sem Dienstag, den 14. Juli, um zunächst einige Tage an der Seite seiner erlauchten Gemahlin in Koblenz zu verbringen. Bon Koblenz aus erfolgt dann die Weiterreise nach Gastein, die jedoch jin Karlsruhe und auf der Insel Mainau eine Unter­brechung erfährt. In Gastein erfolgt die Ankunft Kaiser Wilhelms am 21. Juli; seine Zusammenkunft mit Kaiser Franz Josef wird zwischen dem 12. und dem 15. Augnst stattfinden und zwar voraussichtlich in Ischl.

Berlin, 8. Juli. DerMoniteur de Rome" erhält aus Berlin folgendes Telegramm:Ich bin in der Lage. Ihnen neue Einzelheiten über die Zu­rücknahme des Paderborner Zirkulars zu geben. Die bischöfliche Kurie hat Erklärungen veröffentlicht, welche ihren Erlaß, welcher vor mehr als drei (vier) Mo­naten datiert, modifizieren. Eine vertrauliche, den Pfarrern mitgeteilte Anweisung zieht das ganze Zir­kular zurück. Die Maßregel war ergriffen worden ohne vorgängiges Einvernehmen mit den Bischöfen und dem Papst." DieGermania" drückt ihre hohe Befriedigung über diese Nachricht aus und erklärt, sie habe von Anfang an nicht glauben können, daß der Paderborner Erlaß mit Gutheißung des päpst­lichen Stuhles erlassen sei, bezüglich der Maigesetze könne und dürfe kirchlicherseits nur ein einiges und einheitliches Verhalten stattfinden. Jedes vereinzelte Vorgehen einer bischöflichen Behörde oder eines Bi­schofs engagiere auch die übrigen Bischöfe.

Berlin, 8. Juli. Am 5. d. hielt eine größere Anzahl von Vertrauensmännern der Kaiser Wilhelm- Spende aus dem Regierungsbezirk Liegnitz in Gör­litz eine Beratung ab, welche ergab, daß der ur­sprüngliche Zweck der Stiftung, nämlich den gering bemittelten Klassen des deutschen Volkes, namentlich dem Arbeiterstande, durch Einzahlungen Gelegenheit zu geben, für die Zeit des Alters Renten oder Kapi­tal zu versichern, nur in verhältnismäßig beschränk­tem Maße erreicht worden ist, daß sich vielmehr vor­wiegend der Mittelstand und der kleine Kapitalist der Stiftung zugewandt haben. Ein Vertrauens­mann, der bis jetzt etwa 80000 vkL Einlagen erzielt hat, führte beispielsweise an, daß, wiewohl er sich viel Mühe mit der Heranziehung des Arbeiterstandes gegeben habe, er doch nur etwa 200 -M aus diesen Kreisen erhalten hätte. Aehnlich lauteten die Anga­ben der übrigen Vertrauensmänner. Dieselben ge­langten nach Erwägung aller einschlägigen Verhält­nisse einmütig zu der Ansicht, daß es wünschenswert erscheine, die Stiftung jedem Deutschen zu eröffnen, ohne indeß die betreffenden Bestimmungen der Sta­tuten aufzuheben, wonach aus den Jahresüberschüssen eine Unterstützung unter andern solchen vorzeitig arbeitsunfähig gewordenen Mitgliedern zugewandt werden sollte, die hauptsächlich durch Arbeit ihren Unterhalt verdient haben. Aus den Verhandlungen ging noch hervor, daß die Einlagen des letzten Ge­schäftsjahrs um 100 pCt. gegen die des Vorjahres und zwar auf 840000 gestiegen sind, und daß die Vewaltnngskosten, die vielfach geflissentlich als zu hoch geschildert werden, einschließlich der Propa­gandakosten im letzten Jahre nur etwa 7 pCt. der Einlagen erreicht haben. Die unmitelbar aus der Erfahrung selbst gewonnenen Ergebnisse dürften nicht ohne Einfluß auf die weitere erfolgreiche Gestaltung der nationalen Stiftung bleiben.

Berlin, 11. Juli. Ueber das Verbot des Spielens einer preußischen Militärkapelle in Uniform in Wien teilt dieKreuzztg." ans Wien mit, daß das Verbot deshalb erfolgt sei, weil die Behörden erfuhren, daß von Deutschnationalen und Czechen Demonstrationen geplant worden seien.

Man quäle die Katzen nicht! In Pots­dam ist dieser Tage eine Wittfrau gestorben, die ein Vermögen von 60000 ^ hinterließ, das sie in Tei­len von je 1500 oder 2000lL an Personen ihrer Umgebung und Nachbarschaft vermacht hatte. Noch kurz vor ihrem Tod strich sie im Testament den Namen eines Erben aus, weil sie von ihrem Fenster aus gesehen hatte, daß derselbe eine Katze gequält hatte. Also hüte man sich, Tiere zu quälen, man weiß niemals ob man nicht von einem Erbonkel oder einer Erbtante beobachtet wird!

