an das provisorische Komite des Schwarzwaldvereins in Stuttgart gerichtet werden.

Dieser Aufruf wäre in Nagold Stadt und Amt sehr zu beherzigen und zwar zunächst durch zahlreichen Beitritt, (welchen vielleicht die Redaktion vermitteln würde), insbesondere der Wirte, Metzger, überhaupt aller Geschäftsleute, es wäre dies das geeignetste Mittel, einen künftig gesuchten Luftkurort zu gründen, dessen allseitige Vorteile wohl nicht erst erörtert zu werden brauchen. Nach weiterer Nach­richt im Schwäb. Merkur vom 20. ds. findet die de­finitive Constiiuirung des Vereins am 23. Nov. in Stuttgart statt, wozu auch Deligirte aus Freuden­stadt kommen, und wobei Nagold ebenfalls vertreten sein sollte. - H.

Stuttgart. 20. Nov. (Zur Frage des Evan­gelischen Gesangbuches für Württemberg) wird dem St.-A." geschrieben: Die evangelischen Gemeinden unseres Landes befinden sich jetzt in großer Not. da allgemein Ausgaben des Gesangbuches in der neuen Orthographie erwartet werden, beim Verleger aber noch so große Vorräte mit der alten auf La­ger sind» daß es mit dem Erscheinen der Neudrucke noch gute Wege hat. Da möchte denn der Hin­weis am Platze sein, daß alle die Interessenten, welche ihr Gesangbuch nur für den Gottesdienst, die Bet- und Bibelstunde, kurzum zur Erbauung (im Gegensatz zum Schulgebrauch) haben wollen, eben so gut die alte Auslage mit alter Orthographie ver­wenden können. Dadurch aber, daß die alten Vor­räte Abgang finden, wird der neuen Ausgabe und der Schule ein großer Dienst erwiesen, insofern die neuen Ausgaben dann um so bälder erscheinen.

Wie die Berechnung des Finanzrats Dr. Schall über das Volksvermögen und Volkseinkommen Würt­tembergs ergiebt, hat unser Land ein Gesammt- aktivvermögen von 10,646 Mill. Mark, dem ein Passivvermögen von 1640 Mill. Mark gegenüber­steht. Das reine Volksvermögen beträgt also rund 9 Milliarden Mark; davon kommen auf Grund und Boden 3174 Millionen, Gebäude 2419 Millionen, Verkehrsmittel 421 Millionen, bewegliche Güter 2432 Millionen. Forderungen an das Ausland 560 Mil­lionen, zusammen 9006 Millionen. Das gesammte Einkommen beträgt aus Landwirtschaft 243,3 Mill., aus der Forstwirtschaft 29 Mill., aus Torf- und Bergbau 7,9 Mill. Mark. Das Einkommen, welches durch stoffverarbeitende Gewerbe und Handel erwor­ben wird, beträgt ca. 275 Mill., die Verkehrsanstal­ten ergaben 23 Millionen, aus persönlichen Dienst­leistungen 19 Mill.. aus dem Zivildienst und den freien Berufsarten 39 Millionen Mark. Die Ge­samtsumme des Volkseinkommens in Württemberg wird auf 702 Mill. berechnet.

