nehmen, da er glaubte, daß er es hier mit zweien der Stuttgarter Verbrecher zu thun habe. Die Polizei konstatirte die Unschuld der überraschten Fremden. Es stellte sich heraus, daß sie erst aus Amerika gekommen waren.
Das Geheimniß über den Selbstmord des Prof, v. Putlitz in Berlin ist gelüftet. Putlitz hat sich, trotz Jugend, Reichthum und glänzender Zukunft erschossen, weil ihn seine Frau betrogen und beschimpft hat. In seinen hinterlassenen Briefen gab er schonend einen andern Grund an. Die Ungetreue ist nach seinem Tode mit ihrem Galan, einem Diplomaten, nach Italien gereist.
Eine merkwürdige Kundgebung findet sich in der Kreuzztg. Es heißt dort: „Das Schiedsgericht Europa's ist neuerdings von einer der französischen Regierung nahe stehenden Stelle über die Frage angerufen worden, ob Frankreich oder Deutschland fortwährend zum Kriege Hetze. Im Grunde kann von dieser Anrufung nicht die Rede sein; denn Europa hat bereits entschieden, es hat sich erst jüngst bei Gelegenheit der Enthüllung des Niederwald-Denkmals so vernehmlich ausgesprochen, daß dies selbst Frankreich verstanden haben müßte, wenn es überhaupt verstehen könnte und wollte." Und dann zum Schlüsse: „Europa hat bereits gesprochen und sieht in Deutschland die größte Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens. Es ist aber hohe Zeit, daß Frankreich endlich eine feste Stellung zu dieser Friedenspolitik nehme." Man darf gespannt sein, ob diese Kundgebung eines anderen als redaetionellen Ursprungs ist.
In Wismar ließ ein Roßschlächter einen mit Blumen geschmückten wohlbeleibten Doppelponny (Schimmel) mit Musikbegleitung durch die Straßen führen, um ihn den Pferdefleisch-Liebhabern zu zeigen, ehe er auf die Schlachtbank kam. Es ist das lOOOste Pferd, welches von ihm zur Schlachtbank geführt wird, ein Beweis, daß sich Viele an den Genuß des Pferdefleisches gewöhnt haben.
Oesterreich-Ungarn.
Pest, 24. Nov. Das Abgeordnetenhaus nahm mit großer Majorität den Gesetzentwurf bezüglich der Ehen zwischen Christen und Juden als Basis der Spezialdebatte, sowie die Resolution Jranhi's, welche die Regierung zur baldigsten Unterbreitung einer Vorlage, betr. die obligatorische Civilehe, auffordert, an.
Frankreich.
Paris, 26. Nov. Hier hofft man noch immer den Krieg zwischen Frankreich und China vermeiden zu können. Auch wenn französische Truppen durch chinesische angegriffen würden, würde Frankreich dies nicht als Kriegsfall ansehcn, auch nicht die Küsten blokiren und die Hafenstädte beschießen aus aus Furcht vor der Verwicklung mit England. Der „Temps" sagt: Die Reise des Kronprinzen, welche die Ursache von Mißhclligkeiten zu werden drohte, dürfte nun vielmehr den Ausgangspunkt der Anbahnung freundschaftlicher Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien bilden.
Ter spanische Botschaften, Marschall Serrano, überreichte heute denn Präsidenten Grevy seine Beglaubigung und sprach dabei die aufrichigslen Wünsche des Königs Alfonso für die Wohlfahrt Frankreichs aus. Grevy drückte die Freude über die Wahl des MarschaUs zum Botschafter aus. Aus Gründen der Gemeinsamkeit des Ursprungs und der Ucberein- stimmnng des nationalen Interesses müßten Frankreich und Spanien als Schwesternationen immer vereinigt und befreundet bleiben. Beide Nationen hätten nur in dem friedlichen Wettstreit der Produktion und des Austausches ihrer Erzeugnisse zu realisiren. Italien.
Der durch das Erdbeben auf Jschia angerichtete Schaden beziffert sich auf 29^/s Mill. Lire. Die Zahl der Todten betrug 1757 und die der Verwundeten 776.
Spanien.
Madrid, 24. Nov. Bei der gestrigen Vorstellung in der Oper erhoben sich in dem Augenblicke, als der deutsche Kronprinz in Begleitung des spanischen Königspaares die Loge betrat und die preuß. Nationalhymne gespielt wurde, die sämmtlichen Zuschauer unter begeisterten Beifallsrufen. Eben rücken die Truppen zu der großen Heerschau aus. Die Front wird 4 lcm lang sein.
