo aber war Gertrud? Mit ängstlicher Stimme riefen der Graf und der Junker immer und immer wieder ihren Namen, bis endlich ein schwacher Ruf aus einem Winkel des Burghofes antwortete und gleich darauf kam aus den Trümmern Siegwart, der Burgvogt, hervorgehinkt. Thränenden Auges begrüßte er seinen Herrn und berichtete ihm Folgendes:
„Es war vor vier Tagen, als plötzlich in aller Frühe vor dem Thore ein starker Trupp Bewaffneter erschien, welcher ohne Zögern einen Angriff auf die Burg unternahm. Schnell sammelte ich die Knechte zur energischen Abwehr, aber wir waren unserer zu wenige, um den Feinden langen Widerstand leisten zu können und bald drangen sie in die Burg ein und an ihrer Spitze erkannte ich den jungen Ritter Harold von Rehdergen —"
„Ha! der Elende" riesen der Graf und Georg gleichzeitig aus und ersterer fügte mit wutbebender Stimme hinzu: „Der Bube hat unsere Abwesenheit benutzt, um ungehindert seine teuflischen Rachepläne gegen mich und Dich, Georg, ausführen zu können; doch fahre fort, Siegwart."
„In wenigen Augenblicken waren wir überwältigt," fuhr Siegwart fort, „ich selbst erhielt einen
Lanzenstich in daS rechte Bein, der mich aber nicht hinderte, in die inneren Räume der Burg zu entfliehen und mich durch den Euch, gnädiger Herr, bekannten geheimen Gang in's Freie zu retten. Ich fand ein geeignetes Versteck, von dem aus ich Zeuge war, wie die Elenden die Burg in Brand steckten und dann abzogen. Heute nun —"
„Aber Gertrud, Gertrud, sprich, Mensch, was ist mit ihr geschehen, was weißt Du von ihrem Verbleib?" unterbrach Georg ungestüm den Bericht des treuen Burgvogts.
„Ach, edler Herr," erwiderte gesenkten Hauptes Siegwart, „ehe ich die Burg verließ, durchspähte ich alle Räume nach Eurer Braut, aber vergeblich, nicht eine Spur war von ihr zu entdecken und nehme ich an, daß sie schon bei Beginn des Kampfes die Burg ebenfalls auf dem geheimen Gange verlasseu hat."
_(Schluß folgt.)_
Altertet.
Gegenüber der verderblichen Art, wie heutzutage nach unfern „liberalen" Gesetzen unvernünftige Eltern mit Klagen über angebliche Mißhandlung ihrer Kinder bei den Gerichten Schutz finden, sei folgende Erzählung aus der guten alten Zeit unfern Lesern zum besten gegeben:
Die Untersuchung.*)
Der Lehrer hatte des Schulzen Antönchen einen Backenstreich gegeben, und Antönchen kam heulend heim und erzählte es seinem Vater und wollte sein Leben lang nicht wieder in die Schule gehen. Da kam der Schulze in den Hellen Zorn. „Das will ich deinem Lehrer doch zeigen!" rief er, „das soll ihn seinen Dienst kosten! Er soll wissen, daß er sich an der Ortsobrigkeit vergriffen hat." Und er ging in die Stadt und verklagte den Lehrer beim Amtmann. Der Amtmann sagte, er solle nur gehen, die Katze müsse zum rechten Loch heraus (die Sache müsse ihren geweistten Weg gehen) und schrieb an den Vikar des Dorfes, er soll so gut sein und das Ding untersuchen und ihm darüber Bericht erstatten. Der Vikar wußte gut genug, was Antönchen für ein Schlingel war, und daß es schade war für jeden Streich, der daneben ging, und er ließ den Herrn Schulzen und sein Söhnchen zu sich kommen. „Ha!" dachte der Schulze, „jetzt geht's dem Lehrer an's Leder", und lachte schon ganz prositlich.
„Fürs erste kommt nun alles darauf an," sing der Vikar an," daß ich dem Amtmann genau schreiben kann, wie hart die Ohrfeige gewesen ist."
„Ganz recht, Herr Vikar! da kommt viel darauf an," nickte unser Schulze. „Und ich kann Ihnen sagen, hart ist sie gewesen, mein Kind hat 14 Tag in einem fort gejammert."
*) Schwänke und Gedichte von Friedrich Wilhelm Grimme. Aus „Galantryi-Waar'."
„Dann komm einmal her, mein Junge!" sagte der Vikar, „stell dich einmal hier mitten in die Stube! Sag einmal: War der Schlag wohl so hart?" Und dabei strich er ihm ganz sachte über die Backe.
„Nein, Herr Vikare! Der Schlag war viel härter," sagte Antönchen.
„War er dann wohl so hart? sagte der Vikar, und gab ihm eine, die war schon ziemlich kräftiger.
„Ja, ja", sagte Antönchen und rieb sich die Backe, „ja . . . nein, sie war noch härter." „So? noch härter?" sagte der Vikar, war sie vielleicht so hart?" und gab ihm eine, die war nicht von Baumwolle, so daß ihm die Backenzähne im Munde klapperten. „Nein, Herr Vikar! nein, nein, so hart war sie nicht," rief Antönchen und rieb sich die Backen, als ob er Brandsalbe einriebe; „nein, so hart war sie nicht."
