Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt snr den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägcrlohn) l ^ 60 4, in dem Bezirk 2 »C, ' außerhalb des Bezirks 2 ^ Vierteljähr­liches und Monatsabonnement nach Verhältniß.

Donnerstag den 31. August.

Jnjcrtionsgebiihr für die Ispaltigc Zeile aus ge­

wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S -I, bei mehrmaliger je 6 -I. Die Inserate müssen spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben fein.

1882

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Auch für den Mvnat

September ^

nehmen alle Postämter und Postboten Bestellungen auf denGesellschafter" entgegen. _

Die von dem Grasen Erwin von Ncipperg dem Dia- konatsverweser Eugen Ei sele in Nagold ertheilte patronatische Nomination zu der Pfarrei Ncipperg, Dek. Brackenheim, ist bestäti gt worden.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 30. Aug. Lohnkutscher Mar­quardt von hier hatte gestern bei Bondorf das Unglück, bei unvorsichtigem Anfahren an einen Rain vornab von der Chaise zu stürzen, wobei er von dem Pferde eine Strecke weil geschleift und dabei eine solche Kopfverletzung erhielt, daß an seinem Auf­kommen gezweifelt wird. Der von dem Verunglück­ten geführte israel. Handelsmann, dem hiebei kein Haar gekrümmt wurde, sorgte für schleunigste Unter­bringung und Verpflegung des sonst sicheren, nüch­ternen Kutschers iir Vondorf.

Sulz. (Corresp.) Letzten Sonntag den 27. ds. machte der Militärverein Rohrdorf mit dem verehrten Ortsvvrstand an der Spitze dem hiesigen Veteranen- und Militär-Verein einen Gegenbesuch. Nachdem dieser jenen Verein am Eingang des Orts empfangen, im Gasthaus z. Löwen Absteigquartier genommen war und die nvthigsten Leibesbedürfnisse befriedigt waren, wurden unsere verehrten Gäste durch den hiesigen Vereinsvorstand in herzlichster Weise begrüßt mit dem Wunsche, daß auch die heutige Versammlung dem Zweck des württemb. Kriegerbun­des dienen möge: den kameradschaftlichen Geist auch im bürgerlichen Leben zu üben und in patriotischer Gesinnung zu bethätigeu. In das Hoch auf den Protektor des württemb. Kriegerbundes, Sr. Maje­stät den König, zu welchem schließlich aufgefordert wurde, siel die Versammlung stürmisch ein. Die Vereinsmitglieder vertheilten sich hierauf in den ver­schiedenen Wirtschaften je nach ihren Bekanntschaften, bis sie sich in später Abendstunde bei Kamerad Röhm z. Hirsch wieder sammelten, um noch einige Augenblicke vereint beisammen zu sein. Auch hier­nach wechselten Reden und Toaste ab und ist nament­lich hervorzuheben, daß der Herr Ortsvorstand von Rohrdorf der Versammlung das Gedicht von Herrn Schullehrer Müller hier im GesellschafterDie Sichelhänget" vor's Gedächtniß stellte und mit dem ersten Tribut auf dieses zu beginnen wünschte; es ergab sich eine Collekte beider Vereine für die Hagel­beschädigten von 4 ^ 52 L, welcher Betrag dem K. Pfarramt Sulz zur weiteren Besorgung übergeben ist. Gehet hin und thut deßgleichen! Die Stun­den des Beisammenseins verflossen wohl allzurasch. Doch:Ende gut, alles gut". Herr Schullehrer Haller ging noch in einem gediegenen Vortrag auf den besonderen Werth der Kriegervereine ein und Herr Schullehrer Müller löste die orientalische Fragein einem humoristischen Gedichte.

Stuttgart, 25. Aug. Die Deutsche Reichs­post veröffentlicht ein Programm der Conservativen Süddeutschlands, in welchem gefordert wird, daß die konservative Parteiagitatorisch auftreten und sich dabei mit den berechtigten materiellen Interessen der Productivstände verbinden müsse." Als Ziele werden bezeichnet: Schutz der vaterländischen Production gegen die Uebermacht des Auslandes, obligatorische Unfall- und Altersversorgung der Arbeiter, obligatorische Innung der selbstständigen Handwerker, Verwand­

lung der hypothekarischen Capitalschuld des bäuer­lichen Besitzes durch den Staat in Rentenschuld mit Amortisation und gerechtere Gestaltung der Subha- stationsordnung für die mittleren und kleineren Grund­besitzer. Weiter wird dann gefordert, daß die Partei ihr Augenmerk besonders auf solche Wahlkandidaten zu richten habe, welche sich die Grundsätze der Sozial­reform zu eigen gemacht haben.

