schenke zu erfreuen, und am letzten Samstag und Sonntag wurden die drei weit verzweigten Familien (Pfeiffer, Rehm und Mozer) in ein Gasthaus be- fchieden und mit allem was der Mund begehrt, re­guliert. Die Zechen sollen circa 200 vkL betragen haben. Auch andere Gäste, welche zufällig in die Wirtschaft kamen, durftenschlechterdings" ihre Zeche nicht bezahlen und bald entwickelte sich ein heiteres, fröhliches Treiben, das durch die Gesangsvorträge des Liederkranzes noch erhöht wurde. Mehrere junge Leute von Gomaringen wollen sich den ge­nannten Herren bei ihrer Rückreise anschließen, denn die Goldstücke, mit welchen dieselben wie mit Pfen­nigen umgehen, blenden die Augen der Jugend. Es ist aber den Auswanderungslustigen zu verstehen ge­geben worden, daß es jetzt nicht rötlich sei, nach Amerika auszuwandern, weil den Winter über die Geschäfte schlecht gehen. Auch die bevorstehende Prä­sidentenwahl soll jetzt schon auf den Geschäftsgang lähmend einwirken.

Konstanz, 15. Sept. Gestern abend gerieten imTan- ncnhos" zwei Soldaten, Wilhelm Gaus von Nagold und Karl Guy von Altbreisach, mit dem jüngsten Sohne des Wirtes Bonauer und dem Landwirt Wahl wegen geringfügiger Ursache in Streit, wobei die zwei Soldaten verletzt wurden, Gaus schwer am Kopfe, der andere leichter. Bonauer wurde verhaftet.

Frankfurt. Wie vorsichtig man mit einer Auskunft sein muß, beweist folgender Fall. Ein hie­siger Handwerker kam zu einem hiesigen Wirte und befragte ihn über die Kreditfähigkeit eines Mannes, der mit dem Befragten befreundet war. Der Besuchte erklärte:Ach der Mann ist gut, er hat früher ein­mal allerdings Unglück gehabt, er ist aber, wie ge­sagt, gut." Darauf hin gab der Nachfrager dem neuen Kunden für mehrere hundert Mark Kredit. Zahlungsmahnungen blieben fruchtlos und muß nun der Wirt nach richterlichem Erkenntnis für das Wört­chengut" die Schuld bezahlen. Dieselbe beträgt ca. 500

Berlin, 14. Sept. Die Abreise des Kaisers erfolgte heute abend 11 Uhr vom schlesischen Bahn­hof aus und geht über Schneidemühl, wo morgen früh der Kaffee eingenommen wird, und Bromberg nach Skierniewice. An der russischen Grenzstation, wo die Ankunft um 11 vormittags erfolgt, meldet sich der russische Ehrendienst, auch wird dort ein Dejeuner bereit gehalten. Die Ankunft in Skiernie­wice erfolgt nachmittags gegen 4 Uhr. Der Aufent­halt der drei Kaiser in Skierniewice dauert bis Dienstag. In der Begleitung des Kaisers befinden sich außer dem Reichskanzler und Grafen Herbert Bismarck der General v. Albedyll, die Generale ä 1a suite Graf Lehndorff und Fürst Radziwill, der Flügeladjutant Oberstlieutenant v. Bomsdorsi, der russische Militärbevollmüchtigte Fürst Dolgorucki, die Aerzte Leuthold und Tiemann und die Geheimen Hofräte Bork und Kanzki.

Berlin, 16. Sept. Die Drei-Kaiser-Begeg- nung in Skierniwizce wird auch hier als ein Akt von hochpolitischer Bedeutung angesehen, obwohl die Offiziösen noch schweigen. Man glaubt nicht an einen bloßen Höflichkeits-Besuch, sondern man er­wartet bestimmte Abmachungen; daß Fürst Bismarck von seinen beiden Söhnen als Hilfsarbeitern beglei­tet ist, spricht ebenfalls dafür; außerdem verlautet, Fürst Bismarck gehe nicht zu den Kaisermanövern an den Rhein.

