sämtliche Teilnehmer durch den dabei herrschenden gemütlichen Ton sichtlich erfreut. Das gemeinschaft­liche einfache, aber reichlich und gut gereichte Abend­essen trug wesentlich dazu bei, daß auch etlichebe­leibte" Nichttanzenden ihreBallgelüste" befriedigen konnten.

/V Egenhausen, 14. Febr. Ein hiesiger, junger Bürger, SchnittwarenhändlerM. Bolz, jun., welcher allwöchentlich die meist im voraus bestellte Ware in die Rottenburg umgebenden Orte mittelst eigener Fuhre abliefert, geriet letzten Mittwoch an einer abschüssigen Wegstelle bei Seebronn unter den beladenen Wagen, wobei ihm ein Fuß zerquetscht wurde. Sofort nach Rottenburg in ärztliche Be­handlung verbracht, wurde von dort aus dessen Ver­bringung nach Tübingen angeordnet, wo er der Hei­lung der starken Fußverletzung harrt. Aber auch in diesem Falle schritt das Unglück nicht einfach! Die von hier gebürtige 24 Jahre alte, sehr brave Magd der Volz'schen Eheleute wurde ihrer eigenen Aus­sage nach von dem ihrem Dienstherrn zugestoßenen Unglück tief ergriffen, so daß sie, zuvor schon etwas lungenleidend, in der Nacht des Donnerstags an einem Schlagflusse verstarb und erst am andern Mor­gen beim vergebich erfolgten Weckruf der Hausan­gehörigen vor ihrer Bettstelle tot aufgefunden wurde.

§ Wildberg, 12. Febr. (Deutsche Gcne- ralfechtschule" betreffend.) In ähnlicher Weise, wie nach Nr. 11 dieses Blattes eine AnzahlFechtmei­ster" in Nagold sich bemühen, den Zwecken der Deutschen Reichssechtschule Magdeburg" zu dienen, ebenso hat auch hier im Juli 1884 eine Fechtschule begonnen, die Zwecke derDeutschen Generalfecht­schule Lahr", welche ganz dieselben sind, wie die der Reichssechtschule", zu fördern, nämlichdurch Samm­lung freiwilliger Beiträge aller Art einen Fonds zu begründen zur Errichtung und Unterhaltung von Waisenhäusern im Deutschen Reiche". Der An­fang war bescheiden, aber der nie rastenden Thätig- keit des betreffenden Fechtmeisters ist cs gelungen, in der kurzen Zeit von einem halben Jahr 15 neue Fechtschulen zu begründen, welche über den ganzen Oberamtsbezirk Nagold und sogar darüber hinaus sich erstrecken. Außerdem hat er in hiesigen öffent­lichen Lokalen 9 Sammelbüchsen aufgestellt und haben dieselben nach dem letzten Sturze am 3. Dezbr. 1884 bereits einen Ertrag von 13 ergeben. Hiedurch wurde der Fechtmeister in die angenehme Lage ver­setzt, derDeutschen Generalsechtschule Lahr" ein­schließlich des durch Ausgabe von Mitgliedskarten erfochtenen Betrags bare 110 vkL abzuliefern, wozu sich noch eine stattliche Anzahl Patronenhülsen, ge­spendet von hiesigen Waidmännern, sowie je ein Paket Cigarren-Abschnitte und gebrauchter Briefmarken gesellten. Dank dieses Erfolges wurde unserem ersten Fechtmeister von derGeneralfechtschule" der Ehren­titel einesFechthauptmannes" verliehen. Am 31. Dezbr. 1884 hat der Fonds derDeutschen Generalsechtschule Lahr" 17547478 L betragen und ist, wie bekannt, das erste Reichswaisenhaus in Lahr bereits für die Aufnahme von 100 Zöglingen ausgebaut und dessen Eröffnung auf Pfingsten dieses Jahres projektiert. Unbekümmert um die leidige Streitfrage mit Magdeburg, deren baldige Erledigung im Interesse der guten Sache dringend wünschens­wert ist, wird von unserem Fechthauptmann und seinen 15 Fechtmeistern auch im neuen Jahre weitergefoch- ten im Vertrauen auf die schon so oft bewährte Opfer­willigkeit ihrer Mitbürger und unter dem Motto: Der Waisen Dank Gottes Dank!"

