treffend darauf hin, daß durch Annahme diese- Antrag- der Industrie in den Strafanstalten eine noch größere Konkurrenz erwachsen müsse, als die- schon der Fall sei, eine Absicht, die Schnaidt sernc lag, so daß er seinen Antrag zurückzog. Auch die Thatsachc, daß AmtSgerichtsdicner durch verschiedene Nebenverdienste als Zustellungsbeamte, sowie durch Beköstigung der Gefangenen es zu Einnahmen bringen, welche den Neid der auf gleicher Stufe stehenden anderen Bediensteten erregen müssen, kam zur Sprache, und der Minister versprach, Erhe­bungen darüber anzustellen, ob cs sich empfehlen würde, die Beköstigung bei Amtsgerichtsgefängniffen mit entsprechendem Gefangenenbestand in Regie zu nehmen. Der Württemberg. Justizetat beziffert sich jährlich aus 4 015 755 der Staats-

zuschuß zu den Strafanstalten beträgt jährlich K54S34 die Jnquisitionskosten machen 640000 aus, die Amts­gerichte und Notariate kosten 1369022 Ministerium, Land­gerichte und Staatsanwaltschaft 1336499 Die Einnahme aus dem eigenen Gewerbebetrieb der Strafanstalten ist mit 523350 in den Etat eingestellt und der Arbeitsverdienst der Gejangcnen beläuft sich auf 217 334 «L jährlich.

Stuttgart, 10. April. Der Württembergische Kriegerbund versendet seinen 8. Geschäfts- und Rechenschaftsbericht auf das Jahr 1884. Wichtig ist, daß das Untcrstützungswesen eine neue Regelung ge­funden hat. In dem einzigen Jahre gingen 370 Gesuche ein. Das Gesammtvermögen des Bundes beträgt 57 433 »kL 75 L und ist um 6484 <-k6 ge­stiegen. Soll das Unterstützungswesen in wirksamere s Bahnen gelenkt werden, so muß das Vermögen ver­mehrt werden. Zu diesem Zwecke wurde daS Lot­terie-Unternehmen ins Leben gerufen, dessen Ertrag übrigens ins neue Jahr fallt. Der Ertrag dieser und einer zweiten in Aussicht gestellten Lotterie ist für die Errichtung der Witwen- und Waisenkasse bestimmt. Dem Bunde sind 22 Lokalvereine neu beigetreten. Der Bund zählt 689 Lokalvereine mit 24720 Mitgliedern. Ein besonders wichtiges Mo­ment in der Geschichte des Bundes 1884 ist auch die Aufstellung und Ausbildung von freiwilligen Krankenträger-Kolonnen.

In Feuerbach droht ein Steinbrecherstreik auszubrechen. Die Steinbrecher wollen künftig nicht mehr von morgens 5 bis abends 7 Uhr, sondern nur noch von morgens 6 bis abends 6 Uhr arbeiten. Einige Arbeitgeber haben sich damit einverstanden er­klärt, andere wollen aber nicht darauf eingehe» und drohen mit Einstellung der Arbeit.

Augsburg, 10. April. Fürst Fugger ist nachts 1^/r Uhr, 68 Jahre alt, gestorben.

Berlin, 10. April. Die gestrigen Nachrich­ten über den Zusammenstoß der Russen mit den Afghanen bewirkten eine große Erschütterung des hiesigen Geldmarktes; es werden erhebliche Verluste beklagt. In politischen Kreisen hofft man noch auf Vermeidung eines russisch-englischen Krieges, zumal da der Kaiser von Rußland demselben widerstrebe. Die Anrufung einer dritten Macht behufs eines Aus­gleiches gilt als wahrscheinlich, jedoch dürfte Deutsch­land die vermittelnde Macht nicht sein, da den leiten­den Kreisen eine derartige Aufgabe zu widerstreben scheint.

