Amts- und Intelligenz-Blatt siir den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag den 29. Mai.

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A mtliche s.

Nagold.

Aushebung betreffend.

Am II. und 12. Juli d. I. findet das Aus- hebungsgeschäst statt, was vorläufig zur Kenntnis gekrackt wird.

Den 27. Mai 1884.

K. Oberamt. Güntner.

K. Amtsgericht Nagold.

Keka«ntmach«rrg. betr. >ie Grrichtsferie».

1) Die Gerichtsferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15. September.

2) Während der Ferien werden nur in Ferien- sacheu Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen.

Feriensachen sind: a) Strafsachen)

b> Arrestsachen und die eine einstweilige Ver­fügung betreffenden Sachen; o) Meß- und Marktsachcn; äj Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mie­tern von Wohnungs- und anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung derselben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mieter in die Mietsränme angebrach­ten Sachen; o) Wechselsachen;

k) Bausachen, wenn über Fortsetzung eines an­gefangenen Baues gestritten wird.

3) Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie einer besonderen Beschleuni­gung bedürfen, als Feriensachen bezeichnen. Die gleiche Befugnis hat vorbehaltlich der Ent­scheidung des Gerichts der Vorsitzende.

4) Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvoll­streckungsverfahren und das Konkursverfahren, sowie

5) auf andere Angelegenheiten als diejenigen der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit sind die Gerichtsferien ohne Einfluß.

Den 26. Mai 1884.

_Oberamtsrichter Daser.

Tages-Neuigkeiten.

Deutstbcs Reich.

Roh rau, OA. Herrenberg. 26. Mai. Am Samstag abend wurde im hiesigen Gemeindewald ein Wildschwein (Bache) geschossen, das erst vor kurzem Junge geworfen haben muß. In unserer Ge­gend soll sich zur Zeit überhaupt noch ein Rudel von ca. 10 Stück umhertreiben, auf welche jetzt mit aller Energie Jagd gemacht wird. (N. T.)

Calw, 26. Mai. Stadtschultheiß Schuldt hat heute sein 80. Lebensjahr zurückgelegt und bis in dies hohe Alter sein Amt, welches er 1835 an­trat, durch die geichäftsreichsten und schwierigsten Zeiten hindurch mit seltener Thatkraft und Geistes- frifche geführt. Er hat auch als Abg. während mehrerer Perioden den Bezirk in der Ständekammer würdig und erfolgreich vertreten. Die Gebrechen des Alters scheinen jedoch auch ihn nicht verschonen zu wollen und in jüngster Zeit bei ihm sich bemerklich gemacht zu haben. Nach beinahe 50jähriger Dienst­zeit sah er sich daher veranlaßt, an seinem heutigen

Geburtstage sein Amt niederzulegen. Die bürger­lichen Kollegien haben ihm in einer Adresse den Dank der Gemeinde für seine langjährige Amtsführung dargebracht und in liberaler Weise eine Pension fest­gestellt. Wünschen wir dem verehrten Herrn einen langen ungetrübten Lebensabend, uns selbst aber wieder einen Ortsvorstand, der mit gleicher Auf-, opferung und gleich segensreich, wie der Zurückge­tretene, seine ganze Kraft unermüdlich dem Wohle der Gemeinde weiht. (S. M.)

Stuttgart, 26. Mai. Die Wahl eines Landtags-Abgeordneten für Stuttgart findet am 25. Juni statt.

In Murrhardt wollte der 12jährige Knabe eines Wirts seinen Gespielen dadurchAngst machen", daß er ihnen erklärte, erhänge" sich. Er hing sich auch wirklich mittelst eines Strickes an einen Haken im Schrank und hat nur der zufälligen Dazwischen- kuuft seiner Mutter, welche ihn bereits bewußtlos fand, seine Errettung vom sichern Tode zu danken. Der sofort herbeigerufenen ärztlichen Hilfe gelang es erst nach etwa O/s Stunden, den Unglücklichen wieder ins Leben zu rufen.

Vom Fränkischen, 25. Mai. In einer viel genannten Stadt unserer Fränkischen Gegend kaufte ein Bürger von einem Wcinhändler einen Kubikmeter Wein. Der Käufer fragte zuerst den Verkäufer, wie hoch ein Kubikmeter trinkbarer Wein zu stehen komme, worauf er zur Antwort erhielt 60 Mark. Er schlug ein, der Kauf war abgeschlossen und mußte jetzt der Verkäufer zu seinem größten Erstaunen die bittere Erfahrung machen, daß der Inhalt eines Kubikmeters gleich 1000 Liter ist und daß er ^demnach seinen Wein per Liter zu 6 .F verkauft hat.

DieU. S." schreibt von Ulm: In der letzten Zeit wurden die Schankgefässe der hiesigen Wirt­schaften bezüglich ihrer Borschriftsmüßigkeit visitiert. Die Zahl der vorschriftswidrigen Gefässe muß eine beträchtliche gewesen sein, da dieselben heute von der Polizeiwache, wohin sie verbracht wurden, von Pack­trägern auf Kürren in das Kgl. Oberamt überführt werden mußten.

Brand fälle: In Schorndorf am 25. ds. ein 2stockiges Wohnhaus; in Betzen Weiler (Ried­lingen) am 21. ds. ein Wohn- und Oekonvmiege- bäude; in Waldbach (Weinsberg) am 23. ds. ein Wohnhaus.

