sofort eingeleitet. Zwei verdächtige Personen sind dingfest gemacht und gestern Abend in das Amtsgefängnis nach Neuenbürg eingeliefert worden. — Da die arme Frou nur das nackte Leben gerettet hat, ist es nötig, für sie und ihr Kind Sammlungen zu veranstalten.
Eßlingen, 23. Febr. Die „Eßlinger Zeitung" erzählt: Zu einem Metzger kam gestern ein Maler, um sich ein Vesper zu kaufen. Eine Braun- schweiger Wurst stach dem Maler in die Augen und er frug nach dem Preis pro Kilometer. Der Metzger forderte erst 50 , dann auf Drängen des
Malers 80 Der Kauf wurde durch Handschlag bekräftigt, der Maler nahm die vorhandene Wurst in der Länge von 35 Ctm. auf Abschlag und bezahlte dafür den bedungenen Kaufpreis im Verhältnis zur Länge mit 3 Der Metzger machte ein verblüfftes Gesicht, wird aber noch verduzter drein schauen, wenn der Maler auf die Lieferung des Restes der Wurst mit 999 Meter 65 Ctm. dringt, was dieser allen Ernstes beabsichtigen soll.
Ulm, 26. Febr. Gestern abend gaben die Offiziere des Dragoner- Regiments Nr. 26 ihrem bisherigen Kommandeur der 26. (1. württemb.) Kavalleriebrigade beförderten Oberst v. Gleich einen Abschied im Gasthof zum Kronprinzen. Dazu erschien auch der nunmehrige Kommandeur des Ulanen- Regiments Nr. 19, Major Frhr. Capler v. Oedheim gen. Bautz von Stuttgart ; zugleich nahmen höhere Offiziere der Garnison daran teil. (U. Tgbl.)
Mevrnifchtes.
Lebensverficherungs- und Ersparnisbank in Stuttgart. Im Jahre 1885 sind dieser Bank 5 039 Anträge mit 29,527,000 — zugegangen. Annahme fanden 4103 Anträge mit 23,496,500 —Die Sterblichkeit hielt sich auch in diesem Jahre in ganz befriedigenden Grenzen, und der Abgang durch Rückgang war sehr gering. Der reine Zuwachs an Versicherungen beziffert sich auf 2103 Personen mit 16,421,700. — und der Gesamtversicherungsstand hob sich dadurch von 42,291 Personen mit 224,382.900. - 44394 mit 249,804,609. -. Die Ergebnisse sind hiernach als durchaus günstig zu bezeichnen. Die Beteiligung mit steigender Dividende hat eine wesentliche Zunahme erfahren; die hiebei eintretende jährliche Weiterverminderung der Prämie bietet für viele eine willkommene Zahlungserleichterung. Dadurch, daß der Bank für diesen Verteilungsmodus inklusive der Erbschaft der beim Anfall der Versicherung jeweilig rückständigen Dividenden ca. 42—43 »/§ der Prämie zur Verfügung stehen, ist eine jährliche Verminderung um 3 o/o der Prämie für alle Versicherungsarten sicher in Aussicht zu stellen. Nach 33 bis 34 Versicherungsjahren ist der Versicherte jeder Zahlungspflicht enthoben und hat von da ab sogar eine jährliche steigende Rente zu empfangen. Eine gleich hohe Dividende wird freilich derzeit von allen Gesellschaften, mitunter sogar noch mehr trotz bedeutend geringerer Ueberschüsse in Aussicht gestellt; wie diese Verheißungen sich erfüllen sollen, muß dahingestellt bleiben. Bei Beteiligung mit voller Dividende von Anfang an, erhalten derzeit die lebenslänglich Versicherten 35 «/g und die abgekürzt Versicherten aus ihrer lebenslänglichen Prämien - Ouote ebenfalls 35o/g und aus der Zusatz-Prämie für Abkürzung der Versicherung noch extra 17 >/z 0 /„ und zwar werden diese Dividenden aus jeder Prämie gewährt. Die beim Abgang jeweilig rückständigen Dividenden, weil solche erst nach 5 Jahren flüssig zu werden beginnen, werden nachvergütet. Würde die Bank diese Nachvergütung nicht gewähren, bezw. würden die Versicherten auf die Auszahlung der Dividenden aus den jeweilig letzten 5 Jahresprämien verzichten, wie dies von andern Gesellschaften verlangtwird, so würden jene 35°/o und 17'/^/o sich mindestens auf 42 und 220 /g erhöhen. Außer Lebensversicherungen schließt die Bank auch Aussteuerversicherungen ab, wobei für jede Versicherung eine bestimmte Summe nebst Dividende garantiert wird. Die sogenannte Militärdien st Versicherung wird hiedurch für den einzelnen Beteiligten in entschieden günstigerer Weise erreicht. Der Abschluß der Bank wird in einigen Wochen zur Veröffentlichung gelangen; für heute läßt sich nur berichten, daß solcher günstig ausfallen und das Vermögen der Bank von 49 Millionen auf ca. 54 Millionen angewachsen erscheinen wird.
und ihre Regierungen nehmen heute noch die nämliche Stelle ein. Der preuß. Bundeskommifsar Lenthe sprach sich sodann gleichfalls gegen den Antrag Reichensperger aus. Die Weiterberatung wurde auf morgen vertagt.
