Reutlingen, 3. Okt. Heute Vormittag wurde Wundarzt K. von hier verhaftet und dem Amtsgericht übergeben. Derselbe hatte gestern Abend ein neugeborenes, todtes Kind, in eine Zeitung ein­gewickelt, hinter der Faßremise der Koch'schen Bier­brauerei unter einem Steinhaufen versteckt und war dabei von einem Bierbrauerlehrling beobachtet worden. Es wurde auf der Polizei Anzeige gemacht und heute in der Frühe der Leichnam des Kindes unter dem Steinhaufen vorgefunden. Dasselbe ist ein vollkom­men ausgebildetes Knäbchen. Näheres darüber, ob ein Verbrechen vorliegt oder es sich nur um eine Verheimlichung einer Geburt handelt, wird die Unter­suchung ergeben.

Heilbronn, 2. Okt. Die hiesige Strafkammer ver­handelte gestern und heute die Anklage gegen den susp. Ge- richtsnotar Bach dahier wegen Untreue und Unterschlagung. Bach, der nach gemeindcräthlichem Zeugniß ein Vermögen von 150 000 besitzt, seit Juli 1877 als Gerichtsnotar in Heil­bronn, war angcklagt, in zwei Fällen, der Weckcr'schen und Romann'schcn Konturssache, in denen er als Konkursverwalter bestellt war, einen Theil der Zinsen aus den ihm anvertrauten, der Filiale der Württ. Bereinsbank zur Verzinsung übergebenen Gelder im Betrag von 84 «« und 50 -«L in seinem Nutzen verwendet zu haben. Das gegen ihn gefällte Urthcil lautete wegen je zweier Vergehen der Untreue und Unterschlagung auf 5 Monate Gefängniß, worauf zwei Monat- der erlittenen Un­tersuchungshaft eingerechnet werden, und 1000 Geldstrafe. Auch wurde gegen den Angeklagten auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von 3 Jahren erkannt. Bach wurde, wie seit 3. Aug. d. I. gegen eine Caution von 20000 ^5 auf sreiem Fuß belassen.

Gmünd, 30. Sept. DieNeck.-Ztg." schreibt und hat für die Richtigkeit einzustehen: Neunund- fünfzig Mark und dreißig Pfennig Quartierkosten für einen Mann kann auch einem Bankier zu viel werden. Diesen Betrag hatte nämlich Bankier C. K. von hier für einen Unteroffizier der Artillerie, welchen er im Gasthof zum Rad untergebracht, zu bezahlen. Der Letztere schien die Bemerkung seines Quartier­gebers:er solle sich nichts abgehen lassen" so auf­gefaßt zu haben, als gehöre Champagner auch zu einer guten Einquartirung, weßhalb er bei seinem Abzüge nach zwei Tagen die obengenannte hübsche Zeche zurückließ. Auf Klage des Quartiergebers bei dem Generalkommando wurde demselben der lieber­schuß über die gewöhnliche Quartierlast sofort ersetzt, und es wird der betreffende Unteroffizier nachträglich Ersatz zu leisten haben, was demselben, sicherem Ver­nehmen nach, auf Grund seiner pekuniären Verhält­nisse allerdings nicht schwer fallen dürfte.

Ravensburg, 1. Okt. In einem Hause der oberen Stadt wurden Möbel aus den Fenstern des obern Stockwerks an einem Seile auf die Straße befördert. Von einer dort spielenden Kinderschaar befestigte sich ein ca. 9 Jahre alter Knabe eines hie­sigen Arbeiters das Seil um den Leib und ließ sich so in die Höhe ziehen; schon oben angelangt, ließ das Seil nach und der Knabe stürzte aus einer Höhe von ca. 10 Meter auf die Straße und war sofort eine Leiche.

Auf dem Vichmarkt in Giengen (Heidenheim) wurde einem Bauern der im Taschenbuch verwahrte Erlös für ein Paar Ochsen auf offener Straße aus der Brusttasche entwendet. Der Dieb, sofort von dem Bestohlenen verfolgt, wurde auf dem Bahnhof verhaftet.

