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finde. Der Monarch wird von den höchsten Mili­tärs und Würdenträgern umgeben erscheinen.

Berlin. 17. Mai. Die Meldung der gestri­gen Nordd. Allg. Zlg., daß Fürst Bismarck durch den deutschen Konsul in der Kapstadt erklären ließ, die Lüderitz'sche Niederlassung in Angra Pcquenna stehe unter dem Schutze des deutschen Reiches, erregt berechtigtes Aussehen. Sie beweist aufs Neue, daß die deutsche Regierung praktische Kolonialpolitik zu treiben entschlossen ist. Deutschland hat durch die Erklärung an die Kapregierung das Protectorat über Angra Pequcnna thatsächlich übernommen, und der Export" hat nicht zu viel gesagt, wenn er die Nieder­lassung der Bremer Firma als die erste Kolonie des Reiches deutscher Nation bezeichnte und hinzufügte: Die deutsche Neichsslagge in Angra Pequenna be­deutet die Jnaugurierung einer neuen Epoche nicht nur in der wirtschaftlichen, sondern auch in der kul­turpolitischen Entwicklung Deutschlands."

(Das Recht auf Arbeit.) Die Nordd. Allg. Ztg. wendet sich in dem Leitartikel ihrer Abendnum­mer gegen die Fortschrittspartei und gegen deren Bekämpfung des Rechtes auf Arbeit. Sie betont, daß die öffentlich auferlegten und anerkannten Pflich­ten und Rechte sich gegenüberstehen, und daß die Fortschrittspartei die Pflicht zur Arbeit anerkenne, aber das Recht auf Arbeit negiere und nur das Recht des Verhungerns zugestehe.

Der Gesetzentwurf, betr. die Dampferlinicn, welcher, wie mitgeteilt, jetzt dem Reichstage zuge­gangen ist, lautet:Wir Wilhelm, von Gottes Gna­den deutscher Kaiser, König von Preußen u. s. w., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zu­stimmung des Bnndesrats und des Reichstags, was folgt: §. 1. Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Einrichtung und Unterhaltung von regelmäßigen Post- dampfschiff'Sverbindungen zwischen Deutschland einer­seits und Ostasien bezw. Australien andererseits auf eine Dauer bis zu 15 Jahren an geeignete Pri­vatunternehmungen zu übertragen und in den hierüber abzuschließenden Verträgen Beihilfen bis zum Höchst­betrage von jährlich 4 Mill. Mark (4 000000 aus Ncichsmitteln zu bewilligen. § 2. Die nach Z 1 zahlbaren Beträge sind in den NeichshaushaltSetat cinzustellen."

(Fcldmarschall Moltke retiriert.) Als Graf Moltke dieser Tageunter den Linden" in Berlin promenierte, begleitete ihn eine so große Menschen­menge, daß ihn ein berittener Schutzmann auf dem Fahrdamm begleitete, um ihm den allzugroßen An­drang abzuwehren. Ein besonders zudringlicher Junge ging dem Feldmarschall stets dicht zur Seite, so daß dieser endlich mit dem Finger drohte und sich mit dem Jungen in ein kurzes Gespräch einließ. Da­durch wurde die Menschenansammlung nur noch grö­ßer und Graf Moltke retirierte vor ihr in einen La­den. Sofort war auch ein Schutzmann zur Stelle und wollte de» Jungen arretieren. Dieser erhob jedoch ein solches Lamento, daß Graf Moltke wieder erschien und den Gefangenen wieder befreite. Als Schmerzensgeld drückte er dem Jungen ein Geldstück in die Hand, mit welchem dieser froh von dannen zog.

Rostv ck, 24. Mai. Heute früh 6 Uhr brannte die Regimentskammer des 90. Regiments total nie­der. Die gesamten Monturen des Regiments nebst einer großen Menge von Rohstoffen sind mit ver­brannt. Ter Schaden wird auf lVt bis i Vz Mill. taxiert. Versichert war nur das Gebäude.

