Karlsruhe Rastatt u. s. f. wird es auch diesesmal nicht fehlen. Den Markensammlern interessant dürste die Nachricht sein, daß ein hiesiger Kaufmann, Herr Bussemeo, vor einigen Tagen seine aus 7000 seltenen Exemplaren bestehende Briefmarkensammlung um 3500 ^ an einen Händler in Berlin verkaufte und auch für eine Serie Briefkouverts 500 vtL erhielt.

Zürich, 20. Febr. Zum Rektor der höheren Töchterschule und des Lehrerinnenseminars hier ist von der städtischen Schulpslege einstimmig Herr Pfarrer Karl Weit brecht in Schwaigern, OA. Heilbronn, gewählt wor­den. Die N. Zur. Ztg. begleitet diese Nachricht mit folgenden Bemerkungen: Bereits hat man aus der Tagespreise bei diesem Anlaß wieder einmal jene bekannten Töne vernommen, die der Behörde denSchwaben" aufmutzen. Immer das alte Lied unserer geistigen Schutzzöllner! Und von den vielen Schweizern, die im monarchischen Deutschland ihre ehrenvollen Stellungen gefunden, spricht niemand. Uebrigens hat speziell der Kanton Zürich keine Ursache, sich über die Schwaben, die in seinem Schuldienste gestanden und noch stehen, zu beklagen. Woher stammt denn der ehemalige Seminardirektor Thomas Scherr, ein Direktor S ch i b e l u. s. w. ?, der vielen schwäbi­schen Professoren, die an unseren höchsten Lehranstalten wirkten und noch wirken, gar nicht zu gedenken. Im Uebrigen kann sich jeder Unbefangene der neuen Wahl nur freuen. K. Weitbrecht (geb. 1847) hat sich durch einen Band frischer Gedichte, als Herausgeber des schwäbischen Dichterbuchs, als Verfasser mehrerer Bände von Novellen, endlich als trefflicher Erzähler in seiner heimischen Mundart u. s. w. bereits einen Namen gemacht; seine Lehr­gabe ist eine ausgesprochene, zu seinem Amt bringt er Lust und Schwung mit sich zusamt dem redlichen Wunsche, sich recht bald in den Verhältnissen einzuleben, und so möge es ihm denn in unserer Stadt recht wohl werden!

Wien, 19. Februar. Der Maler Joseph Aigner, Mitglied des Wiener Gemeinderates, hat sich erhenkt. Alle Welt fragte sich, was den 68 jährigen Mann, der eine hochgeachtete gesellschaftliche Stellung einnahm, bewegen konnte, sein Leben so zu enden? Die Kraft und Jovialität, die er als Kommandant der akademischen Legion zu Wien im Jahre 1848 bekundete, bewahrte er sich noch lange im bürgerlichen Leben; vor wenigen Jahren noch gehörte Aigner trotz seines hohen Alters zu den heitersten Gesellschaftern der Stadt. In Salons und Klubs suchte man seinen kernigen Witz; im Ge­meinderate machte er sich als kunstsinniges Mitglied, das von Liebe für seine Vaterstadt erfüllt war, sympathisch geltend. In der letzten Zeit aber klagte er seinen Freunden wiederholt, daß ihm das Leben durch private Verhält­nisse vergällt sei; oft stellte er auch in Aussicht, daß er sich das Leben nehmen werde. Sein ganzes Gehaben machte den Eindruck eines geistig tief zerrütteten Mannes. In dieser trübsinnigen Stimmung, die mit einer geistigen Störung nahe verwandt war, hat Aigner in seiner schönen Villa in Pötz- leindorf, wo er so oft seine Freunde durch seinen Humor ergötzt hatte, sein Leben geschloffen. Als eigentliche Ursache seines seit längerer Zeit zu er­kennenden Trübsinnes und des körperlichen Verfalles, der für alle seine Freunde zu Tage trat, werden ungünstige finanzielle Verhältnisse angegeben. Aigner ist der dritte Gemeinderat, der durch Selbstmord endete. Der erste war Professor Stubenrauch, der sich durch Gift, der zweite Joseph Späth, der sich durch einen Schuß tötete. Nach der Einnahme Wiens im Oktober 1848 wurde Aigner verhaftet, vor das Kriegsgericht gestellt und am 21. No­vember zum Tode verurteilt. Fürst Windischgrätz scheint aber selbst erkannt zu haben, daß Aigner in den letzten Wochen der Bewegung eine passive Nolle gespielt hatte. Mehrere Damen der Aristokratie, in deren Kreisen der Künstler viele Gönner hatte, verwendeten sich für ihn. Seine Gattin, die Hofschau­spielerin Lieder, that vor dem Marschall einen Fußsall, um das Leben ihres Gatten zu erflehen, und Fürst Windischgrätz gewährte am 23. November die unbedingte Begnadigung Aigners. Zu den interessantesten Bildern Aigners aus den Fünfziger-Jahren gehört vas Porträt des wahnsinnigen Dichters Lenau, den er porträtierte, als derselbe sich in der Döblinger Irrenanstalt befand.