Abermals stehen die deutschen Architekten vor einem großen Wettkampf. Für den Plan des Reichs­gerichtsgebäudes sind 20000 vkL in 5 Preisen aus­geschrieben und zwar ein erster Preis von 8000, zwei zweite Preise von 4000 und zwei dritte Preise von 2000 -M.

Der bisherige englische Gesandte in Brüssel, Sir. C. B. Malet, ist zum englischen Botschafter in Berlin ernannt worden. Die der engl. Regierung nahestehenden Blätter beurteilen diese Ernennung sehr beifällig. Sein Vater war Gesandter beim Bundestag in Frankfurt.

Die nächste Expedition nach der Lüderitz'schen Besitzung Angra Pequena geht am 7. Okt. von Bre­men ab. Sie wird außer einer Ladung Kohlen auch die nötigen Werkzeuge für Bohrungen mit sich füh­ren. Der leitende Ingenieur, Herr Conrad, hält sich hier auf, um Bohrgestänge verschiedenster Kon­struktionen, Maschinen, Werkzeuge und Waffen für die Expedition anzukaufen. Außer ihm ist noch ein Berliner Zimmermann und ein Schmid engagiert. Die Bohrungen haben den Zweck, Süßwasser zu finden.

Hannover, 14. Sept. Die heutige Landes - Versammlung der nationalliberalen Partei war von 600 Personen besucht. Herr v. Bennigsen, der den Vorsitz führt, spricht über die Stellung der nationalliberalen Partei zu den anderen Fraktionen. Er lehnt jedes Zu­sammengehen mit der Fortschrittspartei und den Ultra­montanen ab, hofft aber auf Verständigung mit einigen Konservativen und auf die Erreichung einer gemüßig­ten liberalen Mehrheit im künftigen Reichstage.

Die königliche Eisenbahndirektion Elberfeld hat eine Verfügung erlassen, in welcher die Beamten aufgefordert werden, sich des Gebrauches aller Fremd­wörter zu entwöhnen, für die ein gleichwertiger deut­scher Ausdruck vorhanden sei. Selbstredend erstreckt sich diese Verfügung nicht auf Wörter, die amtlich vorgeschrieben sind oder herkömmlich feststehen, wie Direktion, Tarif, Titel, Maschine, Lokomotive, Linie, Form rc., wohl aber auf solche, wie Manipulation, Diskussion, Situation u. a., mit denen so viel Miß­brauch getrieben wird. (Wir stießen dieser Tage auf die Ausdrückedurchfeuchtete Sitiuation" undver­finsterte Situation" für durchfeuchteter Boden und verfinsterte Witterung!)

Die Engländer fahren fort, sich in ihrer Weise um unser Wohlwollen zu bewerben. Nach­dem sie unsere Kolonialpolitik anfangs verspottet, dann so gut es gehen wollte, gehemmt und chikaniert hatten, versuchen sie es jetzt, wo sie zeitweilig die Stärkeren sind, mit brutaler Gewalt. Die Beschim-, pfung der deutschen Fahne in Bageida ist, wenn die darüber vorliegenden Nachrichten sich bestätigen, ein offizieller Akt, da sie nicht Privatpersonen zur Last fällt, sondern von dem englischen Gouverneur in Quittah ausgegangen ist. Ohne ausgiebige Entschul­digungen wird das Auswärtige Amt in Downing- street deshalb nicht davon kommen. Wie wir Mr. Gladstone und Lord Granville kennen, hat es auch keine Not damit. Sie sind nur da übermütig, wo sie es mit kleinen und schwachen Gegnern zu thun haben. Mit dem Fürsten Bismarck anzubinden, wird ihnen nicht in den Sinn kommen. Schon mit Rücksicht auf seine schönen Redensarten in Schott­land kann Gladstone diesmal nicht anders: er muß den Gouverneur von Quittah preisgeben und dafür sorgen, daß Deutschland zufriedengestellt wird. Mit den ohne Zweifel von Engländern verhetzten Negern von Kamerun werden unsere Kriegsschiffe selber fer­tig werden. In diesem Augenblick ist dort vermut­lich alles wieder in Ordnung. Daß es bei derarti­gen Unternehmungen nicht ohne mehr oder weniger verdrießliche Verwickelungen abgehen kann, darauf hat jeder gefaßt sein müssen, der die Kolonialge­schichte aller Zeiten und Länder kennt. Das gehört zum Wesen der Großmacht. Wollen wir in die Welt hinaus, so dürfen wir nicht erwarten, es so bequem zu haben, als wir es daheim hinter dem Ofen gehabt.

