müde, todtmüde! Aber später, ja, später ganz sicher.Nun sah ich mir Europa an und pre­

digte fünfzig englischen Städten das Evangelium des schwarzen Kontinents. Die Engländer waren ent­zückt von meinen Schilderungen, aber Geld zu wei­teren Entdeckungen wollten sie nicht geben. Ich schrieb dann meine Bücher. 1879 nahm ich das Anerbieten des Königs von Belgien an und ging nach dem Kongo zurück, und die Jahre von 1879 bis 84 waren Jahre schwerer, schwerer Arbeit. 11,000 Meilen habe ich in dieser Zeit bereist. 45 Stationen gegründet und eine Strecke Landes, so groß wie Deutschland, ist wenigstens mit den An­fängen der Kultur vertraut geworden. Freilich wer jetzt in diese Gegenden kommt, wird immer noch keine Zeitungen, keine Theater, keinen Kaiserhos und kein Hotet Royal finden; aber Angehörige aller Na­tionen werden freundliche und wohlwollende Auf­nahme finden, besonders aber die Deutschen." . . . (Lebhafter Beifall.) Redner zählt nun die manig- sachen Produkte auf, die das Kongoland zu Tage fördert, Gold, Silber, Blei, Hölzer u. s. w.

Berlin, 19. Nov. (Lustige Gesellschaft im Raubtierhause.) Im Raubtierhause unseres Zoolo­gischen Gartens bietet sich dem Besucher seit einigen Tagen ein äußerst interessantes Schauspiel dar. Es ist nemlich aus Hamburg ein junger Tiger angekom­men, dem zwei kleine Hunde zur Gesellschaft beige­geben sind, und mit großer Munterkeit tummelt sich das ftdele Kleeblatt im Käfig umher. Der Tiger ist vielleicht der stärkste und könnte mühelos die Herr­schaft an sich reißen, aber er läßt sich durch das Knurren und Kläffen seiner Spielgenvsseu einschüch­tern, und so leben sie denn in Frieden und Eintracht nebeneinander. Ob aber die Eintracht lange dauern wird, ist fraglich.

Berlin, 20. Nov. Der Reichstag wurde vom Kaiser mit folgender Thronrede eröffnet:Ge­ehrte Herren! Ich freue mich, daß es mir vergönnt ist, Sie selbst zu begrüßen, und heiße Sie im Namen der verbündeten Regierungen willkommen. Es ge­reicht mir zu besonderer Genugthuung, daß die Wünsche, welche ich in meiner Botschaft vom 17. Nov. 1881 an dieser Stelle kundgegeben, seitdem aus dem Wege zu ihrer Erfüllung wesentliche Fortschritte gemacht haben; ich entnehme daraus am Abend meines Le­bens die Zuversicht, daß der stufenweise Ausbau der begonnenen Reform schließlich gelingen und für den inneren Frieden im Reiche die Bürgschaften Herstellen werde, welche nach menschlicher Unvollkommenheit er­reichbar sind. Unsere nächsten Schritte in dieser Richtung werden in der Ausdehnung der Unfallver sicherung auf die Arbeiter der Landwirtschaft und des Transportwesens und in der Erweiterung der Spar­kasseneinrichtungen bestehen, wofür die Vorlagen Ih­nen zugehen werden. Der Entwurf des Reichshaus- Halts-Etats für das nächste Rechnungsjahr wird Ih­nen unverweilt vorgelegt weiden. Die Fortentwick­lung der Einrichtungen des Reiches bedingt natur­gemäß ein Anwachsen seiner Ausgaben. Sie wer­den hierin mit mir eine Mahnung erkennen, neue Einnahmequellen für das Reich zu erschließen. Der Versuch, der Rübenzuckersteuer im Wege der Reform höhere Reinerträge abzugewinnen, wird für jetzt durch die Notlage der beteiligten Industrie und der in Mitleidenschaft stehenden Landwirtschaft erschwert. Die Herstellung des einheitlichen Zoll- und Handels­gebietes im Reiche ist durch Verständigung mit der freien Hansestadt Bremen vorbereitet und wird die Bewilligung eines Beitrages hierzu Ihnen zur Be- schlußnahme vorgelegt werden. Im Anschluß an den revidierten Gesetzentwurf wegen Subventionierung unserer Dampfschifffahrt werden Ihnen Mitteilugen über die unter den Schutz des Reiches gestellten über­seeischen Ansiedelungen und die darüber gepflogenen auswärtigen Verhandlungen zugehen. Wenn diese

