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und Frankreich nachgewiesen, daß dieselben mit viel erheblicheren Nachteilen und geringeren Einkünften verbunden wären als das Monopol. Besondere Wichtigkeit wird der Forderung beigelegt, daß die Art der Besteuerung zu­gleich den schädlichen Folgen des übermäßigen Branntweingenusses mit ge­nügender Sicherheit entgegen wirke. Die Fernhaltung giftiger Stoffe von dem Trinkbranntwein sei eins der wichtigsten Erfordernisse, um dem verderb­lichen Wirkungen der Trunksucht Einhalt zu thun. Dies zu erreichen, würde es, solange die Trinkbranntweinfabrikation der Privatthätigkeit überlassen bliebe, rigoroser Strafbestimmungen und tief in den Gewerbebetrieb ein­greifender polizeilicher Vorschriften bedürfen.

Erklärung des deutsch-konservativen Vereins in Stuttgart, betreffend das B rann 1 weinmonopol.

1) Der Entwurf für die Einführung des Branntwein­monopols in Deutschland, wie er nunmehr dem Reichstag vorliegt, ist einerseits bestrebt, die Interessen sämtlicher Beteiligten, vor allem der süddeutschen Kleinbrenner, zu wahren, andererseits eröffnet er die Aussicht, durch Erzielung sehr namhafter Mehreinnahmen die finanzielle Lage des Deutschen Reiches gründlich zu bessern und die Matrikularumlagen der Einzelnen Staaten zu beseitigen. Bei den durchaus verschiedenen Verhält­nissen der Brennereien in Deutschland läßt sich nur auf dem Boden des Monopols eine allseitig befriedigende Lösung der doppelten Aufgabe finden, die Einnahmen des Reichs aus dem Branntwein namhaft zu vermehren und dabei den bestehenden und berechtigten Vermögens- und Erwerbsverhältnissen möglichst gerecht zu werden. Für die süddeutschen Staaten enthält der auf­gestellte Verteilungsmaßstab nach der Kopfzahl der Bevölkerung eine sehr schätzenswerte Bevorzugung.

2°) Neben den großen finanziellen Ergebnissen ist der sittliche Ge­winn unverkennbar, welcher aus einer Beschränkung des in den letzten Jahr­zehnten auch in Württemberg rasch gestiegenen übermäßigen Genusses von Branntwein hervorgeht. Ebenso wichtig sind die gesundheitlichen Vorteile, welche mit der Verdrängung des schlechten Branntweins durch ein reines fuselfreies Getränke erreicht werden, was nur auf dem Boden des Monopols sicher erzielt wird. Nur Parteileidenschaft kann dies verkennen.

3) Was insbesondere das Bestreben betrifft, die Annahme oder die Verwerfung des Entwurfs zu einer Machtfrage zwischen den Bundes­regierungen und dem Reichstage aufzubauschrn, so erblicken wir darin einerseits ein in der ganzen Lage der Dinge durchaus nicht begründetes Mißtrauen in die Absichten der ersteren, andererseits ein beklagenswertes Hervortreten der Feindschaft gegen den Reichskanzler uud des Ehrgeizes der Parteiführer. Die letzteren werden hiebei kräftig unterstützt von solchen, welche fürchten, durch das Monopol in der ferneren Ausbeutung der Pro­duzenten auf dem Wege unlauterer Börsenmanipulationen behindert zu werden.

4) Ehe der Bundesratsentwurf nur bekannt war, ist auch in Würt­temberg eine Agitation gegen das Monopol ins Werk gesetzt worden und die Leiter derselben suchen sich als die Träger der öffentlichen Meinung auszugeben. Gegen ein solches Vorgehen muß sich die heutige Ver­sammlung des konservativen Vereins erklären.

5) Sie erklärt weiter, daß sie es mit Freuden begrüßen würde, wenn der nunmehr bekannt gewordene Entwurf in seinen Grundzügen die Zustimmung des Reichstags fände. Würde sich doch hierdurch auch eine höchst willkommene Aussicht eröffnen auf Erleichterung des Steuerdrucks, der zur Zeit auf Landwirtschaft und Gewerbe lastet.

6) Schließlich fordert die Versammlung alle gleichgesinnten Kreise im ganzen Lande zu gleichen oder ähnlichen Kundgebungen auf, welche bei der Gefahr durch den Verzug möglichst rasch erfolgen sollten.

Stuttgart, den 24. Februar 1886.

blos Rotspohn. Trotzdem aber eilte er im Laufschritt nach der Ecke; und dieAnderen folgten, jetzt die kühneren Burschen voran und die Mädchen scheu zurückbleibend.