Leipzig, 21. Mai. Hentsch wurde heute ins Zuchthaus nach Halle abgeführt. Die gesamten Prv- zeßkostcn im Betrage von nahezu 10 000 muß Kraszcwski allein bezahlen, weil Hentsch kein Ver­mögen besitzt. Ocstcrreick-Ungarn.

Der Prager czechische akademische Verein ernannte Kraszewski zum Ehrenmitglied, die Behörde annullierte aber diesen Beschluß.

In deni Jesuitenpensionat 8to1Ia. irmtutina in Feldkirch befinden sich zur Zeit 01 Württcmbergcr unter 298 Deutschen überhaupt.

Im 1866er Feldzuge waren in Prisdors in Mähren 136 preußische Soldaten an der Cholera gestorben und auf besonderem Friedhöfe beerdigt wor­den. Durch einen deutschen Wohlthätigkeitsvercin wurde kurz nach dem Kriege dieser Friedlich mit ei­nem hölzernen Kreuz und einer Inschrift, so wie mit einer Umfriedigung durch ein Holzgeländcr versehen, ; Alles dies war aber seit der Zeit verfault und zer­fallen. Ein angesehener Gutsbesitzer aus Prisdorf! machte der ihm geschäftlich befreundeten Firma Bange !

und Sohn in Köthen Mitteilung von der Sachlage. Die genannte Firma ließ die Nachricht an das preu­ßische Kriegsministerium gelangen. Durch dieses wurde die Sache dem Kaiser amtlich unterbreitet und als­bald befahl derselbe die schleunige Instandsetzung der Grabstätte, die sich Dank diesem Befehl seit Kurzem von einem gußeisernen Geländer auf steinernem Sockel umschlossen zeigt. Im Innern des Friedhofs trägt ein vier Meter hohes Kreuz aus Eichenholz eine Tafel mit nachstehender in Goldbuchstaben auSgcführ- ter Inschrift: Dem ruhmvollen Andenken der im Feld­zuge 1866 in ihrem Berufe verstorbenen und hier­orts im Herrn ruhenden 136 preußischen Kriegern errichtet Anno 1884 auf Befehl Sr. Majestät des deutschen Kaisers und Königs von Preußen. Herr! Lasse sic ruhen in Frieden!

Frankreich.

Paris, 25. Mai. Heute sind es 10 Jahre, daß der Fürst Hohenlohe den hiesigen Botschafter­posten angetreten hat. Die Vorstände der 4 bedeu­tendsten deutschen Vereine, nämlich des Hilfs-, Quar­tett-, Turnvereins und der Teutonia, haben anläß­lich dieses Gedenktags dem Botschafter, der sich augen­blicklich in Schillingsfürst befindet, eine künstlerisch ausgeführte Glückwunschadresse zugesandt und erwar­ten nur seine Rückkehr, die auf den 5. k. M. ange­sagt ist, um ihm auch ein silberbcschlagenes Tinten­faß zu überreichen, welches in Stuttgart angefertigt worden und heute hier eingetroffcu ist. Auch die Adresse ist das Werk eines geb. Stuttgarters, des Graveurs Hirsch.

Paris, 26. Mai. Gestern nachmittag sam­melten sich einige Tausende Manifestanten oder Neugierige im Pore Lachaise an, hielten an den Gräbern der Kommunards Reden und riefen, wenn sie an den Polizeitrupps vorübcrgingen, wiederholt: Es lebe die Kommune! Es lebe die soziale Revolu­tion! Aber nirgends fand ein Zusammenstoß statt. Um 4 Uhr war der Kirchhof fast gänzlich geräumt. Die Menge zerstreute sich in den benachbarten Stra­ßen und war vollständig ruhig; cs haben keine Ver­haftungen stattgefunden.

Frankreich schickt sich bereits an, seine neuen Eroberungen in Asien ausznbeuten. ES hat sich zu diesem Zweck schon eineFranzösische Gesellschaft für Tonkin und Jndochina" gebildet, welche in Tonkin, Anam und Cochinchina Komptoirs gründen, mit allen Waren Handel treiben, Eisenbahnen bauen, Grund­besitz erwerben, Bergwerke und Steinbrüche ausbcuten, Hüttenwerke anlegen, sowie Banken errichten will. England.

