Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag den 22. April.

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1884.

Amtliches.

Nagold.

Bekanntmachung,

betreffend die Visitation der Maße, Gewichte niid Wagen.

Die in de» letzte» Jahren vorgenommcnen po­lizeilichen Mas;- und Gewichts-Visitationen haben regelmäßig eine große Zahl von Fällen ergeben, in welchen bei Gewerbetreibenden Maße. Gewichte und Wagen in vorschriftswidrigem Zustande, insbeson­dere mit über die zulässige Fehlergrenze hinausgehenden Abweichungen von der absoluten Richtigkeit gesunden wurden, was nach tz 369 Z. 2 und Absatz 2 des Rcichsstrafgcsetzbuchcs Straseinschreitung nebst Ein­ziehung der vorschriftswidrigen Gegenstände zu Folge hat und zwar auch dann, wenn die betreffenden Ge­genstände nur in Folge längeren Gebrauchs ihre Richtigkeit verloren babcn.

Um daher die Gewerbetreibenden vor Strafen und andern finanziellen Nachteilen möglichst zu be­wahren, findet auf Veranlassung K. Ministeriums deS Innern und im Einverständnis mit der Amts­versammlung vor den, Beginn der gewöhnlichen po- lizeilicheuVisitationen eine sogenannte freiwillige Prü­fung der Maße, Gewichte und Wagen statt und zwar in der Art, daß den Gewerbetreibenden Gele­genheit gegeben wird, ihre eichpflichtigen Gegenstände ohne Kosten für sie einer technischen Visitation un­terziehen zu lassen, die mit Straseinschreitung und Einziehung unrichtiger Gegenstände nicht verbunden ist, wogegen die Bezahlung der sich hiebei als not­wendig ergebenden Berichtigungen den betreffenden Gewerbetreibenden überlassen bleibt.

Mit dieser Visitation wird Eichmeister Feldweg von Calw in den nächsten Tagen in den Landgemeinden beginnen und es können daher die­jenigen Gewerbetreibenden, welche von der erwähn­ten Vergünstigung Gebrauch machen wollen, ihre Maße, Gewichte und Wagen zu der von dem Orts- Vorsteher, welcher von Eichmeister Feldweg über sein Eintreffen rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden wird, in der Gemeinde bekannt zu gebenden Zeit dem Eich­meister zur Prüfung übergeben.

Den 16. April 1884.

K. Oberamt. Güntner.

Tages-Neuigkeiterr.

Deutsches Reich.

/X (Eingesendet.) Für Mitglieder der Hand­werkerbanken des Bezirks wird die Notiz nicht un­willkommen sein, daß das Geschäftsjahr 1883 ein sehr fruchtbringendes gewesen ist sowohl hinsichtlich der Umsatzsummen als auch nach dem Ertrag der zur Verteilung gekommenen Dividenden. Letztere be­trugen laut den seit Beginn des Jahres 1884 bis jetzt zur Veröffentlichung gelangten 50 Geschäftsbe­richten 8 bis 4°/o. Unter denselben nehmen die 6 - prozentigeu die erste Stelle ein; ihre Zahl beträgt 26. Ihnen folgen 7 Kassen mit 5Vo, 4 mit 7"/o, 4 mit öVLVg, 3 mit 6 '/ 2 "/o, 2 mit 8 und 2 mit 5Ut"/n, I mit 4Vs und 1 mit 4Vg Dividenden. Der gesunde und praktische Sinn unserer Zeit sucht die humane Idee solcher Kassen wahrhaft zu fördern und doch fehlt manchenorts die nachdrückliche Teilnahme der Kleingewerbetreibenden und der Landwirte, wo­durch sie sich selbst, sowie der Gesamlhebung der In­dustrie und dem rationellen Betriebe der Landwirt­schaft hindernd cntgegcntretcn.

Mit dem letzten April hört im H errcnbergcr Bezirk die Naturalverpflegung armer Reisender auf.