Berlin, 26. Febr. Dem Kaiser ist gestern ein kleiner Unfall widerfahren, indem er bei dem gestrigen Hofball, im Begriff, die Frau Kronprinzessin zu führen, auf dem Teppich eines Saals ausglitt. Die Sache ist erfreulicherweise ohne jede Folgen geblieben. Der Kaiser wohnte dem Abendessen bei nnd verweilte auch nach demselben bei dem Feste. Heute befindet sich der Kaiser durchus wohl und bei guter Laune und hat mehrmals über den Unfall gescherzt. — Der Kaiser empfing heute nachmittag den Unterstaatssekretär Grafen v. Bismarck und erteilte dann dem Bischof Dr. K 0 pp Audienz. — Bischof Kopp wurde darauf von der Kaiserin Augusta empfangen.
— Fürst Bismarck gibt Dienstag ein parlamentarisches Mittagsmahl, zu welchem Einladungen an das Präsidium des Reichstags erlassen worden sind.
Frankreich.
— Ein aus Paris am Donnerstag abend eingetroffenes Telegramm meldete wieder einmal ein kleines Zwischenfällchen in der Deputiertenkammer. Bei der Eröffnung der Sitzung am Mittwoch feuerte ein Mann von der Zuschauertribüne aus zwei Schüsse in die Luft und warf dann einen Brief in den Saal, der an den Abgeordneten Clömenceau adressiert war. Dieser übergab den Brief dem Präsidenten. Die Kugeln wurden inzwischen auf dem Boden des Saals aufgefunden. Der Mann heißt Pionier, ist 35 Jahre alt und erklärte nach seiner Verhaftung, er habe die Aufmerksamkeit der Regierung auf seinen Prozeß lenken wollen, in welchem neue Einzelheiten über die Kapitulation von Metz und die Anwesenheit deutscher Spione in der französischen Armee enthüllt würden. Man glaubt es mit einem wahnsinnigen oder wenigstens sehr überspannten Offizier a. D. zu thun zu haben, von dem jedoch nicht bekannt ist, daß irgend ein Prozeß gegen ihn anhängig sei.
Herges-Weuigkeiten.
* PfL^h eim, 27. Februar. In dem benachbarten Calmbach hat sich gestern eine entsetzliche Tragödie abgespielt, wie sie seit Menschengedenken in dem friedlichen, romantischen Enzthale glücklicherweise nicht erinnerlich ist. Fünf Menschenleben fanden in einem furchtbaren Flammenmeere einen qualvollen Tod. Die Aufregung in Calmbach und in der ganzen Umgebung ist unbeschreiblich und die Teilnahme an dem großen Unglück eine allgemeine. — Die fünf Leichen wurden gestern Vormittag gegen 8 Uhr aufgefunden und boten einen herzzerreißenden Anblick. Die halbverkohlten Körper waren kaum wieder zu erkennen. Barth hatte bedeutende Verletzungen am Kopfe erlitten, der eine Fuß fehlte, während eine Hand erst später aufgefunden werden konnte. Die Feder sträubt sich gegen eine ausführliche Beschreibung. — Der Unglückliche hielt noch im Tode seine Kinder umschlungen, die er hatte retten wollen, aber mit denen er vereint den Flammentod erlitt. In jedem Arm hielt Barth zwei Kinder. Man glaubt annehmen zu dürfen, daß Barth sich allein hätte retten können, aber die Vaterliebe überwog. Der älteste Knabe, August Barth, war ein geweckter, beherzter Bursche von 15 Jahren. Derselbe hat noch, am Fenster stehend, um Hilfe gerufen, die ihm nicht mehr geleistet werden konnte, da das wütende Element mit rasender Schnelligkeit um sich griff und seine Opfer heimtückisch überfiel. Die beiden Mädchen, Pauline und Louise Barth, standen erstere im Alter von 12 Jahren, die letztere von 9 Jahren. Das jüngste Kind zählte 11/2 Jahre. August Barth, ein braver und fleißiger Mann, war 40 Jahre alt. Die bedauernswerte Witwe Barth rettete sich und ihr herziges fünfjähriges Kind durch die Flucht aus dem Fenster. Die arme Frau ist vorläufig bei Verwandten untergebracht und liegt sehr schwer krank darnieder. Im Fieberwahns ruft sie beständig nach ihren Kindern und nach ihrem Manne. Das kleine vaterlose Mädchen ergibt sich still und ergeben in ihr Schicksal und ahnt wohl kaum die ganze Tragweite der gestrigen Begebenheit. — Die Untersuchung wurde
ersten Etage. Diesen hinauf gehend, hatten sie zur Rechten die Hoffenster, zur Linken eine Reihe von Thüren, deren Aufschriften die Geschäftsräume oder Büreaux des Kommerzienrats erkennen lreßen.
