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Der Gesellschafter.

mts- md Intelligenz-Blatt fnr den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 ^ 60 -4, in dem Bezirk 2 »6, außerhalb des Bezirks 2 40 -1. Vierteljähr­

liches und Monatsabonnement nach Verhältnis.

Samstag den 19. August.

Jnscrtionsgebühr für die tspaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 8 -I, bei mehrmaliger je 6 -t. Die Inserate müssen spätestens Morgms 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1882

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Amtliches.

Kekanntmnchnng des K. Medhritalkslle- giunrs, Abthciinng für die Staalskranken- nnstaltrn, betreffend die Anfnnhme ««be­mittelter inländischer Glsrcn leiden der in die Oftrenklinib des Mcdirinalratfts vr.

Hedin-er in Stnttgart.

Um unbemittelten inländischen Ohrenleidenden die Aufnahme in die Ohrenklinik des Medizinalraths vr. Hedinger in Stuttgart zu erleichtern, ist aus Staatsmitteln eine entsprechende Summe ausgesetzt und gelten für die Aufnahme in genannte Klinik fol­gende Bestimmungen:

1) Es werden nur solche unbemittelte Würt­tembergs zum Genüsse der Wohlthat zugelassen, welche durch ein Ohrenleiden, das noch als heilbar der ärztlichen Pflege bedarf, in ihren Erwerbsver­hältnissen beeinträchtigt werden und für welche die Hälfte des entstehenden Aufwandes aus öffentlichen Kassen bestritten wird, oder denen nach ihren Ver­mögens- und Erwerbsverhältnissen die Bestreitung de» ganzen entstehenden Aufwands unmöglich ist, die aber doch die zweite, nicht auf die Staatskasse zu übernehmende, Hälfte ganz oder theilweise aus eige­nen Mitteln oder vermöge anderweitiger Unterstützung ersetzen könne,r

2) Diejenigen Unbemittelten, welche die Auf­nahme nachsuchen, haben von Seiten der Ortsobrig­keit ein Zeugniß über die Ueberuahme der hälftigen Kosten auf die Armenkasse, beziehungsweise über ihre Vermögens- und Erwerbslage, beizubringen, wozu die Formulare von Medizinalrath Dr. Hedinger un­entgeltlich bezogen werden können.

Bei Angehörigen des Landjägerkorps, der Forst- nnd Stcnerschutzwache und bei den niederen Be­diensteten der Verkehrsanstalten genügt ein Zeugniß ihrer Vorgesetzten Dienstbehörde über ihre Bedürf­tigkeit.

Ebenso genügt bei Personen, welche in der Fürsorge des Lokalwohlthätigkeits-Vereins und der Stadtalmosenpflege in Stuttgart stehen, ein Zeugniß des Vereinsorgans über die Bedürftigkeit.

3) Medizinalrath vr. Hedinger ist befugt, Auf­nahmesuchende, deren Unheilbarkeit wahrscheinlich ist, zurückzuweisen.

4) Der Betrag der Entschädigung des Medizi­nalraths vr. Hedinger für ärztliche Behandlung, Wohnung und Verköstigung ist auf 2 ^ Pro Tag festgesetzt. Für Kranke, welche der Fürsorge des Medizinalraths vr. Hedinger für Wohnung und Kost nicht bedürfen, wird 1 in Verrechnung ge­bracht. Für beiderlei Kranke übernimmt der Staat die Hälfte der Kosten.

Stuttgart, den 11. August 1882.

K. Medizinal-Kollegium,

Abtheilung für die Staatskrankenanstalten, für den Vorstand:

Hölder.

Gestorben: Den 16. Auaust zu Pforzheim Otto Riecker, Buchhändler.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Neulich ging in einer finstern Nacht ein 60- jähriger Mann aus Grünbach, betrunken von Un- terreichenbach bei Calw, heim. Unterwegs, mitten im Wald, fielen 3 18jährige betrunkene Bursche, von feinem Heimathsort, über ihn her, traktirten ihn, schleppten ihn abseits in Wald, nahmen ihm seine Baarschaft, bestehend in 30 Pfg. und seine Schnupf­

tabaksdose ab und ließen ihn halb todt liegen. Die Attentäter sind aufgehoben.