Ueber die angebliche Bedrohung des deutschen Kommis­sars in Kamerun erhält dieHamb. Börsenhalle" eine Zu­schrift, wonach die ersten Berichte sich als übertrieben Heraus­stellen. Als Dr. Büchner mit Vermessen des Landes an den Ufern des Kamerunflusses beschäftigt war, wurde er von Ein­geborenen umllasll" (Geschenk) angegangen, und als er sol­ches nicht zahlen wollte, störten die Eingeborenen ihn und seine schwarzen Arbeiter an seinem Vorhaben. Der Vorfall redu­ziert sich also auf die nicht befriedigte Habgier der Eingeborenen.

(Sieben Menschen verbrannt.) Eine entsetzliche Kunde kommt von dem hinterpommerschen Dorfe Hasenfier. Es sind dort, wie dieN. W. M." be­richten, sieben Menschen verbrannt! Nach schwerer Tagesarbeit lagen die Bewohner eines elenden Ar­beiterhauses im ersten tiefen Schlafe, während die auf dem Boden liegenden Stroh- und Futtervorräte aus unbekannter Ursache in Brand geraten waren. Das Feuer verbreitete sich so schnell, daß alsbald das ganze Haus in Flammen stand. Dieselben drangen durch den leichten Bretterboden in den un­teren Raum und versperrten den unglücklichen Be­wohnern den Ausgang. Nur vier Personen, mit Brandwunden bedeckt, entkamen, sieben fanden in den Flammen den qualvollsten Tod.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 15. Sept. Im Gefolge des Kaisers, der gestern um 9 Uhr abend nach Skierniewice ab­gereist ist, befindet sich auch der österreichische Bot­schafter am russischen Hof, Graf Wolkenstein und der russische Militäratachs Kaulbars.

Frankreich.

Paris, 10. Sept. Ein französisches Urteil über unsere zu den großen Manövern in Frankreich kommandirten Offiziere. ,Der Generallieutenant

von Heuduck steht in hoher Achtung. Mittlerer Größe, jung, energisch, von vornehmem Aeußern mit offenen Gesichtszügen, ist er die typische Erscheinung eines echten Kavallerie-Generals. Obgleich er mit der gewissenhaftesten Genauigkeit den Bewegungen unserer Truppen folgt, ist er doch äußerst liebens­würdig gegen uns. Er ist zwar ein Feind, aber ein angenehmer. Der Rittmeister von Schwarzkoppen, ein großer, kühner, fleißiger Herr, ist, wie es scheint, sehr unterrichtet und spricht ausgezeichnet französisch. In der That bewahren die deutschen Offiziere, wie ich gestehen muß, eine durchaus würdige Hal­tung. Da sie wissen, daß man hier zu Lande ihnen keine großen Sympathieen entgegenbringt, so suchen sie das unangenehme Gefühl, welches ihre Anwesen­heit vielleicht erregen könnte, durch ihr freundliches, rücksichtsvolles und vornehmes Benehmen zu verwi­schen. Davon abgesehen, geben sie sich alle Mühe, unsere Schwächen für kommende Fälle kennen zu ler­nen. Das ist ihr Recht, denn dafür sind sie da." So Renö des Cuers imFigaro."