Zuletzt kamen sie an eine Glasthür und durch diese in den prachtvoll dekorierten Wintergarten des Etwoldschen Hauses; derselbe war verödet.
Während sich nun die anderen der inneren Thür des Gartens zuwandten, blieb Soltmann zurück. Sein Falkenauge irrte gierig suchend über die Kieswege hin; aber hier war so viel gegangen worden, daß an ein Auf- flnden der verfolgten Spur an dieser Stelle nicht zu denken war.
Endlich blieb sein Blick auf einem Stückchen ausgezackter roter Seide haften, welches dicht bei der Thür und fast unter seinen Füßen lag. Mechanisch bückte er sich darnach. „Ein Fetzen roter Seide," murmelte er; aber in einem so außerordentlichen Falle darf man nichts unbeachtet lassen." Er steckte das Stückchen Zeug ein, und folgte dem Kommissar.
Dieser und Neubert waren in einem der angrenzenden Salons — man befand sich hier in den Prachträumen des palastartigen Hauses — auf Diener gestoßen, welche dort mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt waren.
Von ihnen erfuhren sie, nachdem sie sich legitimiert hatten, daß es am Abend zuvor einen großen Maskenball gegeben. Die Diener sprachen von mehreren hundert Gästen.
Dieser einzige Umstand, das erkannte jeder sofort, erschwerte die Untersuchung ungemein.
Die Herren ließen sich nun in das Parterre hinabführen und dem Kommerzienrat melden. Indessen tauschten Sie ihre Meinungen mit einander aus. An das beigesteckte Stückchen Seide dachte Soltmann momentan nicht.
Kommerzienrat Etwold saß zur Zeit mit seiner Tochter beim Kaffee.
Ec war Wittwer und hatte außer dieser Tochter nur noch einen Sohn, der nicht in der Residenz wohnte. Beide Kinder waren erwachsen.
Schon in seiner äußeren Erscheinung gab sich der Charakter dieses durch seine ausgebreiteten industriellen Unternehmungen hervorragenden Mannes kund. Eigenliebe und bis zum Hochmut gesteigertes Selbstbewußtsein, verliehen seinen kalten, harten Zügen einen Schein von Unnahbarkeit. Er war nicht über mittelgroß, etwas mager, grauköpfig, mit spärlichem Haarwuchs. Die schmalen zusammengepreßten Lippen mit den herabgezogenen Mundwinkeln und die Fältchen, um die etwas eingesunkenen Augen machten sein Gesicht nicht freundlicher. Seine Bewegungen waren kurz und gebietend, seine Stimme hatte einen harten metallischen Klang, der sich im Affekt bis zum Kreischen steigerte. Er war von n->rvöser Reizbarkeit, ungeduldig, leicht aufbrausend und maßlos im Zorn, mit einem Wort ein recht unleidlicher Charakter.
Die nur geflüsterte Meldung des Dieners erfüllte ihn mit unwilligem Staunen und zuletzt mit Bestürzung.
Er erhob sich rasch und ging mit einem nur gemurmelten Wort der Entschuldigung an seine Tochter hinaus, den unwillkommenen Gästen ein recht unfreundliches Gesicht zeigend.
„Sie haben sich veranlaßt gefunden, ungefragt in mein Haus einzudringen," sagte er; „und ich erwarte, daß Sie mir die Erklärung hierfür nicht schuldig bleiben werden."
Der Kommissar trug mit aller Schonung den seltsamen Vorfall vor, welcher wohl geeignet war, Herrn Etwold etwas heftig zu erschüttern wie er es that.
Ein Gast seines Hauses ermordet, so zu sagen an der Schwelle desselben — von einem Weibe, und dieses hierher zurückgekehrt nach vollbrachter That! — — Es wollte ihm das gar nicht zu Kopf.
(Fortsetzung folgt.)