Stuttgart, 12. Febr. Es ist jetzt bekannt, daß der Wiederzusammmentrit des Landtags am Dienstag den 3. März erfolgen wird.

Stuttgart. 13. Febr. Heute Vormittag war Sattelmeister Weber mit einem jungen arabischen Pferd ausgeritten. In den Anlagen scheint das feurige Tier die Zügel mit den Zähnen gefaßt zu haben; der von Jugend auf mit Pferden vertraute vorzügliche Reiter saß wehrlos auf dem durchgehen­den Pferde, das den Reiter so derb gegen einen Baum schleuderte, daß die Gehirnschale brach und der Reiter sofort tot zu Boden stürzte.

Cannstatt, 11. Febr. In voriger Woche haben lautSch. M." 50 Revier- und Oberförster aus allen Landesteilen im Hotel Bellevue dahier ge­tagt, um über Aenderung ihrer dienstlichen Stellung zu beraten, und den Beschluß gefaßt, eine motivierte Eingabe an das Kgl. Finanzministerium und die Kgl. Forstdircktion um Verbesserung derselben dnrch

Uebergang zum Oberförsterssystem einzureichen, und zugleich die Motive den Mitgliedern beider Kammern zu übersenden.

Zum Getreidezoll schreibt man aus München: In Bayern ist das Getreide buchstäblich unver­käuflich; selbst zu Preisen, welche kaum die Herstel­lungskosten decken, ist keine Nachfrage nach bayeri­schem Getreide mehr. Unser Bauernstand kommt da­durch an den Rand des Verderbens. Wem nützen diese gedrückten Getreidepreise? Antwort: Ausschließ­lich der internationalen Spekulation und den Korn­wucherern. Wenn die Getreidezölle um das Drei­fache erhöht werden, so leidet darunter nicht das bil­lige Brot des armen Mannes; es werden nur der Spekulation Zügel angelegt. Zudem ist billiges Brot nicht das Ideal der Volkswirtschaft, sondern nur das Ideal der allgemeinen Sklaverei. Sobald sich die Landwirtschaft nicht mehr lohnt, fallen auch die Löhne der industriellen Arbeit, tritt ein Verfall der ganzen Volkswirtschaft, ein Sinken des allgemeinen Wohl­standes ein. Jetzt wie immernährt der Landwirt alle".

In Kassel ist eine Krinolinenfabrik errichtet worden, welche dieser Tage ihren Betrieb eröffnet hat. Nun wird die Welt es doch endlich glauben, daß die Sonne wieder in das Zeichen des Reifrockes ein getreten ist.

Berlin. 12. Febr. Meldungen derFrkf. Ztg.": Das Postsparkassengesetz ist soeben von der Reichstagskommission abgelehnt worden, nachdem vor­her alle Paragraphen von 30 ab einzeln abgelehnt waren.

Berlin, 12. Febr. Im Reichstage wurde heute erzählt, daß Herr Woermann die ihm gehörige Insel Nicol an der Küste von Bimbia, die in den jüngsten Verhandlungen des Reichstags erwähnt wurde, an den Abgeordneten Oechselhäuser verkauft habe. Die Insel ist unbewohnt. H^ Woermann bot die Insel scherzhafter Weise schon Herrn Eugen Richter zum Kauf an.

Berlin. 12. Febr. Der Bundesrat erklärte in heutiger Sitzung sich damit einverstanden, daß auf der Grundlage des preußisch-russischen Ausliefe­rungsvertrags der Auslieferungsvertrag zwischen Deutschland und Rußland abgeschlossen werde.