DerKöln. Ztg." geht von Berlin folgende wahrscheinlich offiziös inspirierte Korrespondenz zu: Während in einem Teil der französischen Presse, na­mentlich auch von gewissen in Paris lebenden Be­richterstattern englischer Blätter fortgesetzt der Ver­such gemacht wird, Deutschland bei England zu ver­

dächtigen, indem man dort dem Fürsten Bismarck die Mißerfolge der englischen Politik zuschreibt, wie­derholen sich in der russischen Presse Kundgebungen, wonach man dort einer Verbindung zwischen Eng­land und Deutschland entgegensieht, deren Spitze ge­gen Rußland gerichtet sein würde. Das eine ist so unrichtig wie das andere. Deutschland lebt in guten Beziehungen zu Rußland sowohl wie zu England, und es liegt kein Grund vor, weshalb es die eine zu gunsten der andern aufopfern sollte. Die Ereig­nisse werden auch diesmal wieder den Verdächtigun­gen unrecht geben, denn es wird sich schließlich zei­gen, daß Deutschland in allen jetzt schwebenden Fra­gen als einen der großen Zwecke der deutschen Po­litik im Auge behalten hat: den Frieden Europas aufrecht zu erhalten.

Man munkelt wieder von einer Zusammenkunft des Reichskanzlers mit dem österreichischen Mi­nister Grafen Kalnocky, die im August stattfinden soll. Und zwar, heißt es. weroe auf dieser Konfe­renz ein österreichisch-deutsches Zollbündnis besprochen werden. In der Luft liegt dieses Projekt schon lang, ob wir aber schon bis zum Verhandeln gelangt sind, erscheint doch noch fraglich.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 9. Juli. Baron Moriz Wodianer, einer der hervorragendsten hiesigen Finanzmänner, ist gestern gestorben. Er nahm durch seinen weit­reichenden Einfluß, durch seinen Scharfblick, durch die Genialität, mit welcher er die schwierigsten Dinge spielend bewältigte, in beiden Reichshälften eine dominierende Stellung ein, und keine große finanz­politische Angelegenheit wurde in Oesterreich oder in Ungarn ohne seine Mitwirkung oder zumindest ohne sein konsulatives Votum zur Durchführung gebracht. Das Testament Wodianers setzt zum Universalerben seinen Sohn Albert ein. Das ganze Erbe soll 15 bis 20 Mill. betragen.

Aus Prag wird unterm 6. Juli gemeldet: Im Verlaufe des gestrigen Tages sind hier 3 S elbst- morde, 4 Selbstmordversuche und 1 Mord­versuch vorgekommen.

Selbstmord in einer Kirche. In dem österreichischen Orte Krottenberg stürzte am Sonn­tag, als eben der Pfarrer die Kanzel bestiegen hatte, um die Predigt zu halten, ein 56jähriger Bauer mit verstörtem Antlitze in die dichtgefüllte Kirche. Als er beim Hochaltäre angelangt war, kniete er auf die Stufen nieder und begann laut zu sprechen und zu beten, so daß sich der Pfarrer genötigt sah, die Pre­digt zu unterbrechen. In dem Augenblicke, als sich der Priester mit einigen Burschen zu dem Ruhestö­rer begeben wollte, sprang derselbe auf, zückte ein großes Taschenmesser und stieß sich dasselbe zum größten Entsetzen der Anwesenden bis zum Griffe in den Hals. Es entstand eine furchtbare Aufregung in der Kirche und ehe man den Selbstmörder ins Freie brachte, war er eine Leiche.

Krakau, 9. Juli. Die Flüsse Weichsel, Skawa, Wiegrzowka und Dunajec sind gestern ausgetreten und haben eine große Ueberschwemmung verursacht. DemPester Lloyd" zufolge stand schon gestern die ganze Gegend von Czernichow unter Wasser. Frankreich.

Paris, 8. Juli. Courcy meldet aus Hue von gestern Abend 11 Uhr:Wir find unbeschränkte Her­ren der Stadt. Die anamitischen Truppen sind in Auflösung. In der Umgebung der französischen Re- sidentschast und an gewissen Punkten der Citadelle kamen vereinzelte Fenersbrünste vor, der Königspalast ist aber unversehrt geblieben, dank der musterhaften Disziplin des Zuavenbataillons, welches denselben er­oberte und nun bewacht. Der Palast enthält große Reichtümer, namentlich 5 Millionen an Silberbarren. Die Ziffer des Betrages wird sich erheblich vermehren, wenn ich auch Goldbarren finde. Der Wert der Kunst­schätze ist unermeßlich. Ich erwarte Instruktionen."

Paris, 10. Juli. General Courcy ist er­mächtigt worden, nötigenfalls einen Staatsstreich aus­zuführen und zwar die herrschende Dynastie in Anam abzusetzen und eine Seitenlinie derselben zur Regie­rung zu berufen. Der Kriegsminister Campenon hat angeordnet, daß von jetzt ab alle Bataillone des Armeekorps in Tonking auf Kriegsstärke erhalten bleiben sollen. Halbmonatlich soll der entstandene Ausfall an Mannschaften durch Nachschub aus Frank­reich ersetzt werden, damit das Expeditionskorps stets vollständig schlagfertig ist.

