Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts Bezirk Nagold.

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Donnerstag den 26. Oktober.

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1882 .

November L Dezember

laden wir freundlichst ein.

Exped. des Gesellschafters.

Eine längst brennende Frage.

(Fortsetzung.)

Ein anderer Ausweg zur Versorgung der Frauen im Mittelalter war, daß etliche Frauenzimmer sich miteinander verbanden zu gemeinsamer Haushaltung und so mit vereinten Kräften sich leichter durch- brachtcn als wenn jede für sich gewesen wäre. Aus diesen freiwilligen Vereinigungen entstanden allmäh­lich, zuerst in Straßburg, organisirte Vereine, Samm­lungen vermögender Frauen und Jungfrauen zum Zweck gemeinsamen Lebens. Die Theilnehmerinnen hießen Pfründenschwestern, Pfründnerinnen, oder nach ihrer eigenthümlichen Tracht, Mantelsfräulein.

Wer also einiges Vermögen hatte, konnte, wie wir gesehen haben, ein Unterkommen finden. Anders aber stand die Sache bei denjenigen Frauenspersonen, deren Verlassenheit noch durch Mittellosigkeit, durch Armuth drückender gemacht war. Es gab freilich, wie heutzutage noch an vielen Orten, Stiftungen, aus deren Zinsen Geld oder Brot, Suppe und Fleisch, Kleidung und Holz ausgetheilt wurde, und wir mögen uns wohl denken, daß bei solchen Ver­theilungen diese Armen besonders berücksichtigt wur­den. Ferner muß man sich erinnern, daß das Bet­teln im Mittelalter um so weniger für Schande an­gesehen wurde, als der Almosenempfänger seinem Wohlthäter eine Gegenleistung bieten konnte in Ge­stalt von Gebeten und Kirchgängen, welche er für denselben entrichtete. Endlich finden wir gerade in den alten Reichsstädten bis auf den heutigen Tag noch reiche Spitäler, in welchen wenigstens alte und gebrechliche Leute Aufnahme fanden. Daß aber alle diese Mittel den armen Frauen keine ausreichende Hilfe geboten haben, weil eben offenbar der Frauen- nothstand zu verbreitet war, dafür ist ein schlagender Beweis der Umstand, daß seit der Mitte des 13. Jahrhunderts überall in Deutschland sehr zahlreiche Anstalten begründet wurden, welche zur Versorgung armer alleinstehender Frauen bestimmt waren. Es waren das die sogenannten Gotteshäuser oder Beghinenan st alten. Ihren Ursprung sollen diese Anstalten einem niederländischen Volksprediger Lambert le Beghe verdanken, der um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Lüttich lebte. Die Beghinen (auch Begumen und Begutten genannt), übernahmen die 3 Klostergelübde, Armuth, Ehelosigkeit und Ge­horsam, aber nur für so lange, als sie dem Verein angehörten; sie konnte» jeden Augenblick austreten und in die Ehe oder andere Lebensverhältniffe über­gehen ; sie beschäftigten sich mit Händearbeit und dem Unterricht der weiblichen Jugend, gingen auch in die Häuser der Stadt zum Nähen, Waschen oder Kran­kenpflegen. Diese Anstalten erscheinen übrigens zu­meist als weltliche Anstalten, sie werden von ver- möglichen Laien gestiftet zu dem Zweck, einer be­stimmten Anzahl armer, verlassener Frauen und Jungfrauen Aufnahme zu gewähren. Die Zahl die­ser Versorgungshäuser war in manchen Orten be­trächtlich: In Frankfurt zählt man 57, in Straßburg 60, in Basel 30 u. s. f. Die Bewohnerinnen, deren Zahl zwischen 1 und 26 schwebt, lebten neben der Rente des Stiftungsvermögens von ihrer Hände Arbeit.

