eine mögliche Stichwahl zwischen den Kandidaten der Volkspartei und der Sozialdemokraten vereitelt wer­den und Herr v. Holder mit entschiedener Majorität den Sieg davon tragen.

Stuttgart, 20. Juni. (S. B.) Wie wir glaubwürdig hören, ist der flüchtige Möbelhändler Majer z. Sonne in Frankreich verhaftet worden und dürfte, da er wegen Wechselfälschung verfolgt ist, demnächst hieher ausgeliefert werden. Sein vor eini­gen Tagen wegen Beihilfe zu den Wechselfälschungen verhafteter Sohn zieht, so viel man hört, jede Teil­nahme an dem Verbrechen seines Vaters in Abrede. Eine der Hauptschwindeleien des Majer, womit er sich zuletzt noch helfen zu wollen schien, ist der An­kauf des der Allgemeinen Renten-Anstalt gehörigen Hauses Nro. 51 der Eberhardsstraße, worin sich das Cafs National, jetzt geschlossen, früher von Schmidt und dann von Fink befand. Und es gelang ihm das ziemlich bedeutende Angeld aufzubringen. Da­mit hoffte er alle entstandenen Zweifel an seiner Sol­vabilität niederzuschlagen und mit dem dadurch ent­standenen Nimbus eine reiche Heirat zu Stande zu bringen. Dieses ist jedoch mißlungen und da die drohenden Anzeichen seines Ruins sich mehrten, brach das künstliche Gebäude seines Kredits zusammen, da­her er das Weite suchte.

Der Antrag auf Aufhebung des Schulgelds in der Volksschule zu Eßlingen wurde von dem dor­tigen Stiftungsrat und Bürgerausschuß abgelehnt.

In Reutlingen sind heute (19.) bei 1-2 Grad Wärme, teilweise starkem Reif und stellenweise Eis Bohnen und andere feinere Pflanzen und Blumen erfroren.

Aus Wannweil schreibt man derSchw. Kreisztg.": Vom letzten Samstag auf Sonntag, nachts */r2 Uhr, wurde die untere über die Echatz führende Brücke durch frevelhafte Hand abgebrochen, so daß am Sonntag früh nur noch die Trümmer zu sehen waren und der ganze Ort in größte Aufregung ver­setzt wurde. Den Thätern ist man auf der Spur.

Ravensburg, 17. Juni. Die Handels- und Gewerbekammer beschäftigte sich in ihrer heutigen Sit­zung mit der höheren Besteuerung der Hausierer. Die Kammer sprach sich wiederholt und mit aller Entschiedenheit gegen den noch viel zu weitgehenden Hausierhandel und das Detail-Reisen aus, worin sie die Untergrabung und Lahmlegung der bisherigen legitimen Platzdetailgeschäfte erblickt. In den selten­sten Fällen mache sich jetzt noch ein wirkliches Be­dürfnis für den Hausierhandel geltend, selbst in Ober­schwaben werde dasselbe mehr als eine Landplage angesehen, durch welche die Leute oft zu ganz un­nötigen Einkäufen und Auslagen gedrängt werden.

Ulm, 19. Juni. In Amstetten auf der Alb hat es gestern geschneit wie im Winter.

