Der Gesellschafter.
Amts und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-BezM Nagold.
^F 106 .
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Dienstag den 12. September.
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1882 .
Amtliches.
Bekanntmachung dev Centralleitnng des Mohttkatigkeits-Vereins, betreffend die Hlnterstntznng der ärmeren Hagetbescha- digten.
Mit Bezugnahme auf die öffentlichen Berichte über die ausgedehnten und schweren Hagelbeschädigungen des laufenden Sommers können wir vorläufig bestätigen, daß nach den bis jetzt gemachten Erhebungen der Schaden außerordentlich groß und Zur Linderung der Noch — besonders für die ärmeren Beschädigten in unbemittelten Gemeinden — eine kräftige Beihilfe der Privat-Wohlthätigkeit dringend an gezeigt ist.
Wir behalten uns vor, nach den eingeleiteten weiteren Erhebungen über das Ergebniß derselben nähere Mittheilnngen zu veröffentlichen. Indessen bitten wir jetzt schon um milde Beiträge, welche durch unsere Vermittlung den Bedürftigsten unter den Hagelbeschüdigten des ganzen Landes zukommen sollen. Namentlich wäre es erwünscht, wenn nach dem Vorgang von Stuttgart auch anderwärts Sammlungen veranstaltet und deren Ertrag an unser Cassenamt eingelicfert, oder zur Berücksichtigung bei unserer Gesammt-Vcrtheilung mit Angabe der etwaigen speziellen Bestimmungen hieher angezeiqt würde.
Stuttgart, den 31. Juli 1882.
Köstli n.
Nagold.
An die gemeinschaftlichen Aemter.
Betreffend die Sammlung von Gaben zur Unterstützung der ärmeren Hagelbeschädigten.
Auf Grund vorstehender Bekanntmachung der Centralleitung des Wohlthätigkeits-Vereins vom 31. Juli d. I., Staats-Anzeiger Nro. 177 und in den öffentlichen Blättern für das Armenwesen Nro. 31 hat der Bezirks-Wohlthätigkeits-Verein heute beschlossen, in Stadt und Land eine Haus-Collecte zu veranstalten und es werden nun die gemeinschaftlichen Aemter ersucht, in den Gemeinden Sammlungen zu veranstalten, wie es nach den einzelnen Verhältnissen am zweckmäßigsten erscheint. Da fast alle Gemeinden des Bezirks einer reichen Ernte sich erfreuen dürften, so vertraut man zu den Bezirks-Angehörigen, daß sie bei der außerordentlichen Größe des Unglücks und der großen Zahl der zu Unterstützenden gerne mit Gaben für die ärmeren Hagelbeschädigten bei den Sammlungen sich betheiligen werden.
Das Ergebniß derselben wolle bis 15. Dezember d. I. hieher angezeigt werden zur Mittheilung an die Centralstelle des Wohlthätigkeits-Vereins, behufs weiterer Verfügung hierüber.
Zur Empfangnahme der Geldgaben ist der Cassier des Bezirks-Wohlthätigkeits-Vereins,
Herr Oberamtspfleger Maulbetsch hier, bereit.
Den 8. September 1882.
Das kgl. gemeinschaftl. Oberamt: Oberamtmann: evangel. Dekan: kath. Dekan:
In Vertr.:
Güntner. Prof. Frohnmeyer. Beyerle.
U. U. Fieber-Paroxismen
haben in der letzten Zeit das Pariser Volk wieder geschüttelt. Es hat wild um sich geschlagen und dabei den unschuldigen deutschen Turnverein in Paris so schwer getroffen, daß derselbe voraussichtlich an den Folgen dieser Verletzung sterben wird.
Die That, so brutal sie auch ist, darf nicht
als eine politische behandelt werden, sondern mutz ihre Beurtheiluna vom völkerpshcholoqischen Standpunkte aus finden.
