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zur Reklamation kann der Antrag auch noch bei der Aushebung angebracht werden.) Hiebei sind die Betheiligten berechtigt, ihre Anträge durch Vorlegung von Urkunden und Stellung von Zeugen und Sachverständigen zu unterstützen. Derartige Urkunden müssen obrigkeitlich beglaubigt sein.
Wer an Epilepsie zu leiden behauptet, hat auf eigene Kosten 3 glaubhafte Zeugen hiefür zu stellen.
Keräen Aehkamationea mit äer Erwerbsunfähigkeit von Eltern , Geschwistern u. s. w. begriincket, so haben die betreffenden Verwandten sich zur ärztlichen Untersuchung bei der Musterung der Ersatzkommission vorzustellen.
8«Kukam»s-Lunäi(la»«n , Unterlehrer, Lehrgehilfen haben ihre Prüfungs- eugniffe rechtzeitig — spätestens im Musterungstermine vorzulegen.
4) An- unä Abmekäungen von Pflichtigen sind alsbalä dem Oberamt anzuzeigen. zutreffenden Falls unter Anschluß der Loosungsscheine.
5) Lei äer Musterung haben je äie Grtsoorsteber äer zu musternäen Pflichtigen zu erscheinen, äagegen bei äer Loosung nicht. Die Stammrollen sind mitzubringen und bei der Musterung nach dem Ergebniß der Letzteren genau zu ergänzen. Der Eintrag der Loosnummern erfolgt auf Grund der den Ortsvorstehern nach der Loosung zugehenden Loosungsscheine vor deren Ausfolge an die Pflichtigen.
Die Ortrvorsteber finä äafür verantwortlich, äoß äie Pflichtigen bei äer Musterung vollzählig unä rechzeilitg in den Musterungslokaten hä» einhnäen und dort in Gränung versammelt bleiben. Bei der Vorladung ist denselben ausdrücklich zu eröffnen, daß alles Lärmen und jede Störung der Verhandlungen verboten ist, und daß man überdies strenge darauf sehen wird, daß sie in ordentlichem und reinlichem Zustand erscheinen.
6) Ueber äie Aloshhhation äer Mannschaften der Reserve, Landwehr und Ersatzreserve I. Classe (s. Wochenblatt Nr. 28) findet die Verhandlung je am Ende der Musterung bezüglich der Angehörigen derjenigen Gemeinden statt, welche am betreffenden Tage die Militärpflichtigen gestellt haben.
Den 18. März 1886. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Bekanntmachung des L. Oberrekrutirungsraths, betreffend das
Militiirerlahgeschiift.
Der Oberrekrutirungsrath sieht sich veranlaßt, bezüglich etwaiger Gesuche von Rekruten um Einstellung zu einem bestimmten Truppenteile und in Betreff des freiwilligen Eintritts zum drei- oder vierjährigen aktiven Dienst Folgendes bekannt zu machen:
1) Die Entscheidung der Oberersatzkommission über die Verteilung der ausgehobenen Mannschaften auf die verschiedenen Waffengattungen und Truppenteile ist endgiltig und können Gesuche um Abänderung dieser Verteilung nicht berücksichtigt werden. (Ecsatzordnung K 34 Ziffer 2 Absatz 2.)
2) Wer freiwillig zu drei- oder vierjährigem aktivem Dienst in das stehende Heer eintreten will, hat die Erlaubniß zur Meldung bei einem Truppenteil bei dem Civilvorsitzenden der Ecsatzkommission seines Aufenthaltsorts nachzusuchen und zu diesem Zweck die Einwilligung seines Vaters oder Vormundes, sowie die obrigkeitliche Bescheinigung, daß er durch Civilverhältnisse nicht gebunden sei, und sich untadelhaft geführt habe, beizubringen. (Ersatzordnung § 83 Ziffer 1 und 2 und Ergänzungen und Aenderungen der Wehrordnung zu § 83 Ziffer 1 der Ecsatzordnung.)
Den mit Meldescheinen versehenen jungen Leuten steht die Wahl des Truppenteils, bei welchem sie dienen wollen, frei. (Ecsatzordnung H 84 Ziffer 1.)
3) Jeder Militärpflichtige darf sich im Musterungstermin freiwillig zur Aushebung melden, ohne daß ihm hieraus ein besonderes Recht auf die Auswahl der Waffengattung oder des Truppenteils erwächst. (Ergänzungen und Aenderungen der Wehrordnung zu § 62, Ziffer 8 der Ersatzordnung.)
4) Derjenige, welcher sich freiwillig zu einer vierjährigen Dienstzeit bei der Kavallerie — sei es auch erst an dem zu Ziffer 2 genannten Termin — verpflichtet, hat, sofern er dieser Verpflichtung nachkommt, außer ter sub. 2 erwähnten Vergünstigung auch noch den Vorteil, daß er in der Landwehr nur drei anstatt wie die übrigen Mannschaften fünf Jahre dienstpflichtig ist,
mithin seine Gesammtdienst nur 10 Jahre gegen die gesetzlichen 12 Jahre dauert.
Außerdem ist den Freiwilligen dieser Kategorie bei den Kavallerietruppenteilen des Xlll. (K. Württ.) Armeekorps von dem K. Generalkommando der weitere Vorteil eingeräumt, daß sie während der Dauer ihrer Reservepflicht zu keiner Reserveübung einberufen werden.
Stuttgart, den 20. März 1886. v. Triebig,
Generallieutenant.
Calw.
Bekanntmachung.
Unter den Schafen des Adam Zeller in Simmozheim ist die Schafräude ausgebrochen.
Den 25. März 1886. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
politische Wachvichten.
Deutsches Reich.
— Vom Kais ertag. Es ist unmöglich, von all den Festlichkeiten zu berichten, welche allein in Berlin am Geburtstag des Kaisers stattgefunden haben; die kleinen Zeitungen müssen sich darauf beschränken, nur von den hauptsächlichsten Vorkommnissen Nachricht zu geben. Da ist zuerst zu sagen, daß auch im Ausland, natürlich mit der einzigen Ausnahme von Frankreich, alle großen Blätter unseres Kaisers gedacht und seiner persönlichen, militärischen und politischen Eigenschaften rühmend Erwähnung gethan haben. Wo Deutsche leben, da herrschte am Montag Freude, aus Wien, St. Petersburg, London, Rom, Kopenhagen, Madrid, ja aus vielen Orten und Städten über dem Weltmeer drüben liegen schon telegraphische Berichte und Glückwünsche für den Kaiser und das deutsche Vaterland vor. Gehen wir nun schnell einmal nach Berlin in's kaiserliche Palais und sehen und hören wir, wie es dort aussah. Während der Kaiser die Glückwünsche der Kaiserin entgegennahm, hatten sich seine Wohnräume in einen wahren Blumengarten umgewandelt. Zwischen hochstämmigen, mit Blüten in allen Farben überschütteten Azaleen stand das Schönste, was gärtnerische Kunst und Mühe aufgezogen, hier aufgebaut. Blumenkörbe, groß und klein, Bouquets und Sträuße in allen Dimensionen erfüllten mit ihren Wohlgerüchen die Zimmer. Da war zunächst ein Riesenbouquet in der Größe emes Wagenrades, welches die Kronprinzessin von Schweden überreicht hatte und das aus rosa Rosen und weißem Flieder, mit großer blauer Atlasschleife, zusammengestellt war. Gräfin Orloff-Denissoff hatte einen Korb übersandt, der mit den kostbarsten Marechal Niel-Rosen und denselben Blumen in tief schwarzbrauner Farbe gefüllt war. Als Verzierungen trug der Korb orangefarbene, schwarze und weiße Schleifen. Gräfin Fritz Hohenau meldete sich mit einem großen dreiteiligen Ständer, dessen einzelne Teile die schönsten Parma-Veilchen, Rosen in allen Farben und mächtige Fliederbüsche enthielten. Vielfache Tuffs der herrlich duftenden Veilchen waren auf den Ausputz verwandt. Ein großer, aus Weiden geflochtener Korb mit weißem Flieder und rosa Rosen bildete das Geschenk der Prinzessin Reuß. Ganz eigenartig war die Gabe der Frau von Schölten namens des Roten Kreuzes, welche aus 89 roten sogenannten Kapitän Christi-Rosen, von denen jede den doppelten Umfang eines silbernen Fünfmarkstückes hatte, bestand, aus deren Mitte eine dunkelrote Rose an langem Stiel hoch emporragte. Auch fehlte das alljährlich vorhandene riesenhafte Orchideenbouquet nicht. Unter den Geschenken fielen besonders zwei kolossale Vasen, nach unten zu ganz spitz, mit großen Henkeln aus Majolika auf, ebenso ein antiker Lutherstuhl. Ueberraschendes hatte die Kunst des Küchenchefs geleistet. An dem unteren Teil eines 3 bis 4 m hohen Aufsatzes sah man 3 Schwäne, deren mittelster aus einem Meer von Kornblumen hervorragte; darüber erhoben sich in einem Halbkreis verschiedene Sorten Backwerk in Gestalt von Früchten, während am oberen Teil eine silberne Schüssel sichtbar war, die nnt glacirten Früchten kunstvoll belegt war. Zahl-
„Jch fragte nur, was ich wissen muß", entgegnete der Arzt mit sanfter Bestimmtheit. „Ein heftiger Streit zwischen öffentlich oder heimlich Liebenden,
bösliches Verlassen des Einen durch den Anderen, eine Eiiersuchtsscene-
das Alles wären Gründe, auf denen man weiter bauen könnte. Allerdings, wenn solche hier nicht vorhanden sind —" Er schwieg und blickte nochmals srageno auf den Kommerzienrat.
„Nein, solche sind hier nicht vorhanden", entschied dieser. „Klara ist weder öffentlich noch heimlich verlobt. Ich glaubte, daß Sie als Hausfreund eine bessere Meinung von meinem Kinde gebildet hätten. Oder haben Sie sich auch von dem Meinungsstrome der Oeffentlichkeit erfassen lassen, welcher gegen meinen häuslichen Frieden und guten Ruf sich richtet, ohne dieselben untergraben zu können? Ich müßte das von einem so langjährigen Besucher meines Hauses sehr bedauern."
„Meine persönliche Meinung steht und fällt nicht mit der großen Menge", sagte Edler ernst. „Sie thun mir unrecht, wenn Sie meinen Worten eine solche Deutung geben. Ich habe keine Andeutung machen wollen, als wenn Fräulein Klara nicht überall ganz korrekt handelte. Aber es konnte doch sein, daß die junge Dame liebte — vielleicht unglücklich, hoffnungslos; und ich glaube kaum, daß sie ihrem Vater davon Mitteilungen gemacht hätte. Wozu sollte sie sich noch Ihren Zorn zuziehen oder Ihnen Schmerz bereiten?"
„Das heißt", fragte Etwold erregt, „Sie geben Ihre Meinung von einer vorhergegangenen heftigen Gemütsbewegung wieder auf?"
„Keineswegs", erwiderte der Arzt. „Die objektiven Symptome lassen keine andere Diagnose zu. Die heftigere Erschütterung muß vorhergegangen, oder gleichzeitig mit der minderen — der Anblick des Ermordeten — erfolgt sem. Aber davon sprechen wir noch. Schonen Sie aber nicht nur ihr geliebtes Kind; befolgen Sie meinen Rat und schonen Sie auch sich selbst. Ich werde Ihnen vorläufig ein leichtes Beruhigungsmittel verschreiben —"
Etwold lachte gezwungen. „Ich muß bestens danken", sagte er. „Ich bin nicht krank."
„Aber krankhaft erregt", wandte der Sanitätsrat ein.
„Auch das nicht" , sagte Etwold bestimmt. „Mein fest gegründeter Ruf ist Gott sei Dank über dem Zeitungs- und Stadtklatsch erhaben; das erschüttert mich nicht. Ich bin nur um mein Kind besorgt, wohl verstanden, um seine Gesundheit; und diese Besorgnis wird auch ein Beruhigungsmittel nicht wegbringen."
„Wie Sie meinen", sagte der Arzt leicht verletzt, „unter diesen Umständen bleibt mir nichts weiter übrig, als mich Ihnen für heute zu empfehlen. Wenn eine Veränderung zum Schlechteren eintreten sollte, lassen Sie mich ungesäumt rufen. Wenn ich nicht zu Hause bin, lasse ich meine Adresse zurück. Ich habe die Ehrei"
„Der Sanitätsrat ging mit leichtem Gruße hinaus; sein Wagen, der vor der Thür hielt, entführte ihn sofort zu einem anderen Patienten.
Etwold trat zum Fenster und schaute dem Davonfahrenden nach.
„Eine noch heftigere Gemütsbewegung vorher oder gleichzeitig", murmelte er; „da wäre ja Soltmanns Ansicht bestätigt und der Ermordete von ihr erkannt oder wiederkannt — bah! Edler ist ein Narr oder auch nur ein Träger der öffentlichen Meinung. Vielleicht spricht auch der Assessor durch ihn, der gerne etwas wissen möchte, was er von mir direkt nie erfahren wird."
Er trat in. das Zimmer zurück. Er mochte es bemänteln wie er wollte, die Worte des Arztes hatten ihn doch sehr beunruhigt.
Alle Anzeichen wiesen darauf hin, daß Klara diesem schrecklichen Ereignis nicht so ferne stand, als er bei der ersten Erhebung der Anklage ihrer Mit- wiffenschaft durch Mathies geglaubt hatte. Was sie mit demselben verband, war noch ein Rätsel, das nur ihre Zunge zu lösen vermochte. Er hätte sie gerne jetzt schon darum befragt, aber das drohende Nervenfieber schreckte ihn davor zurück. (Forts, folgt.)
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