Das großartige Schloß, das der König von Bayern auf der Herreninsel in Chiemsee erbauen läßt, scheint ein Torso bleiben zu sollen. Den Hamr. Nachr." wird von einem Reisenden, der den Bau besichtigt, darüber geschrieben: Das Schloß sollte ein kolossaler Prachtbau, würdig des größten Monarchen der Welt werden und an kostbarem Mar­mor, fast überreicher Vergoldung und Spiegelgläsern der größten Dimension, Parquetböden aus ben edel­sten Hölzern und ähnlicher Pracht ward nichts ge­spart, wie auch weite Bassins ausgegraben und mit Kupferplatlen ausgelegt wurden, um dein Wasser dadurch einen grün-goldigen Glanz zu geben. Das Mittelgebäude, in welchem mir ein goldglänzender, wahrhaft grandioser Königsjaal ausfiel, ist im vori­gen Herbst fast ganz, der eine Flügel zur Hälfte vollendet, während viele Hunderte von Arbeitern mit regem Fleiß an dem zweiten Flügel arbeiteten und man die schon verausgabten Baukosten auf 5 bis 6 Millionen Mark veranschlagte. Jetzt ist der Bau plötzlich ganz eingestellt, da es der königlichen Bau­kaffe an Geld zur Fortsetzung fehlen soll, man be­schränkt sich das schon Vollendete notdürftig vor Verfall zu schützen. Wann und ob überhaupt der Bau festgesetzt werden soll, ist noch unbestimmt und nur zu wahrscheinlich dürfte das ganze großartige und kostspielige Gebäude nie vollendet werden.

Aus dem bayerischen Algäu, 18. Juni. Die gegenwärtige winterliche Witterung ist für un­sere Landwirtschaft ein großes Unglück. In den Bergen lagert der Schnee mehrere Fuß hoch, wie im tiefsten Winter. Das Vieh in den Alpen leidet ent­setzliche Not, namentlich in den Galtalpen, wo es keine Ställe gibt. Man treibt es wieder zu Thal;

aber das ist nicht mehr überall möglich, wie z. B. in den hochgelegenen Sennalpen der Hinterstciner Berge, wo nun das Futter mit unsäglicher Mühe hinaufgeschafft werden muß. Das Vieh brüllt vor Hunger. Die ganze Algäuer Alpenkette bietet ein vollkommen winterliches Bild, denn auch die Bor­berge sind bis ins Thal herab beschneit.

(Der verschluckte Bart.) Aus Kassel, 17. Juni, schreibt man dem Hann. Cour.: Ein eigen­tümliches Mißgeschick widerfuhr in der vorgestrigen Vorstellung vonRobert und Bertram" unserem be­liebten Baßbuffo Herrn Schulze, welcher den Gefäng­niswärter Strambach spielte. In Folge der drücken, den Hitze löste sich die eine Spitze des aufgeklebten martialischen Schnurrbartes los und rutschte bei der nächsten Fermate, als der Sänger Atem holte, in den Schlund und blieb vor der Luftröhre hängen, so daß Herr Schulze einen förmlichen Erstickungson- fall bekam. Der Vorhang siel selbstverständlich und die Aerzte stürzten auf die Bühne, während das Pub­likum in Aufregung und Angst peinlich verharrte. Der Patient mußte dann rasch einige Brotkugeln nehmen, mehrere Glas Wasser thaten das klebrige, und der vermaledeiete Schnurrbart war hinunterge­schluckt, wenn eS auch einige Anstrengungen kostete. Die ganze Operation hatte nur kurze Zeit erfordert, und da das Uebelbefinden rasch beseitigt war, nahm der beliebte Sänger mit dem ihm eigenen unverwüst­lichen Humor seine Rolle wieder auf und führte sie ungestört durch, selbstverständlich mit besonders leb­haftem Bestalle ausgezeichnet.

Das vierzehnte totgeborene Kind hat vor eini­gen Tagen ein Ehepaar in Gevelsberg bei Elber­feld standesamtlich angezeigt.

In einer der letzten Sitzungen der Vereinigten Kreissyuoden Berlins wurde der Antrag, dieUeber- zeugung auszusprechen, daß die Beamten der Bcr- kehrsanstalten in der Regel am dritten Sonntag dienst­frei bleiben müßten, in namentlicher Abstimmung gegen eine starke Minorität angenommen.

Der Kronprinz wird, wie verlautet, schon in kürzester Zeit die Mitglieder des Staatsrats zu einer Sitzung nach Berlin einberufeu und sie mit seinem Programme bekannt machen. Für die Plenarsitzung des Staatsrates ist der Kongreßsaal im Reichskanz­lerpalais in Aussicht genommen.