Berlin, 11. April. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: Infolge der Nachricht von einer aus den Sammlungen zum Geburtstag des Fürsten Bismarck zu gründenden Stiftung gingen bereits so viele Ge­suche an den Reichskanzler ein, daß es schon jetzt unmöglich geworden ist, den einzelnen Petenten zu antworten. Bisher ist übrigens die Stiftung noch gar nicht existent geworden, es steht selbst noch nichts über den Zweck derselben fest. Nur soviel scheint unzweifelhaft zu sein, daß die Gelder nicht zu allge­meiner Mildthätigkeit verwendet werden, sondern zur Erleichterung der Armenlasten dienen sollen. Die zahlreichen Gesuchsteller, welche von dieser falschen Voraussetzung ausgehen, dürften daher auch künftig nicht auf einen Bescheid rechnen.

Ein neues Weißbuch mit den Aktenstücken betr. die Kongofrage ist gestern dem Reichstag zugegan­gen. Sie umfassen 44 Nummern und den Zeitraum vom 6. März 1884 bis 26. Febr. 1885, also die Vorgeschichte der wcstafrikanischen Konferenz bis zum Zusammentritt der Konferenz. Den Schluß bildet der Vertrag Deutschlands mit der iuternat. Kongo­gesellschaft und die Generalakte der Konferenz. Bei­gegeben i>t eine sorgfältig ausgeführte Karte von Zentralafrika, welche im besonderen Aufträge des ousw. Amtes von Frisderichsen in Hamburg bear­beitet und gezeichnet ist.

Unmittelbar nach der Bismarck-Feier hatte sich in Berlin das mit großer Bestimmtheit austretende Gerücht verbreitet, der Kronprinz habe sich an dem Tage, au dem ganz Deutschland dem Reichskanzler so hohe Ehren erwiesen, aus Berlin entfernt, um im >

Grunewald eine Jagd abzuhalten. Daß er an Kom­mentaren aller Art hierzu nicht fehlte, wird jedem selbstverständlich erscheinen, der weiß, mit welchem Eifer seit Jahren daran gearbeitet wird, den Glauben au unauSgleichliche Gegensätze zwischen dem künftigen Kaiser und dem Fürsten Bismarck zu erwecken und auszunutzen. An solchen Gerüchten ist aber nicht die mindeste Wahrheit. Wenn heute hier und da die Frage erörtert wird, ob Bismarck nach dem Tode des Kaisers weiter noch im Amte bleiben oder frei- willig zurücktreten würde, so glaubt in Berlin nie­mand mehr daran, daß der jetzige Thronfolger in einen völligen Rücktritt des Reichskanzlers willigen würde. Sicher würde alles geschehen, um ihn zur Fortführung wenigstens der auswärtigen Politik zu bewegen. Der älteste Sohn des Kronprinzen, der Prinz Wilhelm, ist einer der glühendsten Bewunderer Bismarcks. Der Prinz, dem großes Talent und eine bedeutende Energie nachgerühmt werden, sowie manche Charakterzüge seines kaiserlichen Großvaters, läßt keine Gelegenheit vorübergehen, seiner Verehrung für Bismarck Ausdruck zu geben, und seine junge Frau, die Prinzessin Viktoria, wetteifert darin mit ihm.

DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: Es liegt uns eine statistische Zusammenstellung über die aus Anlaß des Reichstagsbeschlusses vom'15. Dez. v. I. an den Reichskanzler gerichteten Adressen vor. Unter 100 Wahlberechtigten haben danach an den Reichs­kanzler eine ZustimmungSadresse gerichtet im König­reich Sachsen 12,6, in Thüringen 12,2, in Baden 10,4 , in Württemberg 9.9. in'Hessen 9.0, in der Rheinpfalz 8,0. In den preußischen Provinzen war die Beteiligung am stärksten in Sachsen und West­falen, am schwächsten in Ost- und Westpreußen. Aus diesen Zahlen läßt sich der Schluß ziehen, daß der Antagonismus, welcher 1866 zwischen Preußen und den Mittelstaaten bestand, dem Gefühl enger Zusammengehörigkeit Platz gemacht hat. Nach dem Krieg hörte man nicht selten der Besorgnis Ausdruck geben, daß Süd- und Norddeutschland durch einen Spalt getrennt bleiben würden, der sich wohl äußer­lich verdecken, aber in keiner Zukunft ausfüllen las­sen werde. Die obige Zusammenstellung gibt einen statistischen Nachweis, aus dem wir die sichere Ueber- zeugung gewinnen, daß der nationale Gedanke heute gerade in Süddeutschland am festesten wurzelt. Wenn in einigen Teilen Bayerns die Beteiligung an den Adressen eine schwache gewesen ist, so erklärt sich diese Thatsache aus konfessionellen Gründen. Es sind diejenigen Kreise, in welchen der ultramontane Einfluß der vorherrschende ist.

Bismarcks Besuch auf seinem wiedergewonne­nen Stammgute Schönhausen war ein Fest für alle Einwohner und viele Andere, die ans der weiten Umgegend herzugeströmt waren. Bismarck kam mit seiner Gemahlin und seinen zwei Söhnen und wurde von dem Geistlichen, dem Kriegerverein, den Gesang­vereinen rc. festlich begrüßt. Er dankte sichtlich er­griffen und sagte:Durch die Gnade des Kaisers sind mir Güter geschenkt worden, die größer und wertvoller sind als Schönhausen, ich habe mich aber über keines so gefreut als gerade über die Wieder­vereinigung Schönhausens in der Hand meiner Fa­milie. Je älter man wird, je mehr weiß man den Grund und Boden zu schätzen, auf dem man als > Kind wandelte und wo die Grundlage zu dem ge­legt ist, was man später ward." Dieselbe Erklärung gab er abends ab. als ihm der Gesangverein ein Ständchen gebracht hatte, dem er im Park, im Jn- terimsrock und aus der langen Pfeife dampfend, an einen Baum gelehnt, gelauscht hatte. Als des abends durch die stillen Fluren und Auen das Lied aus dem Munde der Sänger tönte vom Rhein, wo unsre Reben wachsen, da gedachte der Kanzler wohl der heißen Tage, deren Ergebnis es war, daß der Rhein heute nicht mehr Deutschlands Grenze, son­dern Deutschlands Strom ist, und Thränen rollten über die Wangen des Mannes, den seine Zeit sonst den eisernen zu nennen pflegt.

In Braunschweig ist, wie die Blätter mel­den , als Antwort auf eine Glückwunschadresse des dortigen Bürgervereins zum Geburtstage des Kai­sers ein kaiserliches Schreiben eingelaufen, in wel­chem der Kaiser für die herzlichen Glückwünsche dankt und in Bezug auf das Herzogtum Braunschweig sei­nen Willen kund thiit, dahin zu wirken, daß dasselbe ein selbständiger Bundesstaat bleibe.

Oestcrreich-Nngarn.

Triest, 1l. April. Nachrichten auS Salonichi

melden, daß das österreichisch-ungarische Barkschiff MerkuriuS" mit 11000 Kisten Petroleum aus Newyork kommend, im Hafen von Salonichi in Brand geraten und ganz zu Grunde geganggn sei.

Frankreich.

So erfreulich für das neugebackene französische Kabinet die angebliche Ratifizierung der Friedens­präliminarien sein mag, so würde man sich doch einer bedenklichen Täuschung hingeben, wenn man anneh­men würde, daß dadurch ein dauerhaftes Friedens­verhältnis zwischen Frankreich und China angebahnt: werde. Der Haß der Chinesen gegen Frankreich ist dazu in Folge des Kriegs und namentlich des Ver­bots der ReiSzufuhren viel zu groß und unter allen Umständen werden sich die Schwarzflaggen in Tonkin an etwaige Befehle Chinas gar nicht kehren, also dürfte auch nach einem Friedensschluß ein kleiner Krieg fortdauern, der den Franzosen oft recht unbe­quem werden kann. Immerhin verdient das Pro­gramm des neuen Ministeriums, wie es Brisson vo der Deputiertenkammer entwarf, Anerkennung, sofern als dessen charakteristischer Grundzug der Vorsatz der Mäßigung und weisen Beschränkung und die Pro- klamierung einer Politik erscheint, welche alle Aben­teuer vermeiden, nur im unausweichlichen Notfälle zur Aktion übergehen und sich im klebrigen ganz der inneren Sammlung" widmen will.

