Brandfälle: In Cresbach (Freudenstadt) am 2. ds. eine Sägmühle; in Neuen st ein (Oeh- ringen) am 2. ds. 2 Wohnhäuser und 3 Scheunen; ln Weil Helm (Balingen) am 3. ds. 2 Wohnhäuser und l Scheune, die Bewohner konnten nur das nackte Leben retten.
Ein gräßliches Unglück hat sich am Samstag in Weinheim ereignet. Ein 13jähriger Knabe wurde in den Weinberg geschickt, um Futter zu holen. Der Knabe stieg dort auf einen Baum, um sich einige Birnen zu brechen, fiel herunter und so unglücklich in einen Pfahl, daß ihm dieser mit der Spitze durch den Rücken drang und den Knaben förmlich aufspießte. Durch das lange Ausbleiben beunruhigt, begab sich die Mutter des Knaben in den Weinberg, um nach ihm zu sehen und fand denselben mit durchbohrtem Körper als blutige Leiche. Der Unglückliche hatte sich noch einige Schritte fortzuschleppen vermocht, ehe ihn der Tod von seinen jedenfalls gräßlichen Schmerzen erlöste.
Aus Speyer meldet die „Pf. P." Neun Lateinschüler der 3. Klasse der hiesigen Studienanstalt, fast sämtlich besserer Leute Kind, hatten sich zu einem Komplot verschworen, ihren mißliebigen Klassenlehrer — zu ermorden! Ein scharf mit 6 Schüssen geladener Revolver und zwei Dolche waren beschafft, die Rollen verteilt, und abends, wo der Klassenordinarius gewöhnlich seinen Spaziergang im Domgarten zu machen pflegte, sollte das ausführlich besprochene Attentat verübt werden. In der elften Stunde bekam ein jugendlicher Attentäter Reue und brachte den beabsichtigten Mord zur Anzeige.
Die „Köln. Ztg.", welche einen längeren Bericht über die wirtschaftliche Bedeutung und Zukunft Koreas veröffentlicht, beklagt aufs Tiefste die Kurzsichtigkeit und Kleinlichkeit der Mehrheit des deutschen Reichstages, welche den verlangten Posten eines Generalkonsuls für dort abgelehnt hat und bemerkt darüber: „Korea, von der Größe Großbritanniens und einer Einwohnerzahl von der Größe derjenigen Hollands und Belgiens zusammengenommen, geht einer Neugestaltung entgegen, und da weigert sich die Opposition des deutschen Reichstags, dem größten Staatsmanne unserer Zeit, einen Generalkonsul zu bewilligen; das heißt doch die Interessen Deutschlands auf dieser Halbinsel mit gebundenen Händen den Nebenbuhlern unseres Vaterlandes überliefern; das heißt die Interessen Deutschlands mit Füßen treten. Eine unpatriotischere Abstimmung im Reichstage hat es seit langer Zeit schwerlich gegeben. Ein deutscher Gesandter sollte ernannt werden für dieses Land, oder wenigstens ein Generalkonsul als Ministerresident, um Deutschland einigermaßen ebenbürtig mit anderen Großmächten hier vertreten zu sehen."
Frankfurt a. M., 1. August. Heute vormittag bot an der Lederhalle ein nicht unsauber gekleidetes Frauenzimmer ein etwa ^ Jahre altes, sauber gekleidetes Kind, das in einem Korbwägelchen faß, den Leuten zum Kauf an. Es wurde darüber starker Unwille geäußert. Für das arme Bübchen fand sich weder ein Käufer noch eine Käuferin.
Barmen, 2. August. Infolge des Häusereinsturzes am Kölner Holzmarkt wenden die Bauämter jetzt überall ihre Aufmerksamkeit auf die alten, baufälligen Baracken. Auch hier wurde gestern bereits eine derartige baufällige Mietskaserne auf Anordnung der Polizei geräumt. Das Haus war mit ca. 75 Köpfen bewohnt und befindet sich in einem ganz jammervollen Zustande. Im Innern waren schon verschiedene Decken und Wände eingestürzt und das Dach bot gegen Regen keinen Schutz mehr. Der sanitäre Zustand dieser „Wohnung" soll entsetzlich sein. Der Eigentümer wurde angewiesen, das Haus vollständig abzubrechen.