Das französische Volk ist tief verstimmt, ist rank. Es ist unzufrieden mit sich selber wegen der Rolle, die es sich in der egyptifchen Angelegenheit auferlegte; es ist unzufrieden über den Gang, den eine innere Angelegenheiten nehmen. Dann kommt in Betracht, daß sein wirthschaftlicher Zustand lang nicht der blübcnden Physiognomie entspricht, die es noch dem Auslände zeigt. Vielmehr liegen ernste Symptome innerer Krankheit vor, welche sehr zu denken geben. Endlich ist es eine alte Erfahrung, daß Amputirte lange nach der vollkommenen Heilung plötzlich da Schmerzen fühlen, wo das abgetrennte Glied einst ansetzte. Daß bei Frankreich diese Schmerzen gerade im Monat August und September auf- treten und besonders heftig auftreten, ist leicht erklärlich und so wollen wir uns nicht allzusehr über das entrüsten, was einer Anzahl unserer Landsleute in der letzten Zeit zu Paris widerfuhr, sondern unsererseits Besonnenheit genug beweisen, um auch den mildernden Umständen ihr volles Gewicht zu lassen.
In dieser Weise scheint man auch maßgebenden Orts, in Berlin und Varzin, die Affaire des deutschen Turnvereins zu Paris zu betrachten. Nach der loyalen Haltung, die das französische Kabinet in der Angelegenheit gezeigt hat, dürfte es deutscherseits zu keinerlei Reklamation kommen.
Wenn übrigens die französische Presse gegen die „Spionage", die Deutschland in Frankreich orga- nisirt hat, jetzt in so pathetischer Weise deklamirt, so sollte sie doch nicht übersehen, daß eben vor einigen Tagen zwei französische Spione, der ehemalige französische Offizier de Graillet und der frühere bayerische Offizier v. Kereittmaher, in München verurthcilt wurden. Die Verbindungen dieser Leute haben ziemlich deutlich auf den General Mi- ribel und durch ihn auf Gambetta geführt.
Wir erheben deßhalb keinen Vorwurf; jede Regierung zahlt Spione, weil sie solche braucht, und jede Regierung findet immer Bursche, die für Geld das saubere Handwerk treiben.
Aber so viel Billigkeitsgefühl sollten doch auch die Franzosen besitzen, um einzusehen, daß, was sie sich selbst erlauben, auch Andern erlaubt sein muß.
Die deutschen Handlungskommis und Bierwirthe in Paris sind übrigens keine Spione und sie in eine Diskussion über Späherwesen hineinzuziehen, ist eine spezifisch französische Narrethei, über welche wir, so lange sie durch Schreier vom Schlage Dö'roulöäos und Genossen ausgeübt wird, lachen können.
Das Ritterkreuz erster Klasse des Ordens der Württem- bergischcn Krone erhielt u. a.: Stiftsprcdiger Oberkonsistorial- rath Dr. Burk in Stuttgart und die silberne Civilverdienst- medaille: Schultheiß Mast in Altenstaig Dorf.
Gestorben: Den 4. Sept. Heinrich Brodbeck, Architekt an der Gotthardbahn in Luzern, gebürtig aus Herrenberg, Ungliicksfall, 27 Jahr alt.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
** Nagold, 11. Sept. Auf letzten Freitag Nachmittag war eine Plenarversammlung des Bezirkswohlthätigkeits - Vereins anberaumt, welche unter dem Vorsitz des Oberamtmann Güntner im neuen Schulhause bei schwacher Betheiligung stattfand. Der eine Gegenstand, der auf der Tagesordnung stand, war die Beschlußfassung über eine im Bezirk zu veranstaltende Sammlung von Gaben zur Unterstützung der ärmeren Hagelbeschädigten des
Landes. Der Vorsitzende leitete die Besprechung ein und theilte seine Ansicht über die Art und Ausführung einer derartigen Kollekte mit. Die Versammlung stimmte zu, daß in den einzelnen Bezirksorten durch geeignete Männer eine Kollekte von Haus zu Haus vorzunehmen sei und hiebei nicht nur beliebige Geldgaben, sondern auch verschiedene Naturalien in Empfang genommen werden sollen. Die Geldgaben wären der Oberamtspflege zuzustellen, während die Naturalien am besten in den einzelnen Orten verwertyet werden könnten. Diese Kollekte soll mit der Dreschzeit begonnen und bis Mitte Dezember ausgedehnt werden. Der Vorsitzende legte schließlich über den vorliegenden Gegenstand den Entwurf eines Erlasses des gemeinschaftlichen Oberamts vor, welchem die Versammlung einmüthig zustimmte.