Aus Hue sind weiter keine Nachrichten

von Belang eingetroffen. Eine Depesche Gene­ral Courcys vom 10. Juli meldet lediglich, daß er die geflohenen Kaufleute und Notabeln aufgefordert habe, unter dem Schutze Frankreichs nach Hue zu­rückzukehren. Den Aufständischen habe zehntägige Frist zur Unterwerfung gegeben und die Entlassung der anamitischen Armee binnen längstens 8 Tagen veranlaßt.

Italien.

Rom, 9. Juli. (Unterwerfung). Auch der ultraklerikaleOsservatore Cattolico" unterwarf sich, wie derFr. Ztg." gemeldet wird, vollkommen dem Papste, selbst die Eventualität einer Aussöhnung des Vatikans mit dem Quirinal supponierend. Ein be­züglicher, vielfach kommentierter Artikel resümiert: Wir folgen dem Papste und werden die Folgen einer Aussöhnung nicht beklagen."

Barcelona, 8. Juli. Am 26. Juli wird die alte aragonische Königsstadt Barcelona eine wunderliche Gesellschaft in ihren Mauern bergen, nämlich Abgesandte der Anarchisten aller Länder, welche sich an diesem Tage zu einem auf vier Tage berechnetenWeltkongreß" versammeln werden.

Das Vorgehen des Papstes gegen die ultra­klerikalen und maßlosen Blätter beschränkt sich nicht auf dasJournal de Rome". Ein belgisches Blatt teilt mit, daß auch die BerlinerGermania" und das WienerVaterland" von Rom aus die Wei­sung erhalten haben, in ihrer Sprache fortan mehr Vorsicht zu beobachten. Die Politik des Papstes Leo XIII. würde übrigens speziell in Belgien einen , sehr eifrigen Förderer finden, und zwar in dem Erz­bischof Goosens von Mecheln, welcher zu den intelli­gentesten und gemäßigsten Kirchenfürsten der Gegen­wart gehört.

Eine Gräfin als Mörderin. Die Grä­fin Di Belgiojoso, die Gattin des in den Abruzzen reichbegüterten Deputierten hat eine Nichte von au­ßerordentlicher Schönheit, die eine Mitgift von drei Millionen Lire besitzt. Diese verliebte sich in den Sohn des Güterverwalter der Gräfin. Ein Flucht­versuch mit heimlicher Trauung als Schlußtableau wurde von der Tante verhindert. Die Gräfin stellte den Verwalter wegen des Benehmens seines Sohnes zur Rede und in dem Wortwechsel, der nun folgte, ergriff sie einen Revolver und erschoß ihn.

England.

In England gehen die Geschäfte schlecht und deshalb hat das Ministerium beschlossen, eine Unter­suchungs-Kommission einzusetzen, die den Grund für die Geschäftsflauheit entdecken soll. Die Kommission wird schnell gebildet sein, ob sie aber ihre Aufgabe ebenso schnell erfüllen wird, bezweifeln wir. Die eng­lischen Geschäftsleute behaupten, die deutsche Kon- kurrenz sei an allem Schuld, deutsche und andere Volkswirte sagen: wir leiden alle unter der Ueber- produktion. Auch in Amerika gehen die Geschäfte sehr flau und der große Arbeiterstrik ist noch nicht beendet. In Cleveland haben 1200 Eisenbahn­arbeiter mehrere Fabriken zerstört. Wo die nun wohl arbeiten wollen?

Die neuen englischen Minister haben am Montag im Parlament zum ersten Mal Erklä­rungen über ihre Politik abgegeben. Lord Salisbury über die äußere, Lord Carnarvon über die innere, besonders die irische Politik. Die Erklärungen waren ruhig, aber fest gehalten und machten auf das Parla­ment einen guten Eindruck. Mit Rußland soll Friede gehalten, aber der Ehre Englands nichts vergeben werden. In Egypten will Lord Salisbury energisch Vorgehen; in Irland gedenkt das Tory-Ministerium ohne Ausnahmegesetze durchzukommen. Besonders letzteres wäre für England sowohl wie für Irland zu wünschen, denn sonst wird die Spannung zwischen Irländern und Engländern immer größer.

Türkei.

Konstantinopel, 8. Juli. Ein hiesiger Sturm zerstörte in Kirhebir (Vilajet Ankora) über 300 Wohngebäude.

Egypten.

Kairo. 11. Juli. Ein Telegramm des Ge­nerals Brackenbury aus Fatmeh meldet den Tod des Mahdi. __

Handel K Uerkehr.

Vom 15. Juli werden auf den wiirtt. Staatseisenbah- ncn Hu udebeförderungs scheine nach Wunsch auch für Hin- und Rückfahrt ausgestellt. Der Preis eines solchen Re- tourbillets entspricht dem doppelten Betrag der einfachen Taxe,