Die roten Flecken treten im Bezirk Herrenberg zur Zeit ziemlich bösartig auf; in vielen Fällen folgt Hirn- uder Lungenentzündung nach.

Die Amtsvcrsammlung Freudenstadt hat die Errichtung eines Bezirkskrankenhauses in der Ober­amtsstadt beschlossen.

Stuttgart, 18. April. Nach einer Mitteilung desSt.-A." darf die Gesamtzahl der im Jahre 1883 aus Württemberg ausgewanderten Personen auf etwa 12 200 veranschlagt werden, welche mit geringen Ausnahmen sämtlich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika gegangen sind.

Stuttgart, 19. April. Die Landesversamm­lung der Deutschen Partei findet am 27. d. M. 11V, Uhr in der Liedcrhalle dahier statt. Auf der Tages­ordnung steht: Besprechung und Beschlußfassung über die Heidelberger Erklärung; über die Parteipresse und über Statutenänderungen sowie die Neuwahl des Landeskomites.

Stuttgart, 19. April. Eine unliebsame Er­scheinung war der heute früh aus den Dächern lie­gende Schnee, lieber den Schaden, den diese unge­wöhnliche Temperatur-Erniedrigung chier bis auf

0,6" 0. gehend), herbeigeführt hat, ist es im Augenblick noch nicht möglich etwas zu sagen. Man hat schon erlebt eS wird an die Jahrgänge 1834 und 1847 erinnert daß Schnecfälle, die Ende April eintraten, durchaus nichts geschadet haben. Hoffen wir. daß noch alles gut vorbeigeht.

StaNparl, 19. April. Die Tagesordnung der am 22. April, vormittags tt Uhr stattfindenden Sitzung des Land­tags ist: Bericht der Legitimnlionskommissivn über die Legi­timation der neueintretenden Mitglieder.

Stuttgart. Aus den gesammelten Cigarren­spitzen können in diesem Jahre 25 Konfirmanden teils mit Geld, teils mit Kleidungsstücken bedacht werden. Erlöst wurden aus den gesammelten Spitzen 149 lckL, aus verkauften Cigarrenkistchen 7 -4L 39 Außerdem sind Herrn Oberst v. Glaser, welcher an der Spitze dieser Sammlungen steht, 68 ^ 10 in bar zugegangcn.

Nied lingen, 17. April. Dem Kind einer hiesigen Wittwe wurde vom Arzt eine Arznei gegen Husten verordnet, in der sich auch Morphium befand. Nachdem das Kind gestern früh von der Arznei ein­genommen, verfiel es in einen tiefen Schlaf, das Atmen wurde immer schwerer u. nachmittags erfolgte der Tod. Da Morphiumvcrgiftung vermutet wird, fand heute nachmittag eine gerichtliche Sektion statt.

In der Riedlin ger Amtsversammlung kam am 15. ds. die Frage über die Fortdauer der Na­turalverpflegung zur Beratung. Von allen Seiten wurden Klagen darüber laut, daß noch nie so viele betrunkene Handwerksbnrsche gesehen wurden und noch nie so viele und grobe Ausschreitungen vorkamen, wie seit dem Bestehen dieses Instituts. Dasselbe ist deshalb «ach zweijähriger Dauer wieder abgeschaffl worden.

Bibcrach, 15. April. Ein Leichenzug von nie gesehener Ausdehnung bewegte sich gestern nach­mittags nach dem cvang. Friedhöfe, um die Hülle des erst vor wenigen Wochen pensionierten Oberleh­rers Luz zur ewigen Ruhe zu betten. Seit 17 Jah­ren hier angestellt, hat er sich die Hochachtung der hiesigen Bewohner nach allen Seiten erworben. Auch als Schriftsteller war er erfolgreich thätig.

Am Osterfest nachmittags um 4 Uhr wurde eine Konfirmandin von S tein heim, die den Oster­hasen nach Heidenhcim bringen sollte, von 2 jungen Burschen angcfallen, in den Straßengraben ge­

schleppt und unsittlich traktiert. Die beiden Thäter sind verhaftet, cS sind 16 Jahre alte Lehrlinge.

Brandfälle: In Unterwachingen (Ried­lingen) am 15. das Haus eines Bäckers.

Darmstadt, 16. April. Aus Roßdorf kommt die Kunde von einem entsetzlichen Lustmorde, der am Abend des Ostersonntags gegen 8 Uhr zwischen Reinheim und Gundernhausen an der 19jährigen und bildhübschen Tochter des Gemeindeeinnehmers Bauer von Gundernhausen und Verlobten des Sohnes des dortigen Bürgermeisters verübt worden ist.

Darmstadt, 17. April. Die Königin von England und Prinzessin Beatrice sind vormittags hier eingetroffen.

Berlin, 17. April. Das Reichsgericht hat entschieden, daß als Verlobte im Sinne des Straf­gesetzbuches und auch der Strafprozessordnung schon solche Personen zu betrachten seien, die sich einander ein ernstliches, wenn auch formloses Eheversprechen gegeben haben, selbst wenn das bürgerliche Recht strengere Formen (z. B. einen gerichtlichen oder no­tariellen Alt) vorschreibt. Diese Entscheidung ist bei vielen Antragsvergehcu und ebenso bei der Frage der Zcugnisverweigerung nicht unwichtig.

Berlin, 17. April. Von dem Parteitag in Neustadt wird derKöln. Ztg." aus der Pfalz noch geschrieben, daß während der Rede Miquel's, nament­lich bei dessen Bemerkung, daß es erfreulich sei, daß endlich die leidige Furcht verschwunden sei, für einen Schwächling oder eine Knechtsseele gebalten zu wer­den, wenn man die Schuld der nationalen Dankbar­keit gegen den Reichskanzler einmal öffentlich ablege, der Beifall und die Begeisterung einen solchen Höhe­punkt erreichte, daß sich die Versammlung wie ein Mann erhob und durch stürmisches Bravorufen und Schwenken der Hüte ihre Zustimmung zu diesen Worten und damit zugleich ihre Gefühle für den Reichskanzler bekundete.

Berlin, 18. April. Nachdem der Kaiser die Regierungsgeschästc in vollem Umfang wieder ausge­nommen har und gestern mit dem Fürsten Bismarck längere Zeit beriet, gilt die Entscheidung bezüglich der vom Reichskanzler gewünschten Entbindung von seinen preußischen Acmtern als unmittelbar bevor­stehend. Die Vorberatungen über die Umgestaltung des Staatsrats sind schon seit einigen Tagen abge­schlossen, indem der Kronprinz sich bereit erklärt hat, den Vorsitz im Staatsrate zu übernehmen.

Berlin, 19. April. Das Befinden der Kai­serin ist noch immer nicht besser, der Fieberzustand hält an. Die Abreise des Kaisers nach Wiesbaden ist deshalb bis auf weiteres verschoben.

Der Reichsanzeiger veröffentlicht heute die Ueber- einkuuft zwischen Deutschland und der Schweiz. be­treffend die gegenseitige Zulassung der in der Nähe der Grenze wohnhaften Medizinalpersonen zur Aus­übung der Praxis.

Den Verlust eines Ohres erlitt in Berlin ein Kutscher infolge einer unsinnigen Wette. Er hatte behauptet, daß er, sich an einer Wand festhaltend, durch Ziehen an den Ohren nicht sortgebracht werden könnte. Sein Gegner ging bei Austragung der Welte zu energisch vor und riß ihm das eine Ohr vollstän­dig ab. Der Verletzte mußte sich sofort in ärztliche Behandlung begeben.

Calernderg. 11. April. Gestern abend er­eignete sich laut derEss. V.-Ztg." auf ZecheZoll­verein" dahier ein Unglücksfall, wie er gräßlicher kaum gedacht werden kann. Die 19jährige Dienstmagd M. St. war nämlich eben damit beschäftigt, auf dem Feile-