DemFranks. I." wird geschrieben: Ueber den Eisenba hnunfall, der gestern Morgen den Stuttgart-Bruchsal-Frankfurter Nachtzug Nr. 38 bei bei der Durchfahrt durch die Station Bietigheim betroffen hat, erfahren wir noch folgendes Nähere. Der württembergische Postwagen, der durch die in Folge des Anpralls zerbrochenen Petroleumlampen in Brand geriet, ist bis auf die Eisenteile total ver­brannt. Der ganze Inhalt desselben, bestehend aus ca. 600 gewöhnlichen und 90 Wert-Postpacketcn ist durch die Flamme vollständig zerstört worden. In den Wertpacketen befanden sich große Summen Gel­des in Gold, Silber und Papier, sowie viele Gold- und Lchmuckgegenstände, wie sie die wücttemb. Gold­industrie producirt. Ferner befand sich in dem Wa­gen die für den Norden und Nordwesten Deutsch­lands bestimmte Auflage vonUeber Land und Meer" und anderer in Stuttgart erscheinenden illustrierten Zeitungen. Wie hoch sich der angerichtete Schaden beläuft, läßt sich natürlich heute noch nicht abschätzen, aber im Gegensatz zu der uns gestern abend gewor­denen Mitteilung wird uns auf das Bestimmteste versichert, daß der Verlust sich ganz ohne Zweifel auf weit über eine Million Mark, wahrscheinlich aber auf annähernd zwei Millionen Mark beziffert. Wie uns mitgeteilt wird, sind ganze Körbe und Mahnen mit dem in Klumpen zusammengeschmolzenen Silber und Gold am Morgen vollgesüllt worden. Den Schaden hat der württembergische Eisenbahnfiskus zu tragen. In großer Gefahr schwebten die vier in dem Waggon befindlichen Postbeamten; sie mußten sich durch die von ihnen zerschlagenen Lichtscheiben in das Freie retten. Hiegegen will aber das N. Tgbl. wissen, daß das bare Geld und Papiergeld, welches nicht verbrannt, sondern nur angebrannt

ist, bis zu einem geringen Betrag beigebracht ist und somit die Postdirektion nur ein geringer Verlust treffen wird.

Die drei kleinsten Städte Württembergs liegen im Schwarzwald ganz nahe bei einander: Zavelstein mit 310 Einwohnern, Berneck mit 410 Einw. und Neu-Bulach mit 590 Einw. Die viert­kleinste Stadt, Veüberg bei Hall mit 640 Einw., hat nicht einmal einen eigenen Pfarrer, sondern ihre Bewohner müssen sich nach einem nahen Weiler zum Gottesdienst begeben. Sämtliche 4 genannten Städte zusammengenommen haben immer noch 300 Einw. weniger als z. B. der Weiler Gablenberg bei Stutt­gart. Die drei kleinsten Oberamtssitze sind die Dörfer Gerabronn mit 890 Einw. und Maulbronn mit 1030 Einw. und die Stadt Neresheim mit 920 Einw. Die 2 größten Dörfer Württembergs sind

von Heslach, das über 5000 Einw. hat, abge­sehen Schwenningen bei Rottweil mit 4700 Einw. und Feuerbach mit 4550 Einw. Diese Dörfer haben also mehr Einwohner als z. B. die Hauptstadt des Jagstkreises, Ellwangen. Die 6 nächstgrößten Dörfer (mit 34000 Einw.) sind sodann der Reihe nach Fellbach, Eningen, Zuffenhausen, Bückingen, Unter­türkheim, Wasseralfingen.

Nach Waldenheim kam neulich ein junger Mann, trat in ein Haus und fragte: Kennt Ihr mich? Ich bin euer Bruder! Nein, sagten die Leute, Du bist unser Bruder nicht, der ist verschol­len und todt, die Gerichte haben ihn für tot er­klärt, der Pfarrrr hat in der Kirche das Todtenamt gehalten und wir haben sein Erbe unter uns geteilt.

Ich bin aber doch Euer Bruder, sagte er, und ihnen war's auch selber so. 1870 war er mit in den Krieg gezogen, aber verschollen, alle Aufrufe fanden ihn nicht. Und wo war er diese langen Jahre geblieben, ohne auch nur einmal Nachricht in die Heimat zu geben. In Algier? in Marocco? Bewahre, in Paris!