London, 23. Mai. Der Gouverneur von Dongola meldet, der Mahdi sei entschlossen, Gordon lebendig gefangen zu nehmen. Die Rebellen in der Runde um Khartum schneiden die Proviantzufuhrcn ab. General Gordon erklärte, er wolle, falls nicht bald englische Truppen ankommen sollten, seinen Po­sten nicderlcgen und zum Islam übertreten. (?)

In einem Artikel über das Vorrückcn der Russen gegen Indien sagt dieTimes": Irgend welche Einmischung seitens der Russen in Hcrat müsse als Verletzung englischer Rechte und als ein Angriff auf die Ehre Englands angesehen werden; das beste Mittel, einen solchen abzuwehren, sei, den festen Ent­schluß zu zeigen, daß man einen Angriff ahnden werde.

Die Nachricht, daß das engl. Kabinet Unter­handlungen mit der Pforte Angegangen habe bezüg­lich einer Kooperation türki'cher Truppen bei einer Kampagne im Sudan, erscheint, wenn man auf Herrn Gladstone hinblickt, nicht zu verwerfen; ob aber der Sultan mitthut, ist sehr fraglich. Muhamedancr gegen Muhamcdaner unter englischer Führung hat nicht viel Wahrscheinlichkeit für sich. Inzwischen vergnügen sich die Aufständischen dicht bei den Forts von S ua- kim in erfolgreicher Weise mit dem Schafraub und haben letzter Tage 1000 Stück geraubt.

Lyn ch j u st i z. Auf der Wettrennbahn in Sa­lisbury wurde am Freitag ein Taschendieb in dem Augenblicke ertappt, als er einem Herrn die goldene Uhr aus der Tasche zog. Die Volksmenge packte den Langsinger, schleppte ihn nach einem nahegele- gencn Teiche und warf ihn ins Wasser. Der Mann konnte schwimmen und gewann das Ufer; allein als­bald wurde die Procedur wiederholt und er war dem Ertrinken nahe, als die Polizei endlich erschien und dem lynchlustigcn Publikum sein Opfer, das eben wieder ins Wasser geworfen werden sollte, entriß.

Dänemark.

(Vom Fürsten Bismarck). Aus Kopenhagen wird uns geschrieben: Die hiesige WochenschriftBort Forsvar" (Unsere Verteidigung) colportiert folgende Anekdote: Als Dänemark seine ausgezeichnete Feld- artillene bei Krupp bestellte, fragte derselbe bei Bis­marck an, ob er die Lieferung übernehmen dürfe. Bismarck antwortete:Laß' sie die allerbesten und kostbarsten Kanonen bekommen; ich kann sie ja stets holen, wenn ich Gebrauch davon habe!"

Spanien.

(Heuschreckenplage.) Die Provinz Ciudad Real in Spanien ist von Heuschrecken überfallen und man fürchtet den Verlust der ganzen Ernte. Man sammelt die jungen Heuschrecken und Larven ein und vergräbt sie, aber es fehlt an Arbeitskräften. Der Kriegsminister hat alle verfügbaren Soldaten nach der Provinz geschickt, um bei der Vernichtung zu helfen. _

Handel H Uerirchr.

(Konkurseröffnungen). Friedrich Zürn, Schuh­macher in Balingen. Johann Wißmann, Bauer von Michel­bach, zur Zeit mit unbekannt. Aufenthalt abwesend. Michael Täuber, Ausdünger von Mäusdorf. Christian Fix, Krämer" von Birkenfeld. Michael Knapp, Händler in Hoyenstraßen, Gde. Mainhardt.