(Nachdruck verboten.)

Der: Auswanderer.

Erlebnisse eines Deutschen in Nord-Amerika.

Von Karl Zastrow.

(Schluß.)

Auf dem Wege, welcher aus der mehrere Meilen entfernten Stadt nach der Farm hinausführte, kam ein in einem grauen Mantel gehüllter Reiter auf einem sehr schönen Pferde, das seine Abkunft aus den nordamerikanischen Prairien in keiner Weise verleugnete, langsam näher. Er war der einzige Mensch, welcher in dieser verödeten Gegend sichtbar war.

Könnt Ihr mir nicht Auskunft über Wilms geben?" fragte Borrmann den Näherkommenden.

Dieser lenkte sein Pferd geradewegs auf den Trümmerhaufen, stieg dann ab und band es an einen aus der Erde hervorragenden Pfahl.Wilms?" fragte er dann kopfschüttelnd, den Leuten ist es nicht besonders gut gegangen. Es ist noch kein halbes Jahr her, da kam ein Trupp Indianer auf wind­schnellen Rossen in die Gegend. Sie raubten und brannten, mordeten und senkten und führten das Vieh hinweg. Dem Wilms, welcher sich wohl mit seinen Söhnen zur Wehr gesetzt haben mag, wurde das Haus über'm Kopfe angezündet. Sein ältester Sohn fiel unter den mörderischen Streichen der Indianer. Er selbst entging nur mit Anstrengung der Gefahr, unter dem zusammenstürzenden Gebälk begraben zu werden. So schnell die Indianer gekommen waren, ebenso schnell räumten Sie auch das Feld. Die Wilm'sche Familie hat fast Alles verloren und wird so ziemlich an den Bettelstab ge­kommen sein. Die Frau wurde nämlich bald darnach in Folge des Schreckens und der ausgestandenen Angst krank, legte sich und starb. Der alte Wilm verkaufte, als er so ziemlich wieder auf den Beinen war, seinen Grund und

Wevrnifchtes.

Lebensversicherungs-Gesellschaft zu Leipzig. Die Geschäftsergebnisse des vergangenen Jahres sind für die Lebensversicherungs- Gesellschaft zu Leipzig (alte Leipziger") auf Gegenseitigkeit gegründet 1830, wiederum sehr erfreuliche gewesen. Der Zugang an neuen Versicherungen war beträchtlich größer als im Jahre 1884, dem bisher günstigsten Jahre seit Bestehen der Gesellschaft und der Verlauf der Sterblichkeit ein solcher, daß der Rechnungsabschluß für das Jahr 1885, dessen Fertigstellung erst nach einigen Wochen zu erwarten steht, voraussichtlich ein gleich erfreuliches Ergebnis als der des Jahres 1881, welcher die Gewährung einer Dividende von 43o/g gestattete, liefern wird. Es waren im Ganzen zu erledigen 4849 Anträge über 33079600 Versicherungssumme, also 80 Anträge über 2572900 mehr als in 1884, und es stellte sich nach den vorläufigen Ermittelungen der reine Zuwachs, den das Versicherungskapital der Gesell­schaft im vorigen Jahre erfahren, auf 18864050 -//L gegen 17138850 in 1884 und der Versicherungsbestand auf 40943 Personen mit 237546450 Versicherungssumme. Das Vermögen der Gesellschaft ist um mehr als 5 Millionen ^ auf mehr als 52 Millionen ^ gestiegen. Verluste aus der Vermögensverwaltung haben die Gesellschaft auch im vergangenen Jahre nicht getroffen.

In der Stadtuhr. Einen interessanten Fang machte der Uhr­macher Mexer, in Ariern beim Aufziehen der Stadtuhr. indem er eine Dohle fing, die an einer Kette eine silberne Platte um den Hals trug mit folgender Inschrift:Kiel k. L. 1844. Auf Wiedersehen!"

Im Uni 0 n - Klub in Berlin ist auf Anregung des Prinzen Wilhelm durch Aenderung der Statuten das Hazardspiel beseitigt worden. Es war hohe Zeit. Drei Mitglieder des Klubs, die sich durch Hazard rui­niert haben, werden öffentlich genannt. Prinz H. V. verspielte fürchterlich; seine Familie rettete ihn mit der Bagatelle von 2 Vs Millionen Mark und bald darauf verlor der junge Herr abermals 560,000 Mark. Er verschwand. Ein süddeutscher Freiherr, Lieutenant, wurde in einer Nacht auf Ehrenwort 300,000 Mark schuldig und von seiner Familie nach Hause gerufen. Ein Banquier und Sportsmann verlor 350,000 Mark und zeigte den Vorgang bei Gericht an.

Kapitän Boyton. Der große Schwimmer und Fischmensch Kapitän Boyton will jetzt den ganzen Amazonenstrom von seinem Ursprung in den Anden Perus bis zu seiner Mündung in den Atlantischen Ozean durchschwimmen. Da aber die Länge des Stromes mit seinen Krüm­mungen ungefähr 4000 Meilen beträgt und er durch unendliche Wildnisse fließt, auch große Fälle enthält, wird sich Boyton trotz seiner Kühnheit und Ausdauer wohl doch auf eine Abkürzung der Schwimmfahrt einlassen.

Der Dichter Scheffel ein Trompeter! Nicht gar lange, nachdem Scheffel'sTrompeter von Säckingen" um Weihnachten 1853 erschienen war, traf im Elternhaus des Dichters zu Karlsruhe ein Brief aus Paris ein, der eine gewaltige Heiterkeit hervorrief; denn eine der Familie engbefreundete Gräfin Gnot schrieb auf Grund von Nachrichten, die ihr auf Umwegen zugekommen waren, im Ton bitterster Erregung, sie könne es schlechterdings gar nicht fassen, wie ein so hochbegabter, genialer, feinsinniger junger Mann den Entschluß habe fassen können, Trompeter in Säck­ingen zu werden. Als sie bald nachher erkannte, daß auf dem Weg nach Paris der Dichter desTrompeters von Säckingen" nur irrtümlich sich in einenTrompeter i n Säckingen" verwandelt habe, wich auch auf ihrer Seite das Gefühl der Entrüstung rasch dem Gefühl der Heiterkeit und der vollsten Befriedigung. (H. Dfztg.)

Schon mehrfach sind in neuerer Zeit Versuche angestellt worden, beim Orgelspiel die Elektrizität an Stelle des sonst üblichen pneu­matischen Hebelsystems zum Oeffnen und Schließen der Pfeifen zu benutzen. Der elektrische Strom soll den Vorteil bieten, daß die Wirkung mit blitz­artiger Schnelligkeit, ohne Anstrengung des Spielers und aus größerer Ent-

Boden und verließ mit seinem jüngsten Sohne die Gegend, um nie mehr hierher zurückzukehren."

Ich erfuhr alle diese Umstände teils von dem alten Wilm selbst, teils durch Andere. Denn ich wohnte in der Stadt, in welcher er mit seiner kranken Frau und dem jüngsten Sohne ein kleines, bescheidenes Quartier bezog, nur wenige Häuser von mir entfernt. Am Tage nach dem Unglück war er nach seinem verwüsteten Grundstück wieder hinausgefahren, um zu sehen, was von seinem Vieh etwa noch zu retten wäre. Er soll jedoch nur wenige Stücke vorgefunden und sie sogleich an Ort und Stelle an die Nachbarsarmec verkauft haben, die auch mehr oder weniger von der entsetzlichen Katastrophe heimgesucht worden waren. Etwas Geld mußte er überdem noch gerettet haben, denn er richtete sich in der Stadt vollends ein und fing bis auf Weiteres einen Getreidehandel an, bei dem er jedoch den letzten Rest seiner Habe eingebüßt hat. Gewissenlose Leute, die schlauer waren, als er, betrogen ihn in so geschickter Weise, daß er, der sich sonst für ungemein klug und erfahren hielt, kaum zu enträtseln vermochte, wie alles zugegangen sei. Uebrigens hat ihm auch die Krankheit seiner Frau ein Bedeutendes gekostet. Bald danach erfuhr ich, daß er seine Ländereien verkaufen wolle. Es war das Beste, was er thun konnte, da ihm ja die Mittel, sich auf der Farm neu einzurichten, vollständig fehlten. Mir gefiel die Gegend, und ich beschloß, das Grundstück zu kaufen. Wir wurden Handels einig. Wilm behielt sich jedoch ausdrücklich vor, daß ein Stück Land, welches er einem deutschen Landsmann, einem gewissen Borrmann, verkauft haben wollte, nicht in den Kauf einbegriffen sein, vielmehr dem rechtmässigen Eigentümer mit allem Zu­behör wieder übergeben werden solle. Ich versprach, dafür zu sorgen, und werde fortfahren, genaue Erkundigungen nach jenem Borrmann einzuziehen, bis"

Das haben Sie nicht nötig, mein Herr," fiel der ehemalige Kaffen» beamte dem Sprecher in's Wort.Jener deutsche Ansiedler steht vor Ihnen."