Stuttgart, 26. Aug. Anstatt, wie es in den hiesigen Blättern hieß, um 9 Uhr, fuhr der deutsche Kronprinz heute schon vor 8 Uhr in of­fenem vierspännigem Wagen nach dem Manöverfeld bei Echtecdingen. Sämmtliche Orte, welche der deutsche Kronprinz pafsirte, prangten im schönsten Fahnen- und Guirlandenschmuck; auch patriotische Inschriften waren an mehreren Stellen angebracht. Wie die der Stadt, so empfing auch die Landbevölkerung den Kronprinzen überall mit herzlichen Zurufen. Derselbe stieg mit seinem Gefolge in Plieningen zu Pferde und sprengte an der Front der beiden Uhla- nen- und der beiden Dragoner-Regimenter entlang, die bekanntlich erstmals unter dem Kommando des Generallieutenants v. Heuduck zu einer Division formirt waren. Dann erfolgte der übliche Parade­marsch , worauf zuerst die Uhlanen und dann die Dragoner gegen einen markirten Feind exercirten, wobei einige schwierige Attaquen ausgeführt wurden. Der Feldherr sprach den Truppen für ihre Leistungen seine Anerkennung aus und begab sich in die Stadt zurück, wo die Ankunft um 1I4/i Uhr erfolgte. Nachdem sich der Kronprinz umgekleidet hatte, fuhr er zum General v. Schachtmayer, wo in beschleu­nigtem Tempo ein Frühstück von 24 Gedecken einge­nommen wurde, an welchem auch Ministerpräsident v. Mittnacht thcilnahm, und um 12 Uhr 55 Mi­nuten reiste der Kronprinz weiter nach Bamberg, sich auf dem Bahnhofe aufs Herzlichste von Herrn v. Mittnacht und den Offizieren verabschiedend. Wieder hatte sich vor dem Bahnhofe eine zahlreiche Menge versammelt, die dem zukünftigen Träger der Kaiserkrone ihre Abschiedsgrüße zurief.

DerStaatsanzeiger für Württemberg" schreibt: Mehrere Tagesblätter enthielten in den letzten Tagen Besprechungen des Hagelschadens, welcher in diesem Sommer unser Land betroffen hat. Hiebei war mehrfach zu lesen, daß der Hagelschaden einige Zeitungen sprachen sogar vomamtlich geschätzten" Hagelschaden sich auf 2425 Millionen Mark belaufe. Wir sind in der Lage, diese Behauptung als durchaus irrig zu bezeichnen. Nach den Hagel­schadensabschätzungen, welche in den einzelnen betrof­fenen Bezirken zum Zweck von Steuernachlaßgesuchen vorgenommen worden sind, beziehungsweise um zu erfahren, ob eine öffentliche Fürsorge hinsichtlich der Beschädigten einzutreten habe, beläuft sich der Ge- sammtschaden im Lande auf nicht über 11 Millionen Mark. Angesichts der Zwecke aber, für welche diese Schätzungen vorgenommen wurden, und nach Einsicht mancher Schätzungsberichte, erscheint die Annahme nicht ungerechtfertigt, daß die Schäden hoch taxirt worden sind und bei genauerer Berechnung eine nicht unerhebliche Minderung der angegebenen Summe eintreten würde. Eine bestimmte Vergleichung des heurigen Hagelschadens mit früheren Hageljahren ist zur Zeit noch nicht möglich, weil die nöthigen Grund­lagen hiefür noch nicht vollständig vorliegen. Sicher ist zwar, daß das Jahr 1882 eines der verderblichsten Hageljahre seit 1828 für Württemberg ist; doch aber wird man annehmen dürfen, daß bis jetzt der dies­jährige Hagelschaden den im verderblichsten Hageljahr

seit 1828, nämlich 1873, eingetretenen Hagelschaden nicht ganz erreicht. Bezüglich der räumlichen Aus­dehnung der heurigen Hagelbeschädigung wird noch bemerkt, daß 1842 37 Oberamtsbezirke mit 212 Ge­meinden, 1873 41 Oberamtsbezirke mit 199 Ge­meinden und im gegenwärtigen Sommer 41 Ober­amtsbezirke mit 209 Gemeinden vom Hagel betroffen worden sind.

