infolge eines unglücklichen Falles auf das Straßen- pflaster eingetreten ist. Sein Widersacher stellte sich alsbald dem Gericht und wurde in Untersuchungshaft genommen.

Crailsheim, 23. März. Die Auswanderung nach Amerika in unserem Bezirke ist wieder im Zu­nehmen, es reisten vor einer Woche circa 30 Perso­nen auf einmal ab, und noch viele werden ihnen folgen.

Nach einem Ausschreiben des Amtsgerichts Wangen ist am 18. ds. die 50 Jahre alte Hlinde- scheererin Louise Scheurer von Trichtingen, OA. Sulz, im Walde zwischen Meggen und Göttlishofen erschla­gen oder erdrosselt worden. Der Tat dringend ver­dächtig ist der etwa 50 Jahre alte Wurzelgräber Anton Dietrich von Lautrach oder Ausnang, OA. Leutkirch. Nach demselben wird gefahndet.

Nusplingen, 21. März. Immer liest man in den Zeitungen Artikel, nach welchen manchmal bei Vergebung von Arbeiten im Akkord die Arbeitslöhne zu erstaunlich niederen Summen herabsieigert. Einzig wird aber wohl der Fall sein, daß bei einem letzte Woche hier vorgenommenenHolzmacher-Akkord solange iin Abstreich gesteigert wurde, bis schließlich Einer in einem Schlage den Raummeter Holz ganz umsonst aufzubereiten sich erbot. (?) (H. B.)

Brandfällc: Am 20. ,d. M. in Gaisbeuren (Waldsee) ein Wohn- und Okonomiegebäude; am 19. d. in Feldstetten (Münsingen) die dortige Ziegelei; am 19. d. in Heudorf (Saulgau) ein Wohn- und Oekonomiegebäude.

Die bayerische Kammer der Reichsräte hat mit allen gegen 4 Stimmen den Antrag des Abge­ordnetenhauses auf Einführung des confessionell ge­trennten Geschichtsunterrichts abgelehnt.

InHamm, Kreis Worms, ist unter den Schul­mädchen der Veitstanz ausgebrochen. 28 Mädchen im Alter von 912 Jahren sind davon befallen. Die Schulen wurden infolgedessen geschlossen.

(Eine Million Mark Ausfall.) Die Staats­anwaltschaft Plauen verfolgt den Inhaber des Hau­sesEmil Haupt" in Reichenbach, Emil Eugen Haupt, wegen Verbrechens des betrügerischen Ban- kerotts. Unter dem Vorgeben einer eintägigen Ge­schäftsreise nach Leipzig hat Haupt am 6. ds. Rei­chenbach verlassen und ist nicht wieder dahin zurück­gekommen. Die Schulden betragen obige Summe.

Vom ersten Strafsenate des Reichsgerichts zu Leipzig wurde beschlossen, den polnischen Schriftstel­ler Dr. v. Kraszewski und den Hauptmann a. D. Herrisch dem Anträge des Oberreichsanwalts gemäß, beide wegen Landesverrath, in Anklagestand zu ver­setzen. Die Verhandlung wird wahrscheinlich im Mai stattfinden. Das Vermögen Kraszewskr's wurde vorläufig mit Beschlag belegt.

DerMagdeburger Zeitung" schreibt man von Stuttgart:Der bekannnteSeclengeruch- und Woll- Apostel Professor Gustav Jäger wird sich in Zukunft ganz seinem apostolischen Berufe widmen können. Er hat nämlich die Stelle, die er als Lehrer der Zoologie am hiesigen Polytechnikum und gleichzeitig an der landwirthschaftlichen Akademie in Hohenheim bekleidete, niedergelegt. Das heißt, das Ministerium habe ihm wegen seines excentrischen Benehmens, na­mentlich bei seiner letzten Wiener Gastreise, einen Verweis erteilt, worauf er eine so gereizte und we­nig höfliche Antwort gegeben habe, daß ihm die Behörde den Austritt aus dem Staatsdienst nahe legte. Durch die Ausbeutung seiner Wolltheorie ist Jäger längst ein vermöglicher Mann geworden."

