sichtbar, jedoch nur mit großer Schwierigkeit. Diese Beobachtungen beweisen, daß der große Komet in der Nähe der Sonne eine theilweise Auflösung oder Zertrümmerung erlitten hat, sei dies nun infolge der Anziehung der Sonne oder der ungeheuren Gluth, der er in seiner Sonnennähe ausgesetzt war und die zweifellos die gewaltigsten Explosionen auf dem Kerne verursachte. (Sch. M.)
Bismarck unter den Demokraten. In der sogenannten aufgelösten Kammer saß I. D. H. Temme mit Herrn v. Bismarck zusammen. Das Loos brachte Temme und Bismarck in dieselbe Abtheilung. Temme berichtet: Man saß an einem langen Sitzungstische. Der hohe Adel hatte in geschlossenen Reihen das eine Ende des Tisches eingenommen, wir fünf Demokraten saßen an dem entgegengesetzten Ende beisammen. In der Mitte befanden >ich die anderen Mitglieder der Abtheilung. Der Herr v. Bismarck saß mitten zwischen dem hohen Adel. Eines Tages, mitten in einer Sitzung, erhob sich plötzlich der Hr. v. Bismarck, schob seinen Stuhl zurück, nahm seine Mappe und seine Papiere, schritt zum anderen Ende des Tisches und saß auf einmal mitten zwischen den Fünf Demokraten. „Die sind mir doch gar zu dumm! damit führte er sich bei uns ein, auf das Ende des Tisches zeigend. Er blieb an unserem Ende. Er »var sehr liebenswürdig in seiner Weise; wir blieben gute Nachbarn, obwohl wir politisch oft derbe an einander kamen. Es war wohl ein cigenthnmli- cheS Schauspiel, wie aus unserem kleinen Häuslein an dem demokratischen Tischende die kräftigen Angriffe auf Reaktion. Aristokratie und Junkerthum fielen, und dann auf einmal aus der Mitte desselben Häufleins die Demokratie mitgenommen wurde. Der offizielle Steit wurde gewöhnlich im gemüthlichcn Privatgcspräch fortgesetzt. So erinnere ich mich, daß einmal — ich glaube, es war bei der Debatte über die Aushebung des Belagerungszustandes in Berlin — der Hr. v. Bismarck zu seinem Nachbar d'Ester sagte: „Wenn ich zu befehlen hätte, ich ließe Sie sofort erschießen." Worauf der stets redefertige d'Ester ihm erwiderte: „Hm! Herr v. Bismarck, wenn wir einmal das Regiment haben, Sie ließe ich hängen." Dem kleinen d'Ester war es, trotz der Freundlichkeit, mit der er es sagte, vielleicht voller Ernst.
Unter den Berliner Handlungsgehilfen macht sich eine Agitation geltend, die eine gesetzliche Sonn- tagsfeier herbeizuführen bezweckt. Ein Konnte hat sich gebildet und beabsichtigt, an den Reichstag zu petitioniren, derselbe wolle durch Gesetz eine allgemeine Sonntagsfeier schaffen; ganz besonders aber soll das Gesetz den gänzlichen Schluß aller Geschäfts - lokale an Sonntagen aussprechen. Das Konnte hat bereits in Form von Unterschriften 6000 Handlungsgehilfen für die Idee gewonnen. Gleich nach den Weihnachtsfeiertagen ist die Veranstaltung großer öffentlicher Versammlungen in Aussicht genommen. Eine ähnliche Agitation ist in den Kreisen der Arbeiter-Gewerkschaften im Gange.
Die „Kreuzzeitung" schätzt den Ertrag der prozentualen Börsensteuer, wenn diese, so wie sie von den Konservativen beantragt ist, eingeführt wird, auf 40—50 Millionen Mark jährlich; selbst dann, wenn man mit einer Verminderung des Börsenspiels zu rechnen hätte. Da */io vom Tausend erhoben werden sollen, so würde dies einen Umsatz von 250 Milliarden in Zeitgeschäften an den deutschen Börsen voraussetzen. Der Haupteinwond der Gegner ist der, daß die Börsen von Basel, Zürich, Bisten, B-üssel und Antwerpen davon profitiren würden. Die Frankfurter Zeitung läßt sich aus Berlin melden, daß eine Anzahl Banquiers ihren Wohnsitz von Berlin ins Ausland verlegen würde, falls der Börsensteuerentwurf Gesetz werden sollte.
