rungskanal, zwischen den KoakSöfen und dem Kesselhause Wäsche zum Trocknen auszuhängen, als die Decke des Kanals einbrach und die Aermste in daS Flammenmeer des 6 Fuß tiefen und 4 Fuß breiten Feuerungskanals versank. Obgleich augenblicklich Hilfe zur Stelle war, konnte nicht einmal der Leichnam gerettet werden, da die Flammen durch die entstandene Oeffnung in weiten Garben cmporschlugen und somit jeden Rettungsversuch unmöglich machten. Von den sterblichen Ueberrcsten konnte heute morgen, als das Feuer abgedämmt war, fast nichts mehr ermittelt werden.
Daß übertriebener Diensteifer die Spitze leicht gegen den Beflissenen selbst wenden kann, beweist ein Geschichtchen, das in der Gegend der unteren Werra passiert sein soll. Ein Gcnsdarm, der von einem Streifzug zurückkehrt, stößt einem Gefährt auf, das einem benachbarten Oberförster gehört und leer nach der nächsten Stadt fährt. Die Frage, ob er mitfahren könne, wird willfahrend beantwortet. Der Gensdarm steigt auf, macht es sich bequem, holt seine Cigarrentasche hervor und fragt den Kutscher, ob er ihm nicht mit Feuer aushclfen könne, er habe keins. Dieser greift arglos in die Westentasche, aus der er mehrere Streichhölzer hervorlangt, von denen er eins dem GenSdarmen reicht. Einige Tage darauf erscheint in der Oberförster« ein Gerichtsbote mit einem Strafmandat über 6 ^ für den Kutscher wegen losen Mitsichführens von Streichhölzern in der Tasche. Der Oberförster, entrüstet über ein solches Vorgehen, besinnt sich nicht lange und übersendet dem GenSdarmen eine Rechnung über 10 ^ für Benutzung seines Fuhrwerks. Schon nach einigen Tagen liefen mit Postanweisung die 10 ein. Der Oberförster ruft seinen Knecht, gibt ihm den Betrag und sagt: „Mit diesen 6 ^ zahlst Du die Strafe, diese 4 aber erhälst Du als Trinkgeld von Deinem guten Freunde, dem GenSdarmen X., bei dem Du Dich bei erster Gelegenheit bedanken wirst." Ob der Kutscher diesem Befehl nachgekommcn ist?
Die klerikale Presse kommt bezüglich des Verzichts des Kardinals Ledochowski auf das Erzbistum Posen-Gnesen jetzt dahin überein, daß der Kardinal seine Resignation zwar eingereicht, der Papst dieselbe aber „noch nicht" genehmigt habe. Es ist selbstverständlich, daß der Kardinal sie ohne Billigung des Papstes nicht eingereicht haben kann und daß man die „verfrühte" Nachricht nicht ohne Grund verbreitet haben wird. Man will offenbar sehen, was die Sache in Berlin für Eindruck macht. Es ist ein Angebot und die preußische Regierung soll sagen, was sie dagegen bietet.
Frankreich.
Paris, 18. April. Heute vormittag siel Schnee bei 1 Grad über Null. In den östlichen Gegenden Frankreichs zwischen Maas und Rhein hat es vielfach Reif gegeben. Die Wcinstöcke haben sehr gelitten.
Paris, 18. April. Der „National" meldet: Die Franzosen nahmen bei der Einnahme von Hong- Hoa auch eine Anzahl Chinesen gefangen und bewachen dieselben sorgfältig, um den Beweis zu erbringen, daß China sich mit Frankreich im Kriegszustand befinde.
Paris, 19. April. Einer Depesche aus Tonking zufolge sind infolge der eingetretenen Regenzeit die militärischen Operationen eingestellt.
Das wichtigste Ereignis des Tages ist in Frankreich die erfolgte Wiederaufnahme der Ar beit im Anziner Kohlenbecken, die wohl hauptsächlich auf das Ausbleiben der gehofften englischen Unterstützungen zurückzuführen ist. Die Kompagnie d'Anziu hat gesiegt, aber allerdings unter ganz ungeheuren Opfern, die sie, wie behauptet wird, in absehbarer Zeit gar nicht wird verschmerzen können. Tie Arbeiter haben nicht eher nachgegeben, als bis sie, von allen Mitteln entblößt, thatsächlich dem Hunger gegcnüberstanden, und selbst dann noch versuchten die Führer, sie zu weiterem Aue-Harren zu bewegen. Auch jetzt, nach Aufnahme der Arbeit, ist die Lage im Anziner Kohlenbecken noch sehr traurig, denn die Arbeiter haben nicht nur alle ihre Ersparnisse aufgebraucht, vielfach den nötigsten Hausrat vcikauft, sondern auch noch Verpflichtungen übernommen, deren Abtragung ihnen noch große Mühe machen wird.
Italien.