Der Kaiser über die Sozialistengesetz- Debatten. Der Post zufolge äußerte sich der Kaiser am Samstag bei dem Empfange der Präsi­dien der gegenwärtig in Berlin versammelten reprä­sentativen Körperschaften über das geringe Maß der Befriedigung, welches ihm die Reichstagsverhand­lungen über das Socialistengesetz gewährt haben. Der Kaiser hat dabei sehr nachdrücklich an die Vor­gänge erinnert, welche den Erlaß des Gesetzes ver­anlaßt und sich auch warnend darüber ausgespro­chen, daß die gegenwärtige äußerliche Ruhe als eine vollständige Sicherheit angesehen werde.

Berlin, 25. März. Der Abgeordnete Schauß hatte Bambcrger gefordert wegen der Aeußerung: Wenn Schauß eine Partei bilden würde, so wäre es nur eine Bismarckpartei san8 plrraso." Die An­gelegenheit wurde jedoch dadurch beigelegt, daß Bam- derger in seiner gestrigen Reichstagsrede erklärte, er habe Schauß nicht beleidigen wollen.

(Der Reichskanzler und der Normalarbeitstag.) Daß unser Reichskanzler cs verstanden hat, bei seinen socialen Reformplänen den Boden der Möglichkeit nicht zu verlieren, beweist auch seine letzte Rede über den Normalarbeitstag. Fürst Bismarck sprach sich hierüber mit voller Entschiedenheit gegen das Postulat des Normalarbeitstages und des Normallohncs aus. Der Staat, sagte er, würde bei jedem Versuche, in dieser Beziehung gesetzliche Feststellungen zu machen, Gefahr laufen: einmal in die persönliche Freiheit des Individuums, seine Dienste nach eigenem Willen zu verwerten, sehr erheblich und wenig zweckentsprechend einzugreifen, dann aber die Industrie, namentlich in Bezug auf ihre Fähigkeit, mit dem Auslände zu con- currieren, aufs tiefste zu schädigen. Wolle man ihr kurze Arbeitszeit und hohe Löhne anszwingen, so heiße das nichts Anderes, als die Kuh, welche die Milch gebe, und das Huhu, welches die Eier lege, schlach­ten. Darunter aber würde der Arbeiter ebenso lei­den wie der Industrielle. Hier sei also die Grenze scharf und bestimmt gezogen, vor welcher die social­politische Gesetzgebung Halt zu machen habe. Wir erlauben uns, diesen Passus der großen Rede des­halb hervorzuheben, weil er denjenigen Parteien, welche entschlossen sind, die Sozialpolitik des Reichs­kanzlers nach Kräften zu unterstützen, die Beruhigung gewährt, daß der Kanzler es durchaus verschmähte, auf phantastische soziale Experimente einzugehen, wie es von den Sozialdemokraten und einem Teile der Konservativen verlangt wird.

Berlin, 25. März. Der Reichsanzeiger ver­öffentlicht einen Erlaß des Kaisers an den Fürsten Bismarck, worin der Kaiser für die ihm anläßlich seines Geburtstags aus allen Gauen des Reiches und aus dem Auslande, wo Deutsche wohnen, dar­gebrachten zahlreichen Glückwünsche verbindlichst dankt. Der Kaiser habe daraus aufs Neue die frohe Ueber- zeugung entnommen, daß die ganze Nation in auf­richtiger Vaterlandsliebe ohne Rücksicht auf das po­litische und religiöse Bekenntnis) in der Treue zu Kai­ser und Reich fest und einig zusammensteht. Es wird wie bisher die schönste Aufgabe Meines Lebens sein, die Wohlfahrt Meines geliebten deutschen Volkes in friedlicher Arbeit fort und fort zu befestigen und zu fördern. Der Kaiser beauftragt den Reichskanzler, den Erlaß zur öffentlichen Kenntnis zu bringen.