Berlin, 30. Juli. Die gestern abend im Etablissement Sanssouci stattgefundene Versammlung der streikenden Maurer, die von etwa 1500 Personen besucht war, nahm nach einem Referat des Maurers Behrend über Accordarbeit, gegen die er sich energisch aussprach, weil unter ihr die Solidität der Ausführung der Bauten leide, nachstehende Resolution an: Die heutige Generalversammlung der Maurer beschließt, die Resolution vom 17. Juli (die Durchführung des Streiks betreffend) aufrecht zu erhalten, und verwirft jede Accordarbeit.
Berlin, 1 . August. Wie heute die „Frkf. Ztg." meldet, werden weder Fürst Bismark noch Graf Kalnocky der Kaisercntrevue in Gastein beiwohnen. Die Begegnung der genannten Statsmänner wird
erst rn der zweiten Hälfte des Monats fiattfinden und zwar voraussichtlich in Gastein.
Berlin, 1. August. Die Anweisung des Ministers des Innern, betr. die am 1. Dezember d. I. bevorstehende Volkszählung, ist jetzt erschienen. Die Regierungspräsidenten bezw. Bezirksregierungen sollen darauf hinwirkeu, daß zur Zeit der Zählung Versammlungen, Gerichtssitzungen u. s. w. thunlichst vermieden werden.
Berlin, 1. Aug. Die „Straßb. Post" schreibt: Straßburg, 1. August. Heute morgen durchlief ein Gerücht unsere Stadt, wonach der deutsche Kronprinz in der Nähe von Zürich schwer verwundet worden sei. Zugbeamte, die mit dem Baseler Zug hier angekommen waren, hatten dies Gerücht in Umlauf gesetzt. Nach unseren Erkundigungen ist in Bafel das gleiche Gerücht aufgetreten; von Zürich aber kommt die Nachricht, daß dort von einem solchen Vorkommnis nichts bekannt sei.
Berlin, 3. Aug. Die „Nordd. Mg. Ztg." wendet sich gegen einen Artikel des „Temps", worin die Vermehrung der französischen Kavallerie an der Ostsüdgrenze empfohlen wird, und sagt: In dieser chauvinistischen Agitation des „Temps" liege ein Symptom, daß die friedliche Entwickelung der nachbarlichen Beziehungen Frankreichs, wie sie Deutschland erstrebe, den Stimmungen der Leser des „Temps" nicht entspricht. „Wir müssen uns gegen unseren Willen die Sorge aufdrängen lassen, daß Frankreich nur auf eine günstige Gelegenheit wartet, um allein oder im Bündnis mit anderen über uns herzufallen. Auch im Auslände wird niemand bezweifeln können, daß Deutschland unter keinen Umständen beabsichtigt, einen Nachbar anzugreifen; aber keiner wird sich der Besorgnis erwehren können, daß der von Frankreich ersehnte Revanchetag noch immer ein Mittel bietet, womit jeder Parteimann Frankreichs seine Landsleute fortzureißen vermag. Diese Möglichkeit und diejenige, der friedliebenden Regierung durch einen Appell an die Revanche Schwierigkeiten zu bereiten, läßt uns befürchten, daß die französischen Nachbarn auf den Frieden mit Deutschland keinen höheren Wert legen als zu irgend einer Zeit seit 200 Jahren.