Auch Magdalenenhäuser, wie sie erst im Laufe der letzten Zeit da und dort in Deutschland wieder entstanden sind, hat das Mittelalter denen errichtet, welchen ihre Verlassenheit und ihre Armuth zum Fall geworden war. Die Kirche war vorangegangen, die es stets als eine Hauptaufgabe christlicher Liebe bezeichnet hatte, die Gefallenen zu retten. Daher entstanden die Klöster der Büßerinnen und Reuerinnen oder der weißen Frauen. Bald wurden aber auch aus Privatmittelu Rettungshäuser für diese bejam- mernswerthen Geschöpfe gegründet, deren Zahl im Mittelalter eine ganz bedeutende gewesen zu sein scheint. Diese von Laien gegründeten Rettungshäu­ser erhielten gewöhnlich eine Einrichtung nach dem Muster der obengenannten Beghinenanstalten.

Uebersehen wir das Bisherige noch einmal, so müssen wir gestehen, daß auch das Mittelalter seine Frauenfrage hatte und daß sie nicht weniger bren­nend war, als heutzutage. Wir werden aber auch zugeben müssen, daß jene Zeit mit Eifer und Um­sicht die verschiedensten Wege eingeschlagen hat, den alleinstehenden Frauen jeder Art ein menschenwürdi­ges Dasein zu ermöglichen. Sehen wir auf das, was bis jetzt von unserer hochgepriesenen Zeit auf diesem Gebiete geleistet worden ist, so werden wir schwerlich Grund finden, uns über jenes Mittelalter zu erheben. Wir haben auf diesem Gebiet noch viel zu thun, wenn der Geschichtsschreiber eines späteren Jahrhunderts uns einst das Zeugniß soll geben können, das wir in Hinsicht der Frauenfrage den Städten des 14. und 15. Jahrhunderts nicht werden versagen können: Sie haben gethan, was sie konnten!

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

5V. 0. Stuttgart, 23. Okt. Wie wir aus guter Quelle erfahren, werden im Lauf der nächsten Woche etwa 140 Prämiirungsdiplome der Bäckerei-, Conditvrei- und Kochkunst-Ausstellung publi- cirt werden.

^.6. Stuttgart, 23. Okt. Eine Arbei­terversammlung wurde am Samstag Abend im Skating Rink abgehalten. Sie war zahlreich besucht und hatte als Hauptgegenstand der Tagesordnung die Beschlußfassung einer Petition an den Reichstag um Einführung eines gesetzlichen Normalarbeits­tages, der auf 9 Stunden täglich normirt werden soll. An diese Hauptforderung reihen sich noch 10 weitere Forderungen an, welche im Wesentlichen auf Abschaffung der industriellen Sonn- und Feiertags­arbeit; ferner auf die Abschaffung der industriellen Gefängniß- und Zuchthausarbeit und Nichtzulassung ihrer Produkte im freien Verkehr; auf Abschaffung industrieller Arbeit verheiratheter Frauen; Beschrän­kung industrieller Frauenarbeit überhaupt, sowie der industriellen Kinderarbeit (von Kindern unter 14 Jahren); schärfere Ueberwachung der Arbeitsstätten und Fabrikräume in sanitärer und sittlicher Bezie­hung; gesetzliche Regelung des Submissions-Ver­fahrens; Sicherstellung der Arbeitslöhne, sowie des Handwerkszeugs der zur Haltung desselben ange­wiesenen Gesellen, gegen Diebstahl und Feuersge­fahr und endlich Verschärfung und Aufnahme be­züglicher Strafbestimmungen zum Titel 10 der Ge­werbeordnung gerichtet sind. Die Resolution wurde angenommen.

liV. 6. Stuttgart, 23. Okt. In der letzten Nacht hatten wir ein heftiges Gewitter, das sogar von etwas Hagel begleitet war.

Stuttgart, 23. Okt. Die auf gestern hie- her ausgeschriebene Versammlung von Vertrau­ensmännern der deutschen Partei Württem­bergs erfreute sich eines sehr starken Besuches aus allen Theilen des Landes. Die Versammlung fand im Schillersaale der Liederhalle statt und war von etwa 130 Delegirten beschickt. Den Vorsitz führte der Abgeordnete von Tübingen, Herr Oberstlieute­nant v. Wolfs. Die Verhandlungen erstreckten sich theils auf innere Parteiangelegenheiten, theils för­derten sie anläßlich der Kandidaturenfragen Stim­mungsberichte aus den verschiedenen Wahlkreisen zu Tage, aus denen hervorging, daß die deutsche Par­tei Ursache hat, mit guten Hoffnungen in den bevor­stehenden Wahlkampf einzutreten. In langer ein­gehender Verhandlung wurden als Direktive für die einzelnen Kandidaten und für die Stellungnahme zu den in Württemberg zu lösenden Fragen praktischer und bürgerlicher Interessen die einschlägigen Sätze des Programmes von 1881 specialisirt. Hiebei hat sich ergeben, daß diese Sätze das ganze volle Ma­terial für eine wahrhaft nationale und freisinnige Behandlung dieser Fragen enthalten und daß die deutsche Partei es nicht nöthig hat, dieselben in ein besonderes Wahlprogramm oder eine Wahlan­sprache einzukleiden, sondern daß es für Kandidaten und Wähler genüge, sich auf das unerschütterliche Festhalten auf die im fragl. Programm von 1881 kundgegebenen Grundsätze und ebenso ehrlich als be­harrlich zu erstrebenden Ziele zu beziehen. Gegen 4 Uhr erfolgte der Schluß der Verhandlungen, wor­auf ein gemeinsames Mittagessen stattfand.

Stuttgart, 23. Oktbr. Eine Tausend-Mark- Note wurde dieser Tage von einem hiesigen Geldbriefträger verloren. Er hatte dieselbe zur Auszahlung auf der Post be­kommen; als er in der Königsstraße die erste Auszahlung be­wirkte, merkte er sofort seinen Verlust. In der Vermuthung, den Schein im Postgebäude zurückgelassen zu haben, eilte er sogleich zurück, doch von dem Schein ist bis heute noch keine Spur gefunden worden. Der so hart getroffene Beamte ist über den Verlust in Krankheit gefallen. (W. L.)

Freudenstadt, 21. Okt. Am 1. November, Vorm. 11 Uhr, findet hier im Saale des Schwarz­waldhotels die Herbstversammlung des schwarzwälder Zweigvereins des Vereins für vaterländische Na­turkunde in Württemberg statt. Von Vorträgen stehen zunächst 2 und zwar von Angehörigen der Universität in Aussicht.

Wildbad, 22. Oktbr. Bei der heutigen Hauptiibung der hiesigen Feuerwehr trug sich ein schrecklicher Unfall zu. Durch eine Spritze, welche im raschesten Lauf den sogenannten Kappelberg herabkam, wurde das fünfjährige Söhnlein eines geachteten Handwerkers überfahren: da des Kindes Brustkasten zerdrückt wurde, so trat der Tod sogleich ein.

Vaihingen a. E., 20. Okt. Heute Nachm, wurde eine Zigeunerbande aus Bosnien, bestehend aus 25 Köpfen mit 7 Pferden, 3 Bären und 1 Affen, hier verhaftet, welche reichlich mit Geld ver­sehen war, indem sie über 800 bei sich besaß, trotzdem aber die ganze Gegend ausgefochten hatte.

Brandfälle: In Untermünkheim (am Kocher) am 22. Okt., Nachts, 3 Scheunen samt al­len Vorräthen.

Der König von Bayern hat in Aschaffenburg am 18. Oktober zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig 500 Arme im Schlosse speisen lassen.

Aus der Pfalz, 23. Oktbr. Durch Entschei­dung des bayerischen Staatsministeriums ist auch in Bayern der Zusatz von reinem Zucker zur Ver­besserung des diesjährigen Weines steuerfrei erlaubt. (Fr. I.)

München, 21. Okt. Die demReg.-Anz." entnom­mene, wahrscheinlich ursprünglich demKur. f. Niederb." cnt-

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