Zur Warnung. In Velten wurden am 13. v. Mts. die Ehefrau des Arbeiters Ernst und deren 9 Monate altes Töchterchen im Bette erstickt vorgefunden, während der Ehemann, der schon be­sinnungslos dalag, dem Leben wieder gegeben wer­den konnte. Der Vater hatte sich in der Nacht aus dem Bette erhoben, um sein Kind, welches aus dem Schlaf erwacht war und schrie, zu beruhigen. Er zündete die Petroleumlampe an, vergaß aber, als er sich wieder zum Schlafe niederlegte, dieselbe aus­zulöschen und dieser Umstand soll zum Verhängnis geworden sein. Die Flamme verzehrte das Petro­leum, der Docht verkohlte, und bald füllte ein be­deutender Qualm das Zimmer, welcher den Erstick­ungstod herbeiführte.

Einem Bäcker in Staßfurt war seine mit eigenem Geld versehene Börse abhanden gekommen und beschuldigte sein Dienstmädchen, dieselbe entwen­det zu haben. Das Mädchen, jedoch unschuldig, nahm sich dies so zu Herzen, daß es ins Wasser sprang und den Tod fand. Inzwischen hatte cs sich herausgestellt, daß des Bäckers Sohn die Börse ge­nommen und das Geld vernascht hatte. Merke: 1) Man soll Niemanden verurteilen, bevor genügende Anhaltspunkte zu Gebote stehen; 2) man soll nicht jede Anschuldigung gleich so tragisch nehmen, daß man zum Alleräußersten schreiten zu müssen glaubt. Beides kommt heutzutage freilich oft genug vor.

Zur Warnung teilen wir folgenden Fall mit: Unlängst machte sich ein Schulknabe den Spaß, einem Kameraden Staub von einem Schiefergriffel in die Augen zu blasen. Diese entzündeten sich und obwohl man gleich ärztliche Hilfe in Anspruch nahm, ging die Sehkraft des einen Auges fast gänzlich verloren, während die des anderen Auges nur eben gerettet werden konnte.

(Unfallversicherung betr.) Im großen Publi­kum ist vielfach die Ansicht verbreitet, daß mit dem Inkrafttreten des Reichs-Unfallversicherungsgesetzes vom 14. Juli 1884 den bestehenden Unfallversiche­rungsgesellschaften der Geschäftsbetrieb entzogen oder gar untersagt werde. Diese Ansicht ist unrichtig: Die Gegenseitigkeitsanstalten, welche den größeren Teil ihrer Kundschaft verlieren, sind allerdings zur Liquidation gezwungen; von den Aktiengesellscha.ten denkt aber keine an Geschäftsaufgabe. In der That läßt ihnen auch jenes Gesetz immer noch ein weites Feld. Wir wollen dabei weniger von den durch ß. 1 desselben ausgeschlossenen zahlreichen Betrieben spre­chen, denen in Zukunft die Privatversicherungsgesell­

schaften die einzige Versicherungsgelegcnheit bieten werden, sondern wir haben mehr die Versicherung einzelner Personen gegen die Folgen körperlicher Un­fälle im Auge. Jedermann, möge er nun dem Be­amten- oder Gelehrtenstande, der Geschäftswelt oder welchem Beruf es auch sei, angehören, kann die im täglichen Leben sozusagen fortgesetzt liegende Uufall- gefahr man denke an Fahren, Reiten, Insekten­stich, Sturz und Fall, Betriebsgefahr in Fabriken, Verletzung durch verbrecherische Hand bei den Privatgesellschaften gegen äußerst mäßige Prämien versichern. Da man nun wohl sagen kann, daß jeder produzierende Mensch die Verpflichtung hat, sich oder seine Familie gegen schwere körperliche und damit verbundene materielle Schäden entsprechend zu decken, dürfte der weitere Hinweis genügen, daß im prakti­schen England jeder versichert ist, der aus sein Leben überhaupt Wert legt.

Zu dem von uns häufig berührten Capitel von der Fremdwörtersucht wird dem Fr. I. von glaub­würdiger Seite mitgeteilt, daß kürzlich in einer Gar­nison des Deutschen Reiches ein Soldat wegenSte­nose des venösen Ostiums des rechten Ventrikels oder Jnsuffisenz der Scmilunarklappen der Lungenarterie" als dienstunbrauchbar zur Entlassung gelangt ist. Ob der Soldat wohl eine Ahnung von der Natur seiner Krankheit hatte, als er dies Zeugnis las?

Die Sozialdemokraten werden in den ersten Tagen im Reichstage den Antrag einvringen, daß das Inkrafttreten des Krankenkassengejetzes noch etwa um 6 Monate, etwa bis zum 1. Juli 1885, hinaus­geschoben werde.

Dem Reichstag ist eine mit angeblich 30000 Unterschriften versehene Petition eingereicht worden, welche die Erhöhung der Kornzölle in folgender Weise dahin beantragt: Der deutsche Reichstag wolle bei der deutschen Reichsregierung vorstellig werden, die Zölle auf Getreide, gegenüber dem russischen und transatlantischen Import, von 1 Mark per Doppel­zentner auf 3 Mark zu erhöhen, und ferner Oelfrüchte, insbesondere Raps, demselben Zollsatz zu unterwerfen.

Für den Antrag Windthorst auf Aufheb­ung des Ausweisungsgesetzes hat im Bundesrat ne­ben Bayern auch Württemberg gestimmt.

Der deutsche Botschafter in Rom, Baron v. Keudell, hat dem Ministerpräsidenten Mancini die Befriedigung Bismarck's darüber ausgedrückt, daß vom italienischen Botschafter der Vorschlag ausge­gangen sei, den Reichskanzler zum Präsidenten der westafrikanijchen Konferenz zu wählen.

Berlin, 19. Nov. DasBerl. Tagebl." gibt folgende Skizze von Stanleys Vortrag: Stan­ley begann damit, seiner Freude Ausdruck zu geben, daß er aus Anlaß des europäischen Kongresses nach Berlin kommen durfte, und dankte seinen Hörern für die freundliche Nachsicht, ihm, dem des Deut­schen nicht Mächtigen, zuzuhören. Dann setzt er mit der Schilderung seiner zweiten Expedition nach Zen- tral-Afrika in den Jahren 1876 und 1877 ein, wie er, von Nyangwe ausgehend, dem Laufe des damals noch nicht als Kongo bekannten «Stromes folgend, unter Kämpfen und Schwierigkeiten aller Art Hun­derte von Meilen zurückgelegt, bis er an der Mün­dung anlangt und in die heute so viel umstrittenen Landstriche gelangt. Man denke sich aber keine re­gelrechte, charakteristisch geordnete Schilderung. Nur Episoden, Stimmungsbilder werden gegeben. Nach­dem er die Schwierigkeiten in drastischer Weise er­zählt, die er mit der Anwerbung von Eingeborenen zu Begleitern gehabt, schildert er den Verlauf der Wasserfahrt:Da ging es nun hin, die braune Fluth trug uns weit und weiter, ins Unermessene, Unerforschte, Ungewisse. Oft sank den Begleitern der Mut. O, es ist Alles so finster, so gefährlich, so geheimnisvoll! Vorwärts! In die ewige Finsternis oder ins ewige Licht! Vorwärts mit Gott! So tönte es aus unseren Kehlen in die menschenleere Welt, und wir glitten weiter den Fluß abwärts ....Und als wir weiter kamen und weiter in bewohnte Gegenden, was fanden wir? Ein gottverlassenes Stück Erde und verlorene, entsetzlich verwahrloste Menschenbrüder. Und doch, wie war das Land herrlich, eine wahre Schatzkammer! Mich drängte es unaussprechlich, der Welt zu predigen, was ich geschaut, was ich gefühlt. Ich kam zurück. In Marsaille suchten mich Abgesandte des Königs der Belgier auf. In seinem Aufträge sollte ich von Neuem zurück nach Afrika. Was? Jetzt nach Af­rika? Nicht um die Welt! Ich bin aufgerieben,