Madrid, 24. Nov. Bei der heutigen Truppenschau, welche zur festgesetzten Stunde begann, trug derKronprinz die Kürassieruniform mit dem gol
denen Vließ und Schwarzen Adlerorden, König Alfons die Generalkapitänsuniform mit dem Schwarzen Adlcrorden. Die Suite bildeten zahlreiche Generalstabsoffiziere und die Militär-Attaches der fremden Mächte. Der König und der Kronprinz ritten langsam die Front ab, nahmen dann Aufstellung vor den. Tribünen, worin die Königsfamilie, die Minister, Senatoren und Deputieren sich befanden, und ließen die Truppen, 15 000 Mann, defiliren. Der Vorbeimarsch dauerte fast 2 Stunden. DerKronprinz sprach seine Anerkennung über die vorzügliche Haltung der Truppen aus. Ec interessirte sich besonders für die Gebirgsartillerie. Im Laufe des Vormittags hatte der Kronprinz das Gemüldemu- seum besucht. Abends findet zu Ehren des Kronprinzen ein Banket mit 130 Gedecken im königlichen Palais statt.
Madrid, 25. Nov. Der deutsche Kronprinz wurde, als derselbe mit dem König und der königlichen Familie Nachmittags dem Stiergefecht beiwohnte, bei der Ankunft mit einer Fanfare begrüßt, am Schluffe ertönten abermals enthusiastische Hochs, während die Musik die preußische Volkshymne spielte.
Madrid, 26. Nov. An der Spitze des diplomatischen Korps, welches heute Nachmittag vom Kronprinzen empfangen wurde, befanden sich der päpstliche Nuntius und der französische Gesandte. Nach dem Essen im Königsschlosse fand Abends ein Zapfenstreich statt. 600 Musiker, von 400 Soldaten mit Fackeln begleitet, durchzogen die Stadt bis zum Schloß und brachten dem Kronprinzen eine Serenade, welche mit dem deutschen Kaisermarsch begann.
Der Kronprinz ist in Madrid unausgesetzt der Gegenstand der abseitigen Sympathien und des Interesses ; dies beweist die glänzende Ovation im Theater, an der die Damenwelt sich namentlich betheiligte, das trat noch mehr bei der Parade hervor. Dieser Eindruck erstreckt sich auf alle Klassen des Publikums. Die Reise des Kronprinzen ist unzweifelhaft ein großer Erfolg.
(Das Stiergefecht zu Ehren des Kronprinzen.) lieber das Stiergefecht, welches am Sonntag Nachmittag um 2 Ahr zu Ehren des deutschen Kronprinzen in Madrid staltfand, telegrapyirt man der K. Z.: Die Arena von Madrid, welche für etwa 15,000 Zuschauer Raum bietet, ist nächst derjenigen von Valencia die größte Spaniens. Der ganze Circus war ausverkauft. Gleich wie König Alfons erschien der Kronprinz in Cwilkleidung. Bei seinem Eintritt begrüßte ihn donnerndes Händeklatschen. In den drei Stunden, welche die Corrida dauerte, wurden 7 Stiere und 78 Pferde getödtet. Der Kronprinz spendete dem mulhigen Spiel der flinken Banderillas und Espadas mehrmals Beifall; doch schien er an dem widerwärtigen Anblick, den die von den Stieren aufgeschlitzten Pferde der Pica- doros boten, durchaus keinen Gefallen zu finden. Trotz des alle Leidenschaften entfesselnden Schauspiels wurde während der ganzen Zeit kein unehrcrbietiger Laut vernommen.
Portugal.
Der Kronprinz von Portugal ist, dem „Manchester Guardian" zufolge, ein angehender Mezzofanti, denn er spricht jetzt im Alter von 22 Jahren schon 14 lebende Sprachen geläufig. Dazu ist er ein großer Bücherliebhaber und hat schon eine Bibliothek von über 40 000 Bünden, die viele Seltenheiten enthält, gesammelt.
Rußland.
Petersburg, 26. Nov. In Rostow am Don find 35 mit Getreide fürs Ausland beladene Dampfer und Lichter-Schiffe des niedrigen Wasserstandes wegen in den Don-Mündungen stecken geblieben und dürften des eiugetretenen Frostes wegen überwintern müssen.
(Polizeimaßregelu.) Seit Kurzem werden die Bewohner von Petersburg aufs Schärfste von der Geheimpolizei überwacht. Für jp 3 Häuser ist ein besonderer Agent angestellt, der die Bewohner aufs Genaueste zu controtiren hat.
England.
(Drohender Strike.) Wenn nicht noch in der elften Stunde eine Vereinbarung erzielt wird, so werden am 1. December 170,000 Bergleute in den englischen Kohlendistricten Strike machen. Bis jetzt hat erst eine Firma die von den Arbeitern verlangte Lohnerhöhung von 15 Procent bewilligt, die übrigen Grubenbesitzer schlagen jedeConcession rund ab. Die Kündigungen laufen mit dem 1. December
ab, bis dahin lassen die Kohlenbcsitzer Tag und Nacht arbeiten, so daß an den Schachte» uugcheuie Kohlen- vorräthe aufgehäuft liegen; eine einzige Grubenge- sellschaft fördert allein 1000 Tonnen pro Tag, und die Förderung anderer Grubenbesitzer ist im ähnlichen Verhältnis).
Amerika.