Das französif che Parlament hat sich, nach­dem auch der Senat dem neuen Ministerium durch fast einstimmige Bewilligung des 150-Millionen-Kre- dits für Tonkin sein Vertrauen zu erkennen gegeben, bis zum 4. Mai vertagt. In der Kammer hat vor­gestern noch die Wahl eines neuen Präsidenten an Stelle Brisson's stattgefunden. Gewählt wurde Floquet mit 179 Stimmen.

Paris. 10. April. Acht Transportschiffe mit 10000 Mann Verstärkungen gehen übermorgen nach Tonkin ab. Heute morgen haben der Kriegs- und Marineminister über die Maßregeln beraten, 50 bis 60000 Mann nach China zu senden, falls China nicht gleich und vollständig den Frieden ausführe.

Paris, 10. April. Heute traf hier die bedeu­tungsvolle und allseits mit Freude begrüßte Nach­richt ein, daß das kaiserliche Dekret, welches den Vertrag von Tientsin bestätigt und den chinesischen Truppen anbefiehlt, an bestimmten Fristen über die Grenze zurückzugehen, in der verabredeten Form in Peking erlassen und notificiert worden ist. Die zwi­schen Frankreich und China Unterzeichneten und von heute ab in Kraft tretenden Friedenspräliminarien bestimmen, daß binnen möglichst kurzer Frist ein definitiver Friedens- und Handelsvertrag abgeschlos­sen werden soll.

Italien.

Die Insel Caprera ist an die italienische Re­gierung verkauft worden. Die Witwe Garibaldis war selbst in Rom, um die Verhandlungen abzu­schließen. Als Kaufpreis nennt dieGazetta" drei Millionen; dieLiberia" spricht von höchstens einer halben Million. Nach dem letztem Blatte hätten die Witwe und die Kinder erster Ehe dem Staate die Insel umsonst überlassen, allein für die minder­jährigen Kinder zweiter Ehe entschied das Vormund­schaftsgericht, daß die Insel bezahlt werden müsse. Die Familie hat sich gewisse Rechte bezüglich des Grabes und des Wohnhauses Garibaldis Vorbehalten. Die Regierung will auf der Insel einen Leuchtturm und ein Marinehospital errichten.

England.

London, 10 April.Pall Mall Gazette" empfiehlt kaltes Blut und ruhige Feststellung des Thatbestandes, bevor man den zum Kriege führen­den Beschluß fasse. Wenn das jüngste Vorgehen der Russen so unprovoziert sei, wie es scheine, so werde sie sich der Kriegspartei anschließcn. Im Unterhaus erklärte Gladstone, die Antwort Rußlands vom 2. April schien die Lösung der afghanischen Frage nicht vorwärts zu bringen. Die Mitteilung Rußlands schien aber den Dingen eine hoffnungs­vollere Gestalt zu geben; inzwischen sei das bekannte unglückliche Ereignis cingetreten. Der Angriff der Russen scheint uns unprovoziert. Wir verlangen und erwarten darüber Rußlands Erklärungen. Tiers sprach noch vor Eintreffen unserer Anfrage gestern dem Botschafter Thornton gegenüber die ernste Hoffnung aus, der unglückliche Zwischenfall werde die Fortsetzung der Verhandlungen nicht verhindern.

Die folgende Mitteilung wirft ein sehr bedenk­liches Licht auf die in der englischen Armee herrschen-