Berlin, 20. Juni. Der Frühschoppen des Reichskanzlers war gut besucht, es herrschte eine animierte Stimmung bei Bockbier, im Garten spielte eine Militärkapelle. Unter den politischen Gesprächen ist am bemerkenswertesten, daß der Kanzler cs bei den Senioren durchgesetzt hat, die Dampfervorlage noch zur zweiten Lesung zu bringen. Nach langen Jahren ist auch Schorlcmer-Alst wieder bei dem Kanz­ler gewesen.

Der Seuiorenkonvcnt hat gestern den 27. Juni als den Tag für den Schluß des Reichstags in Aussicht genommen, da der Kanzler nur auf dem Unfall-, Aktien- und Neliktengesetz besteht. Die Bör­sen- und Zuckersteuer, sowie die Dampfer- und Ta­rifvorlage bleiben somit unerledigt.

Berlin, 18. Jnui. In den Räumen des Ostbahnhofes herrscht, seitdem das militär-aöronau- tische Detachement dort seinen Einzug gehalten, ,das regste Leben. In einem der Säle ist eine große Schneiderwerkstatt errichtet, in der ununterbrochen 12 Nähmaschinen in geräuschvoller Thätigkeit sind. Hier werden die Hüllen für die Ballons zusammengenäht, mit denen das Detachement schon in nächster Zeit seine praktischen Hebungen beginnen soll. In einem andern Raume haben sich Seiler etabliert, um die Netze für die Ballons zu fertigen, an noch anderer Stelle fertigen Korbmacher die Gondeln, während Tischler damit beschäftigt sind, aus bestem Holz die Ballonreifen herznstellen nnd Mechaniker am Ban der Ventile arbeiten. Alle diese Handwerker, 25 an der Zahl, sind dem aktiven Soldatenstand entnom­men, sie bilden zugleich die Mannschaften des De­tachements, die somit in der Anfertigung von Bal­lons, wie auch in deren Handhabung ausgebildet werden. Als Kaserne ist einer der großen Warte- süle eingerichtet, ein danebenliegendes Zimmer ist den 4 Unteroffizieren des Detachements angewiesen wor­den. In der Bahnhofshalle wird außerdem alltäg­lich fleißig mit der Waffe exerciert, damit die Mann­schaft nicht aus der Hebung kommt. Die Leute gehen im Allgemeinen mit großer Lust an ihre Ar­beit und bringen der Sache viel Interesse entgegen. Als dieser Tage diejenigen zum Vortreten aufgefor­

dert wurden, die gesonnen seien, an praktischen Auf­fahrten Teil zu nehmen, marschierte das ganze De­tachement wie ein Mann vorwärts. Vorläufig wer­den allerdings nur Ballons gebaut, die ohne Be­mannung steigen sollen; sie haben 50 Kubikmeter Inhalt und sind so construiert, daß sie sich selbst tragen und außerdem noch den genügenden Auftritt haben. Die Füllung dieses Ballons, die man schon in kürzester Zeit fertig zu stellen hofft, soll in der Schöneberger Gasanstalt erfolgen, die Uebungen selbst will man auf dem nächstgelegenen Teil des Exer- cierplatzes vornehmen. Haben die Mannschaften hier ihre Feuerprobe bestanden, dann wird das Detache­ment unverzüglich an den Bau eines großen Cap- tivballons gehen, der feldmäßig ausgerüstet, schon bei den Herbstübungen in Thätigkeit treten soll.

Vor dem Schöffengericht in Oranienburg stand in seiner letzten Sitzung der Zimmermann Karl Schulz, angeklagt wegen Störung des Gottes­dienstes. Der Angeklagte war während des Gottes­dienstes eingeschlafen und hatte durch lautes Schnar­chen die Kirchenbesucher in ihrer Andacht gestört. Als der Küster ihn weckte, hatte er sich gegen diesen noch in Schimpfreden ergangen. Das Urteil lautete auf 14 Tage Gefängnis.