Aus Burg bei Magdeburg wird dem ,,L. Anz." als Kuriosum mitgctcilt, daß vor einigen Wochen daselbst der Schneider Tomatschek, der dort lange Jahre unter dem Namen Müller gelebt und sich als Flickschneider ernährt hat, nun im Alter von 82 Jahren wirklich gestorben ist. „Wir und wohl noch viele andere hielten ihn längst für tot. Sein erstes Begräbnis in Berlin, vor etwa 35 Jahren, machte der pikanten Nebenumständc halber ungeheures Aufsehen, und die tragikomische Geschichte ging durch die Zeitungen fast aller Sprachen. Der jüngeren Generation zu Nutz und Lehr sei die Historie von Schneider Tomatschek hier in möglichster Kürze rekapituliert." Es waren zwei Brüder, Wilhelm und August, die in Berlin die Schneiderei in ziemlich ausgedehnter Weise betrieben. Wilhelm, der ältere, hatte sein Leben zu Gunsten seines Bruders bei einer Lebensversicherungsgcsellschaft mit 10 000 Thlr. versichert. Etii ganzes Jahr wurde die Prämie auch pünktlich bezahlt. Da wurde der Versicherte plötzlich krank. Der Hausarzt der Brüder kam täglich mchrercmale vorgefahrcn und machte ein immer bedenklicheres Gesicht. Zugelassen zum Kranken wurde niemand, denn die Krankheit sollte ansteckend sein. Nach 6 Wochen etwa hieß es, Bruder Wilhelm sei tot. Der Hausarzt stellte den Totenschein aus, und Wilhelm Tomatschek wurde begraben. Einen Tag zuvor war ein Abgesandter der Versicherungsgesellschaft im Trauerhaus, um sich die Leiche anzusehen; doch der Sarg war schon geschlossen, denn die Leiche hatte einen so fauligen Geruch, daß das kleine Leichcngcfolge fast ohnmächtig wurde. Die Versicherung wurde dem überlebenden Bruder ohne weiteres ausbezahlt, und damit waren die Akten über Tomatschek geschlossen. Ein Jahr später meldete sich ein Berliner Tuchhändler beim Polizeipräsidenten und deklarierte folgendes: „Ich war mit zum Begräbnis des Schneiders Tomatschek. Jahre lang habe ich mit ihm in Geschäftsverbindung gestanden und kannte ihn wie mich selbst. Bor einigen Wochen war ich in Kopenhagen. Da begegnete mir der Begrabene, wie er leibt und lebt, namentlich machte ihn eine rote Narbe quer über der Nase unverkennbar. Ueber- rascht rufe ich ihn an: Tomatschek! Im ersten Augenblick war er wie versteinert: doch bald ermannte er sich und sagte: „Sie irren, mein Herr, ich heiße Danske; dann ging er eilig weiter. Ich beantrage, Herr Präsident, den betreffenden Sarg auf meine Kosten ausgraben zu lassen und den Inhalt zu untersuchen." Dem Wunsche des Kaufmanns wurde nachgegcben und der Sarg in aller Stille aus der Gruft geholt. Als man den Deckel vom Sarg aushob, was fand man? Ein mit Nin- derkaldaune dick umwickeltes Plättbrett. Vierzehn Tage später saß der angebliche Kopenhager Danske mit Bruder August in der Stadtvogtci. Der Arzt, der um den Betrug wußte und den Totenschein für 500 Thaler ausgestellt hatte, mußte den Dritten zum Bunde — im Zuchthaus — machen. Die Frau des Totengräbers, die bei Ocssnnng des Sarges zugegen war, schlug, als sie das Plättbrett nebst Zubehör sah, die Hände über den Kopf zusammen, und rief erstaunt: „Jott, wie kann sich der Mensch verändern!"
Oesterrcich-Ungarn.
Mr. Gladstone hat in Wien einen Pro
zeß anhängig gemacht gegen einen dort lebenden Abenteurer mit Namen Charles Harry Boydell, der den früheren englischen Premierminister in einem Brief bedrohte, er werde „Schändliches" von ihm veröffentlichen, wenn Mr. Gladstone ihm nicht 300 Pfund Sterling zahle. Gladstone scheint sich keiner „Schändlichkeit, bewußt zu sein, er zahlte die 300 Pfund nicht, sondern klagte. Am 8. August wird in Wien die Verhandlung stattfinden.
Italien.