Paris, 13. Sept. Gestern wurde in Meu- don in Gegenwart des Kriegsministers Campenon ein neuer Versuch mit dem lenkbaren Luftballon ge­macht. Nach demFigaro" ist derselbe nicht geglückt, da starker Wind wehte, welchem der Ballon nur we­nige Sekunden Widerstand leisten konnte. Auch konnte der Ballon nicht nach dem Platze, von welchem er aufgefahren war, zurückkehren, da die Schraube nach 10 Minuten den Dienst versagte. Im Gegensatz zu dieser Meldung bringt dasPetit Journal" einen Bericht, nach welchem der Unternehmer mit dem Er­folg zufrieden gewesen sei.

Paris, 14. Sept. DerTemps" schreibt: Es ist nicht ohne Interesse zu konstatieren, daß die öffentlichen demagogischen Versammlungen mehr und mehr in Mißkredit geraten. Diese Versammlungen, täglich so zahlreich in den zwei ersten Jahren nach Anerkennung des Versammlungsrechtes, werden ziem­lich selten, und das aus dem guten Grunde, daß sie nichts mehr einbringen. Sie sind nicht mehr Mode in der Arbeiterwelt. Die Arbeiter sind es überdrüs­sig, ewig diese Deklamationen von stets denselben Rednern anzuhören, deren Hohlheit sie instinktiv be­greifen. Sie ziehen es jetzt vor, ihren Sonntag einem Spaziergang ins Freie zu widmen."

Paris. 15. Sept. Papst Leo XIII. sandte unverzüglich nach der Anzeige der Geburt des neuen Prinzen von Orleans dem Neugeborenen, der Mutter und dem Vater seinen Segen. In Erwiderung des­sen stellte der Graf von Paris dem päpstlichen Nun­tius 10000 Frcs. als Peterspfennig für den heili­gen Vater zu. Italien.

Rom, 13. Sept. Der Kaiser von Oesterreich hat dem Könige seine Teilnahme an den Leiden der Bevölkerung Neapels und seine Bewunderung für die persönliche Mitwirkung des Königs zu deren Linde­rung auf telegraphischem Wege ausgesprochen.

Neapel, 15. Sept. Der König ist gestern nach Rom abgereist. Er wird die Reise unverzüg­lich nach Florenz fortsetzen. Depretis wies telegra­phisch im Aufträge des Königs den Präfekten von Rom an, derselbe solle jede Demonstration verhin­dern, indem der König wünscht, daß in dem Augen­blicke, wo seine Seele von dem schmerzlichen Schau­spiele, dem er beiwohnte, so tief bewegt ist, keine De­monstration stattfinde.

Neapel, 15. Sept. Von gestern nachmittag 4 Uhr bis heute nachmittag 4 Uhr kamen hier 536 Erkrankungen und 276 Todesfälle an der Cholera vor. Belgien-

Brüssel, 14. Sept. Die Gazette de Bruxel­les bestätigt, daß der König das Schulgesetz unter­zeichnet habe und richtet an die Liberalen die drin­gende Aufforderung, sich ruhig zu verhalten. Von seiten der Polizei und der Gendarmerie sind hier umfassende Vorkehrungen getroffen, um etwaige Ruhestörungen zu verhindern.

Rußland.

Skierniwice, 15. Sept. Der Zar und die Zarin sind gestern abends 7 Uhr hier eingetroffen und wurden von Bauerndeputationen mit Brot und Salz empfangen. Knaben sangen das Kaiserlied.

Skierniewice, 16. Sept. Gestern um 2 Uhr nachmittags traf Kaiser Franz Joseph, und um 4 Uhr Kaiser Wilhelm ein. Zur Begrüßung waren Kaiser Alexander, die Kaiserin, der Thronfolger, die Großfürsten, die Generalität und die Minister am Bahnhofe anwesend. Die Begrüßung der Monarchen