Pforzheim, 23. Mai. Eine Skandalaffaire, bei der eine Anzahl Damen der sog.besseren" Ge­sellschaft von hier beteiligt sind, fand am Samstag vor der Strafkammer in Karlsruhe ihren vorläufigen Abschluß. Nicht weniger als 28 Angeklagte hatten sich wegen Verbrechen im Sinne der HZ. 218 und 219 zu verantworten. Es wurde die weise Frau, welche die Beihilfe bereitwilligst, natürlich gegen theu- res Entgeld, gewährt hatte, zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Mittel waren jedoch sehr harmloser Natur und verfehlten auch in den meisten Fällen ihren Zweck, so daß der Gerichtshof mildernde Um­stände walten ließ und gegen 25 Angeklagte auf Strafen von 9 Monaten bis herab zu 4 Wochen Gefängnis erkannte.

Das Schwurgericht in Straubing hat den 25jührigen Dienstknecht Jos. Brunner, welcher am 22. Jan. d. I. in einem Walde in der Nähe von Simbach ein 13jähriges Mädchen in scheußlichster Weise vergewaltigte und sodann durch Schnitte in den Hals tötete, zum Tode und 10 Jahren Zucht­haus verurteilt. Durch eine Cigarre war man auf die Spur des Scheusals gekommen.

Philippsruhe, 25. Mai. Heute nachm. 3 Uhr wurde die kirchliche Trauung der Prinzessin Elisabeth von Hessen mit dem Erbprinzen Leopold von Anhalt imWeißen Saale" des hiesigen Schlos­ses durch Propst Schütt vollzogen. Die Kaiserin von Rußland, die Königin von Dänemark und die Prinzessin von Wales wurden kurz zuvor von Rum- penheim in landgräflichen Gala-Equipagen eingeholt. Der Bräutigam wurde geführt zur Linken von der Langräfin von Hessen, zur Rechten von der Herzo­gin von Anhalt. Ihm folgten die übrigen Fürst­lichkeiten; die Kaiserin von Rußland geleitet vom deutschen Kronprinzen. Die Braut wurde eingeführt von dem Landgrafen von Hessen »nd dem Herzog von Anhalt unter Vorantritt des Hofmarschalls.

Krefeld, 21. Mai. Wie dieKrefelder Ztg." berichtet, haben daselbst bei einem Mittwoch nachts ausgebrochenen Brande in Osterath 6 Kinder des Bauern Nibbels im Alter von 243 Jahren, welche mit der Großmutter und einem Dienstmädchen zu­sammen im oberen Stockwerke schliefen, den Tod in den Flammen gefunden. Das Dienstmädchen hatte sich noch rechtzeitig gerettet, auch die alte Frau konnte noch dem sie bedrohenden Schicksal glücklich entrissen werden.

Straß bürg, 20. Mai. In den letzten Wo­chen sind falsche Fünfmarkstücke in beträchtlicher An­zahl in hiesiger Stadt zum Vorschein gekommen. Dieselben tragen das Bildnis verschiedener Bundes­fürsten, sind von gutem Klang, haben aber eine malte, glanzlose Oberfläche und machen sich namentlich durch schlechte Randprägung bemerkbar. Den Geschäfts­leuten wird daher besondere Vorsicht empfohlen.

Aus Elsaß-Lothringen schreibt ein Kor- resp. derMagdb. Ztg." : Ich habe schon öfter mit großer Befriedigung konstatieren können, daß die innere Wiedervereinigung Elfaß-Lothringens mit Deutschland in den letzten Jahren recht erfreuliche Fortschritte gemacht. Dies gilt aber nur von den mittleren und unteren Ständen. Die höheren Stände halten sich fast noch ebenso wie früher von dem Deutschtum zurück, bleiben daher in ihrem ganzen Wesen und in ihrer Gesinnung französisch und hem­men dadurch nicht unerheblich den weiteren Fort­gang des Verschmelzungsprozesses. Auch für die nächste Zukunft ist auf eine bedeutende Besserung nicht zu hoffen, da der Nachwuchs entweder nicht oder nur kurze Zeit die deutschen Schulen besucht, im übrigen aber in den französischen Traditionen des elterlichen Hauses großgezogen und von jeder Berührung mit deutschen Kreisen ängstlich zurückge­halten wird. Noch jetzt ist es für einen Deutschen fast unmöglich, in den einheimischen Gesellschaftskrei­sen Zutritt zu erhalten. Daraus erklärt sich auch, daß eine Verbindung deutscher und elsäßer Familien der höheren Stunde durch Heirat äußerst selten ist, während in den untern Ständen das Eis längst ge­brochen wurde. Die Hauptursache dieser Erscheinung ist in der auch jetzt noch erfolgenden exklusiv-franzö­sischen Erziehung der Frauen zu suchen. Die junge Männerwelt ist viel zugänglicher; bereits gehören weit über hundert junge Leute als Reserveoffiziere, einige sogar als aktive Offiziere der deutschen Ar­mee an.

Berlin, 23. Mai. Die Abreise des Kaisers nach Bad Ems ist jetzt endgültig für den 10. Juni festgesetzt. Am Tage zuvor, Dienstag den 9. Juni, erfolgt die Feier der Grundsteinlegung zum Reichs­tagsgebäude. Der Kaiser hat augeordnet, daß dabei eine umfassende Vertretung aller Reichsorgane statt-