Aus Rom lassen sich Berliner Blätter melden: In hiesigen klerikalen Kreisen erzählt man sich, der Papst habe in der letzten Sitzung der apostolischen Kongregation für außerordentliche Kirchenangelegenheiten den versammelten Kardinälen und Prälaten mit klaren und bestimmten Worten erklärt, daß er es an der Zeit finde, die italienischen Katholiken an dem öffentlichen Leben der Nation teilnehmen zu lassen und den Nachteilen ihrer Ausschließung von demselben eiu Ende zu machen. Die Frage werde täglich dringlicher und er habe beschlossen, sie so bald als möglich der Kongregation zu reiflicher und gewissenhafter Prüfung vorzulegen.
Frankreich.
Paris, 1. Aug. Die Cholera in Südfrankreich ist jetzt nicht mehr totzuschweigen. Am 29. Juli starben 6, am 30. 13 Personen an der Cholera. Auch in Lyon kamen zwei Todesfälle vor.
Die französ. Deputiertenkammer hat dem Ministerium Brisson den verlangten Credit von 12 Millionen Franken für die Erhaltung oder auch Eroberung von Madagaskar mit 291 gegen 142 Stimmen bewilligt. Es kann also weiter kolonisiert werden. Uebrigens sollen von diesem Credit 7 Millionen bereits im Voraus verbraucht gewesen sein. Belgien.
Brüssel, 1. Aug. Die „Jndependance Belge" veröffentlicht eine Protestnote des Präsidenten der neuen Republik der Boern, Meyer, an die europäischen Mächte und die Ver. Staaten von Amerika gegen die Ansprüche Englands auf die Santa Lucia-Bay. Meyer erklärt, die Bay sei der neuen Republik abgetreten worden, welche sie in Besitz genommen und als einen, allen Nationen geöffneten Freihafen eingerichtet habe.
Brüssel, 3. Aug. (Genugthuung.) Der „M. Mg. Ztg." wird von hier gemeldet: In Folge der heftigen Angriffe des republikanischen Blattes „National Belge", welcher den König beschuldigte, in die Londoner Skandale verwickelt zu sein, erschienen 16 ausgediente Kürassiere im Redaktionslokal und forderten Genugthuung für die Beleidigung des Königs. Der Chefredakteur war abwesend. Die Kürassiere erklärten, im Falle der Wiederholung der Angriffe den Chefredakteur züchtigen zu wollen.
England.
Wegen der Mehrausgabe von nahezu einer Million Pfund im englischen Marine-Etat, von der kein Mensch genau den Verbleib wußte, ist eine Untersuchungs-Kommission eingesetzt worden, die denn auch schon glücklich herausgebracht hat, daß etwas über 700,000 Pfund Sterl. für den Transport von Truppen verausgabt wurden, dessen Kosten man zu buchen vergessen hatte; es fehlen also nur noch etwa 150,000 Pfund Sterl., die sich wohl noch irgendwo finden werden. Das Lustigste an der Sache ist, daß Lord Northbrook, der Marineminister des Gladstoneschen Kabinets, meinte, er habe gar keine Idee gehabt, daß man Auskunft über die Art und Weise der Verwendung verlangen würde, da die Voranschläge nur darauf basiert würden, was im ganzen wohl ungefähr gebraucht werde, über die Einzelheiten der Ausgaben aber keine besondere Kontrolle geführt würde, da, wenn man in einem Posten Ueberschüffe und in einem anderen Defizits hätte, die Ueberschüffe zur Deckung der Defizits verwendet würden! — Recht nette Anschauungen eines liberalen Ministers.
Rußland.
St. Petersurg, 3. August. Aus Taschkort Wernge wird über ein heftiges Erdbeben telegraphiert: in Pischpek wurden sämtliche Häuser beschädigt, die Ansiedelungen von Sukulutt und Belowvdsk wurden zerstört, in Belowvdsk ist eine Kirche eingestürzt, viele Menschen wurden erschlagen. Zahlreiche Erdrisse sind entstanden.
Amerika.
Toronto, 3. Aug. Gestern brach aus dem hiesigen Quai eine ungeheuere Feuersbrunst aus, welche sich längs des Quais auf eine halbe Meile