Nachdem wieder gesungen worden war, dankte Braun mit bewegten Worten nicht nur für das zahlreiche Erscheinen sondern auch für die vielen Segenswünsche, die ihm zuteil geworden waren. Wir wünschen ihm von Herzen ferneres Wohlergehen und eine gesegnete Wirksamkeit im schönen Remsthale! — Noch eine naturgeschichtliche Notiz. Der in landwirtschaftlichen Kreisen wohlbekannte Hirschwirt Guoth in Esslingen hat Heuer einen Versuch mit Anpflanzen von Pharaoweizen gemacht. Wie sich Einsender dies überzeugte, gelang der Versuch vollkommen, indem das interessante Getreidefeld einen wunderschönen Anblick darbietet, namentlich durch die Ueppigkeit seines Pftanzenwuchses. Jeder Halm trägt nämlich 7 Aehren, so daß das Feld einen reichen Ertrag verspricht. Wer sich unter den Lesern für diese Mitteilung interessiert, der möge in der Druckerei d. Bl. einige Exemplare der merkwürdigen Fruchtgattung genauer ansehen.
/X Vom Westbezirk, 8. Juli. Die am letzten Sonntag in Altensteig im „Grünen Baum" versammelt gewesenen Vereine, bezw. Delegierten des Kriegerverbands vom ober« Nagoldthal haben die Abhaltung des ersten Gaufestes in dieser Stadt auf Sonntag den 26. Juli festgesetzt. — Dem Arbeiter Fr. Koppler von Grömbach wurde jüngst in Berneck während des Heuabladens aus der bei Seite gelegten Weste die silberne Cylinderuhr entwendet. Der dieses Diebstahls verdächtig gewordene, schon mehrfach bestrafte C. Katz von Unterschwandorf war bald geständig, weshalb seine Verhaftung und Ueberfüh- rung nach Nagold bewerkstelligt wurde.
Von Altensteig wird dem St.-Anz. geschrieben : Der hier gegründete Bezirks-Verein des Württ. Schwarzwald-Vereins bietet allesauf, unseren Luftkurgästen den Aufenthalt hier so angenehm als möglich zu machen. So werden diesen Sommer in der nächsten Umgebung der Stadt verschiedene Promenaden im Walde neu hergestellt und an passenden Plätzen Ruhebänke aufgestellt, ferner wird eine erkleckliche Anzahl Wegweiser angebracht, wodurch einem längst gefühlten Bedürfnis abgeholfen wird.
Stuttgart, 8. Juli. Am letzten Montag abend mußte ein Mann in Folge übermäßigen Branntweingenusses in bewußtlosem Zustande ins Katharinenhospital verbracht werden. Der Mann ist heute früh gestorben.
Stuttgart, 9. Juli. Gestern Mittag 11—1 Uhr gab Prof. Dr. Jäger im Hotel Royal eine Demonstration über die Humanisierung des Weines durch Anthropin (Menschenhaarduft). Es wurden damit imprägnierte Zuckerkügelchen in Wein gethan, der that- sächlich einen milderen Geruch und Geschmack bekam als vorher. Prof. Jäger will mit dieser Erfindung den Wein also verbessern, geht aber noch weiter und sagt: Wenn Anthropin den Wein verbessert, so muß es auch auf den Menschen ähnlich wirken, also ein Heilmittel sein. — Man weiß, wie die österr. Mediz.- Behörden ganz entgegengesetzter Richtung sind. Es muß aber zugestanden werden, daß die Demonstration sehr interessant und das Resultat für Mund und Nase zweifellos war.
Cannstatt, 8. Juli. (Landesschi eßen.) Heute war die Preisverteilung. Verteilt werden je 15 Preise füy die Festscheiben Cannstatt und Württemberg. Den Königspreis erhielt Rall (Cannstatt) für den besten Schuß auf die Scheibe Württemberg. Den ersten Preis auf die Scheibe Cannstatt (silbervergoldete Kanne mit Becher, gegeben von Cannstatt) erhielt Liezenmayer (Aalen).
Neutlinger Alb, 5. Juli. Die Sektion Reutlingen hielt ihre Bienen Versammlung in Großengstingen unter dem Vorsitz der HH. Fritzgärtner und Gfrörcis. Es wurde hiebei konstatiert, daß wir Heuer aus der Alb ein sehr ergiebiges Honigjahr haben; ein Imker hat schon von 30 Völkern die fast unglaubliche Anzahl von 9 Ztr. Honig geerntet. Nachdem über die beiden ausgestellten Thesen: „Warum gibt es im Frühjahr und noch im Sommer immer einige sehr schwache Völker?" und „wann beginnt die Honigernte?" lebhaft debattiert worden war, wurde auch die Frage angeregt, ob es nicht an der Zeit wäre, daß inan auf die zuständigen Behörden einen gelinden Druck ausüben könnte, sie möchten an den Straßen vor allem „honigende' Bäume Pflanzen, wie die Linde, Ahorn u. a. statt der Eichen, Aspen re., weil diese honigcndcn Bäume hauptsächlich auch im Wald unterdrückt werden. — Auf die Frage „wo und wie kann der Honig abgesetzt werden?" '
wurde von Fritzgärtner darauf hingewiesen, daß, wenn zuerst eine starke Produktion vorhanden sei, auch die Konsumtion von selbst eine stärkere werde; nur sei es Pflicht eines jeden Imkers, daß er durch Wort und Schrift dem Nichtimker beizubringen suche, der Honig ist nicht ein Naschmittel, sondern er ist hauptsächlich ein sehr schätzbares und unübertreffliches Heilmittel gegen viele Krankheiten der Menschen und Tiere, das in keinem Hause fehlen sollte. So wurde von einem Imker mitgeteilt, daß er sein vom Tierarzt aufgegebenes Pferd durch Verabreichen von Honig in kurzer Zeit wieder hergestellt habe; auch bei der voriges Jahr herrschenden Maul- und Klauenseuche ist der Honig mit Erfolg angewendet worden. Wird das Publikum davon überzeugt, daß der Honig ein unentbehrliches Haus- und das beste und gesundeste Genußmittel ist, so dürfen wir Imker keine Ueber- produktion fürchten.
In Fürfeld ist der led. Diensiknecht Ludwig Uhle verhaftet worden, der dem am 4. d. M. verstorbenen led. Bauern Baumann mit einer Haue den Schädel eingeschlagen hatte. — Derselbe Frevler, der bei Möckmühl einen schweren Stein auf die Schienen gelegt, hat auch an einer andern Stelle eine Barrierenstange quer über dieselben gelegt und mit Pflöcken befestigt, was glücklicherweise rechtzeitig bemerkt wurde. (Eine solche Bosheit sollte nicht blos mit 2—3 mal wöchentlicher Fleischration (!) bestraft werden).
München, 7. Juli. Bei dem Banquier Siegfried Klopfer sind diese Nacht 30000 in Noten und Gold entwendet worden.
Aus Bayern. (Wolkenbrüche uud Ueber- schwemmungen.) Von allen Seiten kommen Hiobsposten über arge Verheerungen, welche in den jüngsten Tagen durch überaus heftige Gewitter angerichtet wurden. Es ließen sich ganze Spalten füllen mit Namhaftmachung all der Orte nur allein aus den verschiedenen Regierungsbezirken Bayerns, in welchen das Unwetter so furchtbar gehaust hat, wie sich häufig die ältesten Leute nicht erinnern. Aus der Pfalz, aus Franken, aus der Oberpfalz, aus Schwaben, aus Oberbayern liegen zahlreiche Berichte vor, welche die traurigen Folgen der jüngsten, meist mit wolkenbruchartigem Regen und Hagel verbundenen Gewittern schildern. Unzählige Fenster wurden eingeschlagen, die Ziegel auf den Dächern zertrümmert, die Hoffnung einer reichen Getreide-, Obst,- Wein- rc. Ernte in vielen Gegenden gänzlich vernichtet, in Gärten und Anlagen, auf Feldern und in Wäldern ein meist noch gar nicht absehbarer Schaden angerichtet. Dazu kam noch, daß an vielen Orten auch der Blitz einschlug und zündete, wobei nicht nur manches Anwesen eingeäschert wurde, sondern auch mehrere Personen teils erschlagen, teils mehr oder minder verletzt wurden und viele Tiere zu Grunde gingen.
Köln, 3. Juli. Seinen eigenen Vater mittels Arsenik vergiftet hat in dem holländischen Dorfe Lukshain ein elfjähriges Mädchen, welches dieser Tage in Haft genommen wurde. Die junge Verbrecherin erklärte ruhig bei ihrer Vernehmung, sie habe die Mißhandlungen ihres rohen Vaters nicht länger aus- halten können, und da ihr niemand zu Hilfe gekommen und sie vor seinen Wutausbrüchen beschützt hätte, habe sie den Entschluß gefaßt, sich selbst ihres Peinigers zu entledigen. Sie Hobe Pfannkuchen gebacken und zu seiner Zubereitung Arsenik statt Zucker genommen. Den Kuchen habe sie dem Vater gegeben, und als dieser sich über den schlechten Geschmack desselben beklagt und ihr mit Schlägen gedroht, habe sie ihn immer zum Weiteressen aufgefordert, indem sie behauptete, daß nur die eine Stelle des Kuchens mißglückt sein könne, derselbe aber sonst vorzüglich zubereitet sei. Das Kind zeigte bei der Untersuchung in der That Zeichen der rohesten Mißhandlungen.
In Westfalen undNheinland bereitet sich wieder ein Wahlbündnis zwischen Deutschfreisinnigen und Ultramontanen gegen die Nationallibe- ralen für die bevorstehenden Landtagswahlen vor. Die „Westfälische Volksztg." erfährt, daß die deutsch- freisinnige Partei in den Kreisen Bochum und Dortmund mehrere große Wahlversammlungen abzuhalten gedenkt, in welchen Herr Eugen Richter als Redner auftreten wird. Das ultramontane Blatt, welches bezeichnenderweise über die Pläne der Deutschfreisinnigen so gut unterrichtet ist, fügt hinzu: „Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Katholiken der Mark bei den Landtagswahlen mit den Deutschfreisinnigen
Zusammengehen werden, um, wenn eben möglich, die Wiederwahl der HH. vr. Löwe, Berger und Schmieding zu verhindern."