Berlin, 13. Febr. Der Reichskanzler stellte die Einbringung eines Sperrgcsetzes für Getreide für die Zwischenzeit zwischen der Notierung und Jnkraft- tretung des Getreidezolles in Aussicht, um die schon begonnene riesige Einfuhr zum jetzigen niedrigen Zoll­satz zu verhindern und dem Zollsiskus Verluste ab­zuwenden.

Berlin, 13. Febr. Die Budget-Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses bewilligte nach heftiger Debatte den Gehalt für Professor Schwe- ninger. Im Plenum wird die Position zu einer stürmischen Sitzung führen.

Berlin. 14. Febr. Die Kommission zur Be­ratung des Gesetzentwurf, betr. den Arbeiterschutz, beschloß: Gewerbetreibende dürfen die Arbeiter zur Sonntagsarbeit nicht verpflichten und sie in Fabriken, Werkstätten, auf Bauten Sonntags überhaupt nicht beschäftigen. Richters Antrag, die Regierung solle eine Gesetzesvorlage machen, behufs Heranziehung der deutschen Kolonien zur Deckung der dem Reiche erwachsenden Kosten, wurde in der Budgetkommission mit 16 gegen 12 Stimmen angenommen.

Berlin, 14. Febr. Die Commission nahm in erster Lesung die Ausdehnung der Unfall- und Krankenversicherung auf die Transportgewerbe an. Es findet eine zweite Lesung statt. Abg. Dr. Buhl ist Berichterstatter.

Die dreitägige Debatte im Reichstage über die Zolltarifuovclle ist gestern (12.) zum Abschluß ge­langt. Eine große Mehrheit hat sich dafür entschie­den, die zweite Beratung über die Getreidezölle im Plenum vorzunehmen, wogegen die Holzzölle und die Jndustriezölle an zwei besondere Kommissionen von je 21 Mitgliedern überwiesen sind. Der Reichs­kanzler legte großen Wert darauf, daß die ganze Vorlage im Plenum möglichst schnell erledigt werden möchte-, damit nicht durch Massenimport der mit einer Zollerhöhung bedrohten Artikel die Reichskasse und die einheimische Bevölkerung geschädigt würde. Daß nunmehr die Regierung ein Sperrgesetz vorlegen sollte, halten wir nicht für wahrscheinlich. Der Schwer­punkt der Vorlage auch in finanzieller Beziehung liegt in den Getreidezöllen. Daß für deren Annahme eine sichere Majorität vorhanden ist, steht vollkommen

fest. Es kann sich nur noch, darum handeln,-ob Er­mäßigungen bezw. Erhöhungen der Regierungsvor­schläge durchzusetzen sind. An Versuchen nach beiden Richtungen wird es nicht fehlen, doch halten wir die möglichst unveränderte Vorlage für das Wahrschein­lichste. Alsdann würde nichts im Wege stehen , die Zollerhöhung alsbald in Kraft treten zu lassen. Die abgesonderte Behandlung der Getreidezölle wird viel­leicht auch die Beanstandung anderweitcr Zollerhö­hungen erleichtern. Von den Judustriezöllen war bei der Generaldebatte kaum die Rede; die Holzzölle haben aber, wie es scheint, mehr Gegner als die Getreidezölle, wir halten es daher noch gar nicht für ausgemacht, daß, wenn erst die Getreidezölle in Sicher­heit gebracht sind, auch für Holzzölle rc. eine Majo­rität zur Disposition steht.

