Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

M 72.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und SamStag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlobn) 80 4, in dem Bezirk l 4, außerhalb des Bezirks 1 20 4. Monats­

abonnement nacb VerdLlnrs

Samstag den 21. Juni

Jmertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­

wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mebnnaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1884.

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Gesellschafter", "«I

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In Betreff der Pränumerationsgcbühr siehe oben am Kopf des Blattes.

Me Htedcrktiorr L KXpeditiorr.

Bei dcr vom 19. Mai bis 7. Juni d. I. vorgenomme-

ncn niederen Finanzdienstpriisung sind u. a. folgende Kandi­daten für befähigt erkannt worden: Gotllieb Dreiz von Pfalz- grafcnweilcr; Wilhelm Lachenmaier von Wildberg; Chri­stian Renz von Hirsau; Ernst Rißlcr von F-rcudenstadt; Karl Schlotte rbcck von Hirsau: Johann Sch neider Han von Nordstetten i.Horb); Christian Schmeiker von Dornstettcn.

Bei der vom 9. bis 14. d. M. vorgenommencn zweiten höheren Finanzdienstprüsung ist u. a. für befähigt erklärt wor­den: Julius Schüz von v,agold.

Die erledigte Reallehrstelle in Wildbad wurde dem Real- lehramtsverweser Fein in Stuttgart übertragen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Herren berg. (Eingcs.) In welcher Weise Fremden" der Aufentbalt hier angenehm gemacht wird, mag folgender Auszug aus einer Bekanntma­chung des Stadtschultheiszenamts Hcrrenberg in dem AmtsblattGäuboten" Nr. 49 beleuchten:Herren­berg, Waldverbot. Das Betreten der Stadt- und Stistungswaldungcn ist fürFremde" bei Strafe verboten." Abgesehen davon, daß diese Bekanntma­chung den Bestimmungen des Forstpolizeigesetzes vom 8. September 1879, welches in Art. 24 Zff. 3 be­stimmt:Mit Geldstrafe oder Haft wird bestraft, wer ohne erlaubten Zweck außerhalb der öffentlichen Wege oder solchen Wegen, zu deren Betretung er berechtigt ist. sich herumtreibt," gerade zuwiderläuft, so muß es noch vielmehrFremde", welche hier wohnen, höchst unangenehm berühren, eine solche Ausnahmestellung einnehmen zu müssen und dies nur deßhalb, weil sie nicht das Glück haben,Hiesige" zu sein. Wenn das Betreten der Waldungen ver­boten wird, so muß dies für jedermann geschehen und nicht nurFremde", welche ja die im Ver­hältnis zu anderen größeren Städten gewiß nicht geringe Wohnsteuer mit 4 -4L bezahlen, damit ge­troffen werden. Falls nun aber die Bekanntma­chung solcheFremde" betrifft, welche nicht hier wohnen, so dürfte, obgleich das Gesetz unter denje­nigen, welche den Wald betreten dürfen, bezüglich des Wohnsitzes keine Ausnahme macht, die Bekannt­machung berichtigt werden. Ob die Bekanntmachung auf Luftkurgäste, welche nach einer Annonce vom i Vorjahr auch hier gewünscht werden, eine Anziehungs­kraft ausübt, wird sehr fraglich sein.

In Calw ist, nachdem Herr Stadtschultheiß Schuldt nach öOjährigcr sehr verdienstvoller Dichtig­keit die ihm von den bürgerlichen Kollegien angebo­tene ehrenvolle Pension angenommen hat, die Stadt- schultheißcnwahl aus den 26. d. M. ausgeschrieben worden. An der Wahl des bis jetzt einzigen Kan­didaten^ Hrn. Notars und Natschreibers Haffner, zu­gleich Sekretärs dcr Handelskammer, wird wohl nicht zu zweifeln sein. Ein Gegenkandidat wird wegen der Aussichtslosigkeit des Erfolges wohl gar nicht anftreten.

