die Nachricht am Mittwoch morgen in Bonn, wo er die betr. Gewinnnummer in einer Wirtschaft in der Zeitung las. Derselbe ließ sich durch den unverhoff­ten Glücksfall nicht aus seinem Gleichgewicht bringen, sondern zog noch an demselben Tage mit seiner Kiepe auf dem Rücken zur Betreibung seines Handels über Land.

Brandfälle: In Thuningen i. d. Baar am 25. Febr. ein großes, von 5 Familien bewohntes Haus; die Bewohner konnten nur das nackte Leben retten und sind leider auch nicht versichert.

Aus Thüringen. In Erfurt hatte sich ein Lokomotivführer im Dienste eine so starke Gehirn­erschütterung zugezogen, daß er geistesschwach und ins Irrenhaus gebracht wurde. Er erhielt für sich und seine Familie monatlich 36 vkL Pension. Nach Jahren wurde er so weit geheilt, daß er entlassen werden konnte, er blieb aber vollständig erwerbsun­fähig. Nun wurde er klagbar gegen die Bahnver­waltung und erstritt durch gerichtliche Entscheidung eine einmalige Entschädigung von 14000 und eine jährliche Pension von 1500 -M.

Leipzig, 25. Febr. (Studentenkommers.) Gestern abend fand hier ein allgemeiner Studenten­kommers zur Vorfeier von Fürst Bismarcks 70. Ge­burtstag statt (der Tag selbst fällt in die Ferien). Die eigentliche Festrede hielt Professor Maurenbrecher, der in schwungvoller längerer Rede ausführte, daß es Pflicht jedes nationalgesinnten Deutschen sei, dem Kanzler für seine segensreiche patriotische Thätigkeit zu danken. Es ward auch ein Huldigungstelegramm an den Kanzler abgesandt, der umgehend der freuhig erregten Versammlung seinen herzlichen Dank aus­sprach.

Berlin, 25. Febr. Das Zentrum wird, wie es heißt, falls der Kultusetat bis Samstag durch­beraten ist, an diesem Tage die Vertagung des Ab­geordnetenhauses auf acht Tage beantragen, um dem Reichstag Zeit für die Beratung der auf die Kolo­nialpolitik bezüglichen Vorlagen zu lassen.

Berlin, 25. Febr. Die verwitwete Groß­herzogin Alexandrine von Mecklenburg-Schwerin, die einzige noch lebende Schwester des Kaisers, vollendete am 23. Febr. ihr 82. Lebensjahr. Von den drei Schwestern des Kaisers ist die älteste, die Kaiserin von Rußland, als Witwe Nikolaus' I. 1860, die jüngste, Prinzessin Friedrich der Niederlande, 1870 gestorben, die Großherzogin Alexandrine noch am Leben. Sie hat ihren Gemahl früh (1842) verloren und auch alle ihre Kinder sind vor ihr gestorben. Sie soll ihrer Mutter, der Königin Luise, sehr ähn­lich sein.

Berlin, 26. Febr. Der König von Belgien richtete einen Brief an den Fürsten Bismarck, worin er dem Reichskanzler seinen Dank ausspricht für die großen Dienste, welche er durch die Einberufung der Konferenz der Zivilisation in Afrika geleistet habe.

Berlin, 26. Febr. Die heutige Schlußsitzung der afrikanischen Conferenz begann um halb 3 Uhr unter dem Vorsitz des Fürsten Bismarck. In der Eröffnungsrede sprach der Fürst sein Bedauern da­rüber aus, daß sein Gesundheitszustand und seine anderweitigen Dienstgeschäfte ihn daran gehindert hätten, persönlich den Verhandlungen beiwohnen zu können; er habe jedoch mit lebhaftem Interesse den Gang derselben verfolgt und seine Teilnahme mehr­fach zu bethätigen Gelegenheit gehabt. Der Reichs­kanzler gab der Befriedigung darüber Ausdruck, daß es gelungen sei, über die einzelnen Punkte des Con- ferenzprogramms eine Einigung zu erzielen. Der Präsident resümierte sodann kurz die einzelnen von der Conferenz gefaßten, jetzt in einer Generalakte ver­einigten Beschlüsse und zollte dem versöhnlichen Geiste Anerkennung, der sowohl bei den Beratungen der Conferenz selbst, wie bei den außerhalb derselben stattgehabten Verhandlungen obgewaltet habe. Der unter den Auspicien Sr. Maj. des Königs der Belgier gegründete, jetzt von fast allen Mächten anerkannte Congostaat werde eine der wertvollsten Stützen für den Bestand des Werkes der Conferenz bilden. Fürst Bismarck schloß, indem er im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs den anwesenden Bevoll­mächtigten, sowie den Delegierten den Dank für ihre erfolgreiche Mitwirkung an den Arbeiten der Conferenz aussprach. Demnächst erhob sich der italienische Botschafter, Graf Launay, um als Doyen im Na­men der Versammlung zu danken und der hohen Verdienste zu gedenken, welche sich Fürst Bismarck selbst um das glückliche Gelingen des Conferenz-

werkes erworben habe. Fürst Bismarck machte hier­auf den Anwesenden die Mitteilung, daß die inter­nationale Gesellschaft des Congo ihren Beitritt zu den Beschlüssen der Conferenz erklärt habe uud ver­las das darauf bezügliche, von Oberst Strauch als Bevollmächtigten der Gesellschaft Unterzeichnete Schrift­stück. Die Versammlung schritt sodann zur Unter­zeichnung der auf einem besonderen Tische ausge­breiteten, auf Pergament gedruckten 14 Vertrags­instrumente. Nach Beendigung dieser Feierlichkeit wurde um halb 4 Uhr die Sitzung durch den Für­sten Bismarck geschlossen.