In Warthausen hat ein dortiger Bürger auf V« Morgen aus einer Aussaat von 9 Simri 300 Simri Kartoffeln geerntet.

Brandfälle: JnSeiboldsweiler (Welz­heim) am Sonntag Abend ein Wohnhaus und eine Scheuer: in Kirchberg a. d. Murr das Wohn­haus einer Wittwc.

Auerbach a. d. B., 1. Okt. Heute Nach­mittag verloren in der Chininfabrik dahier in Folge der Explosion eines Filters zwei Arbeiter ihr Leben.

Ossenburg, 1. Okt. Der Raubmörder Karl Rutschmann aus Hohentengen, der in der Nacht vom 22723. Dezember v. I. in dem aus weit zerstreuten Höfen bestehenden Schwarzwalddorf Thennenbroim dem Sohn der Wittwe Storz im Bette den Kopf spaltete und dessen Mutter und Schwester und an­dere Personen schrecklich zurichtete, ist am 28. v. M. vom Schwurgericht zum Tode verurtheilt worden. Man hofft zuversichtlich, daß der Großherzog von Baden der Gerechtigkeit in diesem Falle den Lauf lasse.

Aus Bayern, 2. Okt. Wie dieN. Nachr." hören, liegen zur Zeit nicht weniger als 27 Todes- urtheile beim Justizministerium zur Verbescheidung.

Frankfurt a. M., 2. Okt. Die Verhandlungen im Militärbefreiungspcozeß haben heute ihr Ende

erreicht; die Angeklagten werden sämmtlich zu 26 Monaten Gefängniß verurtheilt. Die Militärärzte unterstehen natürlich der Militärgerichtsbarkeit.

Berlin, 1. Oktober. Die Excellenzen unter den Koryphäen vermehren sich. Vorangegangen ist der Großherzög von Baden, indem er den Physiker Bunsen zum Wirk!. Geh. Rath mit dem Prädikat Excellenz" ernannte. Dann folgte der König von Preußen mit Ranke und Langenbeck, jetzt der Groß- herzog von Sachsen mit Karl Hase, dem berühmten Theologen.

Der Kronprinz macht mit Gemahlin eine Reise in die Schweiz.

Die Kreuzz. meldet: Der Eindruck unserer Ma­növer ist dießmal in den Hintergrund getreten vor den unmittelbar darauf folgenden Ereignissen, einer­seits der Enthüllung des Denkmals auf dem Nieder­wald, welche sich zu einem wahrhaft nationalen Feste gestaltete, an welchem noch dazu die Vertreter der meisten großen Nationen theilnahmen, andererseits durch das unerhörte Ereigniß, welches gleich darauf in Paris sich abspielte und welches noch heute ganz Europa beschäftigt. Die Manöver selbst aber sollen von der größten Bedeutung gewesen sein, wie von allen militärischen Seiten bestätigt wird. Sie haben den Beweis geliefert, daß unsere Armeeverwaltung und alle Betheiligten auf den Lorbeeren von 1870/71 nicht geruht haben, daß vielmehr alle unsere militä­rischen Einrichtungen auch seitdem in hocherfreulicher Entwicklung geblieben sind und die größten Fort­schritte aufzuweisen haben. Die Freude an der Armee und ihren Erfolgen hat sich in dem Eifer bekundet, ihre Vorzüglichkeit nicht nur zu bewahren, sondern nach allen Richtungen zu fördern.

Die Ehrengäste, die von der Einweihung des Nationaldenkmals auf dem Niederwald nach Berlin zurückkehrten, wissen nicht genug das Schöne und Großartige der Feier zu rühmen. Besonders heben sie auch hervor, wie kräftig unser greiser Kaiser und wie deutlich er jedes Wort gesprochen, wie denn schon seine feste Haltung die Rüstigkeit des wunderbaren Greises bewiesen habe. Die Minister sind zurückge­kehrt und Herr v. Bötticher hat vom Reichskanz­ler eine Einladung nach Friedrichsruh erhalten, wel­cher er gestern gefolgt ist. Auf dem Niederwald war eine große Zahl einflußreicher Männer versammelt und ganz allgemein war in den politischen Kreisen die Meinung verbreitet, daß wenigstens bis zum nächsten Frühjahr der Friede von keiner Seite eine Störung zu besorgen habe.

