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der Schmied dies dadurch bewirkte, daß er ein größeres Stück Eisen glühend machte und dasselbe den Sauer in die Gießkanne tauchen ließ, muß letzterer mit dem heißen Eisen den Patronen zu nahe gekommen sein, wodurch dieselben explodierten. Durch diese Explosion wurde Sauer augenblicklich getötet, ihm das rechte Bein am Knie abgerissen und das abgerissene Stück eine weite Strecke fortgeschleuvert.

Heidenheim, 3. März. Gestern abend hatte sich die hiesige ka­tholische Gemeinde versammelt, um noch einmal mit ihrem scheidenden Vikar Moser zusammen zu sein. Auch Mitglieder beider Kollegien, sowie Herr Oberamtmann Schmidlin wohnten der Abschiedsfeier an. Der katholische Kirchenchor trug im Verlaufe des schönen Abends verschiedene Chöre vor, darunter auch:Es ist bestimmt in Gottes Rat". Von mehreren Rednern wurde betont, wie gerne man hier den Scheidenden gehabt, wie lieb er seiner Gemeinde geworden, wie diese ihm ihre eigene Schule und seiner Sammel- thätigkeit einen großen Teil des Kirchenbaufonds zu verdanken habe. Moser dankte in seiner Erwiderung allen für die Teilnahme an der Feier, seiner Gemeinde für die Liebe und Treue, die sie ihrem Hirten entgegengebracht, und für die Geschenke, die ihm von hier zum bleibenden Andenken überreicht worden. Gestern mittag sollten einige junge Männer eiserne Schienen­balken vom Eisenbahnwagen in einen andern bringen. Dabei passierte das Unglück, daß ein solcher von den Trägern an einem Ende zu bald ab­gelassen wurde, wodurch der am andern Ende zu Boden geschlagen und er an der Achsel und auf dem Rücken so verletzt wurde, daß er bis zur Nacht nicht zur Besinnung kam und noch gefährlich zu Bette liegt.

Vom unteren Neckar, 2. März. Mit wohl seltener Frischt feierte gestern zu Neckargartach im Kreise seiner Angehörigen ein Veteran aus den Freiheitskriegen seinen 95. Geburtstag. Es ist dies der pensionierte Gerichtsdiener Glatz von Neckarsulm. Derselbe geht täglich spazieren, trinkt sein halbes Schöppchen und raucht seine Cigarre.

Ehingen, 4. März. In der Schmiechen, einem Albflüßchen, das sich am Nordende der Stadt hinschlängelt, und welches noch die besondere Eigenschaft hat, daß es bei der ärgsten Kälte nie zugefriert, ist in letzter Zeit eine große Abnahme der Forellen zu konstatieren. Einerseits rührt solches von den gefräßigen Hechten her, welche sich in demselben aufhalten, die aber neuerdings zu Dutzenden gefangen wurden im Gewicbte von 1 bis 14 Pfd. pr. Stück; andererseits hat man beobachtet, daß sich an seinen Ufern eine Fischotterfamilie eingenistet hat, die stundenweit Jagd auf die Forellen macht. Es wäre zu wünschen, daß dieselbe aufgefunden und ver­tilgt würde, ehe sie vollends ganz mit den Forellen aufräumt.

Möckmühl, 4. März. Man schreibt von hier demSchw. Merk." : Die Angehörigen des auf der chinesischen PanzerkorvetteTing-Auen" bei der Ueberführung derselben nach China durch den ausströmenden Dampf aus dem Dampfrohr in der Maschine so unglücklich verbrühten und an den Brand­wunden gestorbenen Maschinistenassistenlen Otto Feucht von hier erhielten vor einigen Tagen von dem kaiserl. Konsul Pelloram in Tientsin durch das K. Mysterium der Auswärtigen Angelegenheiten nicht nur die über den Todesfall amtlich aufgenommenen Akten, sondern auch einen Nachweis über die Hinterlassenschaft in bar und Effekten, sowie ganz besonders durch die geschehene gütige Anregung und Verwendung von Seiten des obenbezeichneten Konsuls bei der chinesischen Behörde eine Entschädigung von 800 Taels 4000 wonach der eingesandte Wechsel 4056 62 L beträgt. Die

Eltern und Geschwister des Verunglückten sind nun durch die Handlungsweise des Konsuls Pelldram, der für die pekuniäre Entschädigung für die Ange­hörigen und die Hinterlassenschaft des Verunglückten sich so sorgsam verwendet, namentlich auch für ein ordentliches Begräbnis auf dem Friedhof in Tientsin gesorgt hat, sehr getröstet und erfreut."