Zur Auswanderung des Papstes bringt jetzt Germania eine neue Lesart. Sie läßt sich aus R o m i vom 18. d. telegraphieren: „Es verlautet, dag der ^
Papst allmählich, die Uebersiedelung nach Frankreich vorbereite, wo man ihm sichere Gastfreundschaft an- geboten hat. Andere Anerbietungen wurden abgelehnt. Nach der Mancini'schen Erklärung in Betreff der Propaganda ist eine Lösung der römischen Frage notwendig. Aufsehen hat es hier gemacht, daß der Pariser Nuntius, der gestern hier ankam, sofort wieder zurückgeschickt wurde."
Türkei.
Konstantinopel, 18. April. Der Sultan empfing das österreichische Kronprinzenpaar am Eingang des Thrvnsaalü, bot der Kronprinzessin den Arm und begrüßte die hohen Gaste aufs herzlichste, welche eine Viertelstunde verweilten. Hierauf erwiderte der Sultan den Besuch alsbald in dem Kiosk des Kronprinzenpaares. Nachmittags besuchte das Kronprinzenpaar die Moscheen; morgen Empfang des diplomatischen Korps.
Rußland.
Die Russen scheinen bei ihrer neuen Annexion in Mittelasien ein Haar in der Butter gefunden zu haben. Bei ihrem Einzug in die „Königin der Well" wurde ihnen ein sehr unliebsamer Empfang bereitet, nach einer andern Nachricht wurde die Einzugskolonne vollständig vernichtet. (Oder hätte man es hier mit einer englischen Nachricht zu tyun?)
Reval, 17. April. Gestern abend begann ein heftiger Schneesturm, welcher alles mit mächtigen Schneemassen bedeckt. Die Straßen sind versperrt, der Schnee reicht stellenweise bis an die Dächer zweistöckiger Häuser. Der Eisenbahnverkehr ist eingestellt; zur Freimachung der Bahn ist Militär beordert. In der Nacht brach eine Feuers brunst aus, welche mehrere Häuser in Asche legte. Bei dem Brande ist viel Vieh umgckommeu.
England.
New York, 17. April. Ein Neger, der vorigen Sonnabend abend unweit Austin, Texas, eine Frau brutal ermordet hatte, wurde verfolgt und gestern festgenommen. Eine wütende Volksmenge schleppte ihn nach dem Schaup'atze des Verbrechens, wo ec seine Schuld eingesland. Er wurde dann zu Tode geröstet.
London, 17. April. Nach einem Telegramm der „Times" aus Philadelphia haben heftige Regengüsse in Georgia die Bockbrücke der We>tern Allan- tic Eisenbahn zerstört, in Folge dessen am Dienstag zwei Züge verunglückten; 6 Personen wurden dabei getötet und l8 verwundet.
London, 17. April. Kriegsminister Harcourt hielt gestern in Derby eine Rede, in welcher er erklärte, daß unvorhergesehene Ereignisse die Regierung verhindert hätten, die Truppen aus Egypten zurückzuziehen. Was die Frage der Annexion angehe, so habe England nicht daS Recht, Egypten zu annectiere», da dort auch noch andere Mächte Recht Hütten. Eine dauernde Verwaltung Egyptens durch England würde zu unausgesetzten Verwicklungen mit den übrige» Mächten führen und die Erhaltung der Armee in Egypten notwendig machen, deren Kosten die egyptische Regierung nicht tragen könne.
In England wurden einem Ausweise des Handelsamtes zusolge im abgelausenen Jahre durch allelhand Unfälle auf Effenbahncn nicht weniger als 1230 Personen getötet und 8123 verletzt.
Freihandel oder Schutzzoll? Bist du Freihändler oder Schutzzöllner? Mit dieser drohenden Frage rücken sich auch jetzt noch die Politiker gewaltig auf den Leib, wenn man schon glauben sollte, die unleugbar günstigen Resultate unserer Schutzzölle, das Rchonnieren und die Ratlosigkeit der Franzosen hätten doch manchem zeigen können, daß wir mit unseren Schutzzöllen am Ende doch auf richiiger Fährte sind. Freihandel oder Schutzzoll? Wir beantworten die Frage mit einem sehr kühlen und nüchternen: „Je nachdem!" Der Freihandel hat schon gewisse Staaten rcichgemacht. Der Schutzzoll auch. Der Freihandel hat schon Länder zurückgebracht, und der Schutzzoll dergleichen. Man wird also je nach den Bedürfnissen eines Landes den einen Artikel schutzzöllnerisch, den andern freihäudle- risch behandeln müssen; genau so, wie es die Absicht der gegenwärtigen deutschen Politik ist. Der Freihändler sagt: Was ich nicht selbst (oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten) produzieren kann, das beziehe ich besser und billiger aus .dem Ausland. Weg mit den Zöllen! Wollte man in England — sagte Adam Smith — einen starken Weinzoll erhe