Stuttgart. Von der privilegierten Bibel­anstalt in Stuttgart wurden im Laufe des Rechnungs­jahres 1883/84 38440 heilige Schriften verbreitet,

darunter ungefähr 9000 Traubibeln, 5000 Schul­bibeln und 12000 neue Testamente für Konfirman­den. Die Zahl der durch sie seit ihrer Gründung im Jahre 1812 abgesctzten heiligen Schriften ist nun­mehr auf 1612118 gestiegen. Die Opfer haben gegen das Vorjahr um 1000 abgenommen und betragen rund nur 23 000 -,/L, doch haben verschie­dene Legate den Ausfall wieder gedeckt.

Stuttgart, 17. Juni. Heute früh wurde der 17jährige Sohn des flüchtig gewordenen Möbel­händlers Maier zur Sonne hier in Haft gebracht. Der junge Maier ist dringend verdächtig, seinem Va­ter bei dessen Wechselfälschungen behilflich gewesen zu sein.

Ludwigsburg, 17. Juni. In dem benach­barten Möglingen hat heute ein Streit zwischen Ehegatten zu einem blutigen und unglücklichen Ende geführt. Der Bauer und Unterhändler S. daselbst hat in seiner Stube seiner Ehefrau mit einem Bier­krug einige derbe Schläge ins Gesicht versetzt, so daß diese, an die Schläfbeine getroffen, ohnmächtig zusam­mensank. Ein Sohn des Hauses, der bei dem Streite zugegen war, sprang auf die Straße und schrie um Hilfe. Der Mann glaubte, seine Frau getötet zu haben und schnitt sich in der Verzweiflung mit dem Rasiermesser den Hals ab. Bis die Nachbarn her- bcigckommen waren, fand man den Unglücklichen ent­seelt in seinem Blute liegen, während die Frau bald darauf wieder zum Bewußtsein zurückgeführt werden konnte.

In der Hallberger'schen Papierfabrik in Süßen ist elektrische Beleuchtung mit 34 Bernstein-Glüh­lampen, die eine Lichtstärke von 1700 Kerzen re­präsentieren und 8Vs Pferdckräfte erfordern, seit kurzem in tadellosem Betriebe.

Ulm, 17. Juni. Die Liste der Anmeldungen zum Schwäbischen Sängerfest kann jetzt als geschlossen betrachtet werden. Angemeldet haben sich 95 Ver­eine iim 2948 Sängern. Das größte Kontingent stellt Stuttgart mit 13 Vereinen und 514 Sängern. Größere auswärtige Vereine sind angemeldet aus Augsburg, Kempten, Zürich, je mit ca. 50 Sängern.

(Unschuldig verurteilt.) Die Badische Landes­zeitung erzählt einen Fall von Verurteilung eines Unschuldigen. Er betrifft einen jungen Musiker Au­gust Stadher von Karlsruhe, der auf die anscheinend zutreffende Aussage eines 11jährigen Mädchens wegen eines Sittenverbrechens zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden war. Erst in der Christenlehre erkannte das Mäd­chen, das allem Anscheine nach den Verdacht von sich selbst hatte ableuken wollen, die ganze Größe seiner Verschuldung. Allein jetzt war es zu spät; der Unglückliche war inzwischen nach Verbüßung des größeren Teiles seiner Strafe im Zuchthaus gestorben. Die vom Landgericht nachträglich ausgesprochene Freisprechung wurde nur noch einem Toten zu Teil.

Kirchenlamitz (Oberfranken), 12. Juni. Wie demMünch. Fremdenbl." geschrieben wird, sind in der gestrigen Nacht hier 21 Gebäude abge­brannt. Ein Kind nahm zuerst den Oualm wahr, machte Lärm und rettete so die Schläfer vom Er­stickungstode.

Vom Wahnsinn umnachtet hat in Kaisers­lautern eine arme Maurersfrau ihr 4jähriges Kind, nachdem sie demselben die Augen verbunden, in einen Weiher geworfen und sich hierauf mit ihrem jüngsten, 5 Monate alten Kinde auf dem Arm selbst in das Wasser gestürzt, aus welchem alle 3 als Leichen ge­zogen wurden.

Frankfurt, 15. Juni. Nach derFrkf. Ztg." wird dasFrankfurter Journal" am 1. Juli in die Hände einerAktien"-Gesellschaft übergehen, die aus einigen 30 Herren von der nationalliberalen Partei besteht.

Frankfurt. (Die verunglückte Maibowle). Ein hiesiger Kaufmann besitzt auf dem Mühlberge ein kleines Gartenhäuschen, von wo aus man eine reizende Fernsicht hat. Er lud verflossenen Sonntag mehrere Familien zum Besuche desselben ein und versprach ihnen eine prächtige Maibowle vorzusetzen. Als er ihre Zusagen erhalten, ließ er am Samstag nachmittag kalten Braten, Schinken, Wein, Aepfel- wein, Orangen rc. re. hinauf transportieren, damit es an nichts fehle. Am Sonntag nachmittag mar­schierte man gemeinschaftlich nach dem Mühlberg; der liebenswürdige Gastgeber öffnete das Häuschen, aber nicht allein sämtliche Speisen und Getränke, son­dern auch die Teller mit Messern und Gabeln waren gestohlen: außerdem hatten die Spitzbuben, welche mit Hilfe eines von einem Gartenstuhl abgebrochenen Eisens ein Fenster aufgezwängt hatten, noch die Tische in nicht wiederzugebender Weise verunreinigt. Mit der Maibowle war es also nichts. Die um ihr Sonntagsvergnügenbestohlene" Gesellschaft trat mißvergnügt den Rückweg an. Der Gastgeber aber begab sich aus das nächste Polizeirevier.

(Eine interessante Erscheinung.) DieFrkf. Ztg." schreibt: Bei dem letzten Gewitter war vor dem hereinbrechenden Sturme an den Telegraphen- und Telephon-Drähten eine interessante Erscheinung wahrzunehmen. Die Drähte erschienen in der Luft wie blaue Linien, von welchen zeitweilig blaue Tropfen fielen. Diese Erscheinung dauerte so lange, bis durch den hereingebrochenen Sturm eine Ausgleichung stattgefunden hatte.

Wie von Bonn gemeldet wird, ist das ruch­lose Individuum, welches die Gattin des Rechtsan­walts Carstanjen von Köln am Donnerstag morgen in der Nähe von Oberkaffel ermordete und beraubte, in der Person des 28jährigen Taglöhners Peter Dahlhausen aus Vinxel ermittelt wor­den. Gestern mittag hat Dahlhausen das Ge­ständnis abgelegt, Frau Carstanjen erdrosselt zu haben. Der Mörder ist verheiratet, ein schmächtiger, aber sehniger Mensch; derselbe war Soldat.

Ein parlamentarischer Korrespondent der Nat.-Ztg." glaubt mit Bestimmtheit versichern zu können, daß der Kaiser dem Wunsch des Fürsten Bismarck, von dem Posten des preußischen Minister­präsidenten enthoben zu werden und diesen Posten eingehen zu lassen, nicht entsprochen habe; es werde in dieser Beziehung keine Aenderung eintreten.

Dem Vernehmen nach findet Donnerstag oder Freitag vormittags bei dem Reichskanzler eine ge­sellige Vereinigung von Reichstagsmitgliedern statt. Wie es heißt, hat der Reichskanzler zu diesen Zu­sammenkünften nun die Form des Frühschoppens gewählt, da ihm die Abendgesellschaften nicht gut be­kommen. Der bei den Aniversitätsdebatten im preußi­schen Abgeordnetenhaus schon wiederholt so scharf angegriffene Frühschoppen kommt dadurch zu unver­hofften Ehren.

Der Reichstag hat die Beratung des Unfallversiche­rungs-Gesetzes begonnen. Die Verhandlungen drehten sich um den Z r, der den Umfang des Gesetzes feststellt und den Ver- sichcrungszwang ausspricht. Es sind verschiedene Klassen von Arbeitern ausgeschlossen, so besonders die land- und forstwirt­schaftlichen Arbeiter, die beim Eisenbahn- und Wasserbau be­schäftigten, die Schornsteinfegergehilfcn:c. Die Sozialdemo­kraten wollen Alles, was Arbeiter heißt, ausgenommen wissen, die Dcutschsreisinnigen die Arbeiter bei den Transportunter-