Gegen die Ueberrumpelung mit der Börseu- steuer-Vorlage werden sich die Liberalen wehren; die Berathung des Antrags vor den Ferien und die Ueberweisung desselben an eine Kommission ist indeß kaum abzuhalten; die hiesige Börse sieht mit unbeschreiblicher Angst der Diskussion entgegen und ist der Ansicht, daß eine Zerstörung der größeren Hälfte der Geschäfte durch das Gesetz unausbleiblich sei.
Die elektrische Beleuchtung feiert große Triumphe. Die Wilhelmsstraße in Berlin wurde am 2. Dez. Abends in ihrem schönsten Theile nach den Linden zu durch 30 Edisonsche Laternen taghell erleuchtet; jede Laterne hatte eine Lichtstärke von 100 Kerzen. Das Licht war ruhig, mild und nicht blendend. Fürst Bismarck kam von Varzin gerade noch rechtzeitig an, um das Licht zu bewundern. Es wird ja immer Heller in Berlin, sagte er.
Oetzerreich-Uugaru.
Aus Steinamanger in Ungarn wird der „Dtsch. Ztg." nach Wien gemeldet, daß dort am 1. Dez. die 52jäbrige Anna Nagy vom Scharfrichter Kozarek durch den Strang hingerichtet wurde. Dieselbe hat ihren eigenen Gatten getödtet, überdies eingestandenermaßen 6 andere Männer auf Wunsch von
deren Frauen durch Gift aus dem Leben befördert. Die Anklage lautete auf 26 Giftmorde, trotzdem war sie vom Gerichtshöfe in Steinamanger nur zu lebenslänglichem Kerker verurtheilt worden. Auf den Rekurs des Staatsanwalts wurde die Mörderin von der k. Tafel zum Tode verurtheilt. Die Hinrichtung ging anstandslos vor sich; nur verlangten einige bei derselben anwesende rohe Leute in stürmischer Weise, daß auch die während des schauerlichen Aktes ohnmächtig gewordene Tochrer der Verbrecherin gehenkt werden müsse, indem man die Tochter eines solchen Scheusals nicht am Leben lassen dürfe.
Frankreich.
Ein Roman ans der Gasse. Aus Paris wird dem „N. P. I." unterm 3. ds. geschrieben: „Es ist ein wirklicher Roman, der sich gestern in der Nue de la Verreric abgespielt hat. Ein junger Mann, Namens Eugen C., sührte seine Braut am Arme, die er zu einer Verwandten begleitete. Plötzlich stellte sich ein sehr elegant gekleidetes junges Herrchen mit einer Reitpeitsche in der Hand ihnen entgegen, versperrte den Weg und sagte zu der Braut: „Mein Fräulein, Ihr Zukünftiger ist ein Elender. Er hat seine Geliebte und sein Kind verlassen. Ich will mich Ihrer Vereinigung nicht widersetzc», aber ich habe geschworen, daß Sie diesen Herrn nicht anders als entstellt haben werden." In diesem Augenblicke traf die Reitpeitsche wiederholt das Gesicht des Bräutigams und ließ dort tiese, blutige Spuren zurück. Die Oberlippe war zur Hälste abgerissen. Während der Verwundete Schmerzensschrcie ausstietz, rettete sich die Braut, so schnell ihre Beine sie trugen. Der Urheber des Attentats ließ sich ohne Widerstand festnehmen. Lächelnd ließ er sich zur Polizei führen, wo er, den Oberrock ablegend, sagte: „Ich bin kein Mann, ich heiße Leonie R. Ich war die Geliebte des Mannes, den ich soeben verunstaltet habe. Er hat mir versprochen, mich zu hcirathen und verließ mich. Er wußte, daß ich ihm Rache geschworen, und war auf seiner Hut. Um meinen Zweck zu erreichen, legte ich diese Verkleidung an". Nach Feststellung der Identität der Person wurde das Frauenzimmer freigelasscn. Wahrscheinlich wird die Heirath des jungen Mannes nunmehr auf lange hinaus aufgeschoben oder gar gänzlich aufgehoben werden."