Im Reichstage wurde unter gewaltigem Andrange des Publikums am 20. ds. die Verhandlung über das Sozialisten­gesetz eröffnet. Ans allen Parteien hatten sich Redner ein- fchrcibeu lassen. Den Reigen eröffnet«: Hasenclever, der ein Hauptgewicht darauf legt, gegen die Unterstellung zu pro­testieren, als seien die Sozialdemokraten mit den Anarchisten Eins. Mit Spott und derben Schlagworten gegen dieselben losziehend, erklärte er dieselben für verrückt. Auch seien die Anarchisten Todfeinde der Sozialdemokraten. In deren Arme würden sie nie getrieben werden, andererseits aber würden sic sich auch nicht unterwerfen. Der Verlängerung des Sozialisten­gesetzes ständen sie mit einem Gefühl der . Wurschtigkeit" ge­genüber. Das Sozialistengesetz hat, wie die Thatsachen be­weisen, die Sozialdemokratie nicht eingeichränkt, sondern im Gegenteil zu ihrer Verbreitung bcigetragcn. Grillenberger behanptcl's und meint, er könne nicht begreifen, wie man den Sozialdemokraten immer die Anarchisten an die Rockschösze hängen wolle. Man möge doch einmal bei sich selbst anfangen, die ganze Stöckersche Bewegung sei nichts anderes als eine an­archistische Bewegung der konservativen Partei. Bebel sucht den Unwert der Ausnahme-Gesetze mit Anspielungen ans das Zentrum darzuthnn. Minister v. Puttkamcr hebt hervor, das; die Forderung ans 2jährigc Verlängerung des Sozialisten­gesetzes äußerst bescheiden sei, man hoffe aber dadurch einerseits die Zahl der Gegner des Gesetz.s zu verringern, anderseits einen günstigen Eindruck hinsichtlich der Versöhnlichkeit der Re­gierung hcrvorznbringen. Jetzt das Sozialistengesetz schon preis­geben, nachdem es seine gute Wirkung gethan und das Land vor Ausschreitungen der gcmeingefähriichsten Art bewahrt habe, sei unmöglich. Nach einer Schnft Bebels bestehe das geheime Ziel der Sozialdemokratie in dem gewaltsamen Umsturz alles Bestehenden und Ersatz der gegenwärtigen politischen und ge­sellschaftlichen Ordnung durch die sozialistische Ordnung, deren Folge nach Einziehung aller Produktionsmittel allen Kapitals, allen Grundbesitzes, ein allgemeines Arbeitshaus ohne Autori­tät, ohne Behörden, ohne die Ehe w. sei. - Windlhorst be­antragt Verweisung an eine Kommission. Es müsse mehr und besseres Material bcigebracht werden alsBebel'sche Narr­heilen". Ucbcrdics sei der Kampf gegen die Sozialdemokratie ohne die Rückkehr zur alten christlichen Weltanschauung (ohne Protestantismus?) gänzlich aussichtslos. Hoffentlich werde die Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin und seine gekräftigte Gesundheit Anlaß geben, daß dies zunächst in Preußen ge­schehe. (Aushebung der Maigesetze!) Fürst Bismarck betont, die kurze Fristbestimmung sei nicht der Ansdruck der Hoffnung, daß die Sozialdemokratie in 2 Jahren bekehrt sei und weist darauf hin, daß die Heilung der sozialen Schäden nicht nur auf dem Wege der Unterdrückung, sondern auch der Nachhilfe durch positive Maßregeln angestrebt werde; den ersteren Weg könne man jedoch noch nicht verlassen. Der Forderung Windt- horsts gegenüber bringt Bismarck in Erinnerung, daß die meisten inneren Wirren gerade in den katholischen Ländern zu finden seien. Häncl ist gegen die Verlängerung, obschon seine Par­

tei einer Beratung durch eine Kommission nicht widerspreche. Die Verlängerung werde wirkungslos sein, wie das Gesetz eS überhaupt gewesen sei. Den Ausschreitungen der Sozialdemo­kratie sei nur auf dem Boden des Gemeinen Rechtes beizu­kommen. v. Kardorf ist für die Verlängerung. Die zahme Sprache der Sozialdemokraten von heute könne auf diejenigen keinen Eindruck Hervorbringen, die sich der Verherrlichung der Pariser Commune durch Bebel erinnerten. Sonnemann (Volkspartei) gegen die Verlängerung. Gerade die auf Grund des Sozialistengesetzes ausgcmiesenen und in ihrer Existenz zu Grunde gerichteten Personen würden gewaltsam in die Arme der anarchistischen Partei getrieben. Die Belehrung und Be­kehrung der Sozialdemokraten sei aber nicht möglich, denn das Sozialistengesetz mache jede Verhandlung mit denselben unmög­lich. v. Maltzahn-Gültz ist für Annahme ohne vorhergehende Kommissionsbcratung. Man dürfe die Sozialdemokratie nicht mit demselben Maßstabc messen, wie andere Parteien, weil sie den Boden der bestehenden Gesellschaftsordnung negiere und verlasse. Liebknecht gibt einen Ueberblick über die ganze Verhandlung, die seiner Meinung »ach nichts Stichhaltiges für die Verlängerung des Sozialistengesetzes zutage gefördert habe, die Verlängerung sei daher abzulehnen. Nachdem dann noch Windlhorst eine Rechtfertigung deS Standpunktes des Zentrums gegeben, wird die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen.

lieber 600 Petitionen sind dem Reichstage während der zwei Wochen, die er versammelt ist. be­reits zugegangen. Nicht weniger als 241 Petitionen beantragten Abänderung der Gewerbeordnung in Be­zug auf anderweite Regelung des Jnnungswesens, und eine große Zahl von Gesuchen tritt für weitere Zollerhöhungen ein, darunter 114 mit etwa 3000 Unterschriften aus elsaß-lothringischen Ortschaften, welche um Erhöhung der Eingangszölle auf Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte des Auslan­des bitten.

Eine Stimme in demGrenzboten" sagt über die Zersplitterung im Reichstag:Wir sind wieder weit in Deutschland gekommen. Ein halbes Jahr­hundert lang hat unser Vaterland schwer gelitten unter dem Zwiespalt seiner Regierungen. Oesterreich, Preußen und die Kleinstaaten, sv hießen die drei Gruppen, welche die Zerrissenheit Deutschlands dar- stelllen und ein Gedeihen im deutschen Volke nicht auskommen ließen. Der deutsche Bundestag war das Abzeichen deutscher Jämmerlichkeit. Heute, wo die Regierungen geeinigt sind, ist das deutsche Volk selbst in seinen Vertretern wieder der alten Zerrissen­heit verfallen. Extreme Parteien rechts und links und die Zentrumspartei in der Mitte, diese sind es, welche um die Herrschaft ringen und jede in ihrer Art unser Land beglücken wollen. Und der deutsche Reichstag droht zu werden, was der deutsche Bun­destag war. Solange ein mächtiger, einheitlicher Wille die Dinge in Deutschland noch zusammenhält, ist dieser Zustand vielleicht zu ertragen. Wie aber später? Armes Deutschland!"

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 23. März. Gestern Abend anläßlich des Geburtstages des deutschen Kaisers fand ein Diner bei dem Kaiser in der Hofburg statt, welchem der Kronprinz und die Kronprinzessin, der deutsche Botschafter Prinz Reuß mit seiner Gemahlin, das Personal der deutschen Botschaft, der Minister des Aeußern Graf Kalnoky, Ministerpräsident Graf Taaffe, Minister Ovczy und die Hofwürdenträger und viele Generale beiwohnten. Der"Kaiser brachte einen Toast auf das Wohl des deutschen Kaisers aus.

England.

London, 22. März. Der Times wird unterm 15. März aus Khartum gemeldet, daß es der von Gordon entsandten Expedition gelungen ist, die 500 Mann starke Garnison vvn Ha^ya zu entsetzen. Zahlreiche Rebellen lagern gegenüber von Khartum, am jenseitigen Ufer des Flusses. Gordon beabsichtigte, dieselben am 16. März anzugreisen.

Rußland.

Petersburg, 22. März. Bei dem deutschen Notschalter fand gestern Abend zur Vorfeier des Ge­burtstages des Kaisers Wilhelm eine Festlichkeit statt, wozu sämtliche Großfürsten, die Großfürstin Maria Paulowna sowie gegen 500 Gäste erschienen waren.

Petersburg, 2l. März. In den hiesigen höchsten Kreisen herrscht große Bestürzung. Es wurde nämlich eine neuerliche Nihilisten-Berschwörung ent­deckt und erfolgte gestern nachts die Verhaftung von 27 politischen Verbrechern. Unter den Verhafteten, welche sämtlich den intelligentesten Kreisen der Resi­denz angehören, befinden sich auch vier Artillerie- Offiziere.

Egypten.

Kairo, 24. März. Meldung vonReuters Bureau". Das ganze Land südlich von Berber be­findet sich im Zustande der Insurrektion. Die In-