Bei dem Niederwaldfest haben auch die Ta­schendiebe Ernte gehabt. Die Anmeldungen über entwendete Geldbeträge haben bereits die Höhe von 5000 erreicht; einem Herrn wurde eine Geldbörse mit 1400 -M, einem andern eine Brieftasche mit 2000 ^ an Werthpapieren gestohlen. Werthoolle Uhren und Ketten sowie eine Menge kleinerer Geld­beträge sind denselben Weg gegangen.

Ein gut' Gewissen, eine feste Burg und eine gute Wehr und Waffen sind auf Deutschlands Seite, wenns je einmal zum Kriege kommt. Die Gesammt- stärke der deutschen Armee beträgt fast 2 800 000 Mann. Die Feldarmee zählt 1450 000 Mann incl. Reserve- und Depottruppen; dazu kommen 150 000 übrig gebliebene Reserve- und Landwehrmänner, 220000 Mann Ersatzreserve Ister Classe mit ^wö­chentlicher Ausbildung, ein Jahrgang neu auszuhe- bcnder Rekruten mit 150 000 Mann, 30 000 einjäh­rig Freiwillige, 50 000 Freiwillige und 10 Jahrgänge Landsturm mit 780000 Mann.

Auf dem Rathhaus in Jena liegt ein Beschwer­debuch auf; man glaubt dadurch öffentliche Uebel- stünde am schnellsten zur Kenntniß und Abhülse brin­gen zu können.

Im Schloß des Fürsten Bismarck in Fried­richsruh hängt an der Thüre, welche aus dem Kabinet des Kanzlers in den Salon führt, eine prachtvoll gestickte Portiere mit der Scene, wie Hein­rich IV. in Kanossa sich demüthigt. Einem Be­sucher zeigte sie der Fürst, indem er lächelnd hinzu­setzte:Das haben sie mir geschenkt, damit ich nie­mals es vergessen soll."

DerMoniteur de Rome" gibt die Zahl der jungen katholischen Geistlichen Preußens, für welche der Bischof von Kulm den Dispens nachsuchen wird, auf etwa 700 an.

In Betreff der Mischehen-Frage hat die Kreissynode zu Liegnitz folgende bemerkenswerthe Resolution gefaßt:Die Synode erklärt: 1) daß

die Grundsätze und das Verfahren der römisch-katho­lischen Kirche in Bezug auf die Mischehen zwischen Katholiken und Protestanten die Ehre und den Be­stand der evangelischen Kirche dauernd bedrohen und schädigen; 2) daß, so lange die evangelische Kirche ohne festen Grundsatz in Bezug auf die Mischehen­frage bleibt, eine noch größere Schädigung derselben von dieser Seite zu besorgen ist; 3) daß auch die dankbar aufzunehmende Bestimmung der Trauungs­ordnung vom 28. Juli 1880, § 12, 4, nach welcher gemischten Ehen, vor deren Eingehung der evangelische Theil die Erziehung sämmtlicher Kinder in der römisch- katholischen Kirche zugesagt hat, die kirchliche Trau­ung versagt werden soll, zum Schutze gegen diese Gefahr nicht ausreicht; 4) daß das Kirchenregiment zu ersuchen ist, mit aller Kraft darauf hinzuwirken, daß ein fester Grundsatz über das Verhalten der Evangelischen in Mischehen zur allgemeinen Geltung und Anerkennung in unserer Kirche komme; 5) daß dieser Grundsatz, entsprechend der Gerechtigkeit wie der evangelischen Freiheit und Bekenntnißtreue, nur in der Forderung bestehen kann, daß jeder eine Mischehe eingehende evangelische Gatte zum mindesten die Kinder seines Geschlechts im evangelischen Glauben erzieht."