Es war, wie diese es gesehen hatten; der Tote lag verblutet im Schnee.

Er war ein noch junger Mann, mit angenehmen Zügen und von kräf­tiger Gestalt. Etwas auffallend Fremdartiges in seiner Kleidung ließ sofort den Ausländer erkennen, und sein Gesicht war offenbar von einer heißeren Sonne gebräunt, als sie selbst an den wärmsten Sommertagen auf Straßen und Plätze der Weltstadt herniederschien.

Jetzt bleibt mal allesamt da stehen!" gebot König. Und nun blickte er eine ganze Weile hinüber und herüber als wenn er über der Schneefläche etwas suche.Es ist gut", sagte er dann.Und nun hört mal, Kinder, und thut, was ich Euch sage, aber ohneMurren! Geht auf dem Wege zurück, den Ihr gekommen, und am Kanal entlang nach der Fabrik."

I. wo werden wir denn", sprach trotzig ein Bursche,das ist ja ein Umweg von einer Viertelstunde, und diese Gasse führt gerade vor das Haus des Kommerzienrats Etwolo."

Ja, und seine Papiermühle liegt dahinter am Wasser", fügte ein anderer erklärend hinzu.Durch eine Seitenpforte gelangen wir"

Mir ganz egal", rief König jetzt schon energischer,ob Seitenpforte oder Hauptportal. Hier kommt jetzt Keiner mehr durch."

Aber warum denn nicht, Herr König?", fragt ein Mädchen.

Herr Du meine Güte!" rief gutmütig polternd der Alte.Seid Ihr denn alle so dumm, seht Ihr denn die Fußspuren da nicht, die zum Thatorte heransuhren? Und die soll ich mir verwischen lassen? Denke nicht dran! Also sucht Euch emen anderen Weg nach der Fabrik; und Du Koch's Wilhelm lauf' mal nach der Wache Du hast die längsten Beine und melde:Nachtwächter KorngMord, Schwedengasse bittet um Succurs, und nicht zu wenig."

Man konnte ihm nicht ernstlich böse werden dem gutmütigen Alten und so entfernten sich die Arbeiter nach noch einigem nutzlosen Hin- und Herreden in der gewünschten Richtung.

Gages-Werrigkeiten.

Laut Bekanntmachung des Ministeriums des Innern haben nach­stehende Feuerwehren und Löschmannschaften eine Belobnng erhalten: am 6. Oktober v. I. in Stammheim, Oberamts Calw, dis Feuerwehren und Löschmannschaften von Calw, Althengstett, Gechingen, Holzbronn, Slammheim sowie von Gültlingen.

Oberleng enhard, OA. Calw, 23. Febr. Gestern abend brach in einem von zwei Familien bewohnten Hause Feuer aus, welches nicht mehr bewältigt werden konnte und binnen weniger Stunden das ganze Ge­bäude zerstörte. Die Nachbargebäude konnten nur mit äußerster Anstrengung gerettet werden und haben deren Bewohner ihre Mobilien geflüchtet. Einer der Abgebrannten ist nicht versichert.

Pforzheim, 24. Febr. Gestern und vorgestern abend hielt hier vor einem ungewöhnlich zahlreichen Auditorium Hr. G. Dähne aus Dres­den physikalische Experimentalvorträge, welche von hohem Interesse waren. Dieselben hatten zum Inhalte die Wärme- und Lichtwirkungen des elektrischen Stromes, sowie insbesondere die bedeutenderen Abschnitte der Optik, z. B. Polarisation, Interferenz rc. Hr. Dähne verfügt über ausgezeichnete Apparate, experimentiert ganz vorzüglich und verbindet damit einen klaren, verständlichen und wissenschaftlich korrekten Vortrag. Auf geäußerten Wunsch wird Hr. Dähne am Montag noch einen weiteren Vortrag uud zwar über den Mond bei bedeutender Vergrößerung von Mondphotographien und elektrischer Be­leuchtung halten.

Ulm, 24. Februar. Das Dunkel, in das der geheimnisvolle Mord des Dragoners Friegel bis jetzt gehüllt war, scheint sich etwas lichten zu wollen. Als der Beteiligung verdächtig wurden zwei Dirnen und vorgestern die Soldaten Roman Schneider, Rippold, Maier und ein vierter des 12. Infanterieregiments in Neu-Ulm verhaftet. Die belastenden Verdachts­gründe, die zur Festnahme der Soldaten geführt haben, wurden darin gefunden, daß dieselben in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar nicht und erst vor­mittags 9 Uhr in die Kaserne zurückgekehrt waren; ferner seien sie in Gesell­schaft der verhafteten zwei Dirnen gesehen worden, und eine Schildwache am Pulverturm vor dem Ehingerthor will in jener Nacht den RufRoman" vernommen haben. Uebrigens sind alle Gerüchte von bereits vorliegenden Geständnissen rc. verfrüht; es haben noch nicht einmal Vernehmungen durch den Untersuchungsrichter stattgefunden.