Prozeß Lieske. Nau und Hüber, die Belastungszeugen in diesem Prozesse, sind nun auch als der Mitthäterschaft an Rumpff's Ermordung dringend verdächtig verhaftet worden und eine Wiederaufnahme des Prozesses Lieske wahrscheinlich, da der Mord an Rumpfs nachweisbar von Mehreren verübt worden ist.
Berlin, 8. Juli. Von Wien aus ist die Anfrage hierher gelangt, ob der Abschluß eines Handelsvertrages auf breiterer Basis als der jetzt bestehende zu erreichen sei. Vom Ausfall der Antwort soll alsdann die Gestaltung der österreichischungarischen Zollnovelle abhängig gemacht sein.
Berlin, 9. Juli. Die Berliner Maurermeister haben abermals den Beschluß gefaßt, die Forderung der streikenden Gesellen nicht zu erfüllen. In einer gestrigen Versammlung der Gesellen wurde beschlossen, den Streik fortzusetzen. Bis jetzt haben 6000 Maurer Berlin verlassen.
Berlin. Der erhebliche Rückgang in der überseeischen Auswanderung aus Deutschland hat auch im Monat Mai angedauert. Es wunderten in diesem Monat im ganzen 18835 über deutsche Häfen und Antwerpen aus, während die Gesamtziffer im Mai vorigen Jahres 21 931 betragen hatte. In den fünf ersten Monaten dieses Jahres waren im ganzen nur 56182 Personen ausgewandert gegen 80104 im gleichen Zeiträume des Vorjahres. Von den Auswanderern des Monats Mai kommen auf Preußen 12926, auf Bayern 1742, auf Sachsen 416, auf Württemberg 1068, auf Baden 781 u. s. w. Von den preußischen Provinzen haben die größten Contingente gestellt Westpreußen (1911), Pommern (2245), Posen (1989), Schleswig-Holstein (1303) und Hannover (1800).
Bekanntlich hat Herr Eugen Richter bei der Beratung des Reichshaushaltsetats pro 1884/85 den Zusammenbruch der Finanzpolitik des Reiches vorhergesagt. Durch das wirkliche Ergebnis aber sind seine Prophezeihungen gründlich widerlegt worden. Anstatt des in Aussicht genommenen Defizits von ca. 144/r Millionen hat sich ein solches von nur 5 735 303 vfL ergeben. Ungleich günstiger noch gestaltet sich das Ergebnis bezüglich der an die Bundesstaaten herauszuzahlenden Ueberschüffe aus Zöllen und Reichssteuern, indem die Zölle statt 2 Millionen »-L 12056167 ^ Mehreinnahme gebracht» so daß an die Bundesstaaten nicht ein hinter dem Anschläge um I Vr Millionen zurückbleibender, sondern ein denselben um 8 069 437 übersteigender Betrag verteilt werden konnte.
Nun wird es bald ganz still werden in der Politik, die Zeit der sauren Gurken hat bereits begonnen und wird sich immer fühlbarer machen. Auch der Bundesrat, auf den in den letzten Tagen noch aller Augen gerichtet waren, ist nunmehr in die Ferien gegangen, der Reichskanzler verheiratete seinen Sohn Wilhelm in Kröchelndorf und geht dann nach Friedrichsruh, und die anderen, die die Politik machen, sind in den Bädern. Doch es wird der Leser sowohl wie der Zeitungsschreiber genug geben, die darüber, daß sie nun endlich einmal aufatmen dürfen, nicht besonders ungehalten sind.
Von einem geradezu furchtbaren Meuchelmord wird aus Stolberg im Harz berichtet. Da war ein junger Mensch bei seiner Stiefmutter nach Verbüßung einer Gefängnisstrafe wieder einge- troffen, geriet mit der alten Frau alsbald in Streit, mißhandelte sie und stach einen Hausgenossen, der auf das Geschrei der Frau herbeicilte, mit dem Messer nieder; dann stürzte er auf die Straße und stach ohne jede Veranlassung zwei ruhig ihres Weges daherkommende Männer. Damit aber noch nicht genug, lief er weiter und verwundete noch 4 Männer und ein Mädchen, von denen er gehalten werden sollte, so daß jetzt nicht weniger als 8 Personen teils tot, teils schwer verwundet darniederliegen. Dieses Ungeheuer in Menschengestalt heißt Adam Schröder und ist ein gauz kleiner schwächlicher Kerl.
Oesterreich-Ungarn.
Doppelehe. In Oesterreich ist ein merkwürdiger Fall von „unbewußter Doppelehe" vorgekommen. Vor mehreren Monaten wurde ec im Dorfe Scrasince des Bezirs Horvdenka in Oit-Ga- lizien lebende Grundwirt Czerepczuk von dem Bezirksgerichte in Horodenka amtlich in Kenntnis gesetzt,