Paris, 1. März. Heute nachmittag machte Pasteur der Akademie der Wissenschaften eine Mitteilung über seine Versuche, die Hundswut zu heilen. Von 325 Personen, die er bis jetzt behandelt, wurde nur eine ergriffen, nämlich ein junges Mädchen, das man ihm zu spät in Behandlung gab. Hundert Kranke haben seit der Einimpfung bereits 75 Tage überstanden. ohne der Krankheit zu verfallen. Man berechnet aber gewöhnlich die Zeit, wo die Krankheit nach dem Bisse auszubrechen pflegt, bis auf 40 Tage und betrachtet nach 60 Tagen den Gebissenen als außer aller Gefahr. Pasteur betrachtete also jene 100 Kranke als endgültig gerettet. Andere 100 Ge­bissene sind bereits 60 Tage nach dem Biß gesund geblieben. Es scheint nun, daß die hiesigen Autoritäten der ärztlichen Wissenschaft das Pasteursche Ver­fahren als vollständig wissenschaftlich begründet anerkennen und man betrachtet die baldige Gründung einer staatlich unterstützten Anstalt zur Heilung von Leuten, die von der Tollwut bedroht sind, als sicher in Aussicht stehend. Herr Pasteur versichert, daß eine solche in Paris errichtete Anstalt für ganz Europa und selbst für Amerika ausreichen würde, da alle Gebissenen von dort überallher noch rechtzeitig in Paris eintreffen könnten.

WevrrrifcHLes.

Wenn wir im Schwarzwald in Schnee und Eis stecken und die Schneewehen noch immer kein Ende finden, so haben wir vor fast ganz Deutsch­land nichts voraus. In Berlin z. B. ist ein Drotschkenkutscher auf dem Bock erfroren und man merkte es erst, als er starr und steif vom Bock auf die Straße fiel. Ein anderer wurde noch gerettet. In England sind alle Bahnen eingeschneit, der Land- und Stadtverkehr stockt, aber Tausende von armen Leuten, die vorige Woche nichts zu thun hatten als Krawalle zu machen, haben durch den Schnee Arbeit bekommen. In Schottland ist's noch ärger; dort hat man seil 1832 keinen so schneereichen Winter gehabt.

ff Otto v. Corvin-Wiersbitzki. Der Tod hat in Wies­baden in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch den Schrifsteller Corvin ereilt. Ein vielbewegtes Leben ward da beschlossen. Geboren im Jahr 1812 zu Gumbinnen als Sohn des dortigen Postmeisters trat Corvin zunächst beim Militair ein. Das behagte ihm jedoch nicht lang; er schloß sich der revolu­tionären Bewegung in Baden an und ward Chef des Generalstabs und Ver­teidiger der Festung Rastadt. Dafür wurde er zum Tode verurteilt, dann aber begnadigt und 6 Jahre in Einzelhaft in Bruchsal gefangen gehalten. Später lebte er in England und Amerika, machte den amerikanischen Krieg als Oberst mit, schrieb auch mehrere große historische Werke, die sich durch Lebhaftigkeit und scharfe Auffassung auszeichnen, und kehrte schließlich müde uns krank in seine deutsche Heimat zurück.

Bismarck und Corvin. Vor einigen Jahren hatte der in Wiesbaden verstorbene Freiheitskämpfer Otto v. Corvin eine Begegnung mit dem Fürsten v. Bismarck, der, auf des elfteren ehemalige Verurteilung zum Tode hinweisend, ungefähr folgendes äußerte:Wir beide haben für die Größe Deutschlands gekämpft, wenn auch von andern Stand­punkten aus. Ihr Schicksal hätte ebenso gut auch das meine werden können!"

Bärenjagd. Ueber die Winterjagdfahrt des Prinzen Wil­helm von Preußen wird folgendes berichtet: Der Mittelpunkt der Fürstlich Radziwil I'schen Besitzungen in Rußland bildet das große feste Schloß von Neswicz, das schon bei den kriegerischen Operationen Karl XII. und Napoleon l. eine Rolle spielte. Ein befestigter Palast mit zwei großen Seitenflügeln und einem Corps de Logis. In diesem Kastell verweilte Prinz Wilhelm mit dem Besitzer Fürsten Anton Radziwill nur, um eine Mahlzeit einzunehmen. Von da ging die Reise weiter nach einem Jagdhaus des Fürsten Radziwill, wo übernachtet und eine Jagd gemacht wurde. Die übrigen Jagden

UiH die Spur, Herr Kommerzienrat, die nach der Mordstätte führte, rührt von einem Damenfuße her. So, und nun reden Sie! Ich sagte nur, was ich gesehen habe."

Der Kommerzienrat hatte dem roten Mathies schweigend, staunend zu­gehört, er hatte es kommen sehen, daß seine langatmige Erzählung so enden werde. Und doch, als jener die letzten emphatischen Worte gesprochen, fuhr er jählings empor, wie jemand, der eine Vision gesehen oder aus einem schweren Traume erwacht. Er starrte Mathies groß und fragend an, er griff nach seiüer Stirn und versank noch einmal in Nachdenken.

Gesehen habe," wiederholte er dann mit einem abwesenden Ausdruck, gesehen habe."

Jawohl. Herr Kommerzienrat," bestätigte Mathies,das und nichts werter habe ich gesehen; aber ich denke es ist gerade genug, um ver­schwiegen zu werden; denn wenn das zur Sprache kommt"

Der Kommerzienrat lachte laut auf. Es war ein unmelodisches Lachen, welches um so mehr und um so unangenehmer überraschte, als der alte Herr seit dem vor einigen Jahren erfolgten Tode seiner schönen jungen Gattin kaum mehr lächelte, im Geschäft aber notorisch niemals eine Miene verzog. Und jetzt auf einmal lachte er so laut, fast herzhaft, daß es selbst in dem Nebenzrmmer vernommen wurde.

Die Büreaubeamten, sonst schweigsam und emsig schreibend denn Etwold war selber rastlos thätig blickten erstaunt empor und einander ungläubig fragend an. Sollte es wirklich Ihr Chef sein, der da gelacht hatte?

Ja, er war es. Aber gegen das Ende hin glich sein krampfhaftes Lachen mehr einem Schluchzen, und seine Züge verzerrten sich dabei in einer Weise, welche es Mathies ratsam erscheinen ließ, nach der Korridorthür zu retirieren.

Jener aber sprang mit einem wilden Satze ihm nach und packte ihn trotz seiner überlegenen Körperstärke voll vor der Brust.

Elender Bube!" rief er.Die Lüge steht Dir aus der Stirn, mit der Du mich erniedrigen und Dich erhöhen wolltest, denn sicher dachtest Du beim

Aussinnnen derselben noch an Beförderung Sie soll Dir werden, aber an den Galgen!"

Herr Kommerzienrat," stammelte Mathies leichenblaß,wahr und wahrhaftig, was ich sagte, habe ich"

Hinaus Elender!" rief kaum seiner Stimme mehr mächtig der Kom­merzienrat.Fort, mir aus den Augen, verruchter Bube Du! Bezichte mich, beschuld'ge wen Du willst; nur nach der Reinheit meiner Tochter strecke Deine schmutzige Hand nicht aus, sie taste mir nicht an, sonst giebt es einen zweiten Mord hier zu beklagen, und der Vernichtete bist Du!"

Ec gab dem Anderen damit einen Stoß vor die Brust, daß dieser rück­wärts gegen die Thür taumelte. Sie sprang auf, und Mathies stand mit geballten Fäusten und zähneknirschend auf dem Korridor.

In seiner Erregung fiel ihm das unvermutete Oeffnen der Thür, die er vorhin fest zugezogen, nicht auf, so wenig wie er daran dachte, den Gang entlang zu blicken, ob jemand da sei. Er würde sonst die auf den Zehen davonschleichende Gestalt des Büreaudieners Jonas gesehen und auffällig be­merkt haben, daß derselbe das Taschentuch vor die Stirn gedrückt hielt, als wenn er dort einen empfindlichen Stoß empfangen hätte.

Aber Mathies sah in diesem Augenblick nur seinen Gegner. Ein grün­liches Funkeln brach aus seinem Blick, wie aus einem Flammenauge, und unter diesem Blick erbebte selbst der Mann, der ihn hinaus gestoßen hatte. Seine Lippen bewegten sich, als wenn er eine Beleidigung, Drohung oder Verwünschung ausstoßen wollte aber kein Wort kam daraus hervor. Er schüttelte nur die Faust gegen seinen ehemaligen Brotherrn, trat zurück, ver­setzte der Thür einen Tritt, daß sie schallend in's Schloß fiel und entfernte sich eiligst über Treppe und Hof nach den Ställen.

Etwold aber sank jetzt kraftlos in einen Sessel. Er seufzte tief und schwer, indem er murmelte:Um einen Todfeind reicher!"

(Fortsetzung sogt.)

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