Halle, 24. Febr. In dem benachbarten Zöschen ist der Frkf. Ztg zufolge eine Ackerfläche von 10 Morgen mit mehreren Arbeiterhäusern und drei Menschen plötzlich versunken. Der niedergegangene Acker war ein alter Schacht, der jetzt zusammengebrochen ist. Jetzt ist an derselben Stelle ein Teich.

Ein merkwürdiges Eisenbahnunglück erzählt die Barmer Ztg. vom Unterrhsin: In dem neuerbauten Wartsaale des Bahn­hofes zu Kempen, der vorläufig als Wartsaal 2. Klasse benüzt wird, saß am 19. ds. gegen 1 Uhr mittags ein Reisender an einem der großen Saalfenster und stärkte sich zur bevorstehenden Reise mit Speise und Trank. Außer ihm waren noch einige Herren anwesend, in friedlicher, eifriger Unterhaltung begriffen. Plötzlich wurde die Ruhe durch einen grellen Aufschrei der Wirtin unterbrochen. Der essende Herr steht auf, bemerkt zu seinem Entsezen, wie der eben von Venlo einlaufende Personenzug das Geleise verlassen hat und den Weg auf den Wartsaal zu nimmt. Er springt auf, die Leute sind noch nicht aus dem Raum entflohen, da erfolgte ein fürchterliches Krachen, wie bei einer Detonation und die Lokomotive des Zuges steht im Wartsaale. Man denke sich die Angst auch der Insassen des Zuges. Ob der Lokomotivführer den Dampf nicht zeitig genug gesperrt hatte oder ob ein anderer Unfall vorliegt, wird die Untersuchung ergeben. Thatsache ist. daß die Maschine des Zuges, welcher in einen toten Strang einläuft, die

Die in atemloser Hast erstattete Meldung brachte die Polizei nicht minder schnell zur Stelle. Uniformierte Beamte besetzten sofort die beidersei­tigen Zugänge der Gasse, und ein Polizeikommissar mit einem kleinen Stab von Kriminalbeamten nahm den Thatbestand auf.

Unter letzteren befand sich auch der wegen seiner großen Schlauheit und Zähigkeit in Verbrecherkreisen sehr gefürchtete Assessor Soltmann, ein noch junger Mann aus guter, aber verarmter Familie, welcher zuerst aus Mangel an Beförderung auf diese Bahn gedrängt worden war und dann aus innerster Neigung darauf beharrte.

Er war der Erste, welcher bei der Besichtigung der Fußspuren auf die überraschende Thatsache aufmerksam machte, daß neben denen des Ermordeten nur noch die einer Dame sichtbar waren. Die Spuren waren wegen ihrer Schmalheit und des hohen Absatzes in dem hart gefrorenen Schnee besonders scharf markiert. ^ ^ ,,

Vielleicht eine Eifersuchtsscene und ein Selbstmord des zungen Mannes", sagte der Kommissar. Er nahm zusammen mit Soltmann die Körpervisitation des Ermordeten vor, während andere Beamte die Fußspuren genau ausmaßen und auf Papier skizzierten, sowie auch jenen in der Richtung folgten, aus welcher sie gekommen waren. Wegen der frühen Stunde und der Entlegen­heit des Orts konnte man die Untersuchung mit aller Umsicht zu Ende führen.

Ein Selbstmord konnte nicht vorliegen, da keine Waffe gefunden wurde; die Dolchstöße in der Brust, deren einer das Herz durchbohrt hatte, waren von einem Anderen geführt worden. Der Ermordete war ohne Papiere. Die Taschenuhr und ein breiter Siegelring waren ihm entwendet worden. Letz­teres bekundete ein durch langes Tragen entstandener leichter Fleischeindrua am Ringfinger der rechten Hand, und von der Uhrkette war noch der Haken an der Westenöffnung befestigt; sie war nicht vorsichtig abgenommen, sondern hastig abgerissen worden. In der Westentasche wurde nur eine kleme Münze gefunden; es war also anzunehmen, daß auch das Portemonnaie des Ermor­deten gestohlen worden war. (Forts, folgt.)