Anfänge kolonialer Bestrebungen nicht alle Erwar­tungen, die sich daran knüpfen, erfüllen können, so werden sie doch dazu beitragen, durch Entwickelung der Handelsverbindungen und durch Belebung des Unternehmungsgeistes die Ausfuhr unserer Erzeugnisse dergestalt zu fördern, daß unsere Industrie zu loh­nender Beschäftigung ihrer Arbeiter befähigt bleibt. Im Einverständnis mit der französischen Regierung habe ich Vertreter der meisten seesahrendet! Nationen hieher eingeladen, um über die Mittel zu beraten, durch welche der Handel mit Afrika gefördert und vor Störung durch internationale Reibungen gesich­ert werden kann. Die Bereitwilligkeik der beteiligten Regierungen, meiner Einladung zu entsprechen, ist ein Beweis der freundschaftlichen Gesinnung und des Vertrauens, von welchem alle Staaten des Auslan­des dem Deutschen Reich gegenüber erfüllt sind. Die­sem Wohlwollen liegt die Anerkennung der Thatsache zu Grunde, daß die kriegerischen Erfolge, die Gott uns verliehen hat, uns nicht verleiten, das Glück der Völker auf anderem Wege als durch Pflege des Friedens und seiner Wohlthaten zu suchen. Ich freue mich dieserAnerkennung und insbesonder dar­über, daß die Freundschaft mit den durch die Ue- berliefcrung der Väter, durch die Verwandtschaft der regierenden Häuser und durch die Nachbarschaft der Länder mir besonders nahe stehenden Monarchen von Oesterreich und Rußland durch unsere Begeg­nung in Skierniewitze der Art hat besiegelt werden können, daß ich ihre ungestörte Dauer für lange Zeit gesichert halten darf. Ich danke dem allmächtigen Gott für diese Gewißheit und für die darin beruh­ende starke Bürgschaft des Friedens."

Berlin, 20. Nov. Die fast vollzählig an­wesenden Sozialisten wollen keinen Antrag auf Auf­hebung des Sozialistengesetzes einbringen. Die Kon­servativen werden den Abgeordneten Freiherrn v. Maltzahn-Güitz zum Präsidenten Vorschlägen; Frei­herr v. Franckenstein (Zentrum) soll zum ersten, Hoffmann (Fortschritt) zum zweiten Vizepräsidenten gewählt werden. Beim Eröffnungsakte im Wei­ßen Saale verwickelte sich der Kaiser beim Herab- steigen vom Throne im Teppich, richtete sich aber sofort, ohne zu fallen, auf. Anders lautende, über den Vorfall verbreitete Gerüchte sind unbegründet. Wie es heißt, wird Herr v. Forckenbeck von jeder Aufstellung für eine Nachwahl zum Reichstag Ab­stand nehmen.

Berlin, 20. Nov. In militärischen Kreisen freut man sich über die Ausweisung von 50 000 im Etat zur Förderung der Versuche mit Luftballons zu Kriegszwecken. Die Franzosen haben gerade jetzt zu Mcudon erstaunliche Resultate in der Lenkbarkeit der Ballons erreicht, und sind die hiesigen Militär­behörden nicht zurückgeblieben und haben für das laufende Etatsjahr bereits ansehnliche Summen zu gleichen Zwecken verausgabt. Auch hier sind die Er­folge recht erfreulich.

Berlin, 21. Nov. Seitens des Centrums wird eine Reihe sozialpolitischer Anträge eingebracht, darunter die Einführung des Normalarbeitstages, die Beschränkung der Sonntagsarbeit, die Beschrän­kung der Kinderarbeit in Fabriken, ferner die Wieder­einführung der Berufung in Strafsachen und die Aufhebung des Expatriirungsgesetzes betreffend.

Eine seltsame Hochzeit fand am Montag in Ottensen statt. Ein taubstummer Setzer der dortigen Nachrichten heiratete ein ebenfalls taubstum­mes Mädchen. Die Trauung fand in Gegenwart des Präses des Taubstummenvereins, Claudius, statt, der denn auch einen Toast auf das junge Schweiger­paar in der Zeichensprache ausbrachte.

Um einen Pfennig Zinsen hatte sich ein Ein­wohner Zchönebergs von einem Berliner Gewerbe­treibenden verklagen lassen! Der Schöneberger 'war wegen einer Schuld von 5 c,tL inklusive Zinsen ver­

klagt, welche 1 ^ betrugen. Verurteilt, zahlte er dem Gerichtsvollzieher die Schuld, nicht aber den Zins. Der Gläubiger übergab nun die Sache sei­nem Anwalt und dieser erstritt wiederum ein verur­teilendes Erkenntnis. Der gedachte Pfennig kostet dem Hartnäckigen jetzt einschließlich der Gebühren für den Gerichtsvollzieher gegen 6 Oesterreich-Ungarn.