Oesterreich-Ungarn.

(Schulwesen in Oesterreich.) Nach einem offi­ziellen Berichte genossen im vorigen Jahre in Kroa­tien noch immer von 181,488 zum Schulbesuche verpflichtete Kinder 76,576, d. i. 42 pCt., gar kei­nen Unterricht.

(Kampf mit Wölfen.) Aus Dees in Siebe n- bürgen wird Folgendes gemeldet: Am Pfingstmon­tag, kurz vor Sonnenaufgang, brach ein Wolf in ein Gehöft der volkreichen Gemeinde N.-Lorna ein, packte ein Ferkel und fraß es auf. Von hier drang er in einen andern Hof, wo er von einem im Freien schla­fenden Manne die Decke Herabriß und zerfetzte und den Hofhund tötete. Bon hier verscheucht, nahm er im Vorübergehen den Hofhund deS Pfarrers im Maule mit und verschwand im Walde. Dies alles geschah in der Mitte der Gemeinde am Hellen Mor­gen. Tags darauf schlich sich in eben diese Gemeinde ein Wolf ein, drang in das Gehöft des Gemeinde­dieners und fraß dort ein Ferkel auf; dann packte er eine zu mästende Gans, wobei er von der Eigen­tümerin angegriffen wurde. Er ließ die Gans los, wandte sich aber gegen die Frau und richtete diese sowohl wie ihren Sohn, der ihr zu Hilfe geeilt war, übel zu. Das Tier wurde endlich von den herbei­geeilten Nachbarn vertrieben. In diesem Augenblick ertönte die Sturmglocke in dem eine Viertelstunde entfernten-Lorna. Die Wölfe waren in eine Schafherde eingebrochen, wo sie unter den Schafen fürchterlich wüteten. Nur die große Anzahl der Her­beigeeilten konnte ihnen Einhalt thun, wobei einer der Räuber mit einem Zaunpfahl erschlagen wurde. In diesem Kampfe hatten die Wölfe die drei Hirten mit unerhörter Kühnheit angefallen; einem 16jähri- gen Burschen war das linke Auge ausgebissen wor­den: der Biß war durch die Hirnschale ins Gehirn gedrungen. Einem zweiten Burschen ist das Gesicht ganz zerfleischt. Der dritte, ein älterer Mann, wurde am Rücken stark gebissen. Von den Schafen lagen 46 tot oder verendend auf dem Kampfplatze, die überlebenden waren versprengt.

Schweiz.

Bern, 17. Juni. Vorige Woche, schreibt man dem hiesigen Stadtblatt, hat sich in Luzern ein Fall ereignet, der so eigentümlich ist, daß man glauben könnte, er sei einem Sensationsroman entlehnt, und doch beruht derselbe auf Wahrheit. Zwei befreundete Engländer, von denen der eine der englische Konsul Brandt war, der seit 26 Jahren eine Villa am Vier­waldstättersee besitzt, feierten ihr Wiedersehen nach kurzer Trennung. In heiterster Stimmung gingen beide auseinander, Herr Brandt, um seine Wohnung, der Freund, um seinen Gasthof aufzusuchen. Dort angclangt, läßt er sich eine Tasse Kaffee auf sein Zimmer bringen, und schickt sich an, es sich recht gemütlich und bequem zu machen. Der Kellner bringt den Kaffee, der Engländer will die Taffe zum Munde führen, als er plötzlich von einem Herzschlage ge­troffen tot in den Sessel zurücksinkt. Sofort wird der Portier abgcsandt, um Herrn Brandt die Trauer­nachricht von dem eben erfolgten jähen Hinscheiden des Freundes zu melden. Auf der Hälfte des Weges begegnet der Portier dem ihm bekannten Diener deS Herrn Brandt und hat kanm angesangen, seine Bot-