ben, weil ja die Gärtner in ihren Gewächshäusern auch Trauben ziehen und Wein produzieren können — so wäre das ein Unsinn. Man wende nur aber einmal dieses Beispiel Smith's auf Deutschland an und wir wollen sehen, ob cs auch hier die Probe besteht. Wir produzieren nicht etwa blos in Gewächshäusern Trauben, sondern in Deutschland gibt es weite weinbautreibende Gegenden. Wollten wir bei uns jenes englische Recept anwenden und unsre starken Weinzölle aufheben, so swürde die ungarische, französische und italienische, bald auch californische Conkurrenz auf unsere Weinbauern Hereinstürzen und sie völlig ruinieren. Hat doch selbst Herr Bamber- berger, sonst der allerhitzigste Freihändler seinerzeit für den italienischen Traubenzoll gestimmt, — doch wohl seinen weinbautreibenden Wählern zulieb. Wäre es also für England thöricht, starke Weinzölle einzuführen, so wäre es für uns ebenso verfehlt, wenn wir unsre Weinzölle abschaffen wollten. Ein anderes Beispiel: Wollte man in einem Land, das weder Eisen noch Kohlen selber hervorbringt, das alle diese hochnotwendigen Stoffe vom Ausland beziehen muß — wollte man in diesem Land einen Zoll auf die eingeführten Kohlen und Eisen legen, so wäre das gewiß thöricht. Umgekehrt, soll ein Land, welches Kohlen und Eisen in genügender Menge hervorbringt, wie wiederum Deutschland, soll ein solches Land fremde Eisensabrikatc schrankenlos (das heißt zollfrei) herein und das Land überschwemmen lassen? Nein, denn schützt man unsere Eisenindustrie nur einigermaßen, fo lernen wir bald alles auch machen, was die Engländer uns seitdem ange- boten haben. Bereits fabrizieren wir die Stahlpanzer unserer Kriegsschiffe selber, die man früher durchweg aus England bezog. Also je nach den Verhältnissen Schutzzoll oder Freihandel. Der Großhandel ist natürlich aus seinem eigenen Interesse durchweg freihändlerisch. Allein die Interessen des Volks sind sehr häufig andere, als diejenigen des Großhandels und seiner Vertreter.
Kandel L Uerkehr.
(Konkurseröffnungen.) Friedrich Schneider, Fuhrmann und SägmLhlcbcsitzer in Freudcnstadl, entwichen. Christian Ncstlcn zum grünen Baum in Freudenftadt. Christian Götz, Kaufmann in Gaildorf. Gottlieb Wurst, Müller in Bir» kenlohe, Gemeinde Ruppertshofen. Jakob Däubler, Kutscher in Ulm.
Vom Herrcnberger Bezirk, 9. April. Seit Anfang dieser Woche wurden von der Zuckerfabrik Böblingen mit denjenigen Landwirten, welche beabsichtigen, auch für dieses Jahr wieder Zuckerrüben zu pflanzen, die Akkorde abgeschlossen und der Samen hierzu, verkaufswcise, das Liter zu 25 h, an dieselben abgegeben. In hiesiger Gegend ist nächst dem Hopsen die Zuckerrübe ein ganz bedeutendes Handclsgcwächs. Die Fabrik zahlte im vorigem Jahre pro Ztr. Rüben franko Bahnhof geliefert 95-1; es ergibt sich für den diesseitigen Bezirk durchschnittlich eine jährliche Einnahme von 50 000 iL
Lin Kind der Urmuth.
Erzählung von M. Gerbrandt. (L. Calm.)
(Fortsetzung.)
Es war ja lächerlich! Die herlichsten Blumen hatten ihm auf seinem Wege geblüht, er hatte mit ihnen getändelt, ihren Dust genossen, war von einer zur anderen geflattert — und nun, zum bleibenden Eigentum sollte er eine Eugenie v. Malten an sein Herz drücken? Nein, nein, nein, das konnte seine Mutter nicht verlangen! Noch einmal mußte sie glauben, daß die Stimme seines Herzens sprach, noch einmal seinem Schwur vertrauen, daß eine Locke von Agnes' Haar ihm Eugenie samt ihrem alten Adel aufwog.
„Ich werde hinübersenden und mich nach dem Befinden des jungen Hardenberg erkundigen lassen," sprach die Baronin sichtlich besorgt.
„Es ist unumgänglich nolwendig," entschied Adolf. „Ein Umstand, den ich noch nicht berichtet habe, fordert allein schon diese Aufmerksamkeit, die ohnehin dem früheren Spielkameraden gegenüber unerläßlich wäre." Er hatte bisher von Erichs Zwist mit ihm und seiner Verwundung durch den alten Hardenberg absichtlich nichts erwähnt, er sagte auch jetzt nichts darüber und ritt bald daraus fort.
Durch die Fenster der Bauernstube, die man in der Eile zum Krankenzimmer für Erich hergerichtet, dämmerte der Morgen. Die Lampe auf dem Tisch flackerte unruhig, die verworrenen Reden des Fieberkranken wurden leiser und leiser.
Es war so unheimlich in dem Zimmer, seit der Arzt gegangen. Er hatte gesagt, die Wunden seien nicht lebensgefährlich, aber die vollkommenste Ruhe für den Kranken müsse beobachtet werden.
Mutter Augustin, die man zur Wächterin be-