Berlin, 28. Febr. Der engere Ausschuß des preußischen Staatsrats wurde vom Kaiser zur Vor­prüfung der Börsensteuer zusammenberufen. Der preußische Landtag wird zu Ostern geschlossen werden.

Im preußischen Landtage nahm bei der Bera­tung des Kultusetat die Kulturkampfdebatte, wie alljährlich, mehrere Sitzungen ein. Ein praktisches Ergebnis hatte sie nicht. Einen eigentümlichen Zwi­schenfall bildete die Schweningeraffaire. Dr. Schwe- ninger, Leibarzt des Fürsten Bismarck, wurde bekannt­lich im vorigen Jahre zum außerordentlichen Pro­fessor an der Berliner Universität ernannt, ohne daß die Regierung hierzu, wie es bisher üblich war, das Gutachten der Akademie einholte. Die Berliner Pro­fessoren waren schon deshalb auf ihren neuen Kol­legen Piquiert, wurden es aber noch mehr, als sich herausstellte, daß Schweninger schon 4 Monate Ge­fängnis wegen Sittlichkeitsvergehen abgebüßt hatte. Die deutschsreisinnigen Abgeordneten Dirichlet und Professor Virchow brachten die Angelegenheit zur Sprache. Sie behaupteten, ein wegen Sittlichkeits­vergehen bestrafter Mensch könne nicht mehr als Leh­rer der Jugend wirken; Schweningers Ernennung zeige, daß ein schlimmes Protektionswesen in Preußen eingerissen sei. Kultusminister Gosler behauptete, es liege ein Ausnahmsfall vor. Schweninger habe den Fürsten Bismarck gesund gemacht; es sei wünschens­wert gewesen, daß dieser Arzt bei dem Fürsten Bis­marck bleibe. Schweninger habe aber nur unter der Bedingung in Berlin bleiben wollen, daß man ihm eine Profesforstelle gebe. Er, der Minister, mußte deshalb, im Interesse unseres großen Kanzlers, wenn auch mit schwerem Herzen, die Ernennung vollziehen. Diese Anschauung fand bei der Linken keinen Beifall und es kam zu sehr stürmischen Szenen. Der demokratische Abgeordnete Stern (Frankfurt) hat Streichung der im Kultusetat aufgeführten Position von 3900 für die Dermatologische Professur in Berlin beantragt. Stern führte aus: Die Er­richtung dieses Lehrstuhls entspreche zwar einem langgefühlten Bedürfnisse, hier habe man aber einen Mann gehabt und für denselben die geeignete Stelle gesucht. Nach genauen Erkundigungen bezögen sich die wissenschaftlichen Verdienste des Herrn nicht auf das Fach, wofür er ausersehen, sondern auf andere Gebiete. Die ethische Seite anlangend, anerkenne er, daß der Minister die Sache richtig dargestellt habe. Für die preußischen Lehrer herrsche die Bestimmung, daß keiner angestellt werde, auf dessen sittlichem Leben ein Mackel ruhe. Davon hätte aber auch hier keine Ausnahme gemacht werden dürfen. Wenn man Schweninger habe belohnen wollen, so hätte man ihn ja adeln können. Virchow: Bei der Besetzung der fraglichen Stelle seien ältere Ansprüche bewährter Privatdozenten unberücksichtigt geblieben. Man sei von dem üblichen Herkommen abgegangen, deshalb sei der Gehalt budgetmäßig angreifbar. Die Posi­tion wird aber mit 190 gegen 142 Stimmen bewil­ligt. Dagegen Zentrum, Freisinnige uud Polen.

Wie wir zuverlässig hören, liegt es in der Absicht der Regierung, binnen Kurzem dem Reichs­tag ein Weißbuch, betreffend die eben zum Abschluß gelangte Congoconferenz zugehen zu lassen, die Vor­bereitungen dazu sollen bereits getroffen sein.

Ein hübsches Wort über die neuen deutschen Kolonien hat ein Redner in Berlin gefunden. Meine Herren, sagte er, Bismarck hat uns nicht nur ein geeintes Vaterland verschafft, sondern hat auch Deutschland zu einem Mutterland gemacht.

Hamburg, 27. Febr. Vor Cuxhaven fand eine Collision zweier ausgehender Dampfer statt. Der schwedische DampferNorden" ist gesunken, der englische DampferCumberland wurde leck. Sechs Personen vomNorden" gerettet, zwanzig wahr­scheinlich ertrunken.