Aus Schlesien, 29. Sept. Aus Schlesien wird gemeldet, daß dort in der vorigen Woche der erste Schnee gefallen sei und zwar in der Nacht zum 24. resp. 25. Sept. Auch in Oesterreichisch-Schle­sien ist Schnee gefallen. Aus Freudenthal wird ge­meldet:Montag früh war das Gebirge tief herab mit Schnee bedeckt. Diese frühzeitige Mahnung an den Winter ist um so bedauerlicher, als die Ernte im Gebirge durchaus nicht vollendet ist. Die geringe Tageswärme und die kühlen Nächte lassen das Ge­treide nicht zur Reife kommen."

Metz, 3. Okt. Wie verlautet, hat Antoine seine Freilassung gegen Kaution beantragt. Die Entscheidung darüber soll noch nicht erfolgt sein. Schweiz.

Bern, 4. Okt. Das weltbekannte Gießbach- Hotel ist abgebrannt.

In Lausanne ist ein interessanter Prozeß entstanden. Ein Hund, der einem Engländer gehört, verfolgte eine Katze, diese flüchtet in einen Keller, der Hund stürzt ihr nach und zerbricht in seinem Falle den Hahn eines Weinfasses, welches 2800 Liter Avorne enthält. Der Wein flicht in Folge dessen aus und der Besitzer des Weines erhebt Klage gegen den Be­sitzer des Hundes, von welchem er 2500 Frank Schadenersatz verlangt.

Frankreich.

Paris, 3. Okt. In der gestrigen Unterredung zwischen Grevy und Ferry bemerkte letzterer, daß ver­schiedene Minister den officiellen Empfang des Königs Alfons getadelt hätten; der Kriegsminister Thibau- din sei nicht einmal erschienen. Ferry glaubt jedoch recht gehandelt zu haben; es scheine ihm, als ob der Präsident der Republik nur mit Widerstreben den König empfangen habe. Hier unterbrach Grevy Hrn. Ferry, daß in seiner Haltung nichts zu dieser An­nahme hätte Anlaß geben können, weder dem Könige, noch dem Publikum. Ferry erwähnte hierauf die Artikel derPetite France", des Organs Wilsons, und richtete dann einen förmlichen Anklageact gegen den Schwiegersohn Grevy's, der stets dem Ministe­rium Ferry Opposition mache, im Sinne des gestern im JournalParts" erschienenen Artikels. Grevy erwiderte, daß Wilson in seiner Eigenschaft als De- putirter recht habe, sich mit den Staatsgeschäften zu befassen; niemand könne ihn daran hindern. Ferry bemerkte, dies Benehmen eines Gastes im Elisee sei sehr schwer zu verstehen und verlangte schließlich die Entfernung Wilsons. Grevy, sehr erregt, erwiderte, man verlange nichts weniger als die Trennung von seiner Tochrer; er werde hierin nie einwillgen. Lieber wolle er selber znrücktreten, er sei zu allen Opfern bereit, ausgenommen zu diesem. Sein Leben habe er dem Wohle der Republik gewidmet, und in seinem Alter dürfe man von ihm nicht verlangen, sich von seinem Kinde zu trennen. Ans die Drohung Ferrys mit dem Rücktritt erwiderte Grevy, in drei Wochen werde das Parlament eröffnet; bis dahin müsse ge­wartet werden, damit dieses in der Angelegenheit ent­scheide. Die Ministerkrisis würde augenblicklich schlimme Wirkung haben, man müsse diese vermeiden. Ferry fügte sich diesen Vorstellungen; falls die Kam­mern Grevy Recht geben sollten, wird Ferry in einer Botschaft an das Parlament ankündigen, er werde sich in das Privatleben zurückziehen. Ferry hatte heute auch mit verschiedenen andern Ministern eine