(Die kleinste Uhr der Welt.) Unter dieser Be­zeichnung befindet sich jetzt in dem Schaufenster des Hosuhrmachers Hartmann (vormals Nevir) zu B er- l i n, Unter den Linden 49, eine Uhr, welche an einem goldenen Haken befestigt und als Damenschmuck zu tragen ist. Die Uhr ist kaum halb so groß als ein Zwanzigpfennigstück, und um diese Kleinheit zu be­zeichnen, liegt ein Dollar und ein Zwanzigpfennigstück dicht neben der Uhr. An dem Haken befindet sich ein in Gold gefaßter Amethyst, den Herr Hartmann für 18000 ^ gekauft hat. Die Uhr, welche sehr gut geht, ist das Werk eines jungen Genfer Uhr­machers, welcher 4 Jahre daran gearbeitet hat; sie stellt einen Wert von 13000 vIL dar.

Es wurde s. Z. in der D.-Z. von einem Ge­treidehändler behauptet, es sei unmöglich , Schwer- spath (Baryt) unter das Mehl zu milchen und mit zu verbacken. Ein derartiger Fall ist jedoch jetzt in Kottbus und zwar es scheint fast unglaublich beim Militär vorgekommen. Bei dem dortigen Füsilierbataillon trat nämlich eine Krankheit auf, die sich die Aerzte anfangs gar nicht erklären konnten. Die Zahl der Kranken war schon auf 106 gewachsen, da endlich stellte es sich heraus, daß die Ursache in einer Brotverfälschung durch Schwerspat!) beruhe. Auch in Krossen ist der Fall vorgckommen. Oesterreich-Ungarn.

Wien, 14. Febr. Schönerer veranstaltete gestern eine Volksversammlung, in welcher die Juden und die Presse mit Schmähungen und Drohungen überhäuft wurden. An der Eingangsthüre klebte ein Plakat:Eintritt von Juden ist verboten."

Pest, 12. Febr. Der 62jährige Uhrmacher Szeiler Hierselbst hat sich mit seiner Gattin und 4 Kindern aus Not vergiftet.

Frankreich.

Paris, 11. Febr. Die Polizei ist, wie es heißt, einer Verschwörung auf der Spur. Heute verhaftete sie den Sozialisten Albrecht aus Deutsch­land und den bekannten Anarchisten Morphy. Die beim ersteren gemachte Haussuchung führte zur Ent­deckung von Briefen von Reinsdorff, der vor eini­gen Tagen in Halle hingerichtet wurde. Man fand bei demselben ferner eine vollständige Sammlung der Most'schenFreiheit" und viele anarchistische Blätter. Albrecht soll der Führer der hiesigen deutschen Sozia­listen sein. Bei Morphy, welcher d.r Sohn eines Engländers und einer Französin ist, fand man Briefe von russischen Nihilisten und deutschen Sozialisten. Die Verhaftung von ungefähr dreißig fremden Sozia­listen steht bevor.

Wer ist der Kriegsminister des Mahdi? Nach dem PariserFigaro" wäre es ein Franzose Namens Veret, eine den Deutschen nicht ganz unbekannte Per­sönlichkeit, da er es war, welcher im September 1870 die Festung Laon in die Luft sprengte, um sie dem Feinde nicht unversehrt überlassen zu müssen. Als einige Monate später die Commune ausbrach, er­teilte Herr Thiers denselben Auftrag, die Kanonen von Montmartre herabzuholeu, und er versuchte dies zu thun, scheiterte aber in dem schwierigen Unternehmen, weil seine Soldaten ihm nicht bis an's Ziel folgen wollten. Nach dem Kriege wurve Veret Geschäfts­mann und Wucherer und trieb es so arg, daß er deshalb zu verschiedenen Malen verurteilt und end­lich aus der Ehrenlegion ausgestoßen wurde. Diese Strafe ging ihm so zu Herzen, daß er das Vater­land verließ, in Egypren sein Glück suchte, von da nach Sudan zog und dem Mahdi seine Streitkräfte nach europäischem Vorbilde organisieren hals. In dem wunderlichen Kabinet, in dem er die Funktio­nen eines Kriegsministers versieht, ist Olivier Pain, sein Gegner im Barrikadeudampfe vom Mai 1871,