„Nun," sagte der Vikar, „dann wär ich ja mit dem Untersuchen fertig und hätte den Punkt glücklich ins Klare gebracht und kann's dem Amtmann schreiben. Der Amtmann wirds dann weiter untersuchen, dann gehts an den Landrat, der untersuchts dann noch einmal, dann der Regierungsrat, dann der Oberpräfident, dann . . . ."
„Herr Vikare" sagte Antönchen, „machen die dann das Untersuchen alle grad so wie Sie?"
„Akurat so," sagte der Vikar.
„O Herr, nein, Vater, dann will ich doch lieber morgen in die Schule gehen," sagte Antönchen und rieb sich immer noch an der Backe.
„Das kannst," sagte der Vikar; „aber dann muß ich dem Amtmann schreiben, die Sache wäre zu Ende und die Klage zurückgenommen.
Und der Schulze nickte, ging mit seinen! Söhnchen ab, und machte ein Gesicht, als wenn er Leder gefressen hätte.
— Die Elektrizität als Strafgericht. Bei einem jüngst in Cotopaxi (Mexiko) stattgefundenen religiösen Feste wollte eine Dicbsbande einen Streich ausführen, indem sie beschloß, in der Kathedrale die elektrischen Lichter auszulöschcn und bei der herrschenden Dunkelheit und Verwirrung die Taschen der Kirchenbesucher zu leeren. Der Anführer der Bande berührte die Leitungsdrähte mit den Händen, um sie zu durchschneiden, bekam aber dabei einen so starken elektrischen Schlag, daß er tot niederstürzte. Die Räuber, durch den Tod ihres Anführers erschreckt, ergriffen bei der entstandenen Verwirrung die Flucht, ohne ihr Vorhaben ausführen zu können.
— NachderPhilosop hie stunde. Professor (das Buch zuklappend): „So jetzt sind wir mit dem Verstände fertig, das nächste Mal kommen wir zur Vernunft."
I Verantwortlich« Redakteur Eteinwandel in Nagold. — Dru-k ond
j Verla, der S. W. g aiser'schen «uchhandlun, in Na,»ld.
Amtliche und Urival-Wekannlmacvungen.
Bekanntmachungen über Einträge im Handelsregister.
I. im Register für Einzelfirmen:
Gerichtsstelle,
welche die Bekanntmachung erläßt;
Ta-
der
Eintragung.
Wortlaut der Firma; Ort der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassungen.
Inhaber der Firma.
Prokuristen;
Bemerkungen.
K. Amtsgericht
8. August
Carl Rapp,
Carl Rapp,
Z. B.
Nagold.
1885.
Spezerei- und Mehlhandlung in Nagold.
Kaufmann in Nagold.
Oberamtsrichter: Daser.
Eröffnung des Konkursverfahrens.
lieber das Vermögen des
Carl Kolmbach,
Löwenwirths in Wildberg, . wird heute am 8. August 1885, Nachmittags 2 Uhr 20 Min., das Konkursverfahren eröffnet und der Herr Gerichtsnotar Mayer und in dessen Verhinderung der Herr Gerichtsnota- riats-Assistent Hartmann hier zum Konkursverwalter ernannt.
Konkursforderungen sind bis zum 11. September 1885 bei dem Gerichte anzu- melden.
Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubiger-Ausschusses und eintretenden Falls über die in § 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände auf Freitaag den 4. September 1885, Vormittags */,9 Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf
Freitg den 25. Septbr. 1885, Vormittags */s9 Uhr, in Nagold iin Amtsgerichtsgebäude Zimmer Nr. 5 vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberanmt.
Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Be
sitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 11. Septbr. 1885 Anzeige zu machen.
König!. Amtsgericht zu Nagold. O.-A.-R. Daser.
Veröffentlicht durch
Gerichtsschreiber Kläger.
MMsser-NerpichtilW.
Am Freitag b. 14. A«g. >. I., vormittags 9 Uhr,
wird in der Kameralamts-Kanzlei das staatseigentümlicheFischwasserimZwerch- und Köllbach auf 12 Jahre vom 1. September an wieder verpachtet, wozu Liebhaber eingeladen sind.
Altensteig, den 8. Aug. 1885.
K. Kameralamt.
Revier Enzklösterle.
Für die Poppelthaler und Gompel- scheurer Wasserstube ist als
Holz-olterer
vom Montag den 17. d. Mts. ab der Flößer Michael Friedrich Girrbach von Gompelscheuer aufgestellt.
Derselbe hat sämtliches Holz, welches zu den obigen Stufen beigeführt wird, zu poltern und hiefür vom Holzeigentümer 5 ^ pro Stamm anzusprechen.
Das in genannten Stuben liegende, bis zu obigem Termin nicht vorschriftsmäßig gepolterte Holz wird gegen die festgesetzte Vergütung auf Anordnung des Revieramts neu gepoltert werden. Enzklösterle, 7. Aug. 1885.
K. Revieramt.