Stuttgart, 15. Aug. Zur Gründung eines württ. Werkmeister-Vereins ist auf nächsten Sonntag eine Werkmeister-Versammlung ausgeschrieben. Es soll anerkannt herrschenden Mißständen wirksam entgegengetreten werden, namentlich will man die Regierung angehen, nur solchen Personen die Füh­rung des TitelsWerkmeister" zu gestatten, welche eine entsprechende Staatsprüfung bestanden haben. Auch die bisherige Behandlung der Submissionsver­gebungen bei Staats- und Gemeindestellen soll Gegen­stand der Berathung bilden.

Tübingen, 16. Aug. sZum VII. württem- bergischen Feuerwehrtagj haben bis jetzt 102 Feuerwehren mit ca. 1300 Mann sich angemeldet) darunter befinden sich u. a.: Waldenbuch mit 54, Oberjettingen mit 45, Ulm mit 42, Ehningen, O.A. Böblingen, und Gechingen O.A. Calw, mit je 40, Berg und Unterjesingen mit je 39, Dußlingen, Wald­dorf und Unterjettingen mit je 35, Ostcrdingen mit 34, Sulz und Liebenzell mit 32. Weilheim, Herren­berg und Cannstatt mit je 30, Denkendorf mit 24, Pliezhausen mit 22, Beuren, Biberach, Freudenstadt, Sindelfingen, Göppingen und Urach mit je 20, Neb- ringen mit 18, Münster mit 17, Bothnang, Dettin­gen u. T. und Obertürkheim mit je 16, Wendels­heim mit 15, Altenstaig mit 14 Mann u. s. f. Von Stuttgart, Reutlingen, Rottenburg und vielen an­dern Städten stehen die Anmeldungen noch aus.

Heidenheim, 16. Aug. Ein hier in Arbeit stehender, 19 Jahre alter Flaschnergeselle sprang vergangene Nacht aus seiner im 3. Stock gelegenen Schlafkammer auf die Straße, wobei er merkwürdi­gerweise einen äußeren Schaden nicht erlitt, doch klagte er bald nachher über Schmerzen in der Brust, und mußte ins Krankenhaus gebracht werden. Der Verunglückte war Abends zuvor als Steiger bei der Feuerwehr ausgerückt, und nun soll es ihm Nachts geträumt haben, er müsse sich auf das Sprungtuch retten, und im Traum will er den gefährlichen Sprung gethan haben.

In Hausen o. V. hat eine 85jährige Wittwe noch einen sogen. Augenzahn erhalten.

Der vom Schwurgerichte in Ellwangen we­gen Anstiftung zur Ermordung seiner Frau zum Tode verurtheilte Wirth Hesselmaier aus Heilberg wurde zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt.

Eine Biersendung, wie sie vielleicht noch nicht vorgekommen, ging am Dienstag den 8. d. Mts. von Erlangen ab. Es wurde ein Extrazug, bestehend aus 15 Wagen, jeder mit einer Doppelladung von zusammen über 1000 Hektoliter Exportbier aus der Brauerei des Herrn Franz Ehrich nach Hamburg befördert. Das sämmtliche Bier erhielt, wie Plakate, die am Wagen angeklebt waren, bewiesen, Herr I. F. Mittelstraß in Hamburg für das dritte deutsche Sängerfest. Lokomotive und Wagen waren mit bayerischen und deutschen Fahnen dekorirt. Der Extrazug kostete 6119 v/6 Schon zwei Stunden vor Abgang des Zuges hatte sich in der Nähe der Bahn eine große Menschenmenge angesammelt.