Nach einer ministeriellen Bekanntmachung kommt für diejenigen Wollcscndnngen, welche im innern wüntembergischen Bahnverkehr nach und von Ulm, sowie nach und von Kirchheim u.jTcck im Monat Juni d. I., ferner nach und von Heilbronn in der Zeit vom 5. Juni bis 10. Juli d. I. zur Beförderung gelangen, der tarifmäßige Sperrigk.itszuschlag nicht zur An­wendung.

Stuttgart, 26. Mai. (Mehlbörse.) Mehle blieben bei schwachem Absätze im Preise unverändert. Letzterer dürfte auch kaum noch niedriger gehen, da sich die Handelsmülstcn über ungenügenden Fabrikations-Verdienst beklagen. An heu­tiger Börse sind von inländischen Mehlen 1185 Sack als ver­kauft zur Anzeige gekommen zu folgende» Preisen: Nr. 0 »tt. 82.50 bis 38, Nr. 1 29.50-30.50, Nr. 2 .L 27. -29, Nr. 3.

^ 25.26.50, Nr. 4. 19.5021.50. In ausländischen

Mehlen kein Handel. Die nächste Wochenbörse findet am 9. Juni statt.

Stuttgart, 27. Mai. (Bolksbankfache). Gestern abend waren etwa 50 frühere Vclksbankmitgliedcr bei Bardili ver­sammelt, welche 5 Jahre und kürzer Mitglied der Bank waren und ihre Stammanteilc von 400 Bk. noch nicht voll einbezahlt hatten. Diese Leute sollen jetzt nachträglich die testierenden Be­träge zahlen und berieten, was da zu thun sei. Cs wurde be­schlossen, zunächst ein Rechtsgutachten einzuholen über die Rechts­frage, um darnach weitere Schritte bemessen zu können. _

Line alte Liebe.

Erzählung von S. F.

Durch die schneebedeckte Haide ritt ein einsamer Reiter; der Schnee knirrschte unter den Hufen des Pferdes, cs war bitter kalt. Aber die Sonne schien und der Himmel blaute und ein freudiges Festatmen ging durch die Nalnr; es war der heilige Abend des Weihnachtsfestes. Wie es glitzerte und flimmerte an den Bäumen und Sträuchern, die in der Nähe der Stadt, dem Ziele des einsamen Reiters, auftauchten. Der Reis hatte sie mit seinem Festesschmuck bekleidet und die Strahlen der Wintersonne zitterten darüber hin. Mit bewundernden Blicken streifte der Retter die glänzende Tanne, die so malerisch ander grauen Stadt­mauer lehnte.

Ein echt nordisches Bild," murmelte er,kalt und düster und doch nicht ohne Reiz für Augen, die so lange in den Farbengluten des Südens geschwelgt."

Dann ritt er durch das altertümliche Thor zur Stadt hinein.

Hier also soll ich sie wiedersinden, in dieser weltverlorenen Stadt?" fragte er und schaute za den hohen Giebelhäusern empor.Sie, um derentwillen ich mein sonniges Italien, Mariette, verließ. Wie wird das schöne Weib heute mit heißer Sehnsucht des deutschen Barbaren gedenken, der ihr, ihrer Liebe, ihren heißen Küssen entflohen, einer alten, alten Liebe willen. Wie still, wie öde, o Nom, o Mariette! Doch da winkt ja ein Gasthaus, es verlangt mich sehr, die er­starrten Glieder zn erwärmen."

Roß und Reiter verschwanden jetzt in dem Thor des Gastbofs zum blauen Hecht. Ein paar kuchen­tragende Dienstmädchen blickten der frcmben Erscheinung verwundert nach.

Wie braun der aussah," sagte die eine.

So braun wie meine Stollen," erwiderte die andere,doch da steht dis Frau Kreisrichter, schon nach mir ausschauend, am Fenster, ich muß mich (beeilen." Sie trug das duftende Gebäck mit schnellen schritten in das Eckhaus am Markte. Die Frau Kreisrichter, deren rundliche Finger den Kuchenteig heute morgen geknetet, schaute befriedigt herab ans ihr wohlgeratenes Werk. Die kleine immer thätige Frau war das Muster