Stuttgart, 9. Sept. Heute Nacht ^1 Uhr wurde das 2. Bataillon der Feuerwehr allarmirt. Es brannte Kronenstraße Nr. 18 in der im Hinterhaus gelegenen Werkstätte des Malers Schmalholz. Dieselbe ist vollständig ausgebrannt. Ein Hund und eine Katze, welche im Komptoir waren, sind erstickt. Die erste und wesentliche Hilfe wurde von der Bahnverwaltung geleistet, indem dieselbe eine Maschine auf den Viadukt stellen ließ, von der aus mittelst daran befestigten Schläuchen gespritzt wurde. Der Schaden am Gebäude, sowie an verbranntem Material ist ein bedeutender; es waren allein 4 Ztr. Terpentinöl im Magazin. Die Ursache der Entstehung des Brandes ist noch unbekannt.
Cannstatt, 7. Septbr. In der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch wurde zum Nachtheil des Stadtmüllers Wildermuth ein rechts nichtsnutziger Bubenstreich verübt; als er Morgens in seinen Geflügelstall kam, fand er 11 Entenköpfe im Kreis herumgelegt in der Mitte des Stalls. Die geschlachteten Enten hatten die Diebe natürlich mitgenommen. Voriges Jahr schon wurden demselben eine Anzahl Gänse abgeschlachtet und gestohlen. Es dürfte dieser Akt nicht als Rache, sondern als einfacher Diebstahl betrachtet werden. Der Bestohlene ist als ein äußerst friedliebender und ruhiger Mann hier bekannt, der keinen Feind hat.
In Bittenfeld, OA. Waiblingen, entwendete ein Lumpensammler einem dortigen Bauern ca. 1200 Mit demselben entwich er nach Amerika, nahm aber als Begleiterin übers Meer noch die Tochter eines dortigen Bürgers mit.
Eine erschütternde Szene spielte sich nach dem „B. B." am letzten Samstag in der Leichenhalle des Karlsruher Friedhofes ab. Zwei Frauen gingen an Letzterem vorbei und begaben sich zufälligerweise in denselben, wo sie die Leichenhalle betraten, um die Todten zu besichtigen. Wer beschreibt aber den maßlosen Schrecken der einen Frau, als sie, nichts ahnend, hier ihren Mann unter den Todten erblickt. Mit dem Ausrufe: „Ach Gott! da liegt mein Mann!" stürzte die bedauernswerthe Frau sich über die Leiche des Mannes, welcher am Morgen in voller Gesundheit von ihr weg und an die Arbeit gegangen war. Derselbe war ein 30jähriger Maurer aus Rintheim, welcher von einem Materialschuppen so unglücklich herunterfiel, daß der Tod sofort eintrat.
Das Eisenbahnunglück bei Hugstetten (Baden) und seine Ursachen finden bei Fachmännern eine sehr scharfe Veurtheilung. Die Zahl der Opfer ist fast um das Doppelte der von offizieller Seite angegebenen Zahl gestiegen. Man zählt jetzt schon 64 Todte und 260 Verwundete. Das sind schreckliche Zahlen, die an die schrecklichsten Ereignisse in Wien