31. Jahrgang.
Kro. 27.
Amts- um! InLekkigenMatt für llen cüezirlr.
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Samstag, äen 6. März 1886.
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Amtliche Mekarrrrtmachurrgerr.
Calw.
Bekanntmachung.
Unter den Schafen des Strickers Mohr und des Strickers Schech- i n g e r von hier ist die Schafräude ausgebrochen.
Calw, den 4. März 1886.
Stier
. Oberamt.
I. V.:
, stv. Amtmann.
Uotttische Wachvichten.
Deutsches Reich.
* Stuttgart, 3. März. Am Schluffe der heutigen 60. Sitzung der Kammer der Standesherrn, worin die Beratung des Ge- setzesentwurfs betr. die Feldbereinigung vollends zu Ende kam, teilte der Fürst-Präsident mit, daß, da die Kgl. Staatsregieiung in nächster Woche zu schließen beabsichtige, am nächsten Dienstag mittag 12 Uhr eine gemeinschaftliche Sitzung beider Kammern statlfinden werde, behufs der Neuwahl des ständischen Ausschusses, sowie eines ständischen Mitglieds des Staalsgerichtshofes. Es werden daher überhaupt nur noch wenige Sitzungen sein.
— Ueber das Branntweinmonopol, das am .4-- März im Reichstag beraten wird, kommt das Franks. Journal zu folgendem Schluß: Morgen wird der Reichstag in die Beratung der Branntweinmonopolvorlage eintreten. Auf die Annahme des Gesetzentwurfs wird sich wohl auch die Negierung keine große Hoffnung mehr machen. Mag auch die Stellung des Centrums noch nicht ganz klar sein, so wird sich doch niemand einbilden, daß die Partei mit Sack und Pack sich plötzlich zu den Monopolfreunden schlagen werde. Das aber müßte geschehen, wenigstens der ganz überwiegende Theil der CentrumSpartei müßte der Vorlage zustimmen, wenn dieselbe eine Mehrheit finden sollte. Alstin wenn wir auch für das Monopol keine Rettung erblicken, so hoffen wir doch, daß eine Kundgebung einer großen Mehrheit des Reichstags des Inhalts erfolgen wird, daß die Gewinnung erheblich reicherer Einnahmen aus dem Branntwein wünschenswert und zweckmäßig, daß dies Steuerobfikt weit besserer Ausnutzung fähig, daß das Monopol nur wegen zerstörenden Eingriffs in zahlreiche wirtschaftliche Verhältnisse zu verwerfen ist und daß man ander weiten Vorschlägen für eine stärkere Ausnutzung der Steuerkraft des Branntweins größtes Wohlwollen entgegenbringen wird. Einer solchen Erklärung sich zu entziehen hätte keine Partei Veranlassung, auch die deutsch-freisinnige nicht, die seit Jahren unausgesetzt
auf die höhere Besteuerung des Branntweins hingewiesen hat und davon erst still geworden ist, seitdem die Regierung mit ihren Monopolprojekten hervortrat. Aus diese Weise würde der Boden vorbereitet, auf welchem in nächster Zeit die Branntweinsteuerfrage mit besserem Erfolg in Angriff genommen werden könnte. Zeigt eine große Mehrheit des Reichstages ihre Bereitwilligkeit auf eine ausgiebige Reform der Branntweinsteuer einzugehen, wenn auch nicht in der Gestalt des Monopols, dann wird die Regierung wohl auch von ihren vom Reichskanzler neulich angedeuteten Plänen zurückkommen, die Sache auf dem Wege der Landesgesetzgebung, der Erhöhung der Schanksteuer, weiter zu verfolgen, Plänen die außerordentlich viel principielle und praktische Bedenken gegen sich haben und an deren Ernst wir einstweilen noch nicht glauben mögen. Nehmen die Dinge den angedeuteten Verlaus, so könnte die Verhandlung über die Monopolvorlage noch den günstigen Erfolg haben, den Weg zu einer befriedigenden Lösung der Fkage gewiesen und vorbereitet zu haben.
— Beim Reichskanzler war gestern wieder ein parlamentarisches Diner, zu welchem Mitglieder aller Parteien, auch Freisinnige und Zentrumsmitglieder geladen waren. Von Württembergern waren geladen Frhr. v. Neurath von den Freikonservativen und Graf Adelmann von der Zentrumsfraktion. Der Letztere mußte sich wegen Unwohlsein entschuldigen lassen. Das Gespräch drehte sich nur einmal um einen politischen Gegenstand, die Währungsfrage, wobei der Reichskanzler sich ganz auf den Standpunkt des preuß. Finanzministers v. Scholz und des Geh. Rat Schraut stellte. — Man zweifelt nicht, daß Fürst Bismarck sich an der Brannt- weinmonopoldebäkte im Reichstag beteiligen werde. Allerdings ist sein Fußleiden noch immer nicht ganz gehoben, macht ihm das längere Stehen sehr schwer und hat auch sein Erscheinen bei den letzten Beratungen im Abgeordneten- und Herrenhause verhindert. Ueber den Ausgang läßt sich noch nichts sagen. Bis jetzt haben nur die Deutschfreisinnigen und Sozialdemokraten ihren Entschluß bekundet, gegen das Gesetz zu stimmen; alle anderen Parteien scheinen zunächst das Verlangen nach der Kommissionsberatung stellen zu wollen. Man nimmt an, daß alsdann der Entwurf in dieser Saison nicht mehr an's Plenum zurückgelangen und der Reichstag noch vor Ostern zu Ende gehen werde.