In Tübingen wurde am Sonntag den 27. August der VII. württemb. Feuerwehrtag abgehalten. Schon am Samstag waren über 100 auswärtige Delegirte eiugetroffen, ebenso viele Feuerwehrmänner aus der Umgegend. Sie wurden herzlich bewill- kommt. Die Stadt prangt im reichsten Flaggen­schmuck. Die Feuerwehrrequisiten-Ausstellung macht einen imposanten Eindruck. Am Sonntag Vormittag fand zuerst ein vom Wetter ziemlich begünstigter Festzug statt, der viele Hundert Theilnehmer zählte und allgemeinen Beifall fand. Diesem folgte eine sehr gelungene Festübung auf dem Marktplatz. Nach derselben wurde das große, 286 alte württemb. Eimer haltende, Faß im Schloßkeller beleuchtet. Nachmittags entwickelte sich auf dem Festplatze ein reges, an das Cannstatter Volksfest erinnerndes Treiben. Die 17 Wirthschaftsbuden haben alle ein gutes Geschäft gemacht. Unserem (Nagolder) Commandanten und Bezirksfeuerlösch-Jnspektor Werk­meister Chr. Schuster wurde die Ehre zu Theil, nicht nur in den neuen Ausschuß von 9 Mitgliedern, sondern auch in den eugern Ausschuß für die Central­kasse des Feuerlöschwesens gewählt zu werden. Von den Beschlüssen des Delegirtentages sind fol­gende zu erwähnen: Es sollen in den einzelnen Be­zirken Jnstruktionskurse, wie solche in Nagold schon stattgefunden, eingeführt werden, wofür der Landes­ausschuß einheitliche Normen geben wird. Die Kosten (etwa 2530 ^ pro Gemeinde) hätten die Ge­meinden zu tragen. Die von dem Landesinspektor Großmann redigirte allgemeine deutsche Feuerwehr­zeitung wurde als Verbandsorgan zugleich für Würt­temberg erklärt. Zum Vorort für den nächsten Feuerwehrtag wurde in erster Linie Heilbronn und falls dieses ablehnen sollte, Eßlingen und cvent. Göppingen ins Auge gefaßt. Die Centralkaffe für das Feuerlöschwesen hat in den Jahren 1868/81 von den Versicherungsgesellschaften an Zuschüssen er­halten die Summe von 511 795 Mark, worunter 330 464 von der württ. Gebäudebrandversiche­rungsanstalt. Hievon wurden bewilligt: Unter­stützungen an 456 Verunglückte 57 705 an Hin­terbliebene von solchen 64 758 Beiträge an 1004 Gemeinden und Feuerwehren 345 619 ^ Die Zahl der dem Landesverband angehörigen Feuer­wehren beträgt zur Zeit 716, die der im Lande be­stehenden über 800.

Brandfälle: JnLiebenau (Tettnang) am 27. August, Vorm. 10 Uhr, das dortige Armenhaus und ein von demselben durch eine Bretterwand ge­trenntes Wohnhaus.

Aus Bayern, 27. August. Der Verwal­tungsgerichtshof hat dieser Tage in Betreff der religiösen Erziehung der Kinder in Mischehen die Entscheidung gefällt, daß, entgegen der bisherigen Praxis, in solchen Fällen, in welchen keine ausdrück­liche Ehevertragsbestimmung über die Erziehung vor­liegt, die Supplementarbestimmung zur Geltung ge­lange, laut welcher die Söhne in der Konfession des Vaters, die Töchter in der Konfession der Mutter zu erziehen sind. Mündlichen Vereinbarungen der Eheleute solle keinerlei Rechtswirksamkeit zukommen.