Die procentuale Börsensteuer ruht und rastet nicht; auch in der Pariser Kammer sucht sie nach Freunden, hat aber in dem Finanzminister daselbst einen energischen Gegner. Der Berichterstatter Ri- bot bestätigte, daß bei der jetzigen schwierigen Lage der Börse diese Steuer den Geldmarkt in neue Unruhe versetzen würde, während derselbe Schonung erheische. Im klebrigen ist es für unsere Radicalen recht lehrreich, einmal zu verfolgen, wie ungezwungen man sich in der abgöttisch verehrten Republik, woselbst die L-teuerbelastung pro Kopf der Bevölkerung um reichlich 100 Prozent höher ist, als in Deutschland, — von Steuererhöhungen unterhält. (Fr. I.)
Am 9. Dez. starb in Paris der berühmte Advokat Lachaud (Bonapartist) im 64. Jahre. Er vertheidigte die Giftmischerin Lafarge, den Marschall Bazaine, den Maler Courbet. und zuletzt den Kassier Dörr bei Mieg u. Cie. Gambetta war früher Sekretär bei Lachaud. Der Verstorbene hinterläßt seinem Sohne ein großes Vermögen.
Die neueste» Blntthaten in Dublin scheinen einen abschreckenden Einfluß auf diejenigen Personen ausgeübt zu baben, welche zu Geschworenen für die soeben eröffnete Schwurgerichtsperiode auserseben worden. Von den 200, welche Vorladungen erhielten, erschienen nur 117. Die Nlchterschienen wurden von dem Richter O'Brien mit einer Geldbuße von je 20 Psd. Steel, belegt.
Durch den Brand des Alhambra-Theaters im Leicester-Square zu London sind 500 Personen brodlos geworden.
Arabi hat an Wilfrid Blunt einen Brief gerichtet, worin er u. A. schreibt: „Ich möchte wünschen, mit meinen Kindern frei in Damaskus zu leben, von allen politischen Angelegenheiten mich fernhaltend, so lange ich außerhalb Egyptens lebe; und wenn der Sultan und die Moslim mir nicht erlauben wollen, unter den Moslim zu wohnen, dann würde ich vorziehen, in London meinen Aufenthalt zu haben unter unfern Brüdern, den Förderern der Menschheit, als ein freier Mann im Lande der Freiheit, nicht unter Kuratel oder Polizeiaufsicht. Das Gleiche wünschen meine Kameraden." (Sch. M.)
Amerika.
Ein entsetzliches Unglück ereignete sich am letzten Donnerstag während einer Theater-Vorstellung in Cincinnati. Zur Feier des Danksagungstages wurden in dem dortigen Theater ein Melodram aufgeführt, in welchem ein Gatte einen Apfel vom Kopfe seiner Frau schießt. In Folge einer Beschädigung
der Springfeder seiner Büchse verfehlte der Schütze, Frank Frayne mit Namen, der Apfel und die Kugel drang in die Stirne der unglücklichen Darstellerin. Sie starb fünfzehn Minuten später auf der Bühne. Ihr Name war Annie v. Behrens und sie war die Braut des Schützen, der über sein Mißgeschick verzweifelt ist.
Afrika.
Siebenhundert Frauen. Bon der Westküste Afrikas kommt die Nachricht von dem Tode des Negerkönigs Omor. Dieser afrikanische Monarch hatte 700 Frauen und 95 Kinder, von welchen 77 am Leben sind. Der älteste Sohn des Verstorbenen, der präsumtive Thronerbe, hatte schon bei Lebzeiten seines Vaters 400 Frauen.