Karlsruhe, 3. März. Ueber das Befinden des Erbgroßherzogs lautet das heutige Bulletin: „Fieber anhaltend von mittlerer Intensität. Gelenke freier, fast schmerzlos. — Gestern Nachmittag etwas Beklemmung, die auch heute zeitweise wiederkehrt. Nacht etwas besser als die gestriges Geheimrat Dr. Kußmaul aus Straßburg wurde hierher berufen, um sich von dem Krankheitszustand des Erbgroßherzogs zu überzeugen. Derselbe traf gestern Abend hier ein, sprach sich befriedigt über den bisherigen Verlauf der Krankheit aus und hat sich heute wieder nach Straßburg zurückbegeben.
Ieuil 1 eton. ^-4^«
Die Falschmünzer.
Kriminal-Roman von Gustav Lössel.
(Fortsetzung.)
Der rote WathieS nickte. Der Kommerzienrat schwieg betroffen. Er war unwillkürlich einen Schritt zurückgetreten.
„Sie — Sie kennen den Menschen?" stammelte er.
„O, und ich weiß, wer ihn noch viel besser kennt," tönte es mit leisem Lachen zurück.
Etwold blickte auf seinen entlassenen Kutscher als wenn er an dessen Verstände zweifle.
„Das interessiert mich doch noch weniger," sagte er. „Macht Euere Mitteilungen nur an den Kommissar, der Euch recht dankbar dafür sein wird. Ich dagegen empfinde Eure Gegenwart momentan zur Last, umsomehr als Ihr Beziehungen zu einem Verbrechen zugesteht, welches — "
„Mit Verlaub, Herr Rat," fiel ihm der Andere gereizt in's Wort. „Meine Beziehungen zu diesem Verbrechen sind solche, daß sie mir nur Vorteil, aber einer gewissen, Ihnen sehr nahestehenden Person Gefahr für Leib und Leben bringen können."
Etwold wechselte die Farbe. „Mathies," hauchte er kaum vernehmbar, „wie meint Ihr das?"
„Wie es gesprochen ist, so meine ich es," sagte zuversichtlich der Andere. „Erstens einmal widerstrebt es mir, in einem Augenblicke fortzugehen, wo ein so schwerer Verdacht auf unserem Hause lastet. Und wenn man nun gar noch erfährt, daß ich nach Amerika gehen will — zwar nur weil
man dort über das Vorurteil gegen rote Haare und grüne Augen hinaus ist, das die ganze alte Welt und leider auch solche kluge Herren wie Sie beherrscht, — wird man sagen: „Es ist richtig; den roten Mathies müssen wir steckbrieflich verfolgen lassen. Der hat sich am Tag der Entdeckung des Mordes unsichtbar gemacht, und er wird seine Gründe dafür haben, die, da er rote Haare hat, sicher keine guten sind." Denn rote Haare wachsen ja. nach Ihrer Ansicht auf keinem guten Grunde."
Etwold schüttelte mißbilligend den Kopf. „Das sind seltsame Reden die Ihr da führt," sagte er; „sie könnten Euch, wenn ich es sonst wollte' in's Verderben bringen. Ein Mensch mit reinem Gewissen kommt auf solche Gedanken gar nicht. Und was die Entlassung aus meinen Diensten betrifft so wißt Ihr so gut wie ich, daß dieselbe nicht erfolgt ist wegen Eurer roten Haare die mich gar nichts angehen. sondern wegen Eurer offen bekannten anarchistischen Grundsätze. Wenn Ihr dieselben noch für Euch behieltet hätte ich nichts dagegen. Aber Ihr sucht mein großes Haus- und Fabrikpe'rsonal für Eure gewaltsamen Umsturzideen zu gewinnen, und das darf und werde ich nicht dulden."
Mathies zuckte die Achseln.
„Heutzutage, Herr Kommerzienrat," sprach er, „hat jeder Mensch nicht nur das Recht, sondern auch die Verpflichtung, seine politische Ueberzeuguna zu haben. Na. und daß man der hin und wieder einmal Ausdruck giebt ist wohl nur selbstverständlich. Sie thun's ja auch, und zumal jetzt, wo'die Wahlen bevorstehen."
„Aber Alles mit einem Unterschiede, mein Bester," entgeanete der Kommerzienrat indigniert.
„Freilich," spöttelte Mathies, „Maskenbälle kann unser Einer nicht