Wien, 21. Nov. Sämtliche Morgenblütter charakterisieren die deutsche Thronrede als eine emi­nente Friedensbotschaft. DasFremdcnblatt" schreibt: Der ruhmreiche Sieger in weltbewegenden Kämpfen, der Schöpfer eines dominierenden Reiches, fand Kaiser Wilhelm den schönsten Herrschertriumph darin, Deutschland und dem Weltteil den Scq-'n des Frie­dens zu bringen, den Frieden des Reichs und Euro­pas gegen Störungen zu sichern. Diesem erhabenen Ziele, dem alle Kräfte des greisen Regenten und der gewaltige Einfluß Deutschlands im Rate Europas geweiht ist, ist das sieggekrönte Deutschland, ver­bunden mit dem gleichstrebenden Nachbar, immer näher gekommen; heute verkünden die weisen und klaren Worte der Thronrede neuerdings das Wesen jenes edlen Programms , das Kaiser Wilhelm und die mächtigen Bundesgenossen zum Heile des friedens- bedürfttgen Weltteils, zum gemeinsamen Inhalte ihrer Politik erhöben. DasFremdenblatt" sagt, daß die Einladungen zur Kongo-Konferenz von dem deutschen Kaiser im Einverständnis mit Frankreich ergingen, bedeute allein schon einen Friedenstriumph, wie er größer nicht denkbar sei. Die Botschaft des greisen Kaisers tönt mächtig in alle Welt hinaus. Der Segen dankbarer Völker ist ihre allseitige Antwort; denn in einem Gefühle begegnen sich alle Völker des Erdballes, in der Freude am Frieden, in der Sehn­sucht nach dem ungetrübten Genuß der Segnungen desselben. Andere Blätter, dieN. Fr. Presse", diePresse",Tagblatt", dieAllg. Ztg.", die Deutsche Ztg." sprechen sich ebenfalls mit sympa­thischen Worten über die Thronrede aus.

Frankreich.

Die Cholera in Paris ist in erfreulicher A b- nahme begriffen.

England.

DiePall Mall Gazette" führt vorge­stern wieder einmal in einer zwölf Spalten langen Auseinandersetzung aus, daß England unbedingt ge­gen zehn Millionen für das Flottenbudget ausge­ben müsse, da es sonst nur geduldet unter den Groß­mächten fortleben könne. Es kann demgemäß denn auch nicht überraschen, aus parlamentarischen Kreisen zu hören, daß die Regierung beabsichtigt, bei dem Parlamente eine beträchtliche Vermehrung der Ma­rine, namentlich die Erbauung mehrerer stark bewaff­neter Kreuzer und einer großen Anzahl von Torpe­dobooten zu beantragen. Die Ausgaben würden auf mehrere Jahre verteilt werden.

Handel S Uerkehr.

Herrenberg 20. Nov. Der Hopfenhandel liegt voll­ständig darnieder. In ganz feinen Sorten wird zwar auf den Märkten noch immer auf guten Absatz gerechnet. Bei größe­ren Produzenten ist zu den jetzigen Preisnotierungen nicht an­zukommen.

Tübingen, 20. Nov. Die Obsternte im Bezirk Tübingen vom Jahr 1884 wird der T. Chr. zufolge seitens des Aus­schußes des landwirtschaftlichen Bczirksvereins nach ihrem Geldwert auf 232200 geschätzt, während der Ertrag pro 1883 zu 428120 angeschlagen war.

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täAlioli kann man sine AriinälivIlS LsilliKUNA eines Lörxsrs üsrhsikülirsll unä lrisränreli einem Reer von LranlOisiben vordsuxsn, cvslelie äurvk ZtörnnKSn im LrnäliruuF»- nncl VeräannnAsIsben IcervorKsrnken cvsräsn. ^Vir meinen äis .4ncvsnännK der ^.xotbeker L. Rrg-nät's Lelvvsmsrpiüen als LsiniKUNKsIcui. Lrbältliolc in (len ^potbslesn.

Bcramw örtlich er Redakteur Steinwandel in Nazold. Druck und Verlag der G. W. Z a i s e r'schen Luchbandlung in Nagold.

Eröffnung des Konkursverfahrens.

lieber den Nachlaß des am 3. No­vember 1884 verstorbenen

Friedrich Gänßle, gewesenen Restaurateurs in Nagold, wird heute am 21. Nov. 1884, Vor­mittags 9 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet und der Herr

Amtliche und Arivat-Aekanntmaärungen.

Gerichtsnotar Mayer in Nagold zum Konkursverwalter ernannt.

Konkursforderungen sind bis zum 19. Dezember 1884 bei dem Gerichte anzu­melden.

Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläu­biger-Ausschusses und eintretenden Falls über die in Z 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände und zur Prü­

fung der angemeldeten Forderungen auf Montag den 29. Dezember 1884, Nachmittags 3 Uhr, in Nagold im Amtsgerichtsgebäude Zimmer Nr. 5 vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt.

Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Be­sitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen

oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befrie­digung in Anspruch nehmen, dem Kon­kursverwalter bis zum 13. Dez. 1884 Anzeige zu machen.

Königl. Amtsgericht zu Nagold.

Heß, Amtsrichter.