Aus Nossi-Bö (Madagaskar), 23 Okt., meldet ein Privatbrief des Vertreters eines deutschen Hauses: Politik wird hier unglücklicherweise von den Franzosen getrieben; dieselben gehen mit der Absicht um, Madagaskar zu einer französischen Kolonie zu machen, was durchaus nicht vortheilhaft für das Land sein würde. An Jntriguen und Aufhetzereien der Sclaven gegen die Hova-Bevölkerung und Hova-Negierung lassen es die Franzosen nicht fehlen. Sie versetzen dadurch das sonst ruhige Land in Aufregung. Der Handel stockt und Alles geht den Krebsgang. Das richtet die „Aruuäo nativrE mit ihren politischen Agitationen an. Die Herren fürchten, daß die Engländer ihnen in Madagaskar zuvorkommen. Letztere aber haben doch viel mehr Gutes in Madagaskar gestiftet als die Franzosen, welche im ganzen Lande verhaßt sind. Wenn Madagaskar überhaupt eine europäische Kolonie werden soll, dann ist es besser, sie wird eine englische. Was die Franzosen von dem schlechten Betragen und rachsüchtigen Charakter der Hovas in ihren Zeitungen bringen, ist nichts als Unwahrheit.
A l l-rl-r.
— Kühe, welche sich nicht melken lassen oder die Milch einhalten, kann man diese Untugend abgewöhnen, wenn sie mit der zangenförmigen westfälischen Nasenbremse gebremst werden. Auch das Auflegen eines nassen Sackes auf den Rücken während des Melkens tbut gute Dienste, wenn man durch geduldige, ruhige vorsichtige Behandlung nicht zum Ziele kommt.
— Die vielfachen Klagen darüber, daß das aus dem ausgewachsenen Getreide der heurigen Mißernte her gestellte Brod äußerst schlecht ausbacke, ein schlissiges, sehr ungesundes Brod sei, veranlassen das „Bayer. Tagebl." auf ein in jeder Weise bewährtes Mittel hinzuweisen, um selbst aus stark ausgewachsenem Getreide noch ein gesundes, gutes, schmackhaftes Brod bereiten zu können. Dieses einfache Mittel besteht darin, daß man dem Mehl vor dem Einteigen eine starke Zugabe von gewöhnlichem Kochsalz gibt und zwar auf je 3 Pfund Mehl 2 Loth Kochsalz. Man löst das Kochsalz in dem Wasser auf, welches man zum Einwirken des Mehles gebraucht. Das auf diese Weise bereitete Brod bückt gut aus, wird nicht so leicht schimmlig — wie es schlissiges Brod so leicht wird — und es hat, wie ausdrücklich hervorzuheben ist, einen guten, keineswegs salzigen Geschmack.
— Nicht sehr galant. Ein Gelehrter wurde eines Tages gefragt, woher es komme, daß die Gesetze mancher Länder dem Könige gestatteten, mit 14 Jahren den Thron zu besteigen, wogegen er erst mit 18 Jahren sich vermählen dürfe. „Das hat seinen guten Grund", antwortete der Gelehrte, „denn eine Frau ist viel schwerer zu regieren als ein Königreich."
— Bedenkliche Aufforderung. Präsident: „Die ungezogenen Geschworenen können gehen."
Verlassen.
Einsam tranernd steht die Tanne,
Dort auf windbewegter Höh',
Ihre Zweige, düsterfarbig,
Spiegeln sich im Bergessee.
Trauernd in dem Freudgcwimmel Schweigt sie von vergang'ner Zeit,
Nur dem Mond am Sternenhimmel Klaget sie ihr stilles Leid.
Menschenhcrz in deine Falten Dringt so manche Sorge ein, —
Klage sie nicht den Gestalten,
Klage sie dem Mondenschein. O.
»«r«U»ortlich»c Nedakteur: Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold.