und Amerika erinnern. Wehe, wen «ne Verschul­dung trifft.

Fr ei bürg, 8. Sept. Die großherzogliche Familie spendete 8000 zu Gunsten der Hinter­bliebenen der bei der Eisenbahnkatastrophe Verun­glückten. Der hiesige Stadtrath erläßt einen Aufruf zu Beiträgen.

Leider hat sich auch bei dem Eisenbahnunglück in Freiburg in einzelnen Menschen die Bestie ge­regt und haben die Hyänen des Schlachtfeldes ihre widerliche, verbrecherische Arbeit gethan. Von Augen­zeugen wird bestätigt, daß einige der Todten mit umgekehrten nnd ausgeraubtcn Taschen gefunden worden sind. Einem Hilfcleistenden wurde aus dem hiesigen Bahnhofe in dem Augenblick, als er zusam­men mit Anderen einen Verwundeten auslud, die Uhrkette vom Leibe gerissen. Sicherem Vernehmen nach soll es der Sicherheitsmannschaft bereits ge­lungen sein, die Verhaftung von 2 oder 3 dieser Scheusale herbeizuführen, denen die härteste gesetzliche Strafe gebührt.

Colmar, 7. Sept. Gestern Vormittag fand die Beerdigung der unglücklichen Opfer der Kata­strophe statt. In dem Zuge vom Bahnhofe nach dem Friedhof schritten eine Anzahl Pompiers mit ihrer Musik, alle Vereine der Stadt mit ihren Fah­nen und Bannern voran. Es folgte hierauf, beglei­tet, von der Geistlichkeit, der traurige Zug der Lei­chen 8 Fuhrwerke mit 26 Särgen. Eine unab­sehbare Menschenmenge bildete Spalier zu beiden Seiten, kein Auge vermochte die Thränen zurückzu­halten. Der Zug der Leidtragenden belief sich auf 3000. Der Großherzog von Baden hatte den Ministe- rialrath Hebting als seinen Vertreter gesandt. Vor dem Einzuge zum Friedhofe ließ der Bürgermeister den Zug halten und hielt eine Ansprache, in welcher er den Verunglückten einen letzten Scheidegruß im Namen der ganzen Bevölkerung zurief und worin er ferner der Stadt Frciburg und deren Abgesandten, sowie dem Vertreter des Großherzogs für die herz­liche Theilnahme dankre. Der Zug trat nun in den Kirchhof ein, wo auf der katholischen Seite 18 und auf der protestantischen 8 Gräber bereit waren. Die Szenen des an den Gräbern ausbrechenden Jammers ist keine Feder fähig wiederzugeben. Heute findet in der katholischen Kirche das Seelenamt für die Todten statt. Gleichzeitig wird eine Messe als Dank­opfer für die glücklich Erretteten und eine andere als Bittopser für die Genesung der Verwundeten gelesen.

Triberg, 6. Septbr. Gestern wurden der Bankdircktor Paul Mannhardt, Kassier Gustav Hin- denlang und Verwaltungsrath Emil Hindculaug von der Gewerbebank Horn der g unter Verdacht der Un­terschlagung von Kassengeldern im Betrag von über 100,000 zum Nachtheil der Gewerbebank Horn- bcrg, verhaftet und dem hiesigen Amtsgericht cin- geliesert. (T. Chr.)

Würzburg, 7. Sept. Also in Folge fal­scher Weichenstellung entgleiste heute früh im Bahnhofe Jmphofen bei dichtem Nebel ein von Nürn­berg abgelassener Exrrazug, ausschließlich mit Scha­fen beladen. Vom Zugspcrsonal sind todt: Loko­motivführer Dollinger, Bremser Jahn, beide aus Nürnberg, Bremser Rost von hier. Schwer verwun­det ist Schafhändler Frilsch aus Montigny. Der­selbe wurde ins Juliusspital verbracht. 5000 Schafe sind getödtet, 15 Wagen zertrümmert. Von hier ging sofort ein Rettungszug mit Bahnarzt und Ver­bandsmaterial ab. Außerdem sind einige leicht Kon- tusionirte vorhanden.

Würzburg, 7. Sept. lieber das Eisen­bahnunglück bei Jphofen meldet man: Das Ge­schrei der Verletzten, das Wimmern der Thiere war entsetzlich; die 18 Wagen waren derart in einander geschoben, daß sie die Länge von höchstens 4 Wagen cinuahmeu. Zwischen den Wagentrümmern ragten Näder und Axen hervor, dazwischen die zerquetschten Leiber der Thiere. Hilfe war sofort zur Stelle; der Kitzinger und der hiesige Bahnarzt wurden telegra­phisch gerufen, außer ihnen fanden sich noch zwei weitere Aerzte zur Stelle. Die Todten wurden einst­weilen in die Güterhallc gelagert, bis ihre Ange­hörigen über den Bccrdigungsvrt bestimmen. Ent­setzlich war der Jammer der anwesenden Wittwe und Verwandten des todten Mafchinenfnhrers, der so verstümmelt ist, daß mau die Wittwe von dem schreck­lichen Anblick zurückhalten mußte. Das Feld ist ringsum mit Kadavern von Schafen bedeckt, deren

ungefähr 600 sofort todtgequctscht wurden, weitere ca. 200 mußten geschlachtet werden. Der Anblick ist grauenhaft. Die verletzten Schafe wurden sofort abgestochen und deren Leichen am Bahndämme auf­geschichtet, sowie Metzger von hier telegraphisch we­gen ihrer etwaigen Abnahme benachrichtigt. Der StationStaglöhner, welcher den Wechsel zu bedienen hatte, ist (wie man derKorr. Hofm." mittheilt) sofort nach dem Unglücksfall entflohen. Der Staatsanwalt traf Mittags auf der Unglücksstätte ein. Die Bahn ist heute bereits wieder frei.

Der Nordh. Ztg. wird aus Herbsleben ge­schrieben, daß nach der diesjährigen Impfung nicht nur die zum erstenmal geimpften Kinder, sondern auch die wiedergeimpsten 12jährigen nach der Impfung erkrankt seien, und zwar, daß das Fleisch an der Impfstelle abfaulte und der übrige Körper mit Bla­sen bedeckt war. Die Aufregung am Orte ist in Folge dessen groß. Die herzogliche Staatsregierung soll von der Massenimpfvergiftung bereits Kenntniß erhalten haben. Nach Aussage des -dortigen Arztes soll es zweifelhaft sein, daß ein Kind von diesem Elend genesen werde.

Kiel, 9. Sept. Dr. Lasker sprach heute Abend vor einer Versammlung von über 2000 Wäh­lern. Er charakterisirte den Gegensatz zwischen liberal und conservativ und forderte zur Einigung der Li­beralen auf Grund wechselseitigen Vertrauens auf und betonte die Nothwendigkeit der Bethätigung in den positiven Aufgaben des Liberalismus. Er ver- urtheilte die Compromißpolitik und jene Fraktions­politik, welche zur Versumpfung führe.

Warnung vor Auswanderung. Von einem achtbaren, nicht unbemittelten Arbeiter aus Danzig, der nach Amerika ausgewandert war, erzählt die Dan- ziger Zeitung folgenden Bericht:. . . . Nach einer Reise von 14 Tagen kam ich in New-Aork an und fand dort etwa 40,000 Menschen ohne Arbeit und dem Hungertode nahe; ich bemühte mich um lohnende Beschäftigung, fand aber alle Stellen vielfach besetzt und erfuhr bald von meinen Bekannten, daß sie Ar­beit zu 3 per Tag haben könnten, aber daß die Kosten für Wohnung und Beköstigung excl. Wäsche 4 Per Tag ausmachten. In der Hoffnung, au­ßerhalb New-Aork Beschäftigung zu finden, reiste ich nach Pensylvanien und St. Louis und fand überall dasselbe Elend unter meinen Landsleuten, die den verlockenden Schilderungen von Amerika geglaubt hatten und denen jetzt das nöthige Geld fehlte, um nach Europa zurückfahren zu können. Mit mir war es noch nicht so weit gekommen; ich eilte nach New- Jork zurück, bestieg den Dampfer, zahlte 120 ^ Passagiergeld, langte nach 14 Tagen in Hamburg an und dankte meinem Gott, wieder auf heimatlichem Boden zu sein. Ich habe auch schon eine Stelle gefunden die mich nothdürftig ernährt; ich warne aber alle solche, die nach Amerika auswandern wol­len, und rathe ihnen, lieber in der Heimath kümmer­lich zu leben, als in Amerika dem sicheren Untergang entgegen zu gehen." Ferner schreibt im Gewerk­verein ein vor Jahresfrist ausgewanderter Modell­schreiner aus Nordamerika u. a.: Tausende von Men­schen laufen arbeitslos umher; namentlich unter den Neueingewanderten ist das Elend grenzenlos, viele Hunderte liegen im Hafen, ohne Geld, ohne Heimath, arbeitslos. Der Hunger und Kummer ist den mei­sten ain Gesicht abzulesen. Auch den Landwirthen geht es nicht zum besten, sowohl beim Landeinkauf wie beim Einkauf ihrer Bedürfnisse, und die Fälle sind unzählig, daß einer ein Stück Land urbar machte und dann später, wenn er die Zinsen nicht aufzu­bringen vermochte, ärmer wieder abzog, als er seine Farm antrat.

In Münster sind kürzlich einem Fuhrunter­nehmer zwei werthvolle Pferde krepirt, weil sie mit schimmeligem Brod gefüttert worden waren.

Berlin, 8. Septbr. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Nach dem Bericht des nach Freiburg ent­sendeten Reichs - Commissars geben die bisherigen Erhebungen den ziemlich sicheren Anhalt, daß der Lokomotivführer die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht unwesentlich überschritten haben dürfte und daß event. auch das Bremserpersvnal nicht mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Dicnstfunctionen nachgekommen sein wird. Gericht und Staatsanwalt sind in voll­ster Thäiigkeit. (Fr. I.)

Berlin, 9. Sept.. Der Kaiser sandte dem Hugstetter Hilfskomitc 1000 Offiziöscrseits

verlautet, dem BnndeSrath werde ein Antrag be­

treffs einheitlicher Postwerthzeichrw» für das gesammte Reich zugehen. Württembergs rmd Bayerns Entschädigung werde durch Abführung einer alljähr­lichen Pauschalsumme beabsichtigt. Die Auflösung der Berliner Stadtverordnetenversammlung wurde seitens des Königs genehmigt. Nach einer Mel­dung aus Rendsburg ;ist unweit der Gasanstalt das mit Petroleum beladene SchiffAnna" zu­folge einer Explosion verbrannt. Es gab mehrere Verwundete, einige Personen verbrannten. (N. T.)

Berlin, 9. Sept. Aus Alexandrien wird berichtet: Die Bevölkerung ist höchst feindselig gegen die Europäer; der arabische Pöbel griff gestern die städtische Polizeiwache an.

DerReichsanzeiger" schreibt in seiner neuesten Nummer: Der Kaiser hat anläßlich der Sedanfeier, sowie im Laufe des Sommers zahlreiche Telegramme empfangen, worin patriotische Vereine, Versamm­lungen der Krieger- und Schützenvereine, Wahlver­sammlungen ihm ihre Huldigung dargebracht und das Gelübde ihrer Anhänglichkeit und Treue erneuert haben. Der Kaiser zollt den Bestrebungen der ge­nannten Vereine seine Anerkennung und ist durch die erwähnten Huldigungen aufs Angenehmste berührt worden.

Berlin, 9. Sept. Der Reichskanzler ent­hält sich wegen andauernder Leiden aller Geschäfte. Diese Mittheilung der Norddeutschen wird sehr leb­haft commentirt und der Schluß gezogen, daß der Kanzler in der That Herr v. Puttkamer die Wahlen allein überläßt.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 7. Septbr. Es zeigt sich heute, daß die Nachricht über einen Kongreß zur Schlichtung der egyptischcn Streitfragen nur verfrüht war. Prin­zipiell steht es nach diplomatischen Anschauungen allerdings fest, daß ein Cvngreß nach Beendigung der Campagne zusammentretcn werde. Man will hier sogar wissen, daß die Initiative zu einem solchen von England selbst ausgehen wird. (F. I.)

Triest, 8. Sept. Es heißt, ein des Bom­benattentats vom 3. August dringend verdächtiger, von hier gebürtiger stellenloser Kellner sei verhaftet.

Der östrcichische Staat hat doch ein riesiges Pech mit seinen orientalischen Unternehmungen. Nicht genug, daß Bosnien nnd die Herzegowina vor eini­gen Monaten durch einen Aufstand die östrcichische Monarchie in Verlegenheit setzten, so hat nun auch der Reichsfinanzminister von Kallay während seiner nun vollendeten Inspektionsreise in Bosnien und der Herzegowina eine höchst fatale Entdeckung gemacht. Herr von Kallay ist nämlich der Neberzeugung, daß Bosnien und die Herzegowina zur Zeit nicht in der Lage sind, die Kosten ihrer Verwaltung aus eigenen Mitteln zu bestreiten, und daß auch ferner an eine Verminderung der Besatzungstruppen in den beiden okkupirten Provinzen vorläufig nicht gedacht werden kann, das Endresultat wird also darin bestehen, daß die österreichischen Staatskassen für den zweifelhaften Besitz von Bosnien demnächst wieder 20 bis 25 Millionen Gulden werden Herausrücken müssen, was doch wahrhaftig mehr als Pech ist.

FrankrciS-

Bestätigt sich eine Pariser Nachricht derFr. Ztg.", so steht in Frankreich die schon früher in Anregung gebrachte Kreirung des Postens eines Vizepräsidenten der Regierung in Aussicht. Der Umstand, daß Freycinet neulich unerwartet von seinem Landaufenthalt hierher kam, wird in Ver­bindung mit diesem Plan gebracht. Frey einet und Say sollen Grevy nächste Woche zu Montsous-Vau- drcy besuchen. Das Kabinct wolle bei Beginn der Session den Zusammentritt des Kongresses bean­tragen und im Aufträge Grevy's erklären, daß durch Kreirurg der Vizepräsidentschaft keine neue Budget­last entstehen solle, da Grevy bereit sei, einen Theil seines Präsidentcngehaltes zur Besoldung des Vize­präsidenten abzugeben. Grevy sei für die Ernennung Freycinet's zum Vizepräsidenten. Damit wäre also ein regelrechterDauphin" der Republik in Sicht.

England.

London, 8. Sept. Die Times sagt in einem Artikel über die gegenwärtige Stellung Deutschlands: Sein großer mäßigender Einfluß in Europa, seine große Militärstärke und das gebietende Ansehen sei­ner geschickten, weitsehenden Diplomatie habe unter- gleichzeitiger Wahrung der deutschen Interessen, jed­weden Versuch, den Frieden Europas zu stören, stets erfolgreich unterdrückt, auch jedwedes Unternehmen

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