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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
M 80 .
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Samstag den 11. Juli.
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wöhnlicher Schrift bet einmaliger Einrückung S -l, bei mehrmaliger je S Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der erausgabe des Blattes der Druckerei ausgegeben sein.
1885.
Bestellungen auf den Gesellschafter für das laufende III. Quartal können immer »och gemacht werden bei der nächstgelegenen Poststelle oder dem betr. Postboten.
z Amtliches.
! Nagold.
Kekanntnrachirng,
Floßsperre betreffend.
Es wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß nach Mitteilung Großherzogl. Badenschen Bezirksamts Pforzheim die Flößerei auf dem badischen Gebiet der Enz und Nagold vom 1. August bis einschließlich 15. September d. I. dauert.
Den 9. Juli 1885.
_K. Obera mt. Güntner.
! Die erste Priisung für den höheren Justizdienst hat u.
! a. erstanden: Heinrich Weil von Baisingen (Horb).
; Die Sonntagsarbeit.
Wie wir früher mitteilten, hatte vor einiger Zeit der Bochumer „christlich-soziale Arbeiterverein" an den Reichskanzler eine Resolution abgesandt, in welcher derselbe Namens der „christlichen Arbeiter des Kreises Bochum" gebeten wurde, im Sinne des bezüglichen Zentrumsantrages auf die Beschränkung der Sonntagsarbeit hinzuwirken. Dem gegenüber hat sich der „evangelische Arbeiterverein", der gegenwärtig etwa 1400 Mitglieder zählt, veranlaßt gesehen, dagegen zu protestieren, daß die wenigen Mitglieder des „christlich-sozialen Vereins" sich gestattet haben, im Namen der gesamten christlichen Arbeiter des Kreises Bochum in der betreffenden Angelegenheit vorzugehen. Diesem Protest wurde in einer ! heute stattgehabten Versammlung in Form einer Resolution an den Fürsten Bismarck ein entsprechender Ausdruck gegeben. Im Gegensatz zu dem „christlichsozialen Arbeiterverein" der sich einfach damit begnügt hatte, die Beschränkung der Sonntagsarbeit ! zu beantragen, ließ es sich die heutige Versammlung angelegen sein, dem Reichskanzler positive Vorschläge mit eingehender Begründung zu unterbreiten, was auch den Intentionen des Fürsten Bismarck am meisten entsprechen dürfte, der ja bekanntlich von den Ansichten aus den Arbeiterkreisen zunächst Kennt- ! ms nehmen will. Aus der in dem „Mark. Sprecher" veröffentlichten Resolution heben wir im Folgenden l einige der prägnantesten Stellen hervor:
^ „Tausende von Arbeitern, namentlich aber
! sülche, die viele Kinder und wenig Verdienst haben,
! drängen sich zu den Sonntagsschichten, nicht weil sie unchristlich sind oder ihren Arbeitgebern einen Gefallen erweisen wollen, sondern weil die Not sie dazu treibt, Nebenverdienst zu suchen. Daß unsere Arbeitgeber, die — wie wir nur allzu gut wissen — einen schweren Kamps mit der ausländischen und inländischen Konkurrenz zu führen haben, nach Beseitigung der Nebenverdienst gewährenden Sonntagsarbeit keinen Pfennig mehr an Akkord- oder Tagelohn bezahlen würden, ist vollständig klar, wir begreifen daher nicht, wie man es als Ausfluß der „Arbeiterfreundlichkeit" zu bezeichnen wagt, daß man uns jede Gelegenheit nehmen will, ein paar Groschen neben unserem gewöhnlichen knappen Lohn zu verdienen.
^ lieber allzu viele Sonntagsschichten haben wir in > hiesiger Gegend im Allgemeinen nicht zu klagen, ! doch unterliegt es keinem Zweifel, daß hier, wie anderswo, Fälle von unnötiger, regelmäßiger Sonntagsentheiligung Vorkommen, die gesetzlich bestraft zu werden verdienen. Wir glauben, daß durch eine gesetzliche Bestimmung, welche es verbietet, den Arbei
ter an mehr als drei von fünf aufeinander folgenden Sonntagen zu beschäftigen, die Sonntagsarbeit genügend beischränkt, dem Arbeiter die Möglichkeit, sich Nebenverdienst zu verschaffen, belassen und auch dem kleinen Handwerker die unerläßlich notwendige Freiheit gewährt würde."
Im Weiteren erklären sich die Arbeiter gegen die Einführung des Normalarbeitstages, da derselbe für diejenigen Arbeiter, welche überhaupt davon betroffen werden, eine Verminderung ihres ohnedies geringen Einkommens bedeuten und die Freude an der Kürzung der Arbeitszeit auf einen sehr geringen Stand herunterdrücken würde. Eine Regelung der Arbeitsdauer aber, die den Einzelverhälmissen Rechnung trägt, heißen sie willkommen. Dem Arbeiter, heißt es weiter, dürfe nicht das Recht genommen werden, zuweilen eine Nebenschicht zu machen. „Doch muß in dieser Hinsicht gesetzlich verhindert werden, daß die Zahl der wöchentlichen Nebenschichten eine bestimmte Grenze überschreitet, welche wiederum durch die Berufsart bedingt ist."
Voll und entschieden schließt sich die Resolution dem Antrag auf Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit an.
„Nach unserem Dafürhalten", heißt es, „ist das Weib, welches in Fabriken beschäftigt wird, in eine Stellung zum Manne gebracht worden, die der sittlichen und göttlichen Ordnung widerstrebt. Die Frau darf nicht die Eoncurrentin des Mannes sein, namentlich nicht dort, wo die Art der Arbeit dem Wesen des Weibes nicht entspricht. Das Zusammenarbeiten von männlichen und weiblichen Arbeitern in einer Fabrik fördert, auch wenn für die Trennung nach besonderen Arbeitsräumen Sorge getragen wird, die Unsittlichkeit und wirkt demoralisierend auf den Arbeiterstand. Die möglichste Beschränkung der Frauenarbeit liegt deshalb eben so sehr im Interesse der arbeitenden Klassen, wie die Beschränkung der Kinderarbeit. Die Organisation der Auswanderung nach gesunden, wenn auch nicht deutschen Gegenden, der Erwerb von Kolonien, und speziell solcher, die sich zur Kolonisation durch überflüssige deutsche Arbeitskräfte eignen, werden von den Arbeitern dankbar als Schritte zur Förderung ihres Wohles anerkannt werden."
Wie man sieht, tritt ein gesunder Sinn und Verständnis für ihre wahren Interessen aus der Resolution der Bochumer Arbeiter hervor; die Stimme aus diesem Kreise verdient daher in weiteren Kreisen beachtet zu werden.
Tages Neuigkeiten.
Deutsche- Reich.
f?j Nagold, 9. Juli. Gestern nachmittag wurde vom Ausschuß des landw. Bezirksvereins im Gasthaus zum Hirsch in Gültlingen eine Sitzung abgehalten. Einem Bericht des Hrn. O.-A.-Tier- arztes Wallraff, die Eberschau im Bezirk betreffend, entnehmen wir, daß die Schweinezucht zwar sehr stark betrieben werde, daß aber, mit wenigen Ausnahmen, die Qualität der Zuchteber viel zu wünschen übrig lasse. Der Ausschuß beschloß in Folge dessen, eine Anzahl Zuchteber und Mutterschweine aus einer Kreuzung der Jorkshire und norddeutscher Landrasse kommen zu lassen und solche unter den Mitgliedern des Vereins zur Versteigerung zu bringen, wobei ein Mehrerlös über den Ankaufspreis Meder den Steigerern zu gut käme. Im weiteren Verlauf kam die seit einigen Jahren hauptsächlich im Calwer Bezirk immer mehr um sich
greifende Haberkrankheit zur Sprache, und ersucht der Herr Vorstand die Mitglieder bei etwaigem Auftreten der Krankheit in diesem Jahr sofortige Mitteilung machen zu wollen. Ferner teilt der Hr. Vorstand mit, daß die Königliche Zentralstelle für Landwirtschaft den Rechenschaftsbericht pro 1884, sowie den Bericht des Hrn. O.-A.-Tierarzt Wall- raff über den Stand der Haustiere mit Befriedigung entgegengenommen habe. Der Beschluß des Vereinsausschusses vom 4. März 1882, wonach die Teilnehmer an den Versamnilungen der Gemeindebaumwärter je 1 Mark erhielten, wurde zurückgenommen, da sich nunmehr ein Obstbauverein mit eigener Kasse konstituirt hat. Es soll jedoch bei besonderen Unternehmungen und Ansstellungen auf spezielles Ansuchen ähnlich wie bei dem Bienenzüchter-Verein ein Beitrag verwilligt werden. Der Bienenzüchter- Verein hatte zwar durch seinen Vorstand ein Gesuch eingereicht, wurde aber mit großer Stimmenmehrheit als nicht genügend motiviert abgewiesen. Der Vorschlag des technischen Beirats, Herrn Stadtpfarrer Mezger in Altensteig, hinsichtlich der Verteilung des Staatsbeitrags an die Lehrer der Winterabendschulen wurde einstimmig angenommen, ebenso wurde beschlossen, daß diejenigen Herren Lehrer von Winterabendschulen, welche auf das landwirtschaftliche Wochenblatt von Seiten des Vereins verzichten, nur eine Mark jährlichen Mitgliedsbeitrag zu bezahlen haben. Da der von der Reutlinger Aktiengesellschaft gelieferte Kunstdünger hinsichtlich des garantierten Gehalts an Phosphorsäure und Stickstoff nicht ganz entsprochen hat. wurde für den Mindergehalt ein Abzug mit der Direktion vereinbart und derselbe auf 25 L pr. Ztr. Knochenmehl normiert. Weiter soll im „Gesellschafter" eine Einladung an die Mitglieder ergehen, sich an der Ausstellung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten in Hohenheim zu betheiligen und soll jeder Besucher auf vorherige Anmeldung aus der Vereinskasse zwei Mark Reiseentschädigung erhalten. Als nächster Versammlungsort wurde Haiterbach bestimmt.
** Nagold, 10. Juli. Wieder scheidet ein .wackerer Lehrer aus dem Bezirke, dem er 17 Jahre lang teils in Holzbronn teils in Schönbronn angehörte. Der allgemein geachtete und wertgeschätzte Schullehrer Braun von Schönbronn wird nächsten Dienstag den Ort seiner 12jährigen Wirksamkeit verlassen und im schönen Unterland (Winterbach bei Schorndorf) seine neue Thätigkeit entfalten. Wohl zum erstenmale versammelten sich letzten Mittwoch die Lehrer unsers Bezirks in Schönbronn zu einem Schullehrergesangverein, der in der dortigen schön restaurierten Kirche gehalten wurde. Nachdem mit der Schuljugend ein Choral gesungen war, und die Lehrer einige Männerchöre vorgetragen hatten, auch einige Orgelstücke gespielt worden waren, versammelten sich die Lehrer um den scheidenden Freund im Gasthaus.zur Linde, wo sich auch benachbarte Kollegen aus dem Calwer Bezirke mit ihren Frauen zur Abschiedsfeier eingefunden hatten. Nachdem Schullehrer Deines von Ebhausen mit einer herzlichen Ansprache den Anfang gemacht und die Lehrer einen Männerchor angestimmt hatten, hielt Pfarrer Zins er von Effringen-Schönbronn eine Rede, in welcher die Verdienste des Scheidenden, die er sich in seiner Heimatgemeinde erworben hatte, hervorgehoben wurden. Nach einem weiteren Männerchor sprach der Gesangdirektor sein Bedauern aus über den Abschied des lieben Kollegen, der sich immer auch an den Gesangvereinen so gerne beteiligte.