Frankfurt, 14. Aug. Der XIII. Kongreß der deutschen anthropologischen Gesellschaft ist stark besucht. Außer Virchow und Schliemann sind bekanntere Namen Fraas Stuttgart, Ranke Mün­chen, Schaafhausen Bonn, Sepp München. Der Vorsitzende Professor Lucä eröffnete die Verhand­lungen mit einem Rückblick auf die Entwicklung der Anthropologie während der letzten Jahrzehnte, wobei

hauptsächlich diejenigen Forschungen, welche die Ab­stammung des Menschen, den Zusammenhang zwischen Mensch und Thier, die Schädelentwicklung und die Schädelformen zum Gegenstand haben, einer Betrach­tung unterzogen wurden. Der Standpunkt des Red­ners ist der, daß er weder der Ansicht Huxley's bei­stimmt, daß die anatomischen Unterschiede, welche den Menschen vom Gorilla trennen, nicht erheblicher seien, als diejenigen, welche zwischen Gorilla und den nied­rigen Affen bestehen, noch der Ansicht Häckel's, wo­nach der Mensch und die Thierwelt durch direkte von den Moneren bis zum Menschen aufsteigende Descen- denz entstanden fei. Sodann begrüßte Oberbürger­meister Dr. Miquel die Versammlung im Namen der Stadt Frankfurt. Interesse erregte der Vortrag Dr. Heinrich Schliemann's über seine neuesten Ausgrabungen in Jlios. An diesen Vortrag schloß sich der des Prof. Virchowlieber Darwin und die Anthropologie", worin er die Stellung der mo­dernen Naturforschung und der Anthropologie zum Darwinismus kennzeichnet. Mit dem Kongreß ist eine Ausstellung neu aufgefundener Alterthümer ver­bunden.

Eine lehrreiche Geschichte. In der Schalk. Ztg. lesen wir:Von einem Oekonomen der hiesigen Gegend wird uns eine einfache Geschichte erzählt, die aber für unsere heutigen Verhältnisse sehr lehrreich ist. Bei einem Landwirthe unseres Jndustriebezirks trat vor länger als 12 Jahren ein 18jähriges Mäd­chen in Dienst, das ein Liebesverhältniß mit einem jungen Vaterlandsvertheidiger unterhielt. Nach Ab- solvirung seiner Militärjahre nahm der junge Mann einen Dienst als Knecht auf einem Gute an, und da beide recht brave, solide und sparsame Leute waren, so blieben sie bis vor ungefähr vier Wochen auf ihren Stellen, er zehn und sie zwölf Jahre. Nach hartnäckigem Ringen hatten sie sich nun so viel erspart, um in ihrer Heimath ein Colonat pachten zu können. Allein als das Mädchen sein Sparkas­senbuch eingehändigt erhielt, welches sein Herr auf­bewahrt hatte, erstaunte es nicht wenig, darin einen Betrag verzeichnet zu sehen, der seine kühnsten Er­wartungen überstieg und ein recht ansehnliches Sümm­chen darstellte. Die Herrschaft war der treuen Magd dankbar gewesen und hatte ihr außer ihren Erspar­nissen jedes Jahr 50 Mark extra in die Sparkasse eingelegt. Aber auch der fleißige Knecht hatte einen nicht minder braven Gutsherrn gefunden, und so war das junge Ehepaar in der Lage, ein Colonat kaufen und fast baar bezahlen zu können. Wenn alle jungen Leute und Herrschaften so handelten, wie viel Elend und Jammer würde vermieden werden!"

Berlin, 14. Aug. Nach derNational-Ztg." sind die Eingaben der Handelskammern an den Reichskanzler behufs Entschädigung deutscher Kauf­leute für ihre Verluste in Alexandria durch die egyp- tische Regierung im Zunehmen begriffen. Es wer­den dabei dem Reichskanzler Verzeichnisse der beschä­digten Firmen unter Hinweis auf die erlittenen Ver­luste unterbreitet. Die Gesuche haben bei dem Reichs­kanzler eine durchaus günstige Aufnahme gefunden. Es sind bereits sehr umfassende Erhebungen zur Fest­stellung des Schadens angeordnet, und von den Er­gebnissen derselben wird es abhängen, wie weit den Ansprüchen genügt werden kann, welche natürlich auch von den Angehörigen anderer Nationen, die in glei­cher Weise zu Schaden gekommen, erhoben werden. Die Entschädigungsfrage dürfte vielleicht später noch einer gemeinsamen Verhandlung der Kabinette unter­breitet werden.