In Roßdorf im Rhöngebirge wurden kürz­lich von einer Ziege 2 junge Zieglein geworfen >

und nach Verlauf von 5 Tagen wieder 2 Zieglein; alle 4 sind lebendig und vollkommen ausgewachsen.

In ganz verschiedenen Gegenden Deutschlands wurden vier Leichen im Maskenkostüm im Wasser gefunden, 2 darunter in der Maske von Harleskins. Sie waren vom Maskenball gekommen und ertrun­ken. So nahe wohnen tolle Lust und Tod bei ein­ander.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 26. Febr. Die österreichisch-ungarische Zollkonferenz führte zu voller Uebereinstimmung. Den ungarischen Anträgen gemäß wurde eine Zollerhöhung auf Getreide, Mehl, Malz bis zur Ziffer der in Deutschland in Aussicht genommenen Erhöhungen beantragt. Ebenso wurden die von Oesterreich be­antragten eventuellen Zollerhöhungen auf eine größere Anzahl von Jndustrieartikeln, darunter Wollwaren, angenommen. Die Erhöhung der Eisenzölle war nicht Gegenstand der Verhandlung.

Schweiz.

Der Umstand, daß thatsächlich ein anarchistisches Komplot bestanden hat, um den Bundesratspalast in Bern in die Luft zu sprengen, veranlaßt die Schwei« zer'sche Bundesregierung zu ernsteren Maßregeln ge­gen die in der Schweiz wohnenden Mitglieder der rothen Internationale. In Bern wurden am Freitag zehn Anarchisten verhaftet und zwar in dem Augen­blicke, als sie im Begriffe waren, mit der Bahn ab­zureisen; ihre Verhaftung hängt wahrscheinlich mit dem Komplot gegen den Bundesratspalast zusammen. Frankreich.

Paris, 25. Febr. Von dem Verbot des> Reishandels verspricht man sich hier sehr viel. In Shanghai sollen 450000 Doppelzentner Reis liegen, welche für Peking und den Norden Chinas bestimmt sind und welche Courbet nunmehr zurückzuhalten hofft. Jndeß hat China ein sehr entwickeltes Kanalsystem. Ob sich die anderen seefahrenden Nationen, z. B. dir Engländer, die Subsumierung des Reis unter Kriegs- kontrebande ohne weiteres gefallen lassen, steht auch noch dahin. Eine Neuerung ist das unter allen Um­ständen.

Paris, 27. Febr. DasJournal de Mission Katholiques" veröffentlicht ein Schreiben, wonach mehrere Hundert Katholiken Junan auf geheimen Befehl des Vicekönigs von Indien ermordet hätten. Die Kammer genehmigte den Zuschlagszoll von 6 Frcs. auf europäisches oder direkt importiertes außereuropäisches Mehl. Die 9 Frcs. und 40 Cts. für außereuropäisches aus europäischen Entrepots importiertes Mehl.

Die französische Deputierte nkammer hat gestern mit 316 gegen 175 Stimmen den Zu­schlagszoll auf Getreide angenommen. Als der Handelsminister Rouvier gestern aus der Sitzung der Deputiertenkamnzxr kam, gab ihm ein Individuum zwei heftige Faustschläge. Der Minister brachte den Angreifer zu Fall. Derselbe ist ein entfernter Ver­wandter des Ministers und verfolgte diesen seit längerer Zeit mit Gesuchen um Anstellung und Geld. Er wurde verhaftet.Telegraphe" befürchtet, das Verbot, Reis aus Cochinchina nach China einzufüh- ren, um Peking auszuhungern, werde die Agrikultur Cochinchinas ruinieren, wo fast nur Reis gebaut wird. Schweden und Norwegen.

Stockholm, 23. Febr. Die seitens der deut­schen Reichsregierung beabsichtigte Erhöhung der Holzzölle hat in den Distrikten, die sich an der Holz­ausfuhr nach Deutschland beteiligen, bezw. in den mit dem Holzhandel beschäftigten Kreisen eine unge­mein lebhafte Bewegung hervorgerufen. Eine aus hervorragenden Repräsentanten der Branche bestehende Versammlung beschloß, die Regierung zu ersuchen, geeignete Maßnahmen zu treffen. Gleichzeitig wurde von einer Minderheit der Antrag gestellt, andere Abjatzquellen als Deutschland für schwedisches Holz aufzusuchen, und von noch anderer Seite wurde be- beantragt, von der Regierung eine entsprechende Ab­änderung der Zolltarife des Reiches zu verlangen.

England.

London, 28. Febr.Daily News" glaubt, die geringe Majorität, welche die Negierung im Unter­haus erzielte, werde dieselbe wahrscheinlich zum Rück­tritt veranlassen. Der heutige Kabinetsrat werde sich mit der Frage der Demission beschäftigen. Die Tory­blätter glauben, der Rücktritt des Ministeriums sei unvermeidlich.

London, 28 Febr. Das Unterhaus verwarf mit 302 gegen 288 Stimmen das Tadelsvotum North-