Eine „semmelblonde" Engländerin zeigt in Chicago au: „Damen und Kinder werden im — Gehen unterrichtet." Einem Berichterstatter sagte die „Lady" folgendes: „DaS Hauptpnueip meiner Unterweisung ist das Gehen auf den Fußballen oder der Mitte des Fußes, statt auf dem Absatz. Ein solcher Gang schadet der Gesundheit, indem er der Wirbelsäule bei jedem Schritte einen Stoß gibt, während das Schreiten auf dem B illen einen gleitenden und anmuthigen Gang zur Folge hat. Die Engländer (?) und Franzosen gehen am graziösesten, weil die Mütter ihnen als Kinder die richtige Anleitung gebe». Der Gang der Amerikaner und Deutschen ist plump, weil er in der Jugend vernachlässigt wird. Die Chicagoer Frauen haben die größten Füße der Welt und da sie denselben zum Trotz kleine Schuhe tragen, so haben sie schrecklich viele Hühneraugen."
Haudel H Uer-Kehr.
(Ko >i ku rser v s f >ru » g e n) Wilhelm Teller, Schreiner in Biberach. Georg Koch, Bäcker in Heibcvh.-im. Gottiricd Vollmer, Bauer und Feldschülie in Olnhansen (Neckarsulm). Andreas Enßlin, Kürschner in Bvpfinpen (Nereshcim). Christian Großhirns, gewesener Fuhrmann in Wildlind Nachlaß des verstorbenen David Nall, Kaufmann» zur alten Apviheke in Eningen (Reutlingen). Johannes Theurer. Valentins Sohn, von Wurmlingen (Rottenburg). Simon Ebstein, je., Kaufmann in Stuttgart, Marktstraße 5.
Stuttgart, 26. Rov. (LaudeSprodiiktenborse.) Wir notiren per 100 Kilogr.: Wnizen bahr. Sommer 20.50, bayr. .<1 21, Ungar. .« 26, Saxvnska 21.50, russ. .« 20.75, Dinkel 13.25—13.40, Roggen franz. Champagner 18, Gerste württ. 18.75, Ungar. 21.40, Hafer prima .« 14.20 bis 13.30, gewöhnt. 13.20—13.25.
Stuttgart, 28. Nov. (Mchlbörsc.) Der Mehlverkehr bewegte sich im alten Geleise bei iinveränücrlen Preisen. An heutiger Börse find von inländischen Mehlen 1105 Säcke als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Nr. 0 33 bis 35 Nr. 13t.« bis 32 .« 50 Nr 2 20 .« bis 30 .« 50 ch Nr. 3 27 ^ bis 27 ^ 50 Nr. 42t.« bis 23 In ausländischen Mehlen kein Handel
Nürnberg, 24. Nov. (Hopfen.) Die Stimmung ist ruhig. Es notiren: Markthopfcn 150 — 175, Wnrttcmbcrgcr 160—190, Elsässer 140—170
^> 2 2 Duell.
(Fortsetzung.)
Der Hauptmann hatte Recht. In dem Weine lag eine wunderbar fesselnde Kraft. Was war das Leben ohne Wein! Er war unwillig gewesen, weil Cläre nur für den Hauptmann und den Lieutenant Interesse zu haben schien — was kümmerte es ihn? Sein Herz fühlte sich zu dem Mädchen hingezogen — er lachte über sein Herz! Thorheit war Alles, was er empfand, — in dem Weine allein lag Wahrheit!
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Ueber- rascht blickte er aus. Eger stand neben ihm.
„Sie sitzen hier allein — Sie langweilen sich," sprach er.
„Ich amüsire mich vortrefflich, — ausgezeichnet, bester Freund!" erwiderte Schovien mit bitterem Lächeln.
Eger schüttelte mit dem Kopfe.
„Ich kenne sie besser — Sie sind verstimmt!"
„Nein — nein!" rief Schovien aufspringend. „Ich bin außerordentlich lustig. Wenn Sie es wünschen, werde ich singen und tanzen. Glauben Sie denn, das ganze Leben sei mehr ass ein Tanz? Sehen Sie, alle Menschen drehen sich im Leben wirbelnd um einander — es fehlt nur die Musik, das ist der einzige Unterschied!"
„Kommen Sie mit mir!" sprach Eger und schob die Hand in des Assessors Arm. „Ich habe immer, wenn ich Gesellschaft bei mir gesehen, den Grundsatz festgehalten, jeden meiner Gäste ganz nach eigenen Gefallen leben zu lassen — bei Ihnen muß ich eine Ausnahme machen!"
„Weßhalb bei mir?" warf Schovien ein.
„Weil ich keine verstimmten Gäste bei mir sehen mag. Sie sind immer lustig bei mir gewesen — weßhalb heute nicht?"
„Weil wir Menschen schwache Geschöpfe sind, die nur zu leicht den äußeren Eindrücken unterliegen.
„Dort kommt meine Tochter," fiel Eger ein. „Versuchen Sie, dieselbe von ihren Begleitern zu befreien, ich